Obscuri
PASSUS IX - Spuren in der Asche - Druckversion

+- Obscuri (https://obscuri.schattenwanderer.net)
+-- Forum: Rollenspiel (https://obscuri.schattenwanderer.net/forumdisplay.php?fid=3)
+--- Forum: Der Weg in den Norden (https://obscuri.schattenwanderer.net/forumdisplay.php?fid=9)
+--- Thema: PASSUS IX - Spuren in der Asche (/showthread.php?tid=341)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Arkanis - 02.08.2019

Ich nickte Rúna zu, ihre Antwort war absolut ausreichend gewesen, verriet mir was ich wissen musste. Und schon begann es in meinem Kopf zu arbeiten.
Ob dieser Erasmus aus irgendeinem Grund entschieden hat, dass es noch nicht sicher ist, hierher zurückzukehren? Vielleicht hält sie irgendwas auf…, dachte ich und ließ meinen Blick kurz in die Ferne wandern, während ich angestrengt daran arbeitete, für mich eine schlüssige Erklärung zu basteln.
 
Der Blick blieb auf Skadi und Kaya hängen und meine Lefzen zuckten kurz. Statt froh zu sein, dass nun ein weiterer Helfer aufgetaucht war, der alles daran setzen würde Avis und die anderen zu finden, schürte Skadi nichts als Feindschaft und hielt damit alle auf, verbrauchte Zeit, die wir nicht hatten.
Was, wenn sie verletzt waren? Oder gefangen? Wie lange hatten alle hier schon Zeit vergeudet, die wir nicht hatten?
 
Kimyas leise Worte holten mich aus meinem aufwallenden Zorn zurück und ich senkte den Blick auf meinen kleinen Sohn, der vor Trauer in sich zusammengesackt war und mich nun nicht einmal mehr ansah. Mein Herz zerrte an mir, doch ich bemerkte noch etwas anderes, eine kleine Bewegung in meinem peripheren Sichtfeld, welche mich leicht die Augen anheben ließen.
 
Rúna hatte Kimya ebenfalls gehört und gab mir mit ihrer Reaktion schlagartig mehr Antworten, als ich gebraucht hatte. Es war nicht so, dass die anderen trödelten oder die Suche falsch angingen. Nein, sie alle hatten längst aufgegeben, alle Hoffnung verloren, Avis lebend zu finden! Das sah ich deutlich in Rúnas Haltung, doch ich wollte es nicht wahrhaben.
Ich wich einen Schritt zurück, mein Focus lag nun vollständig auf Rúna, eine Mischung aus Schmerz, Wut und Panik in meinen Augen. Nur Kimya zuliebe, waren sie alle noch da, weil sie zu feige waren offen auszusprechen, was sie dachten. Seit Tagen kamen sie hier her, nur weil sich keiner traute ihm endlich die Wahrheit zu sagen.
 
Ich schüttelte den Kopf, konnte nicht anders als kurz die Zähne zu blecken, erst in Rúnas Richtung und dann in Richtung Skadi und Kaya. Kimya sah noch immer zu Boden und nur ihm zuliebe beließ ich meine Reaktion dabei, auch wenn ich innerlich so laut schrie, dass das Blut in meinen Ohren rauschte und mein Kopf schmerzhaft pochte.
Hin und hergerissen starrte ich nun in den Wald, wollte allein aus Trotz auf die Suche nach meinem Sohn gehen, ihnen zeigen, wie verdammt falsch sie lagen. Doch ich war nicht dabei gewesen, als das Feuer kam, hatte nicht gesehen, was sie gesehen hatten. Hier standen vier erwachsene Wölfe, die Avis geliebt – oder zumindest gemocht hatten und sie alle hatten ihn bereits für tot erklärt. Dieser Gedanke tat so entsetzlich weh, als würden sich Zähne in meine Eingeweide graben und auch wenn ich mich weiterhin zusammenriss, innerlich tobte ein Kampf in mir. Es musste noch Hoffnung geben!
 
Ich beugte mich zu Kimya hinab, mit Mühe ließ ich meine Stimme so normal wie immer klingen.
“Ja, das tun wir. Lass mich das nur kurz mit Skadi klären.“, brummte ich in sein Ohr und stupste ihn ein wenig steif an, ganz konnte ich meine Anspannung nicht abschütteln. Mein Blick hob sich und blieb kurz auf Rúna liegen und ich unterdrückte den Impuls sie anzuknurren, weil sie alle seit Tagen hier in einer Sackgasse saßen. Stattdessen trat ich an ihr vorbei und deutete knapp auf Kimya, beinahe mehr ein Befehl als eine Bitte ihn ein wenig zu trösten und von seiner Trauer abzulenken. Wie großspurig und überheblich das wirken musste, nachdem das sicher schon seit Avis Verschwinden ihre Aufgabe gewesen war, war mir in diesem Moment weder bewusst noch dachte ich auch nur eine Sekunde darüber nach.
 
Mit forschen Schritten kam ich bei Skadi an und hielt mich gerade noch davon ab, sie unsanft zur Seite zu schieben.
 
“Wir müssen reden.“, grollte ich und sah sie auffordernd an mit Augen, aus denen beinahe Funken zu sprühen schienen. Kaya ignorierte ich in diesem Moment komplett.

[erst bei Rúna und Kimya, dann bei Skadi und Kaya]


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Kaya - 05.08.2019

Sachte ließ ich den Wind sein Werk tun und ebenso durch mein Fell fahren. Manchmal waren er und ich eben doch Freunde. Und für den Moment konnte ich etwas Luft, wenngleich sie mir nur unter das Fell fuhr, durchaus gebrauchen, denn die Situation vor mir drohte unverhofft hitzig zu werden. Wurde sie aber nicht, denn niemand fiel den anderen an oder fühlte sich zur Gänze missverstanden.

Ich war froh, dass ich Skadi in ihrem Die-Wölfin-offenbar-fressen-wollen hatte bremsen können, hätte mich dafür aber niemals selbst gelobt. Und auch Skadi war fern davon, lobende Worte für mich zu finden, eher im Gegenteil. Denn statt der Wölfin schien es, als wolle sie nun mich fressen. So ein bisschen zumindest. Ein Appell an meine Vergesslichkeit schloss sich an. Ein wenig betreten war ich nicht nur geneigt, das Haupt gen Boden zu richten, sondern tat es auch. Denn Skadi brüllte, jedenfalls für ihre Verhältnisse. Dennoch richtete ich recht bald den Kopf auf und versuchte, ihrem Donnerwetter standzuhalten, was mir mehr schlecht als recht gelang.

Ganz Unrecht mochte sie sicher nicht haben, zumal Skadi durchaus richtig erkannte, dass ich im Prinzip niemanden so richtig zurückgelassen hatte, als ich mit Velvet weitergezogen war. Aber was hatte es gebracht? Ich war mit leeren Pfoten zurückgekehrt. So wie im Prinzip auch die Wölfin, doch deren Pfoten würden sich füllen können, wenn sie denn zum einen daran glaubte und zum anderen Teil der Gemeinschaft blieb. Dennoch musste ich etwas sagen.

„Ich würde dir niemals einfach so wiedersprechen, aber im Moment tust du offenbar einigen ziemlich Unrecht. Mir zum Beispiel, Skadi.“

Ich war längst nicht so ungehalten wie die Bunte, allerdings meldete sich doch ein wenig mein inneres Ich und wollte ein wenig Gerechtigkeit haben. Und das mochte ja durchaus nachvollziehbar sein, nicht?

„Es ist nicht hilfreich, wenn du….“

Weiter kam ich nicht, denn da schob sich schon das nächste Unheil in Gestalt der verhinderten Mutter in meine Nähe und keifte Skadi an. Tja….was tun? Im Gegensatz zu ihr mochte ich sie nicht ignorieren, fühlte mich aber binnen kurzer Zeit zum zweiten Male in meinem Leben ziemlich hilflos.

[bei Skadi, hört zu und will reagieren, als Arkanis auf den Plan kommt]


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Skadi - 07.08.2019

Ich sah Kaya an, als er mir vorwarf, dass ich Einigen - und auch ihm - unrecht tat. Mein Blick war verwundert und genervt zu gleich. Ich hatte meines Erachtens nach keinen Beleidigt oder falsch dar gestellt. Rein die Tatsachen wurden ausgesprochen. Vielleicht unangemessen erbost, aber dieses Gefühl stand mir in meinen Augen zu.

Kaya wollte gerade weiter reden, unterbrach jedoch, als Arkanis auf uns zu kam. Ihre Körperhaltung war angespannt, der Schritt schnell und gezielt. Ihr Blick war auf mich gerichtet, während sich die Entfernung zwischen uns schnell schmälerte. Ich konnte ihre Wut deutlich sehen und riechen und so stand ich auf und sah ihr mit ernsten Blick entgegen. Als ihre grollenden Worte meine Ohren erreichten, stellte sich automatisch mein Nackenfell auf.


"Oh ja, das müssen wir."


Antwortete ich prompt mit fester Stimme und sah ihr direkt in die Augen. Meine Rute stellte sich steil auf, als ich ihre Anfeindung mir gegenüber wahr nahm.
Ich blieb bei Kaya stehen. Nicht weil ich seinen Schutz benötigte oder mir Rückhalt von ihm wünschte. Ich versprach mir tatsächlich gar keinen Rückhalt von ihm, da er mir direkt zuvor signalisiert hatte, dass er nicht meiner Meinung war. Aber ich stand zu meinen Ansichten und würde sie wieder kund tun. Vor kaya, gegenüber Arkanis. Auch mit Rúna würde ich darüber sprechen. Und sollte Arkanis wieder verschwinden, würde ich auch Kimya wieder auffangen und ihm meine Meinung sagen. Aber zuvor würde Arkanis sich anhören müssen, was sie ihren Kindern angetan hat.

So stand ich vor ihr und wartete ich auf das, was sie mir an den Kopf werfen wollte. Was auch immer es war, warum sie jetzt wütend auf mich war, obwohl doch sie die Fehler begangen hatte und dankbar sollte. Mein Körper zeigte, dass sie mich nicht einschüchterte. Ich wollte nicht kämpfen, aber ich würde beschützen was wir bisher aufgebaut und aufgefangen hatten.

[Bei Kaya und Arkanis]


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Arkanis - 09.08.2019

Skadis Worte überraschten mich nicht ein bisschen, es war genau das, was ich von ihr erwartet hatte. Schließlich hatte sie kein Geheimnis aus ihrer Abneigung mir gegenüber gemacht und mir war klar, dass sie mir liebend gerne so einiges an den Kopf geknallt hätte, worauf ich allerdings nicht viel geben würde. Doch zunächst war ich an der Reihe.
Mein Blick huschte zu Kaya und ich warf ihm einen scharfen Blick zu, weil er immer noch hier stand, obwohl ich eindeutig Skadi direkt angesprochen hatte. Doch die Bunte machte keinerlei Anstalten den Rüden wegzuschicken und auch ich würde das nicht tun. Zur Not würde ich mit ihnen beiden abrechnen, schließlich war auch Kaya in meine Wut inbegriffen, auf wenn der Hauptfocus momentan auf Skadi lag. Doch diese könnte es als Schwäche interpretieren, wenn ich den Rüden wegschickte. Zumal ich mir vorstellen konnte, dass er gleich eines treuen Hündchens fest an Skadis Seite bleiben würde, um die Fähe vor der rasenden Irren zu verteidigen, die ich in diesem Moment wohl abgab. 

Ein tiefer Atemzug – so viel Zeit musste sein. Egal wie wütend ich war, das Fell zu Berge stehend und mit gebleckten Zähnen müsste ich es Skadi eigentlich anrechnen, das sie kein Stück zurückwich. Doch die Fähe war momentan so sehr Hassobjekt, das ich ihr kleine Zugeständnisse machen konnte. Trotzdem hielt ich es für nötig, mich zu sammeln und ihnen zu zeigen, dass ich trotz meines kochenden Blutes eine zurechnungsfähige Fähe war, die man durchaus ernst nehmen sollte.

“Sagt mir die Wahrheit. Mit mir macht ihr nicht das selbe, wie mit Kimya.“ Meine Stimme war leiser, als ich es mir selbst zugetraut hätte in dieser Situation. Doch ich wollte auf keinen Fall, das Kimya davon mitbekam, was hier ablief. 

“Habt ihr Avis' Leiche gesehen?“ 
Direkt, wie ich eben war kam ich sofort mit dem hinaus was mich beschäftigte, ohne Umschweife, ohne zu verschönigen.
Doch die leise Frage zerfetzte mir förmlich mein geschundenes Herz und mein Atem stockte so lange, das ich beinahe glaubte, nie wieder Luft zu bekommen. Ich behielt einen festen Blick auf Skadi, doch innerlich war ich tief schockiert darüber, diese Frage so unverblümt gestellt zu haben und Panik vor der Antwort durchströmte mich wie ein reißender Fluss, der todsicher in einen zerschmetternd tiefen Abgrund münden würde. Doch nun gab es kein zurück mehr.

“Oder hat es einen anderen Grund, dass ihr ihn aufgegeben habt? Das ihr immer noch hier seid, wo es nichts als Zerstörung gibt und Kimya täglich weiter belügt, ihm vorgaukelt, dass ihr alle nicht nur seinetwegen hier seid? Weil ihr zu feige seid mit ihm Klartext zu sprechen?“, fragte ich erstaunlich scharf. Doch auch wenn es als Seitenhieb gedacht war, würde Skadi unschwer erkennen, wie sehr ich immer noch auf ein Wunder hoffte. Auch wenn es mich zutiefst ärgerte, war ich nun leider noch nicht gänzlich erkaltet und in den letzten Stunden hatten mich so viele Emotionen förmlich überrollt, wie zuletzt als kleinen Welpen, an dem Tag, an dem ich meine Familie ausgelöscht hatte. Die Fassade bröckelte und ich hasste es wie die Pest.
Doch es gab schlimmeres. Ich hatte Skadi und Kaya gerade aufgefordert, mir schonungslos das Herz zu brechen. Was war da schon mein Stolz wert?

"Also?" Auffordernd sah ich die beiden an. Arkanis die Unnahbare. Hinter diesen starken Worten steckte so viel Schwäche. Doch meine grauen Augen blickten kalt und undurchsichtig wie immer, versteckten alles dahinter, was mich schwach wirken ließ.


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Kimya - 18.08.2019

Meine Rute begann augenblicklich wild von einer zur anderen Seite zu wischen, als Mutter mir zusprach, dass wir Avis suchen würden. Aufgeregt wollte ich gerade an ihr hoch springen, als sie mich von sich schob und zu Rúna drängte. In meiner Freude entging mir für einen kurzen Augenblick, wie angespannt sie zu Skadi ging. Ich sprang statt dessen an Rúna auf, schleckte ihr an die Lefzen und drückte mich eng an ihre Vorderläufe.


"Hast du gehört? Wir suchen Avis!"


Japste ich vor Freude und sprang erneut an Rúna auf. Dann sah ich zu Skadi und Arkanis und all meine Fröhlichkeit wich abrupt von mir. Sie standen nahe voreinander, mit erhobenen Ruten und aufgestellten Fell. Das war alles, nur nicht Freundlich! Und nun kam mir auch der Ton und die Anspannung von Mutter in den Sinn, kurz bevor sie mich zu Rúna geschoben hat.
Irritiert, nein eher höchst verunsichert, sah ich zwischen den Fähen hin und her.


"Warum?"

Fragte ich nur leise mit einem leisen Winseln unterlegt. Warum mussten sie sich anfeinden, gerade jetzt, wo es endlich etwas positives gab. Mama ist wieder da. Verloren geglaubte kehrten zurück!
Ich widerstand meinen Drang, Mutter zu folgen und mich zwischen Skadi und Arkanis zu stellen. Statt dessen drückte ich mich ganz nahe an Rúna und suchte ihre Wärme. Die vertraute Nähe, die sie mir je gegeben hatte, nachdem ich nicht mehr glaubte, dass Arkanis zurück kommen würde. Rúna war immer da gewesen. Sie hatte mich vieles gelehrt, mich gewärmt und mir die Nähe gegeben, die ich immer gesucht hatte. Bei ihr musste ich nie stärker sein, als ich mich fühlte. Ich musste mich nie verstellen. Sie war immer da gewesen.
Ich sah zu ihr auf. Und mit ganz ehrlichen Worten, die jedoch sehr traurig klangen - schuld daran war die Situation die vor uns statt fand - sagte ich leise:

"Ich hab dich lieb"


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Kaya - 31.08.2019

Es war nicht hilfreich. Nein, eigentlich müsste es lauten: ICH war nicht hilfreich. Denn kaum hatte ich die Fähe auf Skadi zustraksen sehen, wusste ich schon, dass das eigentlich nur in einem Dilemma würde enden können. Und ich wurde eigentlich durchaus bestätigt, denn kaum hatte ich einen Schritt zurückgetan, schien es, als würden sich die Damen ineinander bohren. Was sie dann aber, wundersamerweise, doch nicht taten. Ein wenig deplatziert mochte ich schon wirken, erst recht, als Skadi zumindest verbal klarste Angriffsbereitschaft kommuniziert hatte. Aber es kam anders.

Ganz anders.

Denn Skadi, die ich eigentlich so gut zu kennen glaubte, wurde – wie ich fand – ziemlich ausgekontert. Und das sage ich nicht so, denn ich mag und mochte Skadi! Aber das spielte in dieser Situation nur eine untergeordnete Rolle. Denn offenbar waren sich die beiden Damen mehr als nur Spinnefeind, ganz wie ich befürchtet hatte.

Mein Blick glitt zu Runa und Kimya, die etwas ganz anderes signalisierten, das mir sofort Wärme gab. Eine Wärme die ich, wenn ich aufrichtig bin, nie zuvor verspürt hatte. In mir krampfte sich kurzzeitig alles zusammen, während ich zu Runa und dem jungen Rüden sah – und auch ging. Das hier hatten Skadi und die Wölfin unter sich auszumachen, wie mir schließlich siedendheiß bewusst wurde.

Also machte ich mich – wie beschrieben – auf und nahm Runa und den jungen Rüden in mein Visier.

„Es gibt Dinge, bei denen Rüden wie ich weder durchschauen noch willkommen sind….das scheint ein solches zu sein.“

konstatierte ich. Das leisen Winseln, das Avis verlassen hatte, hatte ich durchaus noch mitbekommen und war bestrebt, nicht allzu plötzlich bei den beiden zu erscheinen. Immerhin wusste ich nicht, wie willkommen ich sein mochte. Auch wenn ich mich etwas früher ja angekündigt hatte.

„Was würdest Du tun? fragte ich Runa, hielt meinen Blick dabei aber auf Kimya gerichtet, der sicher ebenso würde antworten können. Die beiden Streithähne in meinem Rücken hatte ich nicht vergessen, nein. Aber jetzt gab es anderes.


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Skadi - 01.09.2019

Die Zeit schien eingefroren zu sein. So sehr mein Blut in meinen Adern brannte und heiß durch meinen Körper strömte, so langsam vergingen die Atemzüge, die Worte und die Bewegungen um mich herum. Arkanis sprach ausschließlich mit mir. Sie sah augenscheinlich mich als ihre Feindin an, obwohl Kaya nicht mehr Worte mit ihr gewechselt hatte als ich. Und Kaya zog sich aus der Situation heraus - ich konnte es ihm nicht ein mal verdenken. Zu einem war er nicht angesprochen und zum Anderen war es offensichtlich ein Streit zwischen Arkanis und mir.

Als sie das Gefecht dann eröffnete, grollte ich nicht nur innerlich.
'Wir haben Kimya aufgenommen, durchs Leben gebracht, erzogen und aufgefangen als du verschwunden bist. Was ist daran falsch?'
Dachte ich. Doch ihr nächster Satz überraschte mich und nahm alle Angriffslust aus meinem Körper heraus. Irritiert drehte ich den Kopf zur Seite, nachdem ich instinktiv den Kopf beneinend geschüttelt hatte. Meine Rute senkte sich langsam und auch mein Nackenfell legte sich.
'Avis Leiche gesehen?'
Nur bei dem Gedanken überkam mich ein Schauer. Einige Atemzüge taten mir so schwer, als würde meine Kehle zugeschnürt sein.
Dieser ausgesprochene Gedanke löste in mir eine Angst aus, die mich völlig überraschte. Und gleichzeitig verspürte ich Mitleid mit Arkanis, die um das Leben ihres Welpen bangte. Aber das hielt nur kurz an, schon ihr nächster Satz ließ die Wut auf Arkanis wieder auf köcheln.
Sie fragte, warum wir noch hier waren. Warum wir Avis aufgegeben haben. Warum wir Kimya belügen.


Ein warnendes Knurren entkam meiner Kehle.


"Wir sind bei Kimya in dieser schweren Zeit. Wir sind nicht nur bei ihm, wir geben ihm Halt, Schutz und auch die nötige Liebe, die er braucht, um das alles zu durchstehen. Würdest du ihn und seine Zerbrechlichkeit kennen - dann würdest du uns und unser Handeln nicht in Frage stellen."

Leise und langsam kamen die Worte aus meinem Maul. In meiner Stimme konnte man die Wut, alle Vorwürfe hören.
Doch dann, als Fähe die selbst einst trächtig war und nicht überaus vorbildlich gehandelt hatte, überkam mich Güte. Die Gewissheit um Avis Tot konnte ich nicht bestätigen - aber die Hoffnung die noch in uns allen irgendwo ruhte, gab ich weiter.

"Das Feuer hat uns von Avis, Dekaja, Tryss, einem weiteren Welpen und einem erwachsenen Rüden getrennt. Von deren Verbleib wissen wir nichts. Wir hoffen, dass sie es alle überstanden haben. Wenn sie uns suchen, dann warten wir auf sie - und zwar dort, wo wir alle noch zusammen waren."

Erklärte ich weiter. Der Groll aus der Stimme war verschwunden. Es war eine sachliche Auflistung der Situation und Handlungen. Und beim letzten Satz senkte ich für einen kurzen Augenblick den Blick. Denn da war es - der schmale Grad zwischen Hoffnung und Vernunft.

Dann sah ich wieder zu Arkanis. Mein Blick war voller Misstrauen und Wut. Aber ich hielt meine Warnung an sie noch zurück. Erst wollte ich ihre Reaktion sehen. Abschätzen, wie wichtig ihr die beiden Jünglinge wirklich waren. Ob es nur vorgespielte Sorge war, oder ob sie ernst war.

[Bei Arkanis, Abseits der Anderen]


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Arkanis - 06.09.2019

Dass Kaya ging, bekam ich nur am Rande mit. Bemerkte, dass ich ein wenig mehr Raum bekam, ohne ganz genau greifen zu können, woran das lag. Ohnehin nahm ich kaum etwas wahr außer dem überlauten Rauschen des Blutes in meinen Ohren. Der feurige Blick lag auf Skadi, nahm sie überdeutlich wahr und schien doch gleichzeitig geradewegs durch sie hindurch zu gehen, während ich wartete. Es war kaum auszuhalten.
 
Bewegung kam in Skadi, ihre Haltung änderte sich und ihre offensichtliche Schockhiertheit nahm mir augenblicklich den Atem, ich riss die Augen auf, hatte grenzenlose Panik vor der Antwort. Doch dann schüttelte sie den Kopf und ich spürte, wie alles in mir zusammensackte, die Welt begann wieder, sich zu drehen und ich konnte langsam wieder meinen Körper spüren, die schweren Atemzüge, die meine Brust hoben und senkten, die Luft in meine Lunge pumpten, die ich zuvor angehalten haben musste.
 
Ich hatte sie getroffen, ihr ein Bild vor Augen geführt, welches sie seit Tagen verbittert verdrängt hatte. Sie sprach die Wahrheit, ihre Reaktion tat das für sie, das konnte ich ihr nicht absprechen. Doch die kurze gemeinsame Furcht, der leichte Hauch einer Verbundenheit wurde sogleich wieder hinfort geweht, von den kochenden Gemütern überrollt, die miteinander noch nicht fertig waren.
 
Ich nahm wieder Haltung an, mein Fell sträubte sich augenblicklich, als Skadi erneut zu Knurren begann und mit stur erhobenem Haupt lauschte ich ihren Worten, während das Blut in mir in sekundenschnelle zu kochen begann. Der Vorwurf in Skadis Stimme war nicht zu überhören und ein leises Grollen entwich meinem Fang. Doch was mich am meisten traf war die Anschuldigung, ich würde meinen Sohn nicht kennen. Vielleicht, weil ein Funken Wahrheit darin steckte?
 
Ich wollte bereits aufbrausen, so viel Wut hatte sich in mir angestaut, brauchte einen Weg nach draußen, Worte die geknurrt werden mussten. Doch dann überraschte Skadi mich.
 
Sie weihte mich ein, ließ mich teilhaben und das, obwohl ich nicht gerade friedlich aufgetreten war. Es war in Ordnung, sie hatte meine Wut abbekommen, ich hatte erfahren, was ich wissen musste. Meine Haltung entspannte sich und ich versuchte einen neutralen Gesichtsausdruck, auch wenn wir beide wussten, dass noch so einiges unausgesprochen zwischen uns stand.
 
“Danke.“ Warum war das nur so schwer?

“Das ihr für ihn da wart.“
 
Ja, das musste gesagt werden, machte es auch vielleicht klar, dass sie das nun nicht mehr in dem Maß sein mussten. Denn auch, wenn ich zu schätzen wusste, was sie für ihn getan hatten, nun war ich wieder da und bereit, mich ihm anzunehmen. Mein Blick schweifte kurz ab, blieb auf Kimya liegen.
 
“Und wie lange wartet ihr schon?“, fragte ich, während ich langsam zuerst den Kopf herumdrehte und schließlich auch die Augen von Kimya löste, um Skadi wieder anzusehen.
 
“Und wie lange wollt ihr das noch tun?“ Tatsächlich lag keinerlei Wertung in meinen Worten, nur ein Hauch von Trauer und Furcht. Ich wollte, dass Skadi mir sagte, was zu tun war, dass sie eine Lösung wusste, dass irgendjemand eine Lösung wusste. Ich wollte, dass sie mir sagte, ab wann es in Ordnung war, seinen Sohn aufzugeben.

[bei Skadi, abseits der Anderen]


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Skadi - 08.09.2019

Ich merkte Arkanis an, wie angespannt sie war als ich ihr meine Vorwürfe an den Kopf warf. Ich merkte ihr an, wie sehr sie mich dafür verurteilte. Ich glaubte, dass sie mir an liebsten an die Kehle gesprungen wäre. Aber genau so ging es mir auch. Ich hätte ihr an liebsten die Kehle zerkaut.
Diese verlogene Fürsorge. Mich täuscht sie nicht!

Dachte ich, und schlimmeres.

Diese Dreistigkeit. Auftauchen und so tun, als wäre man nie gegangen! Als hätte sie als Mutter alles gegeben, durchgehend.

Und dennoch hatte ich ihr ehrlich geantwortet. Ihr gesagt, warum wir noch hier waren. Hier im Aschehaufen.
Und so wie ich bei den Worten ruhiger wurde, so wurde auch sie es. Und sie holte sogar ein‘ Danke‘ aus ihrem Maul. Es fiel ihr schwer. Aber es fiel auch mir schwer es an zu nehmen. Wir waren uns ähnlich. In vielerlei Hinsicht. Aber das konnte ich in diesem Moment noch nicht sehen. Vielmehr wollte ich es noch nicht sehen.

Ich nickte. Sah dabei jedoch zu Rúna. Und ich nickte zu Rúna rüber.

“Rúna hat für Kimya eine besondere Rolle eingenommen. Er hat sie sich ausgesucht. Als Ersatz. Für dich.“

Ich sprach sehr vorsichtig. Langsam kamen die einzelnen Sätze aus meinen Lefzen.
Dann kamen weitere Worte aus ihren Lefzen. Diese trafen mich, aber ich konnte mein Gesicht dieses Mal wahren. Denn diese Frage war keine Neue für mich. Diese Frage stellte ich mir Tag für Tag.
Wieso bleiben wir hier? Wieso reisen wir nicht weiter. Wieso sagen wir ihm nicht, wie aussichtslos die Lage ist?“

Ich atmete tief durch und schloss die Augen einen Augenblick, bevor ich wieder die Wahrheit sprach.
“ Seitdem das Feuer getobt hat. So wie dein Fell riecht, warst du nicht weit von den Flammen entfernt – sag selbst, wie lange ist es her? Ein voller Mondzyklus schon? Ich weiß es nicht genau, auf jeden Fall lange. Zu lange, da hast du recht.“
Ich unterbrach kurz, heftete meinen Blick auf Rúna und Kimya, die vertraut innig miteinander waren. Schön, dass er weiterhin bei Rúna blieb.
Wie wird sie Arkanis aufnehmen und Kimyas Liebe teilen?
Die Frage kam mir erst jetzt, zuvor lag all die Wut auf Arkanis im Weg.
Wieder atmete ich tief durch. Dann fuhr ich fort.
“Du wirst Kimya morgen erleben. Er macht es einen nicht leicht etwas anderes zu tun. Seine Hoffnung ist so stark. Und die Angst davor, dass wir aufgeben auch.“
Eine bessere Antwort hatte ich nicht. Meine Stimme war inzwischen ruhig. Auch mein Fell und meine Rute hatten sich gelegt und die Aggression war aus meiner Haltung gewichen. Meine Muskeln waren dennoch gespannt und ich war auf der Hut. Und ich würde sie auch noch nicht gehen lassen, ohne meine Fragen zu stellen. Wieso aufschieben, wenn sie jetzt vor mir stand? Vorerst musste ich aber ein anderes Thema ansprechen, dass nun vor uns lag.
Ich sah zu Rúna und Kimya. Das was nun folgte, war ein Zugeständnis Arkanis Absichten zu bleiben gegenüber.


“Etwas besonderes verbindet sie. Starke Gefühle. Auch wenn es dich schmerzt, sie so innig zu sehen, reiß sie nicht auseinander. Bitte.“


RE: PASSUS IX - Spuren in der Asche - Kaya - 21.09.2019

PASSUS IX - 4 Tage nachdem Arkanis zurück kehrte

Nachdem das Feuer nicht nur Freunde und Familie, sondern auch Hoffnung und Freude geschluckt hatte, gab es endlich eine frohe Kundschaft: Arkanis war zurück gekommen.
Während Kimya ihr sofort verzieh und sie mit ganzen Herzen aufnahm, brachte sie für andere Rudelmitglieder Unruhe und weitere Sorgen mit.
Klärende Worte wurden gesprochen. Deutliche Abneigungen wurden deutlich – aber auch die gemeinsame Sorge um die verloren Geglaubten zeichnete sich ab. Könnte dies eine Verbundenheit sein, die groß genug ist, um zusammen zu halten? Vielleicht aber brauchte es auch eine Rückkehr zum Alltag.
Arkanis hing sehr an Kimya. Sie umsorgte und wärmte ihn, auch wenn seine Nähe ihr nicht immer gut tat, andersherum mochte das ähnlich sein.
Das Ritual am See zu warten blieb vorerst bestehen. Mit Arkanis kräftiger Stimme, sangen sie gemeinsam nach Avis und den Anderen vermissten.
Malik hingegen zog sich immer mehr zurück. Nachdem Arkanis auftauchte, kam er nicht mehr mit zu dem See. Er meldete sich ab, um nach Beute Ausschau zu halten. Tag für Tag glaubten sie nicht daran, dass er am Baum an dem sie schliefen wieder auf sie wartete, doch er kam immer verlässlich zurück. Und am dritten Tag pendelte seine Rute aufgeregt von einer zur anderen Seite, als er die Wölfe die vom See kamen begrüßte.
Er hatte eine Herde Rehe ausfindig gemacht, die sich einen guten Tagesmarsch entfernt versammelte. Dort, wo das Feuer aufgehört hatte zu wüten und eine Spur von Leben zu sehen war. Er erzählte von grünen, saftigen Gras und gesunden Bäumen. Von Tierspuren und Vogelgesang.
Es wurde beschlossen dort hin zu gehen und zujJagen. Kimya weigerte sich erst zu gehen, er hielt an seiner Suche nach Avis fest. Arkanis jedoch konnte ihn überzeugen: wer verhungert könnte nicht weiter suchen. Und das würden sie danach tun.

Das erste Mal kam ein Hauch Normalität zurück in den Alltag: Aufgabenverteilung, Jagen und Fressen.
Selbst Kimya bekam als Treiber eine wichtige Aufgabe zugeteilt, die er gut erfüllte.
Erfolgreich ging die Jagd aus. Nachdem alle sich den Bauch vollgeschlagen hatten, rollten sie sich unter einem belaubten Baum im weichen Gras zusammen. Nur Malik blieb auf seinen Pfoten.
Er hatte seine sich selbst auferlegte Aufgabe erfüllt: Die Gruppe sollte zu Kräften kommen, Fressen und einen Ort haben, an dem sie Jagen konnten. Er für sich hatte aber auch beschlossen, dass er nicht weiter an einem Ort verweilen wollte, der nur negatives aufwies.
Malik ging fort.
Dieses Mal würde es wirklich kein Wiedersehen geben.

Diese Nacht blieben sie hier. Sie hatten noch Reste vom Erlegten bei sich liegen. Aber eine Nacht auf weichen Boden und einer Luft die angenehm war zu Atmen gönnten sie sich

.


Kurzinformationen:

Datum: 03. Oktober 1202
Tageszeit: Frühe Morgenstunden
Temperatur: 19°C
Wetter: Frische Morgenluft, Wolkenfreier Himmel
Wind: Keiner
Situation in Kürze: Alle Wölfe haben gefressen und ruhen sich im Grünen aus. Arkanis hat einen alleinigen Nachtspaziergang gemacht und hat eine große Entdeckung gemacht: Avis! Sie bringt Avis in das Lager der schlafenden Wölfe.