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Passus VI - Eine wundersame Begegnung - Druckversion

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- Kimya - 22.09.2013

Der nicht geplante und nun auch überflüssig erscheinende, bettelnde Blick hatte nichts gebracht. Erstmal war Runa ruhig wie immer und antwortete mir nicht, sondern schien Alvarez die Entscheidung überlassen zu wollen, was sie mit einem Blick zeigte, den sie dem Rüden zuwarf. Mein Blick folgte ihrem erwartungsvoll und meine Ohren zuckten, während ich ihm zuhörte. Seine Antwort war wenig befriedigend und ich ließ den Kopf unweigerlich ein wenig hängen. Das war doch langweilig, einfach hier zu warten, während die anderen vielleicht großen Spaß hatten oder wenigstens etwas spannendes beobachten konnten. Meine Gedanken und Gefühle wühlten in meinem Körper herum und ich war auf der Suche nach den passenden Worten. Einerseits klang das, was Alvarez sagte, natürlich logisch und ganz tief in meinem Inneren wusste ich, dass er Recht hatte, was mich davon hinderte, jetzt ganz und gar empört zu reagieren. Andererseits war es hier doch wirklich öde und ich war doch so neugierig. Und das Gefühl war gerade doch groß genug, um nicht ohne weiteres begeistert zu sein. Ich überlegte kurz und warf dem Rüden dann nochmal einen Blick zu, ein leises Schnaufen entwich meiner Nase.

“Ja... Aber es ist langweilig hier und wir sitzen doch nur rum. Können wir nicht irgendwas machen? Iiiirgendwas, was spannender ist?“

Ich wusste selber nicht was und da meine Gedanken immer noch um die Menschenkinder kreisten, konnte ich gerade auch wenig einfallsreich sein. Dafür waren doch die älteren Wölfe da – sich etwas gescheites auszudenken, wenn sie schon andere Pläne hatten, als das zu tun, was gerade am reizvollsten war. Wieder warf ich auch meiner Kräuterlehrerin einen Blick zu, in der Hoffnung, sie würde sich dieses Mal mit einer guten Idee äußern. Ich saß hier fest mit zwei ganz und gar ruhigen, geduldigen Wölfen, die ganz sicher hier sitzend und schweigend abwarten konnten, bis die anderen wieder da waren und zwar ohne, dass ihnen langweilig werden würde. Und ich konnte mich auch nicht wegschleichen. Auf der einen Seite, weil das jetzt absolut unmöglich war, unbemerkt hier wegzukommen, auf der anderen Seite hielt mich auch mein Gewissen. Ich wollte doch so langsam erwachsen werden und erwachsene mussten nunmal oft Dinge tun, die sie eigentlich gar nicht tun wollten. Da zählte es wohl dazu, hier einfach zu sitzen und abzuwarten. Aber war das denn wirklich alles, was sie hier machen konnten? Das Leben war zu kurz für Langeweile...

[Bei Alvarez und Rúna | Redet mit Alvarez und langweilt sich]


- Rúna - 27.09.2013

Wie bereits erwartet entschied Alvarez, dass wir hier auf die anderen warten würden und mit leiser Freude vernahm ich, dass er dies dem jüngeren Rüden nicht nur mitteilte sondern ihm auch erklärte, warum sie warten mussten und nicht ebenfalls wie die anderen los stürmen konnten. Auch der sanfte freundliche Blick mochte durchaus dazu beitragen dass der ruhigere der beiden Brüder keine ernsthaften Widerworte gab. Noch immer schweigend sah auch ich schließlich in die Richtung in der all jene verschwunden waren, deren Rückkehr wir nun sehnlichst erwarteten. Doch nicht nur die kastanienbraunen Augen suchten nach ihnen, auch die Ohren drehten sich, lauschten in jeder Briese nach einem vertrauten Geräusch, während die Nase ihren Duft zu erhaschen suchte…

In mir selbst verspürte ich eine sicherlich nicht minder große Neugier auf die Menschenwelpen, denn trotz meiner Wanderungen hatte ich sie bisher nur selten zu Gesicht bekommen, meist aus weiter Ferne und immer in Begleitung anderer, bereits erwachsener Menschen. Und jedes Mal waren sie dabei in der Nähe ihrer seltsamen und so widernatürlich erscheinenden Höhlen gewesen. Ich war nicht in der Lage mich ihnen zu nähern, zu tief saß die dunkle Erinnerung an jenen schrecklichen Abend in meinem Geist, versagte meinem Körper die Bewegungen die er ausführen sollte und so schlug ich ein ums andere Mal einen Bogen um jene Kreaturen und ihre Höhlen. Doch diese Welpen, diese unschuldigen Welpen, denn was konnten sie andres sein, vielleicht konnte ich mich ihnen nähern und endlich... endlich meine Neugier befriedigen. Ja, ich verstand Kimya nur zu gut.

Dessen nächste Worte waren es, die mich aus meinen Gedanken wieder zurück zur kleinen Gruppe brachte und mich ihm zuwenden ließen. Amüsiert von der jugendlichen Ungeduld schlug die sonst so ruhige Rute einen kleinen Bogen,

“Etwas spannendes… vielleicht kannst du Alvarez dazu überreden, dir bei zu bringen, wie sich ein Wolf gegen einen anderen Wolf verteidigt. Auf eurer Wanderung könnte es dir einmal nützlich sein…“

Erklang meine Stimme schließlich wieder, ehe ich dem großen Rüden einen schalkhaften, beinahe schon frechen und ebenso kurzen Blick zu warf. Ich ahnte, dass der Vorschlag ihn nicht gerade in Begeisterung versetzen mochte und setzte darum fort,

“…und auf diese Weise würden wir den Ort nicht verlassen, wir würden mitbekommen wenn die anderen unsere Hilfe brauchen oder auch wann sie zurück kommen.“

Abwartend hatte ich mich wieder gänzlich dem Jungrüden zugewandt, wohl auch um dem Blick des anderen zu entgehen.

[Alvarez und Kimya | Macht einen nicht gänzlich ernst gemeinen Vorschlag]


- Alvarez - 28.09.2013

Mehr oder weniger Zufrieden stellte ich fest, dass Kimya sich wenig leidenschaftlich darum bemühte, mich von meiner Entscheidung hier zu bleiben, abzubringen. Der Welpe konnte demnach den Grund für diese Entscheidung, wenn auch widerwillig nachvollziehen. Zumindest erklärte ich mir so sein Einverständnis und das ausbleibende Quengeln. Das änderte allerdings nichts an der Tatsache, dass dem Welpen langweilig war und dies wiederum konnte selbst ich nachvollziehen. Für einen Wolf in seinem Alter sollte das Leben spannend sein. Abenteuerreich und aufregend. So zumindest stellten sie es sich vor. Ich war sogar gewillt mir irgendetwas für Kimya einfallen zu lassen, als es die Heilerin war, die etwas vorschlug, wofür sie von mir direkt einen strafenden Blick erntete, den sie bereits erwartet hatte und auszuweichen versuchte. Ob wohl wissend oder nicht, versuchte mich Rúna den Welpen, entgegen meiner eigentlichen Einstellung, näher zu bringen. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich weiterhin den abweisenden Wolf gemimt, der so als stiller Beschützer agieren konnte. Ich wollte keine emotionalen Bindungen mehr eingehen und das war mir bislang auch ganz gut gelungen. Die Welpen waren meistens mit den Jungwölfen Dekaja oder Tryss beschäftigt gewesen, die eindeutig einen schöneren Zeitgenossen abgaben, als ich. Entgeistert sah ich immer noch zu Rúna, die vehement meinen Blick mied. Seufzend wanderte mein grünes Augenpaar schließlich zu dem Welpen, der unbedingt Beschäftigung haben wollte.

„Hm, wie erleg ich Rùna fänd ich auch ganz amüsant. Würde deiner Jagdtechnik auch zugute kommen.“

War hingegen meine Äußerung, auch wenn ich keins von beiden bevorzugt hätte. Ich hatte nie vor und wollte mich eigentlich auch nie in der Rolle eines Lehrers sehen. Aber vielleicht lag darin ja auch meine Rolle im…Nein, das Wort Rudel wollte ich nicht einmal denken. Fakt war, so wenig mir der Gedanke gefiel. Ich musste mich ein Stückchen mehr in die Gemeinschaft integrieren und bei so unvoreingenommenen Welpen wie Kimya und Avis, wäre vielleicht der erste Schritt in die richtige Richtung einfacher.

[Bei Rúna & Kimya - wenig erfreut über ihren Vorschlag]


- Tamias - 30.09.2013

Ich atmete tief ein, hielt den Atem einige Sekunden und atmete dann hörbar wieder aus. Ich versuchte mich damit selbst zu beruhigen. Doch konnte das noch heikel werden. Bei beiden Welpen war die Neugierde für das Neue und Unbekannte geweckt. Die Wölfin die sich erst mit Fara und dann mit Chu vorstellte war genauso interessiert an unserem Vorhaben und Leben wie Avis an ihrem Leben. Er war noch zu jung um zu verstehen was hier vor sich ging. Er würde nicht verstehen, wieso Chu bei den Menschen lebte. Sie kannte es wohl nicht anders. Sie war anders wie wir. Das war nicht böse gemeint aber wir leben nun mal das freie Leben im Rudel und in der Wildnis mit allen Vorzügen und Nachteilen. Chu kannte das nicht. Sie kannte es nur vom hören. Sie war vielleicht nie frei gewesen. Sie wuchs behütet bei den Menschenwelpen auf. Dieser Mensch hatte besonders Angst um sie und vor uns. Wohl weniger vor Avis. Vielleicht hatte sie Angst wir würden ihr was tun oder ihr diesen Welpen wegnehmen. Doch schien Chu nicht darauf erpicht zu sein mit uns zu kommen. Natürlich hätte ich nichts dagegen, schließlich war sie ein Wolf. Entweder würde sie es jetzt oder später. Ein Welpe mehr oder weniger wäre auch egal.
Wir waren schon lange hier. Es gab viele Fragen. Eine war sogar mir wichtig. Wie würde es weiter gehen? Oh, und noch eine. WANN würde es endlich weiter gehen. Wäre ich alleine, wäre ich nun einfach weiter gegangen und hätte die Menschen ignoriert. Einfach ab durchs Dorf und immer zielstrebig in Richtung Norden. Doch war das nicht so einfach.
Erstmal entschloss ich mich dazu einige Schritte langsam voran zu gehen und mich zwischen Chu und dem Menschen zu stellen. Ich schnüffelte an Chu und umkreiste sie einmal, ging zwischen ihr und Avis her und stellte mich nun neben dem Menschen und hinter ihr.

"Wir sind mehrere. Einige warten schon auf uns. Wir müssen uns absprechen, was wir tun. Wir jagen gemeinsam, wir schlafen gemeinsam, wir wandern gemeinsam. Jeder hatte vorher sein eigenes Leben, was wohl mit einsamen wandern endete und bei uns wieder anfing. Sehr viele haben sehr sehr schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht. Es gibt viele unschöne Geschichten und Legenden über Menschen und Wölfe. Daher unser vorsichtiges Herangehen. Wir kennen es nicht, dass Menschen und Wölfe zusammen leben. Wir ziehen gemeinsam in den Norden um dort unseren Frieden zu finden. Nicht alle glauben daran aber es wurde von einem schönen Ort berichtet, wo Menschen und Wölfe in Frieden nebenher leben, ähnlich wie ihr. Diese Vorstellung ist einigen so fern, dass es unsere Vorstellungskraft nicht hergibt an so etwas zu glauben. Diese Begegnung zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Danke dafür. Du allein musst entscheiden, welchen Weg DU gern gehen möchtest. Keiner erwartet sofort eine Entscheidung. Lass dir Zeit. Es ist mein Angebot. Wir kehren nun zurück zu den anderen. Wir sehen uns, Chu."

Ich hatte das nötigste erzählt, sodass sie sich ein Bild von uns machen konnte. Ich ging um den Menschen herum, streifte dabei mit meinem Körper sein Bein um zu zeigen, dass wir nicht böse sind. Sie durften nicht denken, wir wären böse. Sie durften keine Angst haben. Es musste eine positive Erinnerung sein. Diese Menschen würden irgendwann zu großen Menschen werden und auch Welpen bekommen und sie konnten von friedlichen Wölfen berichten. Nicht von Rache besessenen Wölfen, die das Lager anfielen. Ich stellte mich neben dem kleinen Menschen und duckte meinen Kopf und sah ihn von unten aus an. Einige Sekunden, ehe ich zu Avis sah, ihn mit meinem Blick aufforderte zu kommen und in Richtung Skadi lief. Wir würden gemeinsam diesen Ort verlassen und zum Rudel zurück kehren. Die Menschen sollten sehen, dass wir alle nicht böse waren. Dafür war ich bereit mein Leben zu opfern. Ich will nicht der Wolf in Erinnerung bleiben, der die Großmutter gefressen hat.

[redete mit Chu, geht dann ein paar Schritte Richtung Skadi und co]


- Kimya - 05.10.2013

Ich hatte meine Hoffnung ja schon fast aufgegeben, noch etwas spannendes und interessantes zu erleben, während die anderen weg waren, um Menschenwelpen zu beobachten und womöglich sogar kennen zu lernen. Fast jede kleine Idee, die mir durch den Kopf schoss, wirkte grau und langweilig verglichen mit diesem großen Abenteuer. Ich war so ohne Erwartung, dass ich nicht einmal mehr die beiden Wölfe ansah, sondern nur resigniert in den Wald starrte, als Runa wirklich einen Vorschlag machte. Ich spitzte die Ohren und mein Kopf zuckte in ihre Richtung, während ich ihr aufmerksam lauschte. Kämpfen meinte sie also? Also so richtig kämpfen? Ich hatte mein Leben lang hier in diesem Rudel verbracht (das auch wirklich ein Rudel für mich war, denn ich kannte nichts anderes, um es zu hinterfragen) und hier hatte es bisher keine Kämpfe untereinander gegeben. Aber Avis hatte mir davon erzählt, woher auch immer er diese Geschichten hatte... Und ich hatte ihnen immer ehrfürchtig entgegen geblickt. Ich war zwar nicht besonders klein, trotzdem waren körperliche Auseinandersetzungen dann doch etwas, wofür ich mich nie besonders gemacht gesehen hatte. Im Spiel hatte ich gegen Avis selten eine Chance gehabt, was aber auch daran liegen konnte, dass ich da einfach keinen Spaß dran hatte. Aber es jetzt zu lernen, also so wirklich sinnvoll zu lernen, das erschien mir im ersten Augenblick doch als etwas ganz anderes. Mein erster Gedanke war dann nur, ob ich mich auch gut anstellen würde. Was wenn ich ganz und gar schlecht darin war und mich blamieren würde? Meinen zweiten Gedanken sprach ich dann wirklich aus.

“Aber das wird dann nicht weh tun? Ich meine... Was wenn ich dir ausversehen wirklich weh tu?“

Dabei sah ich Alvarez ganz direkt an und meinte es wirklich ernst. Im Spiel mit Avis hatte es im Ohr und im Nacken schon gelegentlich mal wirklich gezwickt, so dass wir sogar mal janken mussten. Aber im echten Kampf kam es doch sicher zu ernsteren Verletzungen? Und ich war ja kein Welpe mehr. Also vielleicht doch, aber ich hatte schon feste Zähne und war nicht mehr so klein, wie vor einigen Wochen. Ich wollte wirklich niemandem weh tun, ganz besonders nicht Alvarez. Als mein Blick jedoch über seinen großen Körper huschte, wirkte dieser Gedanke schon wieder fast lächerlich. Über mich sollte ich mir dann doch mehr Sorgen machen. Tat ich aber irgendwie nicht, auch wenn mein Kopf mir dazu riet. Denn in meinem Kopf machte sich in dem Moment auch noch ein Gedanke, ein viel wichtiger, breit.

“Aber ich würde es gerne lernen, damit ich vorbereitet bin für alle Situationen. Ich habe nur noch Avis und er mich. Wenn es mal dazu kommt, mag ich ihm helfen können. Oder euch. Oder einfach nur mir vielleicht...“

, beendete ich den Satz etwas kleinlaut. Erwartungsvoll schaute ich den Rüden an. Jetzt war ich doch wirklich begeistert von dem Gedanken und die Menschenwelpen waren vergessen.

[Bei Runa und Alva | Mag kämpfen lernen]


- Skadi - 05.10.2013

Es war mir nicht egal, das wäre eine falsche Aussage gewesen. Allerdings muss ich zugeben dass es eigenartig war: In dem Moment in dem ich aus meinem versteck hervor trat und den Menschenwelpen gegenüber stand dachte ich kaum noch an die Wölfe die hinter mir waren. Gespannt auf Reaktionen der Menschen und was passieren würde blickte ich zu ihnen. Sie starrten zurück. Mehr taten sie nicht. So wie ich diese Geschöpfe anstarrte starrten sie mich an. So wie ich Ihnen das erste Mal gegenüber stand und sie beobachten konnte so muss es ihnen wohl auch ergangen sein.
Es dauerte nicht lange da kam Dekaja dazu. Sie zeigte eine durchaus freundliche und aufgeschlossene Körperhaltung den Welpen gegenüber. Tryss ließ auch nicht mehr lange auf sich warten. Und das was er fragte war auch das erste was ich wirklich wieder von meinen Artgenossen aufnahm. Zuvor gesprochenes war untergegangen da ich meinen Gedanken nachgegangen war und mich nicht auf die der anderen beiden Konzentrieren konnte.

“Wir gehen näher heran.“

Sagte ich ganz leise, angespannt und mit leicht pendelnder Rute. Ein kleines Wuffen folgte darauf den Menschenwelpen zugewandt. Ich wollte so Kontakt zu ihnen aufnehmen, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass sie mich nicht verstehen würden. Dann sah ich mich kurz um und erblickte ein flaches – jedoch breit gewachsenes – Gebüsch auf dieses ich leichtfüßig und mit pendelnder Rute zu lief. Hinter diesem Gebüsch bückte ich mich kurz und sah auffordernd zu Tryss und Dekaja. Ganz alleine wollte ich nicht in die greifbare Nähe der Menschenwelpen laufen. Nun galt ihnen das auffordernde Wuffen ehe ich über das niedrige Grün rüber schaute und die Menschenwelpen erneut musterte. Meine Rute pendelte aufgeregt von einer zur anderen Seite und konnte bei jeden Schlenker nach links von den Menschen gesehen werden.


- Chu - 05.10.2013

Anyanas Angst war beinahe greifbar. Als das Mädchen meinen Namen flüsterte, blickte ich unsicher zu ihr empor. Ich wusste doch selbst nicht so recht, was zu tun war, und die ganze Situation überforderte mich allmählich. Die Ungläubigkeit, mit der der Welpe reagierte, gab mir noch zusätzlich das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben. Er wirkte regelrecht schockiert, so als dürfte ich eigentlich gar nicht bei den Menschen leben. Warum denn nicht? Anyana war meine Freundin und auch die anderen Zweibeiner hatten mich nie schlecht behandelt, zumindest nicht absichtlich. Wie sollte ich ihnen das nur begreiflich machen? Für sie war es falsch und vielleicht war es ja auch tatsächlich nicht richtig. Woher sollte ich das denn wissen? Mich hatte niemand danach gefragt, aber ich war auch nicht wirklich unglücklich bei den Zweibeinern, es war nur manchmal ein bisschen einsam. Hieß das, dass ich im Unrecht war und mich eigentlich schlechter fühlen müsste, wenn ich ein richtiger Wolf wäre?

“Ich, nein, also...“, stotterte ich unglücklich. “Wir verstehen uns schon irgendwie. Zumindest manchmal. Ein bisschen.“

Ziemlich fraglich, ob das irgendjemanden überzeugen würde. Es überzeugte mich ja nicht einmal selbst so wirklich, aber trotzdem war auch etwas dran. Natürlich konnte ich nicht so mit den Zweibeinern reden, wie ich es mit Wölfen konnte, aber manchmal verstand ich sie trotzdem. Jetzt zum Beispiel wusste ich, dass Anyana Angst um mich hatte und am liebsten wieder am Lagerfeuer säße. Umgekehrt spürte auch sie, wenn ich traurig oder aufgeregt war. Dafür brauchte man doch keine Worte. Und doch fühlte es sich plötzlich falsch an, als ob ich etwas Wichtiges versäumte. Ob das nur an der Reaktion dieser beiden Wölfe lag?
Ängstlich zuckte ich zurück, als der Große plötzlich herüberkam, um mich zu beschnüffeln, doch da war er schon hinter mir. Mit eingeklemmter Rute blieb ich mucksmäuschenstill stehen. Obwohl es mir in der Nase kribbelte und es mich juckte, auch mal an ihm zu schnuppern, ließ ich es lieber bleiben. Die Lage war mir noch immer ganz und gar nicht geheuer, jetzt vielleicht noch weniger als zuvor, denn nun wusste ich, wie kurios ich ihnen erscheinen musste. Trotzdem hörte ich ihm aufmerksam zu, als er zu reden begann. Die Worte prasselten nur so auf mich ein und ich versuchte verzweifelt, bloß ja keines zu verpassen. Was er mir mitteilte, kam mir unheimlich wichtig vor, auch wenn seine Botschaft mich zunächst maßlos überforderte. Dieses Leben, von dem er erzählte, klang für mich so fremd, dass ich mir kaum etwas darunter vorstellen konnte. Und das Ziel ihrer Reise erst! Wo war denn dieser Norden überhaupt und woher wollten sie wissen, wann sie angekommen waren? Das, was mich am meisten aufwühlte, kam allerdings ganz zum Schluss. Ich musste entscheiden, welchen Weg ich gehen wollte? Von welchem Angebot redete er überhaupt? Er hatte mir doch gar keines gemacht, oder war mir vielleicht doch etwas entgangen? Keiner erwartet sofort eine Entscheidung?

“Was für eine Entscheidung denn?“, platzte es förmlich aus mir heraus, doch da hatte er sich schon umgewandt.

Ich hatte noch nie eine Entscheidung getroffen, zumindest keine wichtige. Klar, auch ich überlegte mir hin und wieder, ob ich aus dieser Pfütze trinken sollte oder aus jener, aber das war nicht das selbe. Meine Mutter hatte für mich entschieden, als ich noch klein war, und später dann die Zweibeiner. Für mich war nur schwer vorstellbar, dass sich das plötzlich ändern sollte oder ob ich das überhaupt wollte. Im Moment war ich auch viel zu überfordert und aufgeregt, um zu verstehen, dass er mich mitnehmen würde, wenn ich das wollte. Nachher wäre ich ja doch wieder mit Anyana bei den anderen Kindern und würde diese Wölfe nie wiedersehen. Und doch hoffte ich in diesem Moment so sehr, dass er sich noch einmal umdrehen würde.

[bei Tamias, Avis & Anyana]


- Die Kinder - 09.10.2013

(Für Tamias, Avis und Chu)


Das kleine Mädchen konnte nichts tun. Sie verstand nicht, was zwischen den Tieren vor sich ging, was ihre Laute bedeuteten oder was sie mit ihren Körperbewegungen ausdrücken wollten. Noch immer schlug Anyana das Herz laut gegen die Brust und die Angst um Fara hielt ihren Körper gefangen. Unwillkürlich legte sich das Mädchen die Hände um den Oberkörper, als ob sie sich so vor Furcht und Kälte schützen könnte, und beobachtete die Wölfe. Nach nur wenigen Augenblicken wurde Anyana plötzlich bewusst, wie Fara sich wohl unter all den Menschen fühlen musste. Sie konnte sie nicht verstehen, konnte ihre Worte nicht entziffern und wahrscheinlich nur Vermutungen darüber anstellen, was Anyana und die anderen Kinder ihr sagten. Oder verstanden die Wölfe die Sprache der Menschen?

Als der große Wolf Fara plötzlich umrundete, wurde es dem Mädchen mulmig zumute. Sie wollte einen Schritt zurück treten, aber da stand er plötzlich neben ihr. Mit einer Mischung aus Furcht, Faszination und Respekt betrachtete sie das Tier, das ihr bis über die Hüfte reichte. So nah war er noch imposanter. Sie fand, dass er stolz aussah. Stolz und stark, aber nicht... böse, so wie es die erwachsenen immer erzählt hatten. Anyana war versucht die Hand nach ihm auszustrecken und über sein Fell zu streichen, das so glänzend und weich aussah. Ob es sich so anfühlte, wie das von Fara? Sie hatte schon den Arm ausgestreckt, zog die Hand aber im letzten Moment zurück. Vielleicht fühlte er sich bedroht und griff sie an? Und dann würde er auch Fara etwas tun, nein, das konnte sie nicht riskieren. Also zog sie den Arm ruckartig wieder an ihren Körper. Einen Augenblick später, als er sich wieder in Bewegung setzte und an ihr vorbei ging, kam sie aber doch noch zu ihrem Erlebnis. Seine Körper strich dicht an ihrem vorüber und berührte ihr Bein. Ein wohliger Schauder durchlief das Mädchen. Weich und gut. Und keine Spur von Angst.


- Rúna - 12.10.2013

Auf Alvarez Worte hin senkte sich mein Kopf ein wenig, doch zu dem Schalk in meinem Blick schlich sich zugleich ein wenig Verständnis und bald darauf wieder das sanfte Lächeln mit welchem ich mich Kimya zuwandte. Ich lauschte seinen Worten, seiner Sorge und schließlich den Gründe, welche er selbst vorbrachte. Das Lächeln auf meinen Zügen vertiefte sich,

„Das sind ehrenvolle Gründe junger Rüde, denn ein jeder Wolf sollte dazu beitragen sein Rudel zu stärken und zu schützen. Wenn du für deine eigene Sicherheit und die deiner Gefährten sorgen kannst, so ist dies für alle von Vorteil…“

Damit bestätigte ich ihn in seinem Wunsch, wohl auch zum Leidwesen Alvarez, aber wie sollte ich nicht? Ein Wolf musste auch dies lernen und es wäre eine gute Gelegenheit für den großen Rüden den ersten Schritt auf den Jüngeren zuzugehen, so schwer es ihm auch fallen mochte. Auch nahm ich an, dass der graue durchaus viel Erfahrung darin besaß, weit mehr als ich selbst es tat und vielleicht auch die anderen hier, obwohl ich mir nicht sicher sein konnte.

Darauf bedacht den Ärger des Rüden nicht noch mehr zu entfachen erhob ich mich, streckte die Glieder geringfügig, um durchaus kleiner zu wirken, und entfernte mich langsam in Richtung Waldrand. Dort, wo zu vor Skadi und Tryss und schließlich irgendwann auch Dekaja verschwunden waren, witterte ich sorgsam, prüfte die Luft und fragte mich was sie gerade sahen und beobachten konnten. Das Verlangen, ihnen zu folgen war groß, aber niemals würde ich ihm unter diesen Umständen nachgeben und so blieb nichts weiter, als auch an der Stelle, an welcher Tamias mit Avis im Wald verschwunden war zu wittern. Alle Spuren waren deutlich, doch der Wind erzählte mir nicht viel von dem was, was sich irgendwo dahinter abspielen musste…

[Wartet auf die anderen und weicht ihrem Platz bei Alvarez und Kimya]


- Avis - 14.10.2013

Meine Augen blieben in der jungen Wölfin kleben. Eine ganze Weile wurde nicht wirklich etwas gesagt und auch nichts getan, es schien als würden alle erstmal nachdenken. Chu hatte sie gesagt, Chu. Innerlich ließ ich mir diesen Namen mehrmals durch den Kopf gehen, warum wusste ich selbst nicht. Der Menschenwelpe schien zu einem Baum erstarrt zu sein, er hatte offenbar Angst. Komisch. Eigentlich war er doch nicht viel größer oder kleiner als Tamias, warum also sollte er Angst haben. Manchmal verstand ich die Gesetze der Natur noch nicht. Wenn das hier ein Welpe war, so wurde mir eben klar, mussten die Erwachsenen viel größer sein. Kein Wunder das einige von uns solche Angst vor ihnen hatten, aber diese Chu schien anders zu sein. Sie schien sogar Schutz in den felllosen Pfoten des Menschen zu suchen. Meine Ohren zuckten nach hinten. Das ganze Bild wirkte irgendwie falsch, auch die Wölfin roch so falsch. Nicht nach Wald und Heimat, sondern nach Unbekanntem. Noch bevor ich weitere Fragen stellen konnte ging Tamias auf die Welpin zu und beschnüffelte sie, um ihr dann einiges zu erklären. Mein Blick glitt sofort zu dem Menschen, doch der schien zunächst nur noch viel stiller zu werden, doch dann lauschte ich aufmerksam Tamias Worten. Doch was er sagte machte er erstmal sprachlos. Er wollte sie mitnehmen auf unserem Weg, er machte ihr ein eindeutiges Angebot. Mein Blick zuckte nun unruhig hin und her, vor allem als Tamias meinte, wir würden nun zu den Anderen gehen. Was? Nein! Halt! Ich hatte noch zu viele Fragen. Tamias, der sich inzwischen wieder von Chu entfernt hatte ging um den Menschen herum, wartete kurz und testete offenbar die Reaktion aus, doch der Mensch wurde eindeutig ruhiger. Ich verstand das der Rüde dem Menschen vermitteln wollte keine Angst zu haben. Doch als er mich ansah, eine klare Aufforderung mit ihm zu gehen zögerte ich. Ich ging einige Schritte, blieb dann aber direkt vor Chu stehen, es war sicher nicht sehr clever Tamias nicht zu gehorchen, aber meine Neugier und mein Interesse waren zu groß um diese Chance einfach so verfliegen zu lassen.
Ich blickte Chu direkt in die klaren Augen.

„Ich habe meine Mama auch verloren und lebe mit den Anderen zusammen, mein Bruder auch! Komm doch mit uns! Hier kann es dir doch nicht gefallen!“

Meine Stimme war eine klare Aufforderung. Eigentlich hatte ich noch so viel mehr fragen wollen, hoffentlich würde ich sie wiedersehen, aber wenn ich Tamias jetzt nicht folgen würde, dann gäbe es wieder nur Ärger und ich wollte nicht mehr der kleine unnütze Welpe sein. Meine Pfoten bewegten sich in Tmias Richtung, ich drehte mich aber nochmal um und starrte Chu lange mit ernstem Blick an, dem Menschen schenkte ich keine Beachtung, die Wölfin, die bei ihm lebte interessierte mich viel Mehr. Es gab so viel Unwissenheit. Wo war ihre Mutter, hatte sie sie auch verloren, vermutlich, warum sollte sie sonst bei den Menschen sein. Kannte sie ausgewachsene Menschen? So viele Fragen und keine einzige Antwort. Chus letzte ängstliche Frage klang noch in meinen Ohren, als ich mich entgültig umdrehte und schnellen Schrittes zu Tamias aufschloss.


[ist nicht sehr glücklich über den schnellen Abschied, folgt tamias auf den Weg zu Skadi]