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Tamias und Tryss - Druckversion

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Tamias und Tryss - Tryss - 08.01.2014

10.Juli 1202
Tryss und Tamias
Kurz nach Kayas und Velvets Verschwinden, noch immer am Rastplatz nach der Jagd. Kurz vor dem Aufbruch nachdem Deka und Alva wieder genesen sind.


Tryss: Die letzten Wochen waren nicht einfach gewesen. Es war schwer die zähe Genesung von Alvarez und Dekaja beobachten zu müssen. Fortschritte kamen langsam, aber Tag für Tag schien es besser zu gehen. Dass sie irgendwann wieder gesund werden würden, hatte meine Hoffnung erhalten. Und nun war es soweit. Wir konnten aufbrechen. Nichtsdestotrotz war ich schweigsam geworden. Denn auch wenn die beiden uns erhalten geblieben waren, so hatten wir doch zwei Verluste zu beklagen. Kaya und Velvet hatten sich verabschiedet. Plötzlich, unerwartet. Und auch, wenn ich öfter mit den beiden aneinandergeraten war, irritierte es mich doch. Um mit meinen Gedanken fertig zu werden, hatte ich mich in Richtung Fluss verzogen. Ich wollte eigentlich die Gesellschaft der anderen meiden. Doch offenbar war ich nicht der Einzige mit dieser Idee. Kaum waren die anderen außer Reichweite, da erblickte ich Tamias. Kurz überlegte ich, ob ich ihn in Ruhe lassen sollte. Doch er kannte Kaya genauso lang wie ich. Also schlich ich langsam zu ihm herüber. „Jetzt sind nur noch wir beide übrig, nicht?“, sagte ich kleinlaut und blickte vorsichtig zu ihm auf.

Tamias: Es konnte also endlich weiter gehen. Endlich. Das Ziel. Zieeeel. Es war eine Sehnsucht in mir die mich zum weiter laufen so sehr animierte, dass ich Freudensprünge schlagen könnte, wäre da nicht die Gruppe und wäre ich nicht schon zu alt dafür. Doch endlich konnte es weiter gehen. Mich hatte es zu dem Fluss gezogen, aus dem ich noch einige Schlücke trank um mich zu stärken. Wie alt ich doch geworden war. Meine Gedanken schweiften in der Vergangenheit, als ein Ast leise knackte. Kaum hörbar und als ich Tryss´Geruch vernahm schaute ich noch nicht einmal auf. Ich trank und sah mein Spiegelbild. Nicht schön. Er sprach und es hörte sich anders an als alles, was Tryss vorher gesagt hatte. So ernst, so kannte ich ihn nicht. Diese Reise war seine Reise in das Erwachsen sein. Doch was meinte er mit übrig sein? Waren wir der "harte Kern"? Er nahm sich doch als Rüde selbst nicht für voll, oder doch? Wir? Wieso eigentlich wir? Alvarez war auch noch da. Oder meinte er, wir, der Rest? Nach einigen Sekunden dämmerte es mir dann. Wir waren wirklich der harte Kern. Ich sah zu ihm und wie gewohnt brummelte ich vor mich her. „Die beiden gehen ihren eigenen Weg, wenn du älter bist, verstehst du das. Aber warte nicht zu lange, bei mir ist der Zug schon abgefahren.“

Tryss: Ich ließ mich auf die Hinterpfoten sinken und lauschte der Antwort des Rüden. Ich würde es verstehen. So etwas ähnliches hatte Skadi auch einmal gesagt. Aber ich hatte es nicht verstanden. Obwohl ich es versucht hatte. Und auch dieses Mal verstand ich es nicht. „Aber wieso? Wieso können sie das nicht... mit uns tun? Und warum... Warum verrät er uns so? Er, du und ich... wir sind die einzigen, die die Prophezeiung von der Wölfin gehört haben. Wieso trägt er es nicht weiter, sondern verkriecht sich mit Velvet irgendwo?“ Mit jedem Wort schwang ein wenig mehr Unverständnis und Wut in meiner Stimme mit. Das war so egoistisch! Ja, egoistisch! Mir kam es vor, als stellte Kaya sein eigenes Wohl über das von vielen. Wir könnten so viele retten, ihnen helfen, ihnen von dem Weg in den Norden erzählen. Wieso dachte er nur an sich und Velvet?

Tamias: Und da waren sie wieder, diese ständigen Fragen. Nein, er war noch nicht erwachsener geworden. „Er verrät uns doch nicht. Er geht nur vielleicht einen anderen Weg. Vielleicht wird er sogar die Botschaft weitergeben. Das weißt du doch gar nicht. Er hat die Liebe seines Lebens gefunden und will sein eigenes Rudel mit ihr gründen. Welpen haben, in Ruhe aufziehen, vielleicht kommen noch andere Wölfe dazu. Sie werden ja auch auf andere treffen. Verurteile ihn doch nicht direkt, Tryss.“

Tryss: Ich schnaubte ein wenig verächtlich durch meine Nase. „Ein eigenes Rudel? In diesen Zeiten, mit so vielen Verlusten. Schau uns doch an. Jeder von uns hat etwas verloren. Dekas Familie ist weg, meine Familie ist weg. Skadi hat...“ , ich stockte kurz, denn ich wusste nicht, wie viel ich von dem preisgeben durfte, was sie mir erzählt hatte, „...ebenso Wölfe verloren. Sogar Kimya und Avis haben keine Eltern mehr und sie sind erst wenige Wochen auf dieser Welt.“ Meine Stimme war wieder ein wenig ruhiger geworden. Ich ließ die Ohren ein wenig traurig zur Seite klappen und blickte mit gesenktem Haupt vor mir ins Wasser. “Sie hätten ja nur warten müssen. So lange dauert es doch nicht mehr bis in den Norden. Oder?“

Tamias: So wurde mir wieder bewusst, wie anders die Vorstellung von der Dauer der Reise in den Norden doch sein konnte. "Tryss, du weißt ja, dass wir es in den Norden schaffen. So sehr, wie du darauf vertraust es mit dieser Gruppe in den zu schaffen, so sehr glauben sie daran es mit einem eigenen Rudel zu schaffen. Es kann auch sein, dass Kaya oder Velvet nicht daran glauben, dass ihnen der Mut verlassen hat weiter zu reisen. Die haben mit Sicherheit einen schönen Platz gefunden. ... glaubte ich noch selber an den Norden? Ich wollte einfach nur reisen und weiter wandern. Doch Tryss glaubte daran, also lies ich ihn in den glauben.

Tryss: „Der Mut verlassen?“ Ich blickte irritiert auf und suchte in Tamias Miene nach einem Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass er das nur als Scherz gemeint haben konnte. Wollte er damit sagen, dass Kaya nicht mehr an den Norden glaubte? Ich schüttelte vehement den Kopf. „Nein, nein das glaube ich nicht. Kaya war doch immer derjenige, der die Botschaft besonders verteidigt hat.“ Ich stutzte plötzlich und warf Tamias einen argwöhnischen Blick zu. „Du glaubst doch noch an den Norden oder? Du glaubst daran, dass wir das schaffen. Dass es diesen Platz gibt. Den Frieden.“ Das musste er, das musste er einfach.

Tamias: Buff. Da war der Pfeil im Herz. Er hatte mich ertappt. Meine Miene blieb besonders ernst und versteinert. So unnahbar wie ich nur gucken konnte guckte ich kalt zu Tryss. "Wie es genau sein wird, dort im Norden, werden wir sehen, wenn wir da sind. Oder weißt du es? Ich glaube an den inneren Frieden in jedem Wolf. Jeder sehnt sich danach. Sonst hätten wir keine Gruppe mit Wölfen, die mitziehen." Ich sah wieder ins Wasser und mir kam die Idee, Tryss nass zu spritzen. Also sah ich ihn mit einem Lächeln an und sprang mit den Vorderpfoten ins Wasser, sodass die Tropfen in seine Richtung flogen. Hoffentlich war das letzte Thema nun gegessen. Mir fehlten so langsam die Antworten.

Tryss: Das war absolut nicht das, was ich hatte hören wollen. Es hätte ein 'Ja' sein müssen. Nicht mal ein überschwengliches, ein einfaches hätte gereicht. Aber das, was der Rüde sagte, klang wie eine einzige Ausrede. Nicht einmal die Spielaufforderung wirkte. Ich ließ das Wasser regungslos an mir abprasseln. Es lief an meinem Fell herunter und ich wirkte wie ein begossener Pudel. „Ja, ich weiß es. Ich weiß, dass die Wölfin die Wahrheit sagt. Ich weiß, dass sich die Mühe lohnt, dass sich all die Verluste lohnen. Dass Ares sich im Dorf nicht umsonst geopfert hat. Ich weiß es. Ich fühle es. Mein Herz sagt mir, dass es genau so sein wird, wie es uns prophezeit wurde. Diese Reise ist richtig.“ Keine Fragen, keine Zweifel. Ich glaubte an diesen Weg, an den Norden. Es war ein tiefer, starker Glaube so unerschütterlich wie die Gewissheit, dass ich meine Familie irgendwann wiedersehen würde.

Tamias: "Aber natürlich ist das alles richtig, wenn du es so fühlst. Also wo ist das Problem? Lass doch jeden glauben, was er möchte. Ich will weiter, ich kann nicht auf einen Fleck stehen und nichts tun. Ich habe das Gefühl wir verschwenden Zeit, wenn wir nichts tun und ruhen. Ich hasse das, genauso wie das, was uns aufhält. Ich bin nicht davon gegangen um mein eigenes Rudel zu suchen, verdammt Tryss ich weiß nicht was in Kaya und Velvet vor geht. Was sie denken und wollen und fühlen. Sie gehen nun ihren eigenen Weg und fertig. Sie fühlen wohl, dass es der richtige Weg für sie ist. Was passiert will ich nicht erfahren. Sie werden schon glücklich damit sein und wenn nicht, dann eben nicht. Dann ist das ihre Sache. ok? Wir haben alle irgendwen verloren, sonst wären wir nicht hier. Das hält uns zusammen und der Glaube an einen Ort, an dem alles gut wird. Für Ares ist jetzt alles gut, er braucht sich keine Sorgen mehr um das Überleben machen. Für ihn ist der Stress vorbei. Ich glaube daran das jedes Leben, das alles was passiert, egal wie es passiert, irgendwo vorbestimmt ist. Alles hat seinen Sinn, alles Gute und alles Schlechte und wenn das Leben vorbei ist, dann ist es vorbei. Dann kann man nur hoffen, dass man alles erreicht hat." ich war gereizt und wurde ein wenig lauter. Ich konnte diese Fragen nicht ab. Ich hätte ihm gern noch mehr erzählt, was ich alles getan hätte, dass ich auch Alvarez hinterlassen hätte, aber dann hätte der Jungspund ein Bild von mir, dass er mich verachten würde.

Tryss: Ich zuckte ein wenig zusammen, als Tamias lauter wurde. Was hatte ich denn jetzt wieder gemacht, dass er so brummig wurde? „Ich verstehe nur nicht, wie man nicht glauben kann. Oder warum jemand, der geglaubt hat, plötzlich geht.“ sagte ich kleinlaut und ich seufzte leise. Dieser Brummbär würde wohl nie verstehen, warum ich Fragen stellen musste. Warum ich die Welt begreifen wollte. Ich wollte doch nur, dass es allen gut ging. Und dass wir zusammenhielten. Doch plötzlich stutzte ich, als Tami Ares erwähnte. Ich richtete mich wieder ein wenig aufrecht und plötzlich erschien ein Lächeln auf meinen Lefzen. „Ach, dass hat Kenzo es dir nicht erzählt gehabt? Ares ist nicht tot. Er ist nicht gestorben. Kenzo und die anderen Hunde haben ihn nicht erwischt und die Menschen auch nicht. Ares ist entkommen. Wahrscheinlich schlägt er sich jetzt selbst durch. Aber er lebt. Weil manchmal auch das Unmögliche möglich ist.“.

Tamias: "Und woher willst du wissen, dass er noch lebt? Du glaubst einem Hund? Wenn du schon so viele Fragen stellst, dann stell dir die Frage, was man alles glauben kann. Du wirst nie aufhören nach Antworten dafür zu suchen." Plump und ein wenig patzig. Wer wusste schon, was wirklich passiert war. Wir konnte noch nicht mal sicher sein, dass Velvet und Kaya noch lebten.

Tryss: „Dieser 'Hund' hat uns immerhin geholfen zu entkommen, falls du dich erinnerst. Vielleicht solltest du lieber mal anfangen nicht immer so skeptisch zu sein, sondern einfach mal auf dein Herz zu hören“, erwiderte ich trocken. Mein Gott, dieser Wolf war so mies drauf wie ein alter knorriger Baum. Und der erschien gegen Tamias gerade noch freundlich. Ob er schon immer so gewesen war?Ich konnte mir kaum einen brummigen Welpen vorstellen. Aber Tamias fröhlich und unbeschwert? Das war noch viel unvorstellbarer. „Ich glaube Kenzo. Er hatte keinen Grund zu lügen. Und bis das Gegenteil nicht bewiesen ist, glaube ich auch, dass Ares lebt.“ Und wenn ich es nur tun musste, um mein Gewissen ein wenig zu erleichtern.

Tamias: Auf mein WAS hören? Herz? Das war mal. Man musste mit dem Kopf denken und handeln. Hin und wieder waren ja Herz und Verstand einer Meinung. Ich sah Tryss mit einem Lächeln im Gesicht an. "mein was? du glaubst noch an ein Herz in mir?" mit diesen Worten sah ich nochmal ins Wasser und stampfte mit beiden Vorderpfoten hinein.

Tryss: Hatte ich Herz gesagt? Das Lächeln erschien wieder auf meinem Gesicht, nicht so fröhlich, dafür ein wenig verschmitzt. „Ist mir so rausgerutscht. Hab mich wohl vertan, entschuldige.“ erwiderte ich seine Anmerkung und ließ mich nun doch auf das Spiel ein. Ich richtete mich blitzschnell auf und war nur einen Wimpernschlag später ebenfalls im Wasser. Mit den Vorderpfoten spritzend bekam nun auch Tamias seine Ladung kühles Nass ab. Ich lächelte noch immer. Zwar hatten wir uns gestritten. Aber ich konnte doch nicht verbergen, dass es mir ein wenig besser ging.