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Skadi & Avis - Nach Passus V - Druckversion

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+---- Thema: Skadi & Avis - Nach Passus V (/showthread.php?tid=241)

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- Avis - 12.06.2014

Ich beobachtete Skadi ganz genau. Sie schien erst über meine Fragen näher nachzudenken. Hmm. Ob sie mir wohl alles erzählen würde, oder ob sie etwas für sich behält, weil ich ja noch ein Welpe war. Doch dann zuckten ihre Ohren und sie sah mich wieder genauer an. Zur falschen Zeit, am falschen Ort. Es war komisch diesen Satz zu hören, denn sobald sie ihn ausgesprochen hatte, konnte ich ihn vollkommen verstehen. Ja, so fühlte ich mich auch manchmal, falsch, nicht hierher gehörend und teilweise auch nervend, störend. Aber ich hatte nur Kimya und allein konnten wir zwei nicht überleben, soviel hatte ich ihm Leben nun wirklich schon verstanden.

„Dann hatte sie einfach Pech?“

Leide entwich diese Frage meinem Fang, eigentlich brauchte ich gar keine Antwort auf diese Frage, trotzdem hatte ich es gesagt, als ob ich noch eine Bestätigung haben wollte. Ja, sie hatte Pech gehabt....aber auch Glück, wie mir in diesem Moment bewusst wurde. Ich sah Skadi erstaunt an.

„Ja, aber sie hatte auch Glück, oder besser wir, wenn ihr sie nicht gefunden hättet, wer weiß was mit Kimya und mir jetzt wäre..“

Ja, wer wusste schon was mit ihr passiert wäre, wenn selbst ein Wolf tot war. Über Tryss Rolle konnte und wollte ich aktuell nicht nachdenken. Momentan änderte es nicht an meinem Verhältnis zu ihm, außerdem hatte er Mama geholfen, nicht mir, von mir und meinem Bruder wusste er sicherlich nichts! Skadi schaffte es mich aus meinen Gedanken zu reißen, denn sie beantwortete auch meine anderen Fragen. Zuerst verstand ich sie nicht. Mama würde sich eher umbringen als nochmal gefangen genommen zu werden...aber...warum ....

„Warum, was haben die Menschen mit ihr gemacht das sie lieber sterben würde....“

Ich mochte dieses Wort gar nicht ins Maul nehmen und meine Ohren zuckten kurz. Aber ich war neugierig und so hatte ich diese Frage ängstlich hervorgebracht.
Nein, Mama war nicht tot und dumm war sie auch nicht, schließlich war sie doch meine Mama!


- Skadi - 17.06.2014

"Dann hatte sie einfach Pech?"
war die zarte Frage, die Avis leise aussprach. Daraufhin nickte ich nur mit schweren Kopf und trüben Blick. Ja, es war einfach nur Pech gewesen. Aber sie hatte Glück im Unglück gehabt, dachte ich direkt darauf und Avis sprach es aus. Ein sanftes, fast mütterliches Lächeln schlich auf meine Lefzen und ich bedachte Avis mit einem Überraschten Blick. Wie schnell er verstand. Nicht gegen an redete sondern wirklich verstand und verstehen wollte was geschehen war. Die Umstände drum herum bedachte und mit einkalkulierte.
Dann jedoch kam die nächste Frage. Mein Lächeln verblasste und ich sah in die Baumwipfel in denen die Blätter im Wind wehten. Nach einem tiefen Seufzer sah ich wieder zu Avis.

"Arkanis saß fest. Sie wurde eingesperrt in Holz. Der Boden, der Himmel - so als würdest du auf einem Baumstamm laufen müssen. Und dann konnte sie sich nur um sich selbst drehen, so klein war der... ich glaube die Hunde nannten es Zwinger. Darin lag sie. Sie bekam schlechtes Futter. Konnte nicht laufen. Hatte keine Gesellschaft. Ihr wäret genau so groß geworden und hättet nicht den Rasen oder die Erde unter den Pfoten gespürt. Sie haben ihr keine Verletzungen mit Kämpfen und Waffen zugezogen - zumindest wüsste ich nicht davon. Aber ein Wolf sperrt man nicht ein in Holz. Wir laufen, jaulen und wir brauchen Artgenossen. Ich wäre lieber tot, als mich in meinem eigenen Kot drehen zu müssen und von Hunden und Menschen angeguckt zu werden."

erklärte ich langsam. Bedacht darauf, dass Avis sich vorstellen konnte wie dieser Menschen-Zwinger aussah in dem seine Mutter gefangen genommen war und wie sie sich darin gefühlt haben muss - aber nicht schrecklich genug, damit er Angst und Albträume bekam.


- Avis - 26.06.2014

Meine letzten Worte hatte ich nur leise gehaucht und Skadi mehr als nur beobachtet. Mir war klar, die Ältere hielt sich wegen mir zurück. Wahrscheinlich hatte sie mir gar nicht alles erzählt und würde es auch nie, weil ich einfach noch zu klein war. Aber warum eigentlich? Warum dachten das immer alle? Wenn man es erklärte, warum sollten wir es dann nicht auch verstehen können? Warum verstand eigentlich nie jemand, dass wir es nur lernen würden, wenn man es uns beibrachte. Aber nein. Du bist zu jung, zu klein, zu unterfahren. Ich rechnete eigentlich schon mit einer Abfuhr, doch dann änderte es sich. Skadi warf mir einen überraschten Blick zu und dann begannen ihre Lefzen zu zucken. Mir war klar, ich starrte die Fähe wahrscheinlich an, aber ich hatte Skadi in all der Zeit in der wir jetzt gemeinsam liefen noch nie so freundlich gesehen. Oder? Nein, definitiv nicht. Hatten meine Worte das bewirkt? Sonst starrte sie mich doch eher an, als ob es besser wäre wenn ich mich ihr nicht nähern sollte. Irgendwie machte mein Herz einen kurzen Sprung und ich fühlte stolz. Ja. Ich war mehr als stolz ein kurzes Lächeln in das Gesicht der Älteren gezaubert zu haben! Doch so schnell wie dieser Moment kam, war er auch schon wieder verschwunden, was eindeutig an meiner letzten Frage gelegen hatte. Das war sogar mir klar. Schon bald folgte auch die Erklärung und ich leckte kurz über meine trockene Nase.

Was sie erzählte erschütterte mich zutiefst. Zunächst verstand ich gar nicht was sie meinte. Mama hatte fest gesessen? Doch Skadi erklärte es und mir stand der Schock wahrscheinlich mitten ins Gesicht geschrieben als ich es verstand.

„Du meinst ähnlich wie die Höhle in der Mama uns gekriegt hat nur ohne Ausgang?!?“

Meine Stimme klang leicht schrill. Nur zu gut konnte ich mich daran erinnern wie Kimya und ich immer raus wollten. Neugierig die Welt erkunden, ohne zu wissen was auf uns zu kam. Doch Mama hatte uns nicht gelassen, erst mal die Zeit dafür gekommen war. Ich kannte ja nichts anderes als die Höhle. Die ersten Sonnenstrahlen waren wahnsinnig berauschend gewesen, wie sie meine Nase gekitzelt hatten. Aber Mama kannte sie. Oh. Schlagartig war mir klar, wie schwer es für sie gewesen sein musste in dieser Höhle zu bleiben.

„Mama war frei dank euch und Kimya und ich haben sie wieder gezwungen in dieser Höhle zu sein, da wo wir geboren wurden.“

Es war eine einfache Feststellung und sie tat richtig weh. Es war ein Opfer was Mama auf sich genommen hatte. Jetzt, so lange ich aus der Höhle raus war, konnte ich mir nicht vorstellen wieder dort zu sein. Meine Pfoten gehörten auf die Erde und meine Ohren in den Wind. Mama hatte noch länger und enger und ohne Futter ausharren müssen, ohne zu wissen ob sie da jemals raus kommen würde. Das war einfach schrecklich. Ein Knurren verließ meinen Fang. In meinem Bauch hatte sich so viel Wut gesammelt. Wut auf die Menschen, die ihr das angetan hatten!

„Warum tun die Menschen uns so etwas an?“

Meine Stimme klang erstickt, wahrscheinlich vor Wut und Traurigkeit, weil ich nun das von Mama erfahren hatte. Dabei hatte ich doch schlecht über Mama gedacht. Hatte gedacht sie wolle uns nicht mehr und ist deshalb gegangen!


- Skadi - 29.06.2014

Der Vergleich der von Avis aufgezählt wurde, erstaunte mich. Die Wurfhöhle - nur ohne Ausgang. So zu erklären wäre viel einfacher gewesen. Es war wirklich eine perfekte Zusammenfassung für die Lage in der Arkanis steckte - nur dass Zweibeiner und Vierbeiner die arme Fähe belagerten und peinigten. Zudem war der Boden härter als in der Höhle. Doch der Vergleich stimmte. Avis schien ein schlaues Bürschchen zu sein. Doch seine nächsten Worte ließen unweigerlich meine Lefzen zucken - bis ich diese anzog und ein erbosten Knurren ertönte.

"Sag nie wieder das du deiner Mutter die Freiheit gestohlen hast!"

Entfuhr es mir bitterböse. Erst ein schlecker meiner Zunge über meine eigene Nase ließ meine Mimik wieder beruhigen.

"Hätte Arkanis euch dafür gehasst, hätte sie euch alleine und hilflos sterben lassen. Außerdem konnte sie sich die Beine vertreten. Nie war sie eingesperrt, wegen euch."

Fügte ich noch streng hinzu und sah Avis dabei prüfend in die Augen. Seine nächste Frage besänftigte mich wieder ein wenig. Dort war wieder der Verstand, den er zuvor mit dem Vergleich aufgewiesen hatte. Eine wirklich interessante Frage.

"Ich weiß nicht warum Menschen das tun. Sie töten und jagen nicht nur weil sie Futter brauchen, es scheint als tun sie dies aus Spaß und Vergnügen. Und vielleicht bereiten ihnen gefangene Wölfe auch auf eine gewisse Art ein Vergnügen. Sie halten auch Beutetiere gefangen. Aber diese fressen sie dann. Vielleicht wollten sie Arkanis fressen. Oder sie wollten euch haben und euch versuchen wie ihre Hunde an sie zu binden."

Ich zählte einige Eventualitäten auf, die mir selbst durch den Kopf schossen, wenn ich darüber nach dachte. Mein Gemüt hatte sich wieder beruhigt.


- Avis - 08.09.2014

Während ich noch meinen Gedanken nachhing, fing ich den Blick von Skadi nicht wirklich ein, mehr noch hing mir mein schlechtes Gewissen nach. Ich war wirklich ein schrecklicher Sohn. Doch als sie plötzlich ein kurzes Knurren ausstieß, war ich so überrascht, dass ich unweigerlich aufblicke und sie anstarrte. Nanu, was war denn jetzt passiert? Hatte ich was Falsches gesagt und sie damit verärgert? Das hatte ich doch gar nicht tun wollen! Mein Blick zeigte deutlich mein Erstaunen, bis Skadi sich wieder beruhigt hatte und weiter redete. Doch offenbar hatte ich sie doch mit meinen Worten verletzt, denn ihre Stimme klang sehr rau und gar nicht erfreut. Warum sollte ich das nicht mehr sagen, wenn es doch der Wahrheit entsprach? Komisch. Ich wartete auf weitere Worte, die dann nach einer kurzen Pause auch kamen.

Irgendwie brachten ihre Worte mich dazu, dass auch ich mich wieder etwas beruhigte und mich weniger schlecht fühlte, ja sie hatte recht, Mama war nicht eingesperrt gewesen, sie konnte gehen und hatte uns versorgt. Wir waren ihr nicht egal gewesen. Ich konnte mir gar nicht so recht vorstellen, dass es Wölfe gab, die ihre Welpen zurück ließen.

„Gibt es wirklich Wölfe, die ihre Kinder einfach sterben lassen obwohl sie sie retten könnten?“

Die Frage kam fast leise und innerlich war ich ganz froh, dass es Kimya und mir dann doch nicht so ergangen war. Wir waren da, zwar jetzt ohne Mutter, aber immerhin hatten wir volle Bäuche und irrten nicht allein umher. Ich müsste offenbar viel dankbarer sein als ich es war, schoss es mir sogleich durch den Kopf.

„Danke, das ihr uns nicht verlassen habt….ihr hättet uns nicht mitnehmen müssen…“

Irgendwie fühlte ich mich besser das zu sagen und es entsprach ja auch der Wahrheit, auch wenn ich das bisher nie so sehen wollte. Mein Bruder und ich hätten es definitiv schlimmer treffen können.

Als Skadi das Thema der Gefangenschaft erläuterte, würde mir mit jedem Punkt, den sie aufzählte schlechter. Beutetiere, Wölfe fressen, oh je, nein das wollte ich mir lieber nicht vorstellen. Skadi hatte offenbar nichts Gutes mit den Menschen erlebt.

„Haben die Menschen dir auch Wölfe genommen, die du kanntest?“

Die Frage schoss einfach aus mir raus ohne das ich weiter darüber nachdachte.


- Skadi - 18.11.2014

Ich hatte es geschafft Avis den Irrsinn aus seinem Kopf zu treiben, dass er oder Kimya Arkanis eingesperrt hatten. Gut. Doch seine Schlussfolgerungen kamen schnell und trafen mich wie einen Schlag. Seine Frage knallte mir direkt in mein Herz und es fühlte sich an, als würde eine Bärenklaue dieses zerquetschen wollen. Mein Atem stockte und ich stand auf um nach Luft zu schnappen. Ohne Avis Danksagung rettete mich davor fort zu laufen, denn Flucht aus dieser Situation war gerade das, wonach mir an meisten war.

"Wir sind eine Familie Avis, wir lassen niemanden zurück der dies nicht ausdrücklich verlangt."

Sagte ich streng. Für Zuneigung und vorsichtige Wortwahl war ich innerlich zu aufgewühlt. Dieses nicht zu zeigen verbrauchte unfassbar viel Energie, die ich momentan lieber im Laufen umwandeln wollte. Oder jagen. Etwas erlegen. Eigentlich durstete es mich nach Ablenkung. Und die brachte Avis auch wieder - doch war es keine gute. Als konnte dieser Welpe direkt in mein Inneres sehen, schaffte er es genau die beiden Themen an zu sprechen, die ich in meinem Leben verdrängen wollte. Die ich verschwieg und tief im inneren vergraben hielt.

"Ja. Aber darüber möchte ich nicht sprechen. Nicht jetzt. Mache deine ersten Erfahrungen mit den Menschen"

Noch immer klang meine Stimme kalt, abweisend und abblockend. Ich sah auf den Jungrüden herab.


- Avis - 27.01.2015

Skadi war schon fast aufgestanden, noch bevor ich richtig zu Ende gedacht hatte. Sie stand vor mir, aber nicht ruhig, eher so als war sie innerlich vollkommen aufgewühlt. Ich blickte zu ihr auf, jetzt wurde mir wieder der Größenunterschied sehr bewusst und das Alter. Unweigerlich wich ich einen Schritt zurück. Sie blickte mich so ernst an. Ihre Worte hallten klar durch meinen Kopf. Wir sind eine Familie. Das sagt sie, aber waren wir das wirklich? Eine Familie? Ich hatte doch schon sehr oft über Rudel und Familie nachgedacht. Für mich war Kimya Familie, alle Anderen waren bislang einfach da gewesen. Schutz, ja, aber war das nicht eher als Eigenschutz, ganz nach dem Motto, ich beschütz dich, deshalb beschützt du mich? Geben und Nehmen?
Ich leckte kurz mit der Zunge über meine Nase, wusste nicht so recht was ich sagen sollte, offenbar war Skadi das Thema sehr ernst. So wirklich wurde ich aber das der Fähe nicht schlau. Aus unserer Mutter bin ich aber auch nie schlau geworden, vielleicht waren Fähen einfach so? Undurchsichtig? Kompliziert? Anstrengend? Obwohl, da schoss Tryss Bild durch meinen Kopf. Nein! Auch Rüden konnten blöd und anstrengend sein, aber ich ganz sicher niemals! Doch die Laune der Braunen sollte noch schlimmer werden, offenbar hatte ich eine falsche Frage gestellt. So fiel dann auch ihre Antwort aus, es klang für mich fast wie eine Rüge. Kurz senkte ich den Kopf. Dann siegte aber doch meine Trotzigkeit.

„Ja, da hast du wahrscheinlich recht, ich muss meine eigenen Erfahrungen sammeln.“

Aber wollte ich das unbedingt? Nach dem, was ich gehört hatte stand mir nicht sonderlich der Sinn danach. Die Zeit würde es zeigen. Ich hob meinen Blick wieder.

„Danke für das Gespräch, ich denke ich leg mich noch etwas aufs Ohr…“

Schlafen würde ich eh nicht, aber nachdenken. Eine gute Sache um seine Zeit zu vertreiben. Ein letzter Blick auf Skadi, freundlich, dankbar. Dann drehte ich mich weg und legte mich unter den nächsten Baum und rollte mich zusammen.