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Der Kinderkreuzzug - Druckversion

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Der Kinderkreuzzug - Tryss - 05.04.2013

Foto: Dewfooter | Deviantart

Der Kinderkreuzzug

Getrieben von einem Traum, von den schönen Worten einiger junger Männer erfasste 1212 n. Chr. eine Bewegung Frankreich und Deutschland. Unbewaffnet bildete sich ein Zug von Tausenden, der ins Heilige Land aufbrach. In Frankreich scharrte der Knabe Stefan in Cloyes die Kinder um sich. Er behauptete Jesus sei ihm in Gestalt eines Pilgers erschienen, um sie ins Heilige Land Jerusalem zu führen. Auch einen Brief für den französischen König sollte er ihm gegeben haben. Tausende – Quellen sprechen von bis zu 30.000 Anhängern, strömten dem Zug Stefans aus ganz Frankreich zu, doch weit kam die Schar nicht. Noch in Frankreich befahl der König den Zug aufzulösen. Stefan von Cloyes gehorchte.

Etwa zur gleichen Zeit, aber ohne Wissen und vollkommen unabhängig voneinander, gab es auch auf deutschem Boden eine ähnliche Bewegung. Von Köln aus soll ein Junge namens Nikolaus, angeblich ein charismatischer 9- bis 10-Jähriger, die Kinder mit seinen Erzählungen angelockt haben. Ein Engel sei ihm erschienen. Er habe ihn aufgefordert ins Heilige Land zu ziehen und das Heilige Grab von den Sarazenen zu befreien. Als Zeichen, dass Gott den Kreuzzug unterstütze, würde er das Mittelmeer teilen. So sollten die Kinder trockenen Fußes nach Jerusalem gelangen.

Geschichtliche Einordnung

Vor dem sogenannten Kinderkreuzzug gab es bereits vier weitere Kreuzzüge. Der vierte Kreuzzug (von 1202 bis 1204) misslang. An ihm waren hauptsächlich französische und venezianische Ritter beteiligt. Ursprünglich sollte Ägypten erobert werden, stattdessen wurde das christliche Konstantinopel (das heutige Istanbul) eingenommen und geplündert. Das geschah gegen den ausdrücklichen Protest des Papstes. Es weist darauf hin, dass nicht länger die religiösen, sondern die wirtschaftlichen Motive die Kreuzzüge regierten. Denn das ursprüngliche Ziel der Kreuzzüge bestand darin, das heilige Palästina, das unter islamische Herrschaft geraten war, zurückzuerobern. 1095 n. Chr. hatte Papst Urban II. zum ersten Kreuzzug aufgerufen. Zehntausende folgten der Idee, so dass ein Jahr später der erste Kreuzzug begann. Er endete 1099 mit der Eroberung Jerusalems durch das Kreuzritterheer. Die heilige Stadt blieb daraufhin 88 Jahre in christlicher Hand.

Durch die Eroberung und die Kämpfe kam es zur Errichtung sogenannter Kreuzfahrerstaaten, die in den darauffolgenden Jahren immer wieder in Konflikte verwickelt waren. Die Einnahme der Stadt Edessa im Südosten der heutigen Türkei im Jahre 1144 steigerte den Kampfeswillen der Muslime und brachte den Kreufahrerherrschaften eine empfindliche Niederlage bei. Infolge dessen rief Eugen III., der nun Papst war, zum zweiten Kreuzzug auf. Der Zug begann 1147 und endete zwei Jahre später als Misserfolg. Unüberlegte Angriffe hatten langfristige Auswirkungen und führten letzten Endes 1187 zur Rückeroberung Jerusalems durch Saladin, den Sultan von Ägypten. Dieses Ereignis war Auslöser für den dritten Kreuzzug ab 1189, der die Wiedereinnahme der Stadt zum Ziel hatte. Auch dieser Kreuzzug scheiterte und endete 1192 mit einem Friedensvertrag. Die Kreuzfahrer hatten die Stadt jedoch nicht einnehmen können.

Eine weite Reise

Ein eigener Kreuzzug und die Eroberung Jerusalems durch Gottes Gnaden schien somit das Ziel der Kreuzfahrerkinder aus dem deutschen Reich gewesen zu sein. Doch der Weg zum Mittelmeer, dass sich vor ihren Augen teilen sollte, war weit. Von Köln aus zogen sie über Trier und Speyer nach Süden. Es war eine anstrengende Reise, die bereits vor der gefährlichen und kräftezehrenden Überquerung der Alpen viele der jungen Menschen das Leben kostete. Am 25. August, knapp zwei Monate nach ihrem Aufbruch, kamen die Kreuzfahrer in Genua an. 7000 junge Leute waren noch übrig, doch die Schar verstreute sich, als das versprochene Wunder der Meeresteilung ausblieb. Ein Teil der Kinder soll nach Marseille aufgebrochen sein, einige sollen sich in Richtung Rom gewandt haben, um den dortigen Papst Innozenz III. um die Auflösung ihres Kreuzfahrergelübdes gebeten haben. Einige andere sollen versucht haben auf Schiffen einen Platz zu ergattern, um so ins Heilige Land zu gelangen. Die, denen dies gelang, sollen schließlich als Sklaven an die Sarazenen verkauft worden sein. Kaum eines der Kinder hat das Heilige Land je erreicht. Die, die in ihre Heimat zurückkehrten, wurden mit Hohn und Spott empfangen.

Bezug zum Rollenspiel

Ursprünglich war geplant, dass die Gemeinschaft auf die jungen Kreuzfahrer trifft. Da wir uns zeitlich aber so weit von diesem Ereignis entfernt befinden, diente die Idee der Kinderschar, die den Kreuzfahrern nacheifert, lediglich als Ideengeber für das Rollenspiel. Da die Kinder auf ihrem Kreuzzug unbewaffnet waren, stehen sie in gewisser Weise für das Reine, das den Glauben an das Gute im Menschen stärken kann.

Anmerkungen

Die Quellenlage zu den Kinderkreuzzügen ist nur sehr dürftig. Es ist nicht erwiesen, dass es sie überhaupt gab, da nur sehr wenige glaubwürdige, zeitgenössische Quellen gibt. Auch ist die Bezeichnung Kinderkreuzzug eigentlich nicht richtig. Einerseits bestand die Schar nicht nur aus Kindern, sondern vor allem auch aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Andererseits konnte ein Kreuzzug nur durch den Papst ausgerufen werden. Hinzu kommt, dass die Kinder wie bei einem „normalen“ Kreuzzug keine Waffen trugen, da sie das Heilige Land friedlich erobern wollten.
Quellen: Kreuzzug.de | Wikipedia | Buch: Das Hochmittelalter