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Passus VII - Die erste Jagd - Druckversion

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- Skadi - 13.05.2015

Kurz nachdem ich mich an Tamias geschmiegt hatte, öffnete ich die Augen einen Spalt und sah in zu dem Gebüsch in dem die Welpen verschwunden waren. Ich vernahm den schnippischen Satz von Tryss - jedoch ignorierte ich diesen. Irgendwann würde er Dekaja verfallen, da war ich mir ziemlich sicher. Die beiden hingen ja jetzt schon an einander wie Pech und Schwefel.
Ich wusste nicht warum ich an diesem Tag so empfand, aber ich brauchte und nahm mir die Nähe die mir sonst so fehlte. Ein Gefühl, dass ich sonst gut unterdrücken konnte.
Meine Ohren schnippten jedoch wild, als Tryss den ernsten Vorschlag verbreitete den Jungen zu folgen. Sicher, es war auch einer meiner sehnlichsten Wünsche deren Vorhaben zu beobachten und sie zu schützen. Aber das war nicht Sinn der Übung. Abrupt entfernte ich mich von Tamias und ging auf Tryss zu. Dieses Mal war ich es, die aus der Haut fuhr, während Tamias ruhig blieb.

"Und dann werden sie nie selbstständig entscheiden können welchen Weg sie gehen wollen! Wir leben ihnen etwas falsches vor - wenn sie wie normale Wölfe in einem normalen Rudel leben wollen müssen sie alleine zu Recht kommen um ein Rudel zu finden das sie aufnimmt. Ewiges beschützen und tätscheln führt zu nichts weiter, sie müssen lernen, Tryss. Oder ist es nicht deine Fürsorge sondern ein Rangkampf zwischen Avis und dir?"

Meine Stimme herrschte den noch nicht ganz reifen Rüden an. Ich provozierte ihn, um den inneren Druck ab zu lassen. Auch wenn er eigentlich genau das wollte was ich auch tun würde - Kontrolle bewahren.
Es war das erste Mal, dass ich mich von Tryss Art ansticheln ließ. Bisher hatte ich nie verstanden, wieso Tamias und Kaya mit dem Rüden aneinander gerieten. Nun jedoch wusste ich es. Tryss war ein Dickkopf. Er hatte seine ganz eigenen Prinzipien und wollte diese durchsetzen - so wie ich selbst. Nur machte Tryss es unauffälliger, verspielter. Er drängte durch Fragen in seine Richtung. Bei dieser Angelegenheit drückte er sich direkter aus und es fiel mir auf. Zum ersten Mal so richtig.

"Wenn du ihnen unbedingt folgen willst, unseren ganzen Unterricht zu nichte machen willst und das Vertrauen zu den Dreien gänzlich verlieren willst, dann geh. Aber bade es dann alleine aus."

fügte ich noch schnippisch hinzu während ich mich auf meine Hinterläufe nieder ließ und meinen Blick zu Dekaja wandte.

[Bei Deka, Tryss, Tami]


- Chu - 17.05.2015

Entzückt darüber, dass ich mich zur Abwechslung mal nützlich machen konnte, wedelte ich mit der Rute, während ich neben Avis und Kimya herhüpfte.

„Rate mal“, erwiderte ich nur und piekste Kimya gut gelaunt mit der Nase in die Seite.

Also wirklich, als ob er sich das nicht denken könnte! Bei nochmaligem Überlegen schien es dann auch ihm langsam zu dämmern. Leider wirkten weder Kimya noch Avis auf den ersten Blick sonderlich begeistert. Ich versuchte, mir meine Enttäuschung nicht allzu sehr anmerken lassen.

„Ja, nur wenn wir nichts fangen“, versicherte ich ihnen leise.

Ich hatte ja von Anfang an nichts anderes vorgehabt – nur eine kleine Rückversicherung eben, falls wir versagen sollten, damit wir nicht mit gänzlich leeren Pfoten zurückkehren mussten. Vorerst würde ich genau wie meine beiden Begleiter versuchen, wenigstens ein klitzekleines Beutetier aufzuspüren. Avis Aufforderung gemäß scherte ich seitlich ein wenig aus und fing an, durchs Unterholz zu schnobern. Gerade kam mir der Gedanke, dass ich bei dem Lärm, den ich dabei veranstaltete, bestimmt nichts finden würde, als ich plötzlich eine Spur im weichen Waldboden entdeckte. Aufgeregt schnupperte ich daran. Die Witterung kam mir irgendwie bekannt vor, aber die Fährte war schon alt und ich hatte Probleme, sie zuzuordnen. Trotzdem – das Tier musste ziemlich groß sein!

„He, schaut euch das mal an! Das ist … ist das von einem Bär?“

Mit gerunzelter Stirn stellte ich meine Pfote in den Abdruck. Komisch, irgendwie sah er aus wie einer von meinen eigenen, nur eben deutlich größer.


[mit Avis und Kimya im Wald | findet Rúnas Fährte]


- Kimya - 19.05.2015

Mir kam es so vor, als würde es an mir liegen, dass der Vorschlag von Chu nicht das Gehör bekam, wie Chu es sich erhofft hatte. Und ich war stolz darauf. Denn mein Plan - meine Aufgabe die ich zu erfüllen hatte - ging auf!
Ich sah Avis mit großen Augen an, als er Mutter ansprach. Seine Worte ergaben nur richtiges - und er hatte recht - und trotzdem missfiel es mir, dass er gerade jetzt von ihr sprach. Er redete nie von ihr. Tat so, als gäbe es sie nicht, zumindest empfand ich es so. Und jetzt, wo wir all unsere Kraft, unseren Mut und unser Wissen zeigen sollten, stocherte er in meiner Verletzlichkeit herum. Bestimmt hatte er das nicht beabsichtigt, und doch traf mich der bloße Gedanke an Mama sehr. Hätte sie uns auch heute Nacht alleine los geschickt?
Avis sprach endlich das Wort der Eröffnung. Er trieb uns an - und ich ließ mich antreiben. Alleine um Mama aus meinen Gedanken zu vertreiben begann ich mich von den beiden etwas zu entfernen. Mit pendelnder Rute lief ich schnell doch bedacht und möglichst leise über den Waldboden. Ich zielte einen Baum an und beschnupperte intensiv dessen Stamm. Das hochgewachsene Gras roch ganz anders als die Rinde des Baumes. Aber etwas interessantes konnte ich an diesem Flecken nicht finden. Ich streckte meine Nase in die Luft und witterte weiter. Mit geschlossenen Augen folgte ich meiner Nase. Irgendwann roch ich etwas bekanntes ganz intensiv - ich öffnete die Augen und Avis stand direkt vor mir. Grinsend blieb ich stehen und ich starrte meinen Bruder an.

'Lass dir jetzt bloß nicht anmerken dass du so absolut gar nichts interessantes gefunden hast!'

Mahnte ich mich innerlich und stopfte meine Nase in den Waldboden. Ich roch Erde, Rinde, alles etwas Feucht von dem morgendlichen Tau. Während ich meine Nase mit den Gerüchen füllte und mehr planlos als sinnig durch den Wald lief, achtete ich immer wieder darauf was die anderen taten. Eigentlich sahen sie genauso aus wie ich. Sie schnüffelten hier, guckten dort. Waren sie auch so erfolglos wie ich dabei? Rochen sie anderes als ich? Oder besser? Vielleicht konnte ich gar nicht gut wittern?
Chu fand etwas. Aufgeregt lief ich zu ihr und schnüffelte an ihrer Tatze, die in dem Abdruck im Boden ruhte. Mit meiner Nase versuchte ich ihre Pfote aus dem Stapfen heraus zu drücken. Ich musste doch an die Fährte heran um wittern zu können. Und siehe da, es war ein sehr bekannter Geruch. Als ich ihn erkannte, musst eich lachen.

"Ach Chu.."

Lachte ich und stupste sie kräftig in die Flanke.

"Das ist Runa! Bärentatzen sind viel, viel größer. Und Schmaler, aber länger. Anders halt. Aber das ist Runa."

Mit aufgeregten Augen sah ich zu Avis.

"Avis! Wir haben doch bestimmt genug Zeit der Fährte zu folgen! Lass uns heraus finden wo Runa so oft steckt! Vielleicht hat sie ja einen riesigen Hasenbunker den sie für sich allein beansprucht. Oder noch spannenderes?!"

Ich dachte natürlich an ein Feld voller Heilpflanzen - sagen konnte ich das natürlich nicht. Avis und Chu würden mich auslachen, wenn ich nur erwähnen würde dass ich als Fleischfresser die Pflanzen viel interessanter fand als eine Kampftechnik zu erlernen.

[Mit Chu und Avis im Wald - Will der Runafährte folgen]


- Dekaja - 22.05.2015

Manchmal wünschte ich mir wirklich, Gedanken lesen zu können und wenn es nur die von Tryss waren, denn er wirkte schon den ganzen Abend so abwesend. War es nur die Müdigkeit oder der Schlaf? Ich war mir da nicht so sicher. So wirklich ähnlich sah ihm das nicht. Was die Welpen und ihre erste Jagd anging, so machte ich mir kaum Gedanken diesbezüglich. Irgendwann mussten sie einmal auf eigenen Füßen stehen und ich vertraute ihren Fähigkeiten – außerdem sah ich das, wohl als einzige, eh nicht so eng. Ich meine, sie waren zu dritt. Irgendwann mussten sie ja mal anfangen. Es würde schon nichts passieren. Sorgen machte ich mir wie üblich also keine. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam von Tryss endlich eine Reaktion. Ich legte besorgt den Kopf schief.

„Was hast du denn so schlimmes geträumt, dass es dich bis ins Hierher verfolgt?“,

fragte ich mit ehrlichem Interesse. Ja, es interessierte mich wirklich, vor allem wenn ich es ihm so deutlich ansah. Ich folgte seinem Blick zu Skadi und Tamias, auch wenn mich ihr öffentliches Zurschaustellen von Zuneigung weniger störte als ihn. Ich grinste leicht.

„Ich glaube, Höhlen sind Mangelware hier..“,

erwiderte ich belustigt, um ihn etwas aufzumuntern, dann spitzte ich selbst überrascht die Ohren, als ich seinen Vorschlag hörte. Dass dieser Vorschlag von Tryss und nicht von Skadi kam, irritierte mich im ersten Moment schon irgendwie. Ging es Tryss wirklich gut? Sonst war er doch derjenige, zusammen mit mir, der sich keinerlei Sorgen um die Fähigkeiten der Welpen machte. Oder ging es hier vermehrt um Avis? Dennoch schwieg ich zunächst, als erst Tamias sprach und dann Skadi. Ich wusste zunächst nicht, was ich sagen sollte, denn mir kam es auch so vor, als würde ich Tryss so in den Rücken fallen. Sicher war ich auch neugierig, aber ich wäre mehr als beleidigt, wäre man mir hinterhergeschlichen.

„Ich weiß nicht. Ich glaube auch, dass sie – falls sie uns entdecken – eher den Eindruck bekommen würden, dass wir von Anfang an an ihrer Reife gezweifelt haben. Chu und Kimya waren ohnehin etwas verunsichert. Ich glaube, mit uns in der Nähe, ohne ihr Wissen, würde ihre Selbstsicherheit noch mehr leiden, weil sie nicht das Gefühl hätten, wir wären der Meinung, sie sind so weit.“,

erwiderte ich vorsichtig. Ich war die letzte, die sich an Regeln hielt, aber selbst diese Idee kam mir nicht sehr gut vor, insbesondere in Bezug darauf, wie die Welpen das empfinden können.

„Und wer weiß. Vielleicht…werden wir einmal getrennt und sie müssen allein zurecht kommen. Ich mag nicht so weit denken, aber besser jetzt in Ruhe diese Erfahrung machen und daraus lernen als später, wenn sie vielleicht dazu gezwungen sind und nicht darauf vorbereitet sind…“

Ich wirkte in diesem Moment außergewöhnlich ernsthaft, aber vielleicht war dem so, weil ich mich in die Welpen sehr gut hineinversetzen konnte und fand, dass diese Erfahrung und der Erfolg der Teamarbeit etwas wichtiges war, um auf sich stolz zu sein. Und weil ich eben selbst noch nicht so lange fern vom Welpendasein war. Ich hätte es bei meiner ersten Jagd nicht gewollt, vor allem nicht ohne mein Wissen – und die Regeln hatten wir bereits festgesetzt nun. Jetzt war es für Änderungen zu spät.

[Tamias, Skadi, Tryss]


- Rúna - 22.05.2015

Spielleitung

Währen die Welpen ihre ersten Schritte auf dem neuen Weg der Selbstbestimmung beschritten begann der Wald um sie herum langsam aber sicher zu erwachen. Am Waldboden selbst herrschte nach wie vor die schützende Dunkelheit der Nacht, aber ab und an ließen freie Fetzen von Himmel zwischen den Baumkronen einen rötlichen Schimmer am Horizont erahnen. Bald schon würde das Taggestirn seine ersten wärmenden Strahlen auch über diesen Teil der Welt senden. Vor allem die Vögel waren es, die bereits bemerkten, dass die Morgendämmerung bald anbrechen würde und begrüßten sie mit ersten zaghaften Rufen.

Und noch etwas veränderte sich. Der Wind drehte und trug den drei jungen Wolfsschnauzen einen seltsam fremden Geruch zu. Nicht annähernd so vertraut wie Rúnas Fährte, war er dennoch deutlich zu wittern und in etwa so intensiv wie ein rauschendes Wildschwein, wenngleich auch diesem ebenso unähnlich wie die Fährte der älteren Wölfin.

Ob es dem Wald selbst und den unregelmäßigen Luftströmungen zwischen den Bäumen, dem Gelände an sich oder einem schlichten Zufall zu Schulden war: Den Wölfen am Lagerplatz wurde nicht ein Hauch des seltsamen Geruchs zu getragen.



- Avis - 28.05.2015

Nach meiner letzten Erläuterung ging es dann doch schneller los als ich gedacht hätte, zumindest stecken Chu und Kimya ihre Nasen synchron Richtung Boden und schnüffelten los. Ich verzog zunächst meine Lefzen, weil sie dabei ungefähr so leise waren, wie ein Specht auf Futtersuche. Wenn das weiter so gehen würde, würde der Bär eher sie finden als umgekehrt. Hatten die denn total geschlafen?!? Naja, dann musste ich eben ran. Ich senkte meinen Fang und zog Luft in meine Nase, allerdings nicht so wie die anderen Beiden, die offenbar vor hatten sämtliche Krabbelviecher einzuatmen..ihhh. Es roch einfach nur erdig, feucht, schwer, gut, allerdings nichts fressbares, zumindest nicht an diesem Punkt. Vorsichtig ging ich voran, bis ich bemerkte, wie Kimya dann plötzlich vertieft wie eine Wühlmaus auf mich zusteuerte, oh weia. Ich blieb stehen und hob den Kopf, bis Kimya offenbar bemerkte was er da so tat bekam er von mir eher einen ungläubigen, etwas genervten typischen Avisblick. Leider war mein Bruder gegen diesen Blick offenbar mit Immunität auf die Welt gekommen, naja es würde ja nicht schaden.

Bevor ich mich wieder auf meine eigentliche Tätigkeit konzentrieren konnte quiekte auf einmal Chu aufgeregt hinter mir, sodass ich fast zusammen zuckte. Während Kimya wie eine schwangere Hirschkuh zu ihr trampelte fragte ich mich, ob wir mit dem Lärm nicht auch die letzten Tiere im Umkreis nun vertrieben hatten. Ohne ein weiteres Kommentar ging ich zu ihnen. Und sah mir den Fund genauer an. Als ich die Spur sah konnte ich ein bellendes Lachen nicht aufhalten, doch Kimya klärte Chu schon auf. Runa war hier gewesen, diese Kräutertante die meinem Bruder nur Unsinn beibrachte. Die fehlte mir noch in meiner Sammlung voller Chaoten.

“Naja, Chu hat in ihren bisherigen Leben noch nicht viele Spuren ausgewachsener Wölfe gesehen!”

Okaaay, die Ausrede war mehr als lahm, immerhin lebte sie derzeit mit genug nervenden, besserwisserischen großen Wölfen zusammen, aber aus irgendeinen Grund wollte ich nicht, dass Chu so blöd dastand. Was mein Bruderherz dann wieder mal von sich gab versetzte mich erstmal in Schrecken. Ihr Folgen? Bitte nicht! Ich war immerhin froh weg von den Erwachene zu sein und Runa war eh eine ganz andere Sorte Wolf, mit ihrer Art konnte ich einfach nichts anfangen.

“Nein Kimya, wir folgen ihr nicht, vielleicht will sie das auch gar nicht, immerhin schleicht sie sich ja auch alleine weg? Außerdem sollen nur wir Welpen was zu fressen jagen, oder willst du dich vor den anderen blamieren?”

Ich konnte nur hoffen das Kimya meine scharfe Ansage verstehen würde, sonst würden wir bald ohne Futter heimkehren müssen. Mein Blick glitt durch den Wald. Runa war bestimmt schon lange nicht mehr hier, dafür aber würde es bald hell werden, der Wald streckte seine Fühler aus, erwachte aus der Nacht. Den Morgen mochte ich am gern, wenn sich die Sonnenstrahlen in den Tautropfen brachen und der Wald sein ganz eigenes Lied sang. So wie am Morgen sangen die Vogel sonst nicht, ihr Wecklied war stets das Schönste. Ich schaute wieder auf Chu und Kimya.

“Lasst uns weiter suchen, immerhin hat Chu schonmal eine Fährte gefunden, wenn auch nicht das was wir wollten, zumindest weiß sie wonach wir suchen.”

Etwas wie Belustigung schwang kurz in meiner Stimme mit. Hoffentlich fand sie nicht zufällig noch die Fährte vom Rest der Gruppe. Oh je. Plötzlich wehe ein Windhauch um meine Ohren, ich drehte mich, zog die frische Luft ein und daaaa. Da war etwas. Fremd. Frisch. Anders. Es ließ fast Wasser in meinem Maul entstehen.

“Riecht ihr das auch?”

Meine Stimme war laut und hell.

[wittert Fährte, bei Chu und Kimya]


- Tryss - 29.05.2015

Ich hatte eigentlich keine Lust über meinen Traum zu sprechen – nicht einmal mit Deka. Mit ihrer Frage allerdings brachte sie einen Teil der Bilder wieder zurück. Wölfe, die sich freuten, Wölfe, die zusammenhielten, Wölfe , die lachten, Wölfe, die sich liebten. Ich starrte Deka einen Augenblick an, bis ich leise antwortete.

„Familie...“

Es war nur ein einziges gemurmeltes Wort, doch es genügte um den gesamten Traum in meinem Kopf wieder lebendig werden zu lassen. Ich schloss die Augen und wandte den Kopf von der Fähe neben mir ab. Ich sah meine Mutter vor mir, meine Geschwister, ja sogar meinen Vater, der mir mit jedem Tag unter diesen Wölfen wie ein gerechter Familienwolf vorkam. Familie – es war ungerecht, dass mir erst nachdem ich sie verloren hatte klar geworden war, wie viel sie mir bedeuteten. Und es war ungerecht, dass ausgerechnet heute das Heimweh zurückkehrte. Heimat – was für ein seltsames Wort. Wenn man jung war, glaubte man, dass es einen Ort bezeichnete. Dass es dafür einen ganz bestimmten Platz brauchte. Doch die wirkliche Heimat konnte überall liegen – solange die richtigen Wölfe an deiner Seite waren. Ob Skadi und Tamias das waren, wusste ich nicht. Schon gar nicht mehr, als sie beide ihre Belehrungen auspackten.

„Und solche Worte von euch.“ Ich schüttelte den Kopf, ruhig und ignorierte damit Skadis überzogenes Gekeife – ebenso wie ihre Anspielung auf Avis. „Mir scheint, ihr messt mit zweierlei Maß. Eigene Erfahrungen sollen sie machen, ihre eigenen Wege gehen – warum kommandiert ihr dann so viel? Warum werden wir ständig bevormundet? Warum bestimmt ihr Wege und Mittel? Warum behandelt ihr uns wie Welpen, wo wir doch keine sind? Das hier ist nun einmal kein normales Rudel. Und Vertrauen heißt nicht, dass ich jemanden sehends in irgendeine Gefahr laufen lasse. Waren wir nicht viel älter, kräftiger, erfahrener, als wir unsere ersten Jagderfahrungen gesammelt haben? Vier Monate...“

Meine Stimme war die ganze Zeit so ruhig geblieben, wie meine Haltung. Zum Ende hin aber klangen Zweifel an der Erziehung, der Situation mit – ebenso wie ein wenig Verzweiflung über... worüber eigentlich? Darüber eingeschränkt zu werden, wo den Welpen Freiheit vorgegaukelt wurde? Über die gesamte Situation? Darüber, hier festzusitzen und nicht vom Fleck zu kommen – und somit die Suche nach meiner Familie nicht fortsetzen zu können? Ich wusste es selbst nicht genau, wusste kaum, was mit mir los war – und dass sich nun auch noch Deka auf die Seite der beiden älteren Wölfe schlug, machte es in keinster Weise besser. Ungläubig wandte ich den Blick zu ihr und starrte sie an, bevor ich kaum merklich den Kopf schüttelte.

„Merkt ihr denn nicht? Das ist gefährlich... Sie sind so jung und wir wissen nicht, was ihnen begegnet – oder wer. Mir wäre lieber, sie schmollen und verlieren das Vertrauen in einen von uns, als ihr Leben, weil wir sie allein gelassen haben. Eine Familie lässt seine Jüngsten, seinen Nachwuchs, seine Zukunft doch niemals allein.“

Ein Flüstern war übrig geblieben und plötzlich wurde mir klar, dass es hier nicht um die Jagd ging, nicht darum, dass die Welpen losgezogen waren, nicht darum, dass sie Erfahrungen sammeln sollten. Es war die Sorge, die sich in meine Brust geschlichen hatte – getrieben von der Angst, dass den drei Welpen etwas ähnliches widerfahren könnte wie Deka und mir. Dass sie ihre Familie verlieren würden – selbst, wenn wir nur ihre Zweitfamilie waren.

[Tamias, Skadi, Deka]


- Chu - 06.06.2015

Ach, das waren die von Rúna! Ich spürte prompt, wie meine Ohren heiß wurden. Hätte ich rot anlaufen können, ich hätte es definitiv getan.

„Oh, tut mir leid“, brachte ich nur heraus und blickte betreten zu Boden.

Das erklärte natürlich, warum die fremden Abdrücke meinen eigenen so ähnlich sahen. Nur, dass ich im Eifer des Gefechts nicht groß darüber nachgedacht hatte und ganz stolz und voreilig mit meiner Entdeckung herausplatzen musste. Jetzt würde ich dafür aus Scham am liebsten im Erdboden versinken. Avis und Kimya mussten mich ja für total bescheuert halten!
Kimyas Idee fand ich dafür richtig gut. Dann wäre es nämlich erstens doch nicht so unnütz, dass ich Rúnas Fährte gefunden hatte, und zweitens klang es einfach total aufregend! Denn Kimya hatte recht – irgendetwas musste sie ja gefunden haben, das sie ganz für sich allein wollte. Warum sonst sollte sie sich so oft wegschleichen? Allmählich witterte ich ein echtes Abenteuer. Leider sah Avis das scheinbar anders. Dass ausgerechnet er gar nicht neugierig wurde und sich stur auf unsere Aufgabe konzentrieren wollte, wunderte mich dann doch ein wenig. Von uns Dreien hatte ich ihn eigentlich immer für den Draufgänger gehalten.

„Aber willst du denn nicht wissen, wohin sie schleicht und was für ein Geheimnis sie hat?“, wandte ich ein. „Wir können ja unterwegs trotzdem versuchen, etwas zu fangen.“

Und falls wir versagen und tatsächlich leer ausgehen sollten, hatte das immerhin einen entscheidenden Vorteil, denn dann konnten wir wenigstens zu unseren Gunsten anführen, dass wir Rúna so gut beschattet hatten, dass nicht einmal sie uns bemerkt hatte. Die fremde Witterung bemerkte ich erst, als Avis uns lautstark darauf aufmerksam machte. Wie war das nochmal, sollten wir nicht leise sein? Trotzdem – als ich jetzt das Näschen in den Wind hielt und konzentriert schnupperte, konnte auch ich es wittern, sogar ziemlich deutlich. Ratlos blickte ich von Avis zu Kimya und legte dabei fragend den Kopf schief.

„Was ist das?“


[mit Avis und Kimya im Wald]


- Kimya - 11.06.2015

Mit aufregend pendelnder Rute war ich den Pfotenstapfen von Runa gefolgt. Ich hatte drei weitere gefunden - nur von dem Geruch ohne zu gucken! Als Avis scharfer Ton mich jedoch zurück pfiff, zuckte ich zusammen. Wir folgten ihr nicht? Ich wollte protestieren, hatte meine Lefzen schon verformt um ein "Aber warum denn nicht?" zu nörgeln, als Avis mit seiner Belehrung weiter machte. Wobei es gar keine Belehrung war, sondern eine Runterdegradierung meiner Persönlichkeit.
Genervt verzog ich das Gesicht sah weg. Na das war ja ein toller Spaß. Immerhin hatte ich sofort Runa identifiziert, war das denn nichts wert?
Mit einer Demotivierung die ich vorher nicht kannte, sie rührte von Verletztheit, schnüffelte ich weiter den Waldboden ab. Ich glaubte sogar ein kleines Nagetier zu riechen und wollte der Spur gerade folgen, als ein anderer Geruch in meine Nase knallte. Sofort hatte ich den Kopf gehoben, in die Richtung geschaut und die Augen aufgerissen.

"Was ist das?"

Flüsterte ich dem Wind entgegen. Chu und Avis rochen es zeitgleich mit mir. Ich konnte nicht sagen, ob einer es später oder früher roch, es fühlte sich wirklich an wie Zeitgleich. Also musste der Geruch echt sein. Und Tatsächlich so intensiv wie er mir vorkam. >Ich konnte es kaum beschreiben. Es war beißend und sehr fremd und doch auf eine ganz eigenartige Art bekannt.
Mein Nackenfell hatte sich automatisch aufgestellt, ich bekam es gar nicht mit. Genau wie meine Rute sich ein bisschen zwischen meine Hinterläufe geschoben hatte.

"Avis. Was ist das?

Fragte ich erneut und wandte den Blick nun meinem Bruder zu. Irgendetwas sagte mir, dass wir zu den erwachsenen gehen sollten und diese Fragen sollten. Aber dieser Gedanke flackerte nur kurz bei mir auf. Wir mussten erst mal heraus finden was es war, wenn Avis es nicht wusste. Dann konnten wir noch immer überlegen, ob wir damit alleine zurechtkommen würden oder Hilfe brauchten. Vielleicht war es auch einfach nur irgendetwas in dem Wald, das einfach nur da war und vor sich hin roch. Jetzt zu den Großen gehen war definitiv nicht richtig. Es würde nur beweisen, dass wir zu schlecht waren um alleine zu jagen.


- Skadi - 14.06.2015

Anfangs waren es noch funkelnde abwertende Augen, die Dekaja beäugten, als diese den Fang öffnete. Doch als meine Ohren endlich vernahmen was sie sagte – und nicht das verarbeiteten was ich dachte vo ihr hören zu müssen – zuckte meine Rute kurz. Dekaja war nicht auf Tryss Seite? Sie hatte eine ganz eigene Meinung, ohne dass diese beeinflusst wurde von Sympathie! Es war fast ein mütterlich sanftes Lächeln das mir in das Gesicht schlich, als ich Dekajas – in meinem Sinne – wahren Worten lauschte. Alles was sie sagte war genau die Meinung die auch ich vertrat.
Um dies zu verstärken, nickte ich nur sehr deutlich, als Dekaja ihren Redeschwall beendet hatte. Und somit dachte ich eigentlich auch, sei die Diskussion beendet. Immerhin war es eindeutig, dass Tryss alleine gewillt war den Welpen zu folgen – zumindest öffentlich. Das ein innerer Impuls das Selbe wollte gab ich nicht Preis. Doch Ende der Diskussion war lange nicht in Sicht. Tryss musste natürlich noch weiter machen.

Noch bevor Tamias antworten konnte, oder irgend jemand anderes, schnappte ich nach dem Fang von Tryss. Mit gefletschten Zähnen stand ich Nase an Nase vor Tryss

“Es ist Gefährlich das wissen wir alle Tryss. Aber die Gefahr das sie sich alleine nicht zu recht finden wüden ist viel größer als diese Jagd jetzt, kapierst du das nicht? Wir kennen die Gegend hier inzwischen, hier ist nichts Tryss, nichts was gefährlicher ist als unsere übertriebene Übermutterung. Sie sind in einem Alter in dem sie ihre eigenen Erfahrungen sammeln müssen. Vor allem weil wir nicht wie normale Wölfe leben. Ich würde mir nie verzeihen wenn sie uns jemald zum Vorwurf machen würden, dass wir sie dazu verurteilt haben falsch zu leben, wegen Mangelnder Kenntnis an einem normalen Wolfsleben! Sie müssen lernen was es heißt selbstständig zu sein um zu entscheiden ob sie so leben wollen wie wir es tun. Hast du vergessen wie komisch wir uns strukturiert haben? Wie anders wir sind? Willst du diese unwissenden Geschöpfe wirklich dazu zwingen so zu leben oder willst du nicht auch, dass sie selbst entscheiden können?“

Meine Stimme beruhigte sich – vor allem bei den letzten fragenden Sätzen - zunehmend. Zu gutr letzt sprach ich leise und fragend –genau so war mein Blick dem Jungen gegenüber. Verstand er nun endlich und ging nicht nur gegenan?


[Mit Deka, Tryss und Tami im Lager]