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Sommernachtstraum | Rúna und Skadi | Nach PassusVII - Druckversion

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Sommernachtstraum | Rúna und Skadi | Nach PassusVII - Rúna - 23.01.2018

Wenige Tage waren seit dem Fortgang von Tamias und Melf vergangen und am späten Nachmittag waren wir erneut aufgebrochen. Ich war mir sicher, dass sich niemand von uns angesteckt hatte und so beschlossen wir uns erneut auf den Weg zu machen. Das ruhige, gleichmäßige Traben mochte seine ganz eigene, heilende Wirkung auf die unterschiedlich aufgebrachten und verletzten Gemüter haben. Ich jedenfalls vermochte noch nicht viel mehr für alle zu tun.

Irgendwann versank die Sonne und die kühlende Nacht brach herein. Unter einer kleinen Gruppe alter hoher Fichten machten wir schließlich halt. Im Schutz der dunklen Äste würden wir die Nacht verbringen, neue Kräfte sammeln und abermals weiter ziehen.

In meinen Läufen verspürte ich eine angenehme Erschöpfung, doch an Schlaf konnte ich noch nicht denken. Auf dem Bauch liegend, die Vorderläufe lang gestreckt und den Fang auf diesen abgelegt, lag ich ein wenig für mich, so wie es stets der Fall war und sah in die Ferne.

In der Stille der Nacht versank ich wie schon lange nicht mehr, lauschte den zahllosen Insekten, dem Summen und Zirpen, vernahm das Rascheln der Mäuse im Gras, den fernen dunklen Ruf einer Eule. Ein lauer Nachtwind brachte die schweren Gerüche des Sommers mit sich, eine Symphonie aus dunkler warmer Erde, würzigen Nadelbäumen und schwerem saftigen Grün, das bald vergehen würde. Tief sog ich alles in mich auf, gleichsam vermischt, mit den leisen Geräuschen und Düften der Gemeinschaft, der ich nun angehörte…

Trotz allem was in jüngster Zeit vorgefallen war, war ich zufrieden.


RE: Sommernachtstraum | Rúna und Skadi | Nach PassusVII - Skadi - 24.01.2018

Das weiter ziehen tat gut. Weg bewegen, von dem Ort des Verrats. Dem Ziel näher kommen. Vor allem aber: Ablenkung. Nicht im Elend liegen und im Selbstmitleid ersticken.
Ich fühlte mich besser, auch wenn es nur eine minimale Verbesserung des Gefühls war. Noch immer war ich gefangen in meinen Gedanken. Ich sprach nicht und suchte zu keinem Kontakt. Lag immer Abseits. In meinem eigenen Elend.
Aber das Wandern tat gut. Es brachte nicht nur Bewegung in die Knochen, sondern auch in die Gedanken.
Ich konnte inzwischen das Gute in seinem Abgang sehen: Es gab keinen Wolf mehr, der mir besonders wichtig war.

'Ja, das ist eigentlich schlecht - aber immerhin kann dir keiner mehr weh tun'

Das war gelogen und das wusste ich auch. Aber es war die Form des Zuspruchs, den ich für mich brauchte um mich selbst wieder auf zu richten und weiter zu machen.

Ich ließ mich zurück fallen - jeden Abend, wenn ich merkte, dass wir ein Unterschlupf für eine Pause suchten. Ich ließ mich zurück fallen, um nicht bei der Entscheidung zu helfen, wo ein geeigneter Platz wäre. Ich täuschte vor, dass ich lahmte, bedeutete allen, dass sie vor gehen konnten, ich käme zurecht. Aber meiner Pfote ging es gut und ich kam tatsächlich nur sehr schlecht zurecht.

'Sie müssen nicht wissen, wie es mir wirklich geht.'

Ich ließ mich zurück fallen und um so langsamer ich ging, desto mehr spürte ich, wie unausgelastet ich war. Als ich keinen mehr sah, lief ich los. In eine völlig andere Richtung. Ich wollte nicht weglaufen und fern bleiben - ich wollte nur etwas anderes spüren als den Kummer in mir. Also lief ich, bis sich meine Muskeln spannten. Ich sprang und versuchte Äste von den Bäumen zu angeln. Und dann fand ich einen toten Busch, ohne Dornen und ohne Blätter. Ich stürzte mich auf ihn, zerriss ihn, machte ihn knurrend und wütend so klein es ging.
Erst als der Busch in kleinste Teile zerlegt war, ließ ich von ihm ab und trabte zu dem Punkt zurück, von dem ich den Weg verlassen hatte. Dann folgte ich den Spuren, bis ich die Fichten fand, unter denen sie ruhten.
Ich ließ mich abseits zu Boden fallen, bettete mein Kopf auf den Pfoten und schnaubte tief aus.
Was ich nicht bemerkte - nur wenige Wolfslängen von mir entfernt war Runá, die ebenfalls (eigentlich immer) etwas abseits lag.


RE: Sommernachtstraum | Rúna und Skadi | Nach PassusVII - Rúna - 24.01.2018

Nach geraumer Weile mischte sich der leise Gang einer Fähe in die Musik der Nacht und mit einem geöffneten Augen beobachtet ich, wie sich Skadi näherte und ebenfalls am Rande der Gruppe niederlegte. Damit war sie nur wenige Wolfslängen von mir selbst entfernt, was sie selbst scheinbar nicht bemerkte.

Natürlich war mir auf unserer Wanderung aufgefallen, wie sehr sich die sonst eher lebensfrohe Fähe immer weiter zurück gezogen hatte, wie sie mit sich und den inneren Wunden rang, unter denen sie litt. Doch bisher hatte ich ihren Wunsch nach Einsamkeit respektiert.

Nun jedoch hob ich langsam den Kopf und betrachtete Skadi. Die Fähe, die mit Tamias auch all ihre Fröhlichkeit verloren zu haben schien. Auch wenn ich ihren Verlust sicherlich nicht auf die gleiche Weise empfinden konnte, so verstand ich ihn doch sicherlich zu einem gewissen Teil. Also erhob ich mich und schritt langsam zu ihr hinüber,

"Möchtest du mit mir kommen? Vielleicht gelingt uns in der Kühle der Nacht noch eine Jagd?"

sprach ich sie leise an, um die übrigen nicht aufzuscheuchen. Vielleicht hatte ich wirklich noch ein wenig Hunger, vielleicht erschien es mir aber auch der einfachste Vorschlag um Skadi mit mir fort und zu weiterer Bewegung zu locken und vielleicht... konnte die Fähe ein wenig von ihrem Schmerz und ihren Gedanken erzählen und vielleicht mochte ihr das helfen.


RE: Sommernachtstraum | Rúna und Skadi | Nach PassusVII - Skadi - 26.01.2018

Ich hatte gerade erst mein Herzschlag und den Atem runter geregelt, als ich die Schritte hörte, die auf mich zu kamen. Unverkennbar war es Runá - sanfte und leise Schritte im perfekten Einklang mit der Natur.
Sie hielt kurz vor mir - noch bevor sie ihre Worte sprach, spitzt ich automatisch meine Ohren in ihre Richtung. Meine Augen jedoch sahen weiter gerade aus. Dann kam ihre Frage und es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht überrascht war.

Ich sah mit fragenden Augen zu ihr hoch.
'Meinst du das ernst?'

Ich schüttelte den Kopf, war schon dabei 'Nein' zu sagen. Doch dann stand ich mit abgewandten Blick ab.
Zweierlei Dinge brachten mich dazu mit Runá zu gehen: Am zerlegten Busch war eine Fährte von Wild gewesen - etwas, was ich nicht alleine erlegen könnte - und irgendetwas in mir sagte, dass es töricht wäre die Einladung ab zu lehnen.
Ich brauche einen Anstoß, um aus dem Fluss des Selbstmitleids raus zu kommen. Vielleicht ist das ein erster Schritt.

Ich sah wieder zu Runá, jedoch trafen sich unsere Blicke nicht lange. Viel mehr sah ich an ihr vorbei, in die Richtung aus der wir gekommen waren.

"Ich weiß wo wir anfangen können"

Sagte ich leise und ging los. Damit verriet ich, dass ich mich nicht aus Schmerz zurück gefallen lassen habe - wobei ich mir eh sicher war, dass Runá längst wusste, dass meine Pfote beschwerdefrei war.