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PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Druckversion

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PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Arkanis - 28.04.2021

Passus X – Neue Freunde und alte Feinde

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Der Weg der Gemeinschaft führte sie stetig weiter in Richtung Norden. Zu Beginn machten die Wölfe noch häufig Pause, gaben Avis‘ Pfote Zeit, um zu heilen. Am wenigsten gefiel wohl Avis selbst dieser Umstand, doch er wagte es nicht, Rúnas Rat zu widersprechen. Es dauerte ohnehin nicht lange, bis an seiner Pfote schon nichts mehr von den Wunden zu sehen war und die Heilerin den ungestümen Jungspund endlich vollends aus ihrer Pflege entließ.
 
Seitdem legten sie ein recht strammes Tempo vor, bahnten sich fleißig ihren Weg durch die bunten Wälder. Das Wetter meinte es gut mit ihnen, die Herbstsonne strahlte unermüdlich durch die Bäume hinab auf den laubbedeckten Waldboden. Sie redeten wenig, doch es war ein angenehmes Schweigen. Ohne, dass sie es wirklich merkten, begann die Bewegung die geschundenen Seelen zu heilen. Es war als könnten sie endlich die Geister hinter sich lassen, die sie seit dem Feuer verfolgt hatten. Sie konnten endlich wieder frei atmen.
 
An diesem Morgen begrüßte sie eine schwache Herbstsonne, die nur langsam die nächtliche Kälte zu vertreiben vermochte. Mit aufgestelltem Pelz setzten die Wölfe gerade erst ihren Weg fort, als Kaya in der Ferne etwas entdeckte. Ein frischer Wind trug ihnen den Geruch nach Blut zu, wie eine Einladung. Beim Näherkommen entdeckten sie einen alten Rothirschbullen, der sich am Waldrand ausruhte. Er schien verletzt, blutige Haut hing in Fetzen seine Brust hinab, doch er hob sofort herausfordernd den Kopf, als er die Wölfe bemerkte und senkte drohend das beeindruckende Geweih hinab. Sollten sie den Versuch wagen? Oder die Beute, welche ihnen geradezu einladend präsentiert wurde, wirklich ablehnen?

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Natürlich konnten sie diesem einmaligen Angebot nicht widerstehen. Nach einer kurzen Absprache näherten sie sich lauernd der Beute. Der Bulle stand schneller auf den Füßen, als sein Zustand es hätte vermuten lassen, doch er war schwerfällig und sein linkes Hinterbein knickte beim Laufen immer wieder weg. Dennoch würde er es ihnen nicht leicht machen. Nachdem er recht schnell merkte, dass Flucht für ihn keine Option zu sein schien und die Wölfe sich ihm rasant näherten, drehte er sich zu den lauernden Jägern herum und senkte drohend das Haupt, scharrte mit den Hufen wütend im feuchten Laub und schnaubte zornig. Dies würde keine einfache Jagd werden.
 
Im Halbkreis standen die Wölfe um die Beute herum, Kaya und Arkanis außen, mit Skadi und Rúna in der Mitte. Kimya und Avis standen direkt hinter den Erwachsenen in zweiter Reihe. Hinter dem Hirsch standen zwei mächtige Bäume dicht nebeneinander, die einen Angriff von hinten unmöglich machten. So verharrten sie nun in dieser Pattsituation und warteten auf den nächsten Schritt.
Plötzlich und ohne Vorwarnung machte der Hirsch drohend ein paar schnelle Sprünge auf Skadi zu, senkte das mächtige Geweih hinab und warf ruckartig den Kopf hin und her, während er schnell näherkam, Skadi genau im Visier und ebenso Rúna und die Jungwölfe in seiner wilden Raserei gefährdend…
 

Kurzinformationen
 
Datum: 12.Oktober 1202
Tageszeit: morgens
Temperatur: 9°C
Wetter: sonnig, strahlend blauer Himmel, wenige Wolken am Horizont, noch recht kalt
Wind: leichter bis mäßiger Wind
Situation in Kürze: Die Wölfe treffen auf einen verletzten Rothirsch und versuchen ihr Glück bei der Jagd


RE: PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Skadi - 06.05.2021

Das weiterziehen tat der Gemeinschaft gut. Und ich konnte es nicht verläugnen, dass besonders ich davon profitierte. So wie die Asche des Feuers hinter uns gelassen wurde, so konnte auch ich meine trüben Gedanken hinter mir lassen. Die Natur begann wieder zu leben, und besonders im Herbst konnte man den bunten Wandel der Natur so wundervoll beobachten. Blätter verfärbten sich, die ersten fielen schon. Der Rasen unter unseren Pfoten wuchs langsamer und weniger saftig. Zugvögel waren zu beobachten - und ich hoffte eine rastende Herde zu finden, um in dieser zu jagen. Selbst wenn die jagt misslingen sollte, so war der Aufbruch aller Vögel gleichzeitig um einen herum ein atemberaubendes Erlebnis. Erst ein Mal, noch mit meinen Brüdern und Schwestern, hatte ich dies erlebt.

Nun jedoch waren wir am weiter wandern. Avis Pfote war schnell und komplikationslos verheilt - und die beiden Jungen hatten inzwischen mächtig an Kondition antrainiert und hielten einen Tagesmarsch stand. Sie spielten und lachten sogar dabei - und ihre ausgelassenes, fast sorgenfrei wirkendes, Verhalten tat mir gut. Das Lachen zu hören und sie wachsen zu sehen empfand ich als sehr angenehm.

Wir hatten eine recht frische Nacht hinter uns gelassen. Inzwischen stand die Sonne schon am Himmel und der letzte Rest des Morgentaus verschwand. Vögel sangen ihre Lieder und wir wanderten in den frühen Morgenstunden weiter. Kaya war es, der die Blutfährte als erstes wahr nahm und uns darauf aufmerksam machte.
Ein prächtiger Hirsch ruhte sich am Waldesrand aus. Ausruhen musste er sich auch, denn er hatte deutliche Verletzungen an seinem Leib. Hautlappen, teils mit trockenen und teils mit frischem Blut hingen an seiner Brust herab. Ich konnte mir zwar nicht zweifellos erklären, wie er sich diese Wunden zugezogen hatte - von einem Wolf jedenfalls nicht. Aber es gab ja genug Waffen der Menschen. Vielleicht war es auch eine Verletzung aus einem Rangkampf mit einem anderen Rothirsch.

Wir ließen uns von der Art der Verletzung jedoch nicht einschüchtern und beschlossen schnell und einstimmig, dass wir diese Mahlzeit dankend annehmen würden.
Also näherten wir uns dem Tier und wir kesselten es förmlich ein. Ich beobachtete durchgehend seine stärkste Waffe, sein Geweih. Mir entging dabei nicht, dass er die Augen geöffnet hatte und uns argwöhnisch ansah. Und dann passierte tatsächlich etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Blitzschnell war er auf seinen Hufen und senkte drohend sein Geweih in unsere Richtung. Noch bevor wir uns austauschen konnten und unsere Taktik überdenken konnten, setzte er sich auch schon in Bewegung und er rannte gezielt auf mich los, seine Waffe allem voran.

Ich ergriff sofort die Flucht zur Seite in Kayas Richtung.

"Weg!"

Schrie ich nur und hoffte einfach, dass besonders Kimya und Avis darauf hören würden. Es war jedoch egal wie ich mich bewegte, der Hirsch stürmte auf mich zu und als er an mir vorbei lief, erwischte er noch meinen Hinterlauf mit seinem Geweih. Er zog sein Geweih hoch. Für eine Sekunde schien ich in einem Gefängnis aus Horn zu stecken, doch ehe ich mich versah flog ich losgelöst von dem Hirsch durch die Luft. Ich weiß nicht wie hoch ich flog und wie oft ich mich überschlug, aber ich verlor komplett die Orientierung. Dann war der Boden auch schon wieder unter mir. Hart landete ich auf der Seite und rutschte noch durch den Schwung eine Wolfslänge über den Waldboden.

Ich stand mit zitternden Gliedern sofort wieder auf, wobei ich meine Zähne dabei zusammen kneifen musste. Der erwischte Hinterlauf und meine Rippen schmerzten und mein Herz raste wie verrückt und hämmerte mir gegen meine Brust.

Ich suchte die Umgebung nach den anderen ab, dabei bemerkte ich, dass ich ungefähr dort gelandet war, wo der Hirsch zuvor gelegen hatte. Der Hirsch selbst war zwar jetzt weit weg von mir, jedoch hatte er nicht die Flucht ergriffen; er stand kampfbereit neben einem Baum.

Ich suchte mit nur noch aus Augenwinkeln nach den Anderen, traute mich nicht den Blick vom Hirsch ab zu wenden. Ich wusste zwar, dass ich zwischen den Bäumen durchpassen müsste, wenn er jetzt angreifen würde, jedoch wusste ich nicht, wie weit die Bäume weg waren, wo meine rettende Lücke war und wo vor allem die Anderen waren. Es waren nur wenige Sekunden vergangen, seitdem ich wieder auf den Beinen war, aber es fühlte sich für mich an, als wäre ich eine Ewigkeit alleine dem Feind gegenüber. Das Gefühl von Panik kam in mir hoch, als mir bewusst wurde, dass ich die Kontrolle über die Situation verloren hatte.

"Verfluchte Scheiße"

schimpfte ich nur und versuchte meine schnelle Atmung durch einen tiefen Atemzug, zu beruhigen.

'Helft mir. Zeigt euch. Wie komm' ich hier raus?'
Flehte ich innerlich nach den anderen Wölfen.

[Wurde vom Hirsch erwischt / Hat die Orientierung verloren, bekommt Panik]


RE: PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Avis - 09.05.2021

Seit der Blätterjagd waren ein paar weitere Tage ins Land gezogen, in denen wir stetig weiter Richtung Norden wanderten. Anfangs noch langsam, damit meine Pfote ordentlich heilen konnte, dabei hätten wir meinetwegen viel schneller laufen können, doch Rúna hatte mich mit Argusaugen angesehen und da ihre Kräuterauflage geholfen hatte, hörte ich auf sie. Meistens zumindest. Ganz aus meiner jugendlichen Haut konnte ich nämlich nicht, weshalb ich Kimya noch einige Male zu kleineren Wettstreiten aufforderte. Mal ein kleiner Wettlauf, dann ein Versteckspiel und einmal pirschten wir uns sogar an den schlafenden Kaya heran. Es tat gut wieder bei den anderen zu sein, wieder Teil des Rudels zu sein und nicht länger allein umherzustreifen und die kühle Luft, der Jahreszeitenwechsel und die fallenden Blätter verscheuchten mehr und mehr den Geruch der Asche aus meiner Nase. Nur manchmal sah ich mich um oder lauschte des Nachts in den Wald hinein, ob ich einen der anderen wahrnahm. Sie fehlten und würden unsere Gruppe komplett machen, gleichzeitig war ich der Überzeugung, dass sie auf einen anderen Weg gen Norden zogen und wir sie spätestens an unserem Ziel wiedersahen.

Hier und jetzt galt meine ganze Aufmerksamkeit allerdings dem verletzten Rothirsch, der bedrohlich mit dem Huf scharrte und trotz der Wunde nicht kampflos aufgab. Er war wie ich, schoss es mir einen Moment durch den Kopf, doch dann konzentrierte ich mich wieder auf das Geschehen, duckte mich leicht auf meiner Position schräg hinter Skadi. Der Geruch von Blut lag schwer in der Luft und ich war wirklich hungrig, gefühlt war ich das in letzter Zeit ständig. Am liebsten wäre ich direkt losgestürmt und hätte meine Zähne in Keule des Hirsches getrieben, doch so einfach war eine Jagd nicht. Die Bäume hinter unserer Beute, waren gleichzeitig Gefängnis und Schutz. Sie verhinderten, dass er floh, aber auch, dass wir ihn von hinten angreifen konnten. So standen wie seinem beeindruckenden Geweih gegenüber, dass er immer wieder senkte und bedrohlich hin und her bewegte. Ob ein Artgenosse ihn genau mit diesem Gehörn aufgeschlitzt hatte? Wenn ja, sollte ich mich besonders davor in Acht nehmen. Genau wie die anderen. Kurz huschte mein Augenmerk zu Kimya hinüber, doch dann ging alles ganz schnell. Die Sorge um ihn verpuffte nicht, ganz im Gegenteil, sie wuchs als der Hirsch losstürmte. Doch diese Tatsache lähmte mich nicht, sie beflügelte meine Pfoten und genau in dem Moment, in dem Skadi ‚Weg!‘ rief, sprang ich bereits zur Seite. Mit einem weiteren Satz rempelte ich meinen Bruder an und schubste ihn zur Seite, während ich aus dem Augenwinkel gerade noch sah, wie der Hirschbock Skadi erwischte und sie mit dem Geweih vom Boden riss. Mein Herz raste, gleichzeitig drehte ich mich herum, sah zwischen ihr und dem Hirsch hin und her. Spürte irgendwo neben mir Kimya. Zum Glück war Skadi sofort wieder auf den Beinen, jedoch hatte sie nun die Position mit dem braunen Ungetüm getauscht, der keineswegs die Flucht ergriff, sondern sich erneut positionierte und mit dem Huf scharrte. Flucht war für ihn auch keine Option, dafür war die Verletzung zu schwer und er viel zu langsam. Doch was geschah nun? Meine Augen huschten zu den anderen, fixierte der Hirsch doch nicht mich, sondern noch immer Skadi, die irgendwie wie erstarrt wirkte und nicht mal den Blick abwenden konnte. Was sollten wir tun? Fliehen? Angreifen?

Wieder schwenkte der Hirsch den Kopf und drohte mit dem Geweih, während sein Atem mindestens genau so schnell wie der unsere ging. Im Augenblick behielt er vor allem Skadi im Auge, als wollte er erneut auf sie los. Keine Gedanken huschten mehr durch meinen Kopf als sich meine Pfoten in Bewegung setzten und ich dadurch in das Blickfeld unserer Leitwölfin – das war sie irgendwie für mich – trat. Auch die angsterfüllten Augen des Wiederkäuers richteten sich auf mich als ich ihn mit erhobener Rute und aufgestellten Pelz anstarrte und tief knurrte. Dann machte ich einen Satz nach vorn, so wie ich es oft im Spiel mit Kimya tat und sprang direkt wieder zur Seite, um davon zulaufen, sollte er nun auf mich losstürmen. Ich wollte ganz sicher nicht ebenfalls aufs Geweih genommen werden, aber eine Ablenkung musste her.

“Hier bin ich! Komm doch!“,

blaffte ich ihn an als ich erneut einen halben Satz auf ihn zusprang und er einen halben Schritt zurückwich. Immer wenn ich auf ihn zusprang, machte ich mich groß, doch im nächsten Augenblick duckte ich mich und zog die Rute ein. Solange es half ihn zu verunsichern und von den anderen abzulenken, war es mir egal ob ich mich zum Hasen machte.

[ist hungrig / stößt Kimya beiseite / lenkte die Aufmerksamkeit des Hirsches auf sich und tritt ins Sichtfeld von Skadi / will beschützen]


RE: PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Arkanis - 15.05.2021

Die letzten Tage waren wie im Flug vergangen. Avis ging es gut, die Gemeinschaft war wieder unterwegs und ich fühlte mich endlich etwas freier. Als hätte eine unsichtbare Last mich die letzten Tage zu Boden gedrückt. Sie war noch da und ich versuchte mir einzureden, dass sie nicht die Form meiner beiden Söhne hatte.
Doch das war auch nicht mehr wichtig, meine Lunge fühlte sich wieder frei an, atmete gierig die frische Luft ein und ich genoss die Sonne auf dem Pelz. Wir waren alles andere als langsam und meine Pfoten genossen die Beschäftigung. Sogar das Gefühl schmerzerfüllt pochender Muskeln nach einem langen Tag nahm ich in Empfang wie einen alten Freund. Ja, es ging mir wirklich gut.
 
Die Aussicht auf eine erfolgreiche Jagt konnte meine Stimmung nur noch mehr heben. Adrenalinerfüllt stand ich nun bei den anderen, wir hatten unsere Beute eingekesselt und ihr jeden Fluchtweg abgeschnitten. Mein Blick huschte zu Kimya und Avis, die zum Glück ein wenig weiter Weg von der Beute standen und fixierte schließlich den Hirsch. In die Enge getrieben und dem Tode ins Auge schauend, blieb dem verängstigten Beutetier allerdings nur eine Chance: Gegenangriff.
 
Meine Augen weiteten sich, als Bewegung in das große Tier kam, ich fixierte das Geweih, welches gefährlich nach links und rechts schwang, immer schneller wurde und in rasendem Tempo auf uns zukam. Ein Warnbellen drang aus meinem Fang – dann schien die Zeit sich zu verlangsamen.
Meine Glieder spannten sich an, Bewegung kam in meine Pfoten, ohne zu wissen, wohin. Wie aus Reflex, ohne bewusste Steuerung, sprang ich auf meine Söhne zu, die zeitgleich mit mir in Bewegung kamen. Meine Augen nahmen alles überdeutlich wahr, auch wenn nur Sekunden blieben, um zu reagieren. Avis schob sich gegen Kimya, die beiden kamen auf mich zu und ich zögerte keinen Moment ihnen entgegen zu springen – genau in die Laufrichtung des rasenden Hirsches. Ich bekam Kimya zu packen, zerrte ihm am Nackenfell zur Seite und warf mich über ihn, Avis konnte ich nur einen kurzen, panischen Blick zuwerfen. Doch der Hirsch verfehlte ihn, erwischte stattdessen Skadi, die kurzzeitig aus meinem Blickfeld verschwand, als sie durch die Luft flog. Das Geräusch des Aufpralls nahm selbst mir für einen Moment den Atem, doch ich war schon wieder auf den Pfoten, drängte Kimya zur Seite, einige Wolfslängen weg vom Geschehen. Es blieb keine Zeit für Worte, ich warf ihm nur einen warnenden Blick zu, bevor ich mich hastig nach Avis umsah – und mein Herz einen Schlag aussetze.
 
Der Hirsch hatte Skadi fixiert, die Fähe schien orientierungslos, ich konnte nicht erkennen, ob sie verletzt war. Doch mein Sohn versuchte verzweifelt den Hirsch von ihr abzulenken und während ich bereits panisch auf ihn zu rannte sah ich, dass es ihm gelang. Das mächtige Geweih fuhr herum, doch noch bevor das Tier Avis ins Visier nehmen konnte, hatte ich ihn erreicht und tat das einzige, was mir einfiel. In vollem Tempo riss ich den Kopf zur Seite und warf mich mit meinem ganzen Gewicht gegen das Beutetier.
Der Zusammenstoß nahm mir den Atem, keuchend entwich alle Luft aus meinen Lungen. Das Tier kam ins Straucheln und auch ich verlor kurzzeitig den Kontakt und kämpfte einige Augenblicke, um auf den Pfoten zu bleiben, die Richtung jedoch energisch beibehaltend.
Doch als ich erneut gegen den Hirsch prallte, etwas geduckt dieses Mal, um irgendwie auf den Pfoten zu bleiben, riss es ihn von den Beinen. Ich keuchte auf und versuchte zur Seite zu springen, doch ich hatte das Gleichgewicht verloren und wurde hilflos unter dem Gewicht begraben. Schwer drückte es mich zu Boden und es wurde dunkel um mich herum, ich spürte hektische Bewegungen über mir, als das Tier rudernd wieder auf die Beine kommen wollte und versuchte nur irgendwie, meinen Kopf einzuziehen. Zum Glück für mich dauerte es nur wenige Augenblicke, bis das Gewicht irgendwie von mir genommen wurde. Ich sog hastig die Luft in meine schmerzenden Lungen und rollte mich zur Seite, winselnd und keuchend kroch ich aus der Gefahrenzone. Ich hatte den Hirsch sofort aus den Augen verloren, mein verschwommener Blick wollte ihn einfach nicht erfassen. Hilflos blickte ich durch die Luft, versuchte gleichzeitig angestrengt Sauerstoff in meine komprimierten Lungen zu saugen. Keuchend und japsend blieb ich auf dem Bauch liegen, in der Position, in der ich am besten atmen konnte und hoffte inständig, dass der Hirsch mich nicht ins Visier nehmen würde, dass Kimya und Avis in Sicherheit waren.

"Mir geht's gut!", keuchte ich nur zwischen zwei angestrengten Atemzügen, in der Hoffnung das Rudel würde sich um meine Söhne kümmern und mich außer acht lassen. Immer noch war mein Sichtfeld verschwommen, doch allmählich konnte ich Schemen erkennen.
 
[wirft sich auf Kimya, drängt ihn aus der Gefahrenzone | wirft sich schließlich gegen den Hirsch und wird kurzzeitig unter ihm begraben]


RE: PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Kimya - 21.05.2021

Die Tage, gar Wochen zogen ins Land und wir kamen immer mehr in den altbekannten Rhythmus. Den Tagesablauf, den ich seit meiner Geburt kannte. Nur, dass wir weniger Pausen machen mussten, da Avis und ich gewachsen waren. Und wir wurden auch mehr einbezogen in die Aufgaben, die anfielen. Witterungen aufnehmen, sie benennen und Einschätzungen abgeben. Ja, wir wurden sogar in die Planungen mit eingebzogen, wann und was gejagt wurde - und wir wurden auch beteiligt. Ich machte alles, was von mir gewünscht wurde. Jedoch musste ich zu meiner wölfischen Schande zugeben, dass mir die Jagt von Kleinwild auf eigener Faust mehr lag, als die gemeinsame Jagt.
Natürlich liebte ich das Hetzen, das Laufen, den gemeinsamen Erfolg. Ich konnte meine Aufgaben auch gut erfüllen - aber es gab mir einen größeren Rausch, wenn ich mit meinen eigenen Methoden alleine und im Einklang der Natur jagte. Wenn ich eins wurde mit dem Wind, dem Boden und den Himmel. Ich sagte dies nur niemanden und zeigte es auch niemanden. Nicht ein Mal Rúna weihte ich in mein kleines Geheimnis ein.
Angefangen zu üben hatte ich bei unserer Rast. Ich hatte immer so getan, als würde ich dösen oder erschöpft sein. Doch inzwischen schlich ich mich davon, wenn alle anderen beschäftigt waren. Es kam auch vor, dass ich aufhörte zu fressen, obwohl ich noch Hunger verspürte. Dann wusste ich, dass alle Anderen noch fraßen und danach ruhten und ich genug Zeit hatte, um mir mein restliches Futter selbst zu beschaffen und meine Fähigkeiten aus zu bauen. Allerdings war es wesentlich schwerer, da ich dann nach frischen Blut roch und viel geduldiger warten musste. Das sauber Spülen im Wasser half, wobei dann möglichst wenig Fell nass werden durfte.
Ja, ich lernte. Ich lernte meinen eigenen, ganz ungewöhnlichen Weg zu gehen und zu lieben. Aber ich konnte mich noch nicht ganz offenbaren.

Nun waren wir weiter gewandert und ich fand mich wieder, vor einem riesigen Hirsch, der schnaubend in die Ecke getrieben war. Skadi und Rúna standen vor uns - wobei ich den Hirsch so genau beobachtete, wie er Skadi fixierte. Ich sah in seine Augen, sah seine Nüstern aufblähen und bemerkte jede noch so kleine Regung, die in ihm vor ging. Ich nahm seine Schwinngung auf, so wie ich sonst die Feldhasen, Mäuse und Vögel aufnahm.
Aber bei ihm war es anders. Er wusste, dass er beobachtet und in Gefahr war und er war nicht nur auf die schnellste Flucht aus, sondern etwas aggressiveres war in ihm.
Noch bevor er lost stürmte und weit vor Skadis Ruf erkannte ich, dass er uns angreifen würde. Und zwar ganz gezielt Skadi.

Seine Muskeln im Kiefer und um seine Augen herum zuckten verdächtig, wie ich es von mir, kurz vor dem Angriff kannte. Und auch die langen Bauchmuskeln spannten sich mehr an, während die Vorderläufe sich zum Sprung lockerten und die Hinterläufe sich bereit machten.
Ich preschte zur Seite, in Richtung von Kaya - bevor es irgend ein anderer tat. Und trotzdem rammte mich Avis kurz darauf zur Seite. Ich kam gerade wieder in meine eigenen Bewegungen, als mich irgendetwas im Nacken packte und mich vom Boden weg riss. Ich war zu schwer und zu groß, um wirklich am Nackengriff getragen zu werden, und doch verlor ich gänzlich den Boden unter den Füßen, Steif vom Welpenreflex her. Ich flog flach, eher schlittern über den Boden.
Sicher, außerhalb der Reichweite des Geweihs - aber es erzürnte mich. Stampfend stand ich sofort wieder auf, mit angezogenen Lefzen und bösen Blicken meinem Bruder und meiner Mutter gegenüber.
Doch für mehr war gar keine Zeit. Ich war sofort wieder im hier und jetzt, schüttelte die Wut ab und sah Skadi noch eine Drehung in der Luft machen und dann auf dem Boden aufkrachen. Unwillkürlich zuckte ich zusammen und kniff kurz die Augen zu, als sie aufprallte. Besorgt beobachtete ich sie, immer wieder zum Hirsch schauend und meine Ohren auf ihn gerichtet. Skadi mühte sich schnell wieder hoch, jedoch war sie völlig neben der spur. Ihre Atmung war flach und viel zu kurz, ihr Blick auf den Hirsch gerichtet, aber ihre Ohren zuckten Wild umher. Ihre Augen zuckten immer wieder weg vom Hirsch - und dann erkannte ich, dass sie angst hatte. Noch nie hatte ich sie so gesehen. Sie musste durch den Flug die Orientierung verloren haben wusste nicht wo wir waren. Und der Hirsch starrte wieder nur auf sie. Bereit zum nächsten Angriff.

Avis reagierte als erste. Natürlich war es von der Hierarchie her total falsch, dass er es tat, aber dennoch war es wunderbar, dass es so schnell passierte - fand ich. Die Gruppe musste schnell entscheiden, ob der Angriff fortgeführt oder abgebrochen würde. Hätte ich das letzte Wort gehabt, hätte ich mich zwar für die Flucht entschieden, aber ich konnte mich sehr gut der Menge anpassen und mitmachen. So sah ich zu den Erwachsenen, wartete auf ihre Befehle. Aber was passierte, war etwas Anderes: Mama agierte wie Avis eigenmächtig und stürzte sich alleine und nahezu frontal auf den Hirsch.
Das einzige, was Mutter und Avis zusammen erreicht hatten, war dass der Hirsch Skadi vergaß und sich nun auf seine Angreifer stürzte.

Ich blickte hilfesuchend und auffordernd zu Kaya, der direkt neben mir stand. Doch dann starrte ich zu Skadi. Ich brauchte ihren Befehl.

"Skadi! Skadi! Wo soll ich angreifen? Welche Seite?"

Ich sprach sie direkt an und rannte zu ihr, damit sich mich möglichst schnell wahr nahm und noch schneller sagen konnte, was zu tun war.

[Wird von Avis und Arkanis beschützt, obwohl er die gesamte Situation sehr gut im Blick hat. Sucht dann Hilfe und Anweisungen bei Skadi, als alles unkoordiniert abläuft]



RE: PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Skadi - 26.05.2021

Atemzug um Atemzug wurde meine Wahrnehmung besser. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, wobei es in Wirklichkeit nur wenige Sekunden waren, die vergingen.
Ich starrte den Hirschbullen an, und er mich. Nur am Rande meines Blickwinkels suchte ich die Umgebung nach den Anderen ab, traute mich aber nicht den Blick vom Hirsch zu lassen. Dann war es Avis, den ich als erstes Wahr nahm. Er rief "Hier bin ich" und ich drehte meine Ohren nach ihm. Ich fühlte mich angesprochen, konnte jedoch noch immer nicht meinen Blick abwenden. Und dann, als der Hirsch sich umdrehte und Avis fixierte, verstand auch ich erst, dass Avis nicht mich, sondern den Hirsch meinte.
Meine zu flache und zu schnelle Atmung setzte in diesem Moment aus. Und so wie meine Atmung still stand, standen auch meine Muskeln still. Unfähig, mich zu bewegen. Überrumpelt und - überfordert?

Dann flog eine Braune Gestalt gegen den Hirsch und rammte buchstäblich die Aufmerksamkeit von Avis weg. Als sich das große Geweih um die Figur schloss, erkannte ich Arkanis in dem Gefängnis unter dem körperlich völlig überlegenem Tier.

Ich schüttelte mich und atmete gefühlt die komplette Luft aus meiner Lunge heraus, als Kimya zu mir kam. Ich weiß nicht, ober es war, der meinen Geist wieder weckte, oder ob es die normale Atmung war. Auf jeden Fall konnte ich denken und meine Glieder wieder bewegen. Ich spürte, dass mein Brustkorb sich nicht normal anfühlte, der Adrenalinspiegel ließ mich jedoch den Schmerz vergessen. Ich nickte Kimya zu, dann lief ich auf ihn und in Avis Richtung.

"Avis, Kimya - wir drei nehmen die Hinterläufe und ziehen ihn lang! Er darf nicht mehr aufstehen!"

Dann blickte ich zu Kaya, der nahe bei Kimya war, Rúna sah ich auf der anderen Seite, konnte aber so schnell keinen Blickkontakt her stellen.

"Kaya, Rúna, reißt ihm das Fleisch aus, verletzt ihn so doll ihr könnt. Machen wir ihn müde!"

Ich überholte Kimya und gelangte bei den linken Hinterlauf an. Ich packte in das Fleisch, riss meinen Kopf von einer zur anderen Seite. Ich biss immer wieder nach um ihm möglichst viel Schmerz zu zu fügen und große, blutende Wunden zu zu fügen.

"Akanif - wir finf bfei dfir. Lauf wfenn dfu kfannft!"

Rief ich, während ich an dem Bullen arbeitete.

[kommt wieder zu sich, teilt die Angriffstaktik ein und greift den Bullen an]



RE: PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Rúna - 04.07.2021

Die vergangenen Tage hatte ich im Übermaß genossen. Ich liebte den Herbst mit seiner frischen Luft den vielen Farben und Gerüchen, die er mit sich brachte. Für Avis und Kimya war es der erste Herbst ihres Lebens, der erste Blattfall, der für uns Älteren bereits das Verpsrechen auf die dunkle, schwierigere Jahreszeit mit sich trug. Glücklichweise konnten auch die beiden ihn wieder gemeinsam und in vollen Zügen erleben, da Avis Pfote ihm bald schon keine Probleme mehr bereitete.

Und dann trug der Wind eine herrliche Verlockung mit sich, den Duft von Blut und Beute. Doch ganz so einfach würde es nicht werden, wie wir bald bemerkten. Der Hirschbulle war ein stattliches Tier, dennoch bereits geschwächt. Und kurz darauf war klar, wir würden es versuchen.

Drohend kreisten wir das mächtige Tier ein und schnell machte uns der Hirsch deutlich, dass er noch nicht aufgegeben hatte. Vielleicht, so überlegte ich, war dies sein erstes Jahr in dem er die Kämpfe um seine Frauen verloren hatte. Doch viel mehr Gedanken konnte ich mir bereits nicht mehr machen, denn plötzlich traf der Hirsch seine Entscheidung und nun er war es, der uns angriff.
Erfahren wir er war, erwischte er Skadi und wirbelte sie durch die Luft. Avis rempelte Kimya zur Seite und auch ich machte zumindest einen Satz in die andere Richtung, als ich eher im selben Moment begriff, dass die Jungs vorerst außer Gefahr waren. Dann war es Avis der mich überraschte und sich vor Skadi stellte, der nach ihrem unfreiwilligen Flug noch immer die Orientierung fehlte. Während er erfolgreich die Aufmerksamkeit des großen Bullens auf sich zog eilte ihm bereits seine Mutter zur Hilfe und prallte mit ihrem vollen Gewicht gegen den Hirsch, riss ihn kurz darauf zu Boden. Unglücklicherweise geriet sie dabei unter ihn und kam erst wieder los, als der Bulle selbst sich erneut erhob.

Dann übernahm nach einem Zuruf von Kimya Skadi wieder die Kontrolle und verbiss sich in seinen verletzten Hinterlauf. Und da endlich sprang auch ich los, stürmte auf das andere Hinterbein zu, biss im vollen Lauf um das schlanke Bein und riss es mit mir nach hinten weg. In die selbe Richtung in die auch Skadi zerrte ich, um den Hirsch damit zu Fall zu bringen...


RE: PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Kaya - 11.07.2021

Ein Rothirsch. Es war nicht allzu schwer gewesen, ihn aufzuspüren. Strategisch vorzugehen war nun jedoch Pflicht und ich hätte nichts darauf gegeben, wären die Jungs in der zweiten Reihe alleine auf diesen wahren Brecher gestoßen.

Wir hatten uns recht gut herangepirscht und ich muss sagen, dass ich auf den alten Burschen keinen Pfifferling mehr gegeben hätte. Zu angeschlagen schien er und irgendwie meinte ich ihn auch wanken zu sehen. Aber ich täuschte mich…

Gerade als ich einen richtigen Satz in seine Richtung machen wollte, preschte Skadi zwar nicht vor, wurde aber dennoch das ausgewählte Ziel des röhrenden Brummers, der sich mit seinem brachialen Gewicht auf die Hufe gewuchtet hatte und nun in Richtung Skadi stürmte. Jene hatte zwar wie gewohnt schnelle Reaktionen, erlitt aber dennoch einen Treffer am Hinterlauf, während ich einen Halbkreis beschrieb, um zunächst der anderen Geweihseite auszuweichen. Dafür, dass der Moment nur kurz war, hatte Skadi für meine Begriffe ordentlich etwas abbekommen.

Die Aufmerksamkeit des großen Röhrers lag nach wie vor auf Skadi, was für uns andere wiederum eine Chance bot. Eine Chance, die wir uns nicht entgehen lassen durften. Nachdem Skadi ziemlich dufte geäußert hatte, wie sie fand was der Hirsch getan hatte, war es ausgerechnet Avis, den ich noch nicht als genesen betrachtete, der pendelnde Bewegungen andeutete, wenn ich richtig hinsah. Nicht doch!

„Nicht!“

rief ich, um möglicherweise zu verhindern, dass sich Avis derartig in die Bredouille brachte, aber wer war ich schon, um das zu verhindern? Avis aber schien kurz zurückzustecken, weshalb ich meinen Blick, während ich einen Halbkreis beschrieb, zu Arkanis wandern ließ,  die eine ähnlich hohe Schwierigkeitsstufe gewählt hatte, wie zuvor noch Skadi, die ich inzwischen nicht mehr sah. Wenige Augenblicke später schlich Arkanis auch schon an mir vorbei. Arkanis hatte gleichzeitig auch Avis aus der Gefahrenzone bugsiert, jedoch nicht, ohne sich selbst in selbstmörderische Gefahr zu begeben. Ich konzentrierte mich und nahm mich für den möglichen entscheidenden Schritt zusammen, als es neben mir laut wurde und Kimya, den ich fast vergessen hätte, Skadi zurief, von welcher Seite er denn sein Glück versuchen solle.

Skadi schaltete schnell, fast schon schneller, als ich erwartet hätte. Skadi wusste aber halt auch, wie man derlei schnell regelte, während ich dazu neigte, alles immer noch ein, zwei weitere Male zu durchdenken – das alte Leid des Chefs, gewissermaßen.

Ich zog leicht nach rechts zu Runa um und beschloss, den Hirsch – der immernoch einen desolaten, aber lebenswilligen Eindruck machte – wie gehabt von der Seite anzugehen. Rúna hatte ich bisher gar nicht so in Aktion erlebt doch die Wölfin, die einst jeder so nannte, konnte erstaunlich gut zupacken. Kurz neben ihr fand ich mich nach einem Gedenkmoment ein und spätestens, als ich das warme Blut des panisch röhrenden auf meinen Lefzen spürte war es auch um mich geschehen und ich ruckte mit aller Macht. Und glaubt mir: Das war erstaunlich viel!

[steht zunächst in Beobachterrolle, greift kurz nach Rúna mit ein.]



RE: PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Avis - 17.07.2021

Der Hirsch stampfte trotz seiner Verletzung mit dem Huf auf, schnaubte gleichzeitig bedrohlich und angsterfüllt, ehe er den Kopf mit dem imposanten und gefährlichen Geweih hin und her bewegte. Ich hatte seine Aufmerksamkeit mit meinem knurrenden Bellen und den Scheinangriffen auf mich gelenkt, nachdem Skadi orientierungslos war und der Bulle sie fixierte. Kayas warnendes ‚Nicht!‘ hatte ich nur am Rande mitbekommen, doch da hatten sich meine Pfoten längst in Bewegung gesetzt. Irgendjemand musste schließlich etwas tun und dieser Jemand war offenbar ich. Das Arkanis Kimya im Nacken gepackt und noch ein Stück weiter aus der Gefahrenzone gezerrte hatte, war ebenso an mir vorbeigegangen wie sein empörtes Knurren. Hier und jetzt lag meine volle Konzentration auf unserer Beute, die kurzum zum Angreifer geworden war. Hoffentlich fing sich Skadi schnell wieder, hoffentlich unternahmen Kaya, Rúna und Arkanis irgendetwas, um sie wachzurütteln und hoffentlich hatten sie eine bessere Weitsicht als ich. Zwar hatte ich Erfolg mit meiner Ablenkung, doch was ich nun tun sollte, darüber hatte ich mir keine Gedanken gemacht.

Das brauchte ich mir auch nicht mehr tun, weil Mutter an mir vorbeischoss und den Hirsch mit ihrem ganzen Körper rammte, so dass er ins Straucheln geriet. Ein weiterer kräftiger Stoß brachte ihn schließlich aus dem Gleichgewicht, doch mit ihm auch Arkanis, die unter dem schweren Tier begraben wurde. Entsetzt riss ich die Augen auf.

„Mom!“,

rief ich und war froh darüber kurz darauf Kimyas Stimme zu hören. Er holte Skadi vollends zurück ins Hier und Jetzt. Und sie wusste was zu tun war. Ich war beinah gleichzeitig mit ihnen losgesprungen und folgte ihrer Anweisung, wobei der Hirsch in seiner Panik mit den Beinen ruderte und ich einen heftigen Tritt gegen den Kiefer bekam. Der Schmerz schoss einmal durch meinen Kopf, doch ich schüttelte ihn davon und biss gemeinsam mit meinem Bruder und den anderen zu, zerrte so doll ich konnte an dem Bein, welches ich zu fassen bekam und atmete durch zusammengebissene Zähne auf als sich Arkanis befreite und ein Stück zur Seite kroch. Unterdessen wurde der verletzte Hirsch müder, die Bewegungen seiner Beine ließ nach, doch er versuchte erneut mit seinem Geweih einen von uns zu erwischen. Dann drehte er sich herum und versuchte sich mit den zittrigen Vorderbeinen auf- und davon zu stemmen. Obwohl mein Kiefer leicht schmerzte, ließ ich von seinem Hinterbein ab, immerhin waren da doch noch Rúna und Skadi, … oder?
Egal! Immerhin hatte der Hirsch vier Beine und jetzt wo Arkanis in Sicherheit war, galt es ihn endlich zur Strecke zu bringen. Also vergrub ich meine spitzen, jugendlichen Zähne in seinem Ellbogen und ruckte, zerrte und knurrte. Mein Körper war dabei parallel zu seinem, so dass er mich mit seinem Geweih verfehlte als er es noch einmal versuchte mich loszuwerden. Hoffentlich gab ihm schnell jemand den Rest!

[entsetzt darüber das Arkanis „verschüttet“ wird / froh darüber, dass Kimya Skadi wachrüttelt / unterstützt die beiden am Hinterbein / bekommt einen Tritt ab / verbeißt sich schließlich im Ellbogen]


RE: PASSUS X - NEUE FREUNDE UND ALTE FEINDE - Arkanis - 20.07.2021

Ich war noch immer viel zu nah am Geschehen dran. Spürte Fell an meiner Flanke vorbeistreifen, roch den Moschusgeruch des Beutetieres, der sich mehr und mehr mit Angstschweiß und Blut mischte. Ich hörte die anderen um mich herum einander etwas zurufen, erkannte braunes und graues Fell vor meinen Augen.
 
Skadis Rufe drangen dumpf an meine Ohren, ich glaubte meinen Namen zu vernehmen, doch mein Verstand war so unglaublich langsam. Und wenn ich doch wenigstens endlich etwas erkennen könnte!
Heftig blinzelnd versuchte ich den Schleier über meinem Blickfeld zu vertreiben und die unheimlich flackernde Schwärze, die bei jedem angestrengt eingezogenem Atemzug einen Teil meines Blickes dominierte, bevor sie langsam wieder zurückwich. Meine Brust schmerzte, als läge das schwere Tier immer noch darauf, würde sie zusammenpressen bis die Rippen barsten. Rasselnde Geräusche begleiteten jeden meiner Atemzüge, doch langsam schwand das Gefühl zu ersticken. Ich zog die Pfoten unter meinen Körper und schob mich schwankend ein Stück weiter weg – zumindest vermutete ich, die richtige Richtung gewählt zu haben. Scharfer Schmerz schoss durch mich hindurch, doch wider erwarten schien die Bewegung geholfen zu haben. Ein tiefer Atemzug weitete meine Lungen, ließ mich fast vor Schmerz aufschreien, doch im Zentrum meines Sehens wurde mein Blick wieder klarer. Langsam setze ich mich auf, zuckte heftig zusammen, doch endlich wurden die Schemen wieder zu Wölfen. Das Rudel hatte den ersten Schock überwunden, funktionierte wieder als Einheit. Koordiniert hatten die anderen den Angriff gestartet, ich erkannte, dass sich alle nun am Beutetier eingefunden hatten und ihm mit den Zähnen ordentlich zusetzen. Zu meiner – unerwartet heftigen – Erleichterung sah ich, dass auch Skadi unversehrt am Kampf teilnahm.
 
Meine Atemzüge wurden leiser, weniger quälend. Die sitzende Position nahm den Druck von meinen Lungen. Ich drehte hastig den Kopf von links nach rechts, schleckte mir über die Rippen und versuchte mir einen Überblick über meinen Zustand zu verschaffen. Die Berührung tat weh, vor allem die Seitwärtsdrehung meines Körpers gefiel meinen geprellten Rippen gar nicht. Doch es fühlte sich nicht so an, als wäre etwas unwiederbringlich zerstört. Ich erhob mich etwas schwerfällig auf alle Viere und schleppte mich ein Stück aus der Gefahrenzone, bevor ich zitternd wieder zusammensackte. Hechelnd machte ich mir ein Bild von der Situation, die zwar nun koordinierter, aber immer noch hektisch schien.
 
Das Rudel hatte den Hirsch nun von allen Seiten gepackt, zerrte an ihm, setze ihm ordentlich zu. Seine Augen huschten panisch umher und ich beobachtete mit mulmigem Gefühl die immer noch rasanten Abwehrbewegungen, die das große Tier machte. Noch waren alle gut positioniert und zu nahe an dem großen Körper dran, als dass der Hirsch wirklich Schwung in seine Tritte bringen konnte. Doch eine falsche Bewegung oder ein Abrutschen mit dem Kiefer konnte die Situation wieder gefährlich machen. Ich wollte Skadi nicht in ihrer Rolle als Koordinatorin angreifen, doch momentan hatte ich den besten Überblick über die Situation. Ich konnte sehen, dass Rúna und Skadi an ihren Positionen kurz davorstanden, dass Tier zu fall zu bringen und würde einer von ihnen loslassen, konnte der andere das Opfer von panischen Abwehrtritten des zweiten Hinterbeines werden. Eine Situation, die die anderen drei jedoch ebenso in Gefahr brachte, sollte das Tier zur Seite stürzen.
 
“Passt auf, er bricht gleich zusammen! Kaya das ist dann deine Chance die Kehle zu erreichen!“ Mein Ruf war mehr ein zischendes Fauchen, doch ich hoffte, dass ich verstanden wurde. Der Ruf hatte mich mehr Energie gekostet, als ich erwartete hatte und brachte mich dazu, heftig keuchend wieder genug Luft in meine Lungen zu ziehen. Mit klopfendem Herzen beobachtete ich, was als nächstes geschah…
 
 
[ist eine Zeit lang mit sich selbst beschäftigt, schleppt sich ein Stück weg | versucht von außen die Jagd zu koordinieren]