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Passus VI - Eine wundersame Begegnung - Druckversion

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- Rúna - 08.09.2013

Den Blick noch immer gen Wald und der vermeidlichen Richtung des Menschenlagers gelenkt vernahm ich die nächsten Worte des Rüden. Er ließ sich Zeit für seine Antwort, als wolle er ihre Wirkung und das was er sagte sorgsam abwägen, wobei er ihr unweigerlich mehr Gewicht verlieh als vielleicht beabsichtigt.

Kimya und Avis, die Welpen, waren es also, welche das Band bildeten, das ihn mit der Gemeinschaft hier verknüpfte. Doch in den Worten hatte noch etwas anderes gelegen. Arkanis, die verschollene Mutter der beiden, war es hingegen, welche begonnen hatte, das Band zu knüpfen, welches ihre Jungen nun fort führten. Ich kannte ihren Namen und doch hatte ich mich bisher nie mit der verschwundenen Wölfin befasst. Nun, da ich darüber nachdachte, wusste ich nicht einmal, ob es der Welpen wegen war oder ob andere Gründe dafür gesorgt hatten, dass sich meine Neugier in dieser Hinsicht seltsam unberührt zeigte. Auch jetzt verspürte ich keinen Drang Alvarez nach ihr zu fragen, die Fähe wäre ein anderes Thema... und die Zeit nach ihrer Geschichte zu forschen würde kommen.

Kurz darauf spürte ich den Blick der graugrünen Augen auf mir ruhen, sodass ich mich ihnen für einen Moment ebenfalls zu wandte. Die Entgegnung des Rüden hätte mich schmunzeln lassen, doch lediglich die Rute wischte in einer knappen Bewegung über den Boden. Als er fort fuhr kehrte ein Teil meiner Aufmerksamkeit wieder zurück zum Wald und den Wegen, welche die anderen eingeschlagen hatten.

"Von Tamias lernen sie Mut zu haben, um zu überleben, von Tryss erfahren sie die Offenheit, damit sie neues lernen und ihren eigenen Weg finden. Skadi zeigt ihnen, dass sie nicht aufgeben dürfen, dass sie zäh sein müssen um die Beute ihrer eigenen Träume schlagen zu können. Dekaja lehrt sie Neugier und Vertrauen... was ihnen fehlt ist der Wolf, der ihnen bei bringt, das richtige Maß von allem zu erkennen. Jemand, der ihnen lehrt, dass Mut nicht immer heißt sich in jeden Kampf zu stürzen, dass auch Offenheit ihre Gefahren birgt und dass es neben dem eigenen Weg immer auch andere geben wird. Sie müssen erkennen, ob eine Beute die Jagd wert ist und wann es besser ist sie ziehen zu lassen...."

meine Stimme verstummte und mit einem leisen Schnauben legte sich mein Fang auf die Vorderläufe,

"Auch von dir lernen sie viel... ihretwegen bist du hier...."

ich verstummte endgültig und zurück blieb das nagende Gefühl zu viel und nichts gesagt zu haben. In meinem Kopf kreisten die Gedanken und Worte sprudelten wild umeinander und wenn ich es zuließe würden sie wie ein Frühlingsregen auf den Rüden nieder prasseln.

[von sich selbst verwirrt | bei Alvarez]


- Alvarez - 10.09.2013

Ich musste mir ehrlich eingestehen, dass ich vielleicht die ganze Situation in der wir uns befanden mit einem etwas zu pessimistischen Blick betrachtet hatte. Jemand der von außen kam und noch nicht so lange bei der Gruppe wanderte, mochte einen etwas objektiveren Blick auf die Gesamtsituation haben. Ich betrachtete Kimya, welcher dort lag, als habe ihn die Zeit eingefroren. Allein das zaghafte heben seinen Brustkorbs versicherte den Anwesenden, dass er schlief und lebte.

„Da magst du vielleicht Recht haben und so habe ich die Dinge noch nicht betrachtet. Vielleicht ist die letzte Rolle ja die deine?“

Ich schmunzelte. Obwohl ich mir nicht sonderlich sicher war, was die Welpen von mir zu lernen bekamen. Ich war immerhin nicht gerade darauf erpicht mich an sie zu schmusen und ihre Nähe bei mir zu wissen. Ich beobachtete sie eher von weit entfernt und dennoch hatte ich den schmalen Grad den ich nie überschreiten wollte, doch hinter mir gelassen. Avis und Kimya bedeuteten mir viel mehr, als es mir lieb war, viel mehr als ich zulassen wollte. Wann war es dazu gekommen und wieso fiel es mir erst jetzt auf? Nachdenklich richtete ich meine Seelenspiegel zu der Baumgruppe in der vermutlich Dekaja verschwunden war und das gerade positiv gesprochene von Rúna trübte. Mochte sein, dass die Welpen diese Werte von jedem Individuum vermittelt bekamen, aber solche Aktionen überschatteten das Ganze. Ob wir wollten oder nicht, wir mussten darüber reden. Wenn klare Absprachen gemacht wurden, hatte man sich daran zu halten und nicht wieder auf eigene Faust zu bestimmen.

„Sie sind schon lange fort“

Zu lange für meinen Geschmack. Zwar versuchte ich meine innere Unruhe runter zu spielen, dennoch gelang es mir nicht, den Klang von Sorge aus meiner Stimme zu nehmen. Sie wollten sich doch nur ein Bild von den Menschenwelpen machen. Hätten sie also nicht längst wieder zurück sein müssen? Meine Hinterläufe drückten meinen Körper in die Höhe und ich machte ein, zwei Schritte nach vorne, um dann einen kleinen Kreis um die Wölfin zu ziehen und mich wieder hinzusetzen.

„Ich hoffe sie sind vorsichtig“

Sie hatten schon zu viele Wölfe auf den Weg in den Norden verloren, egal durch welche Umstände. Ich wollte nicht schon wieder die Nachricht über einen verloren gegangenen Wolf hören, oder gar eines Todesfall.

[Bei Rúna - macht sich langsam Sorgen]


- Chu - 10.09.2013

Als Anyana mich wieder auf den Boden setzte, drückte ich mich ängstlich an ihr Schienbein. Ich hatte mich dort oben auf ihrem Arm eigentlich recht sicher gefühlt und mir eingebildet, dass mich dort keiner erreichen könnte, während ich auf meine Artgenossen herabschaute. Jetzt, wo ich wieder auf meinen eigenen vier Pfoten stand, fiel mir erst auf, wie groß dieser Wolf eigentlich war. Instinktiv klemmte ich die Rute ein und schmiegte die Ohren an den Kopf, während ich unsicher den Blick des Mädchens suchte. Erst als ein kleiner Wolf aus dem Gebüsch trat und sich halb hinter dem Großen verbarg, konnte ich meine Neugier nicht länger verbergen. Unauffällig reckte ich den Hals, um einen schüchternen Blick auf den Welpen werfen zu können. Ich hatte noch nie einen Wolf in meinem Alter gesehen und mir bisher auch nicht vorstellen können, dass sie einfach so dort draußen herumliefen. Scheinbar hatte ich mich da geirrt, aber das war jetzt auch nicht so wichtig, denn plötzlich begann der Welpe zu sprechen. Aufgeregt zuckten meine Ohren nach vorn. Also konnten sie mich doch verstehen!

“Ich heiße Fara – nein, Chu“, korrigierte ich mich hastig.

Beinahe hätte ich diese einmalige Chance ungenutzt verstreichen lassen. Die Beiden wussten ja nicht, wer ich eigentlich war und dass ich inzwischen längst Fara hieß. Jetzt konnte ich zum ersten Mal seit langer Zeit wieder Chu sein und so tun, als wäre ich mutig. Egal wie kurz diese Begegnung auch ausfallen mochte – es war etwas, an das ich mich später erinnern konnte, wenn ich wieder mit Anyana am Lagerfeuer saß. Als der kleine Wolf mich fragte, warum ich bei ihr war, runzelte ich nachdenklich die Stirn. Was sollte man auf so eine Frage erwidern? Warum sollte ich denn nicht bei ihr sein?

“Ich lebe bei ihr“, erklärte ich, als wäre es das Normalste der Welt. “Wir sind ein Rudel, so wie du und dein Papa.“

Vorsichtig beäugte ich sodann wieder den großen Wolf. Auch wenn der Welpe mir etwas die Angst vor den fremden Artgenossen genommen hatte und der Große mich offensichtlich beruhigen wollte – so wirklich geheuer waren sie mir immer noch nicht. Ich hatte noch nie einen ausgewachsenen Rüden gesehen und bei den Kindern hatte ich gelernt, dass sie gefährlich sein mussten. Warum sollten sich die Zweibeiner sonst vor ihnen fürchten?

“Warum müsst ihr durch unser Lager? Wohin geht ihr denn?“, fragte ich schließlich unsicher und fuhr mir nervös mit der Zunge über die Nase.

[bei Tamias, Avis & Anyana]


- Die Kinder - 15.09.2013

(Für Tamias, Avis und Chu)


Kaum, dass das Mädchen den Schritt nach vorn gemacht hatte, fühlte sie, dass das ein Fehler gewesen war. Sie fühlte sich schummerig, ihre Knie wurden noch weicher und der Mut, den sie gerade noch mühevoll zusammengekratzt hatte, verflüchtigte sich sofort wieder, als es erneut im Gebüsch raschelte und noch eine Gestalt hervortrat. Auch, wenn dieser Wolf viel kleiner war, etwa so groß wie Fara, so wurde Anyana doch bewusst, dass sie ihre kleine Freundin gar nicht beschützen konnte, wenn es darauf ankam. Was, wenn diese Wölfe ihrer kleinen Fähe etwas tun wollten, weil sie nicht zum Rudel gehörte? Das kam bei Hunden vor, die Nachwuchs hatten. Und Wölfe waren doch so ähnlich, oder nicht? Anyana hätte Fara am liebsten gepackt und wäre zum Lagerfeuer zurückgelaufen. Doch das kam ihr weit weg vor und der große Wolf rannte sicher sehr viel schneller als sie. Sie schaute zu ihm herab, wagte es aber nicht direkt in seine Augen zu sehen. Noch immer hatte sie viel zu viel Angst vor ihm, auch wenn er gar nichts tat, sondern einfach nur dastand und sie beide anblickte.

Und dann begannen sie zu sprechen. Nun, was man eben sprechen nennen konnte. Das kleine Mädchen verstand ja nicht, was die Wölfe da sagten. Aber dass sie sich verständigten, das begriff sogar das Menschenkind. Fara trat sogar einen Schritt nach vorne. Sie hatte den Blick von Anyana abgewandt und die Ohren in Richtung der Wölfe ausgestreckt. Ihre Angst schien verschwunden zu sein, stattdessen glaubte Anyana Neugierde zu erkennen. Es betrübte sie ein wenig, dass ihre wölfische Freundin offenbar mehr Mut aufbringen konnte. Das Mädchen überlegte, was sie nun tun sollte. Sich einmischen? Oder ruhig bleiben? Sich mit den Tieren verständigen konnte sie sich nicht, lediglich Faran verstand vielleicht, was sie sagen wollte.

„Sie vorsichtig, Fara...“

wisperte sie daher nur leise und warf einen besorgten Blick auf ihre wölfische Freundin. Noch immer klopfte ihr das Herz bis zum Hals. Und als sie sich vorstellte, was alles passieren könnte, nur noch mehr. Anyana hatte keine Angst um sich selbst. Das wurde ihr plötzlich und schmerzlich bewusst. Sie hatte Angst um Fara und fürchtete, dass der Wölfin etwas zustoßen konnte. Sie wollte ihre Freundin nicht verlieren.


- Avis - 16.09.2013

Es stellte sich zunächste eine abgespannte Stille ein. Ich wartete angespannt halb hinter Tamias, halb neugierig. Aber ich bemerkte, dass ich offenbar nicht allein mit meiner Neugier war. Der Welpe stand zwar dicht in den Pfoten des Menschenwelpen, aber schien doch ebenso neugierig wie ich. Meine Ohren zuckten. Im selben Moment bemerkte ich, dass etwas von der Anspannung von Tamias abfiel und er eine entspanntere Haltung einnahm. Zwar immernoch in „Hab-Acht-Stellung“, aber weniger bedrohlich. Dann ertönte auch schon seine Stelle. Da es zuvor doch so still war, durchfuhr mich ein Zucken, erst jetzt bemerkte ich, dass ich jeden Muskel angespannt hatte. Solch eine eigenartige Situation hatte ich bislang noch nie erlebt. Doch der ältere Rüde stellte keine Fragen, er machte lediglich unseren Standpunkt klar und erläuterte, warum wir eigentlich hier waren. Mein Blick fiel fragend auf ihn. Sonderbar. Warum wollte er nicht wissen warum der Welpe bei dem Menschen war oder anderes? Etwas mutiger trat ich nun doch neben Tamias, um besser sehen zu können. Dem Menschenwelpen hatte es offenbar die Sprache verschlagen, mal ganz davon abgesehen das ich ihn eh nicht verstand. Mein Blick glitt an ihm von oben nach unten und blieb schließlich an dem anderen Welpen hängen. Dann sprach der Welpe. Fara, nein Chu hieß sie. Wieso korrigierte sie ihren Namen? Das irritierte mich schon wieder. Doch bevor ich näher darüber nachdenken konnte beantwortete sie Tamias Frage. Sie wohnte hier? Mit den Menschen in einem Rudel? Nun war es an mir die Augen zusammen zu kneifen. Mutig ging ich nun sogar einige Schritte auf sie zu, schnupperte in die Luft um ihren Geruch zu filtern. Meine Neugier hatte den Menschen fast ausgeblendet, aber nur fast. Ohne mich überhaupt vorzustellen ratterte ich los..

„Was soll das heißen, du lebst hier? Rudel? Hast du keine Mutter oder anderen Wölfe? Warum lebst du mit Menschenwelpen zusammen, die verstehen uns doch gar nicht!!“

Meine Stimme überschlug sich fast, etwas zu laut und fast überheblich. Ich hatte zwar auch keine Mutter mehr, aber immerhin lebte ich unter meinesgleichen und nachdem was mir die Anderen über Menschen berichtet hatten war ich zwar nicht ganz voreingenommen, doch gut schienen sie nicht zu sein! Ich starrte die Welpin an, bis der Mensch wieder Töne von sich gab und mich daran erinnerte, dasser auch noch da war. Schnell wich ich wieder zurück zu Tamias und schaute zwischen den Fronten hin und her. Besonders klug beantwortete ich dann noch ihre letzte Frage.

„Wir gehen in den Norden!“

Als würde das alles erklären, wo ich doch selbst grad erstmal erklärt bekommen hatte was das überhaupt bedeutete. Eigentlich war ich sehr unfair, aber diese Situation war sonderbar.

[spricht mit Chu, bleibt aber weiterhin in Tamias Nähe]


- Dekaja - 16.09.2013

Ich legte die Ohren kurz an, als ich Tryss' mürrischen Ton hörte. War ich zu forsch gewesen oder hatte ich ihn so sehr erschreck? Aber einige Sekunden danach hatte ich den Tonfall bereits wieder vergessen, denn Tryss redete weiter und erklärte seine Bedenken. Ich versuchte sie wirklich nachzuvollziehen, wirklich, und ein Stück weit funktionierte das auch. Aber ich bezweifelte nun einmal, dass ein Menschenkind allein schon durch den Anblick eines fröhlich wedelnden Wolfes in Panik verfallen würde. Ich machte mir keine Sorgen darum. Und außerdem hatte ich mir bereits in meinen Dickschädel gesetzt, mich ihnen zu zeigen, egal, ob jemand dagegen war oder nicht. Aber natürlich war ich dankbar, dass Tryss sich Sorgen machte. Nur änderte das nichts an meiner Einstellung.

"Ja, ich verstehe dich ja. Aber möchtest du sie nur aus der Ferne ansehen? Wir können doch ganz vorsichtig und freundlich ein paar Schritte nach vorne gehen...dann können wir doch immer noch ganz schnell verschwinden, oder nicht? Mir passiert schon nichts, keine Sorge. Aber vorbei müssen wir doch ohnehin?"

Ich sah ihn fast flehend an.

"Außerdem sind es doch fast noch Welpen. Sie würden uns doch nichts tun, wenn wir freundlich aussehen. Da bin ich mir sicher!",

versuchte ich auch weiterhin seine Zweifel aus dem Weg zu räumen. Ich wollte näher ran, aber ich wollte auch nicht, dass Tryss sich Sorgen machte oder gar Angst um mich hatte. Umso dankbarer war ich, als Skadi mich unterstützte und versuchte, Tryss zu beruhigen. Nur der Vorschlag, dass Tryss die anderen holen soll, gefiel mir nicht so ganz. Diesen Moment hätte ich einfach zu gerne mit ihm geteilt. Ich sah ihn aufmunternd an und stupste ihn sanft und auffordernd. Dann blickte ich zu Skadi.

"In Ordnung. Dann können wir auch schnell verschwinden, sollten sie anders reagieren. Aber wenn wir ihnen zeigen, dass wir friedlich sind, bezweifle ich das fast. Machen wir es so!"

Vorfreude packte mich erneut und ich bemerkte ein Kribbeln in den Pfoten,was mich immer packte, wenn ich etwas neues wagte. Skadi zögerte auch nicht lange und schritt vor, so dass die Menschenkinder sie sehen konnten und ich hatte dasselbe vor. Ein weiteres Mal stupste ich Tryss ermutigend an, dann blickte ich zu den Menschenkindern, die nur zurückstarrten und nichts taten. Aufmerksam sahen sie zu Skadi, aber mehr geschah nicht.

"Siehst du! Sie greifen nicht an. Sei unbesorgt. Alles wird gut.",

ermutigte ich ihn erneut, dann musterte ich Tryss noch einmal mit einem langen Blick, um schließlich ebenfalls vorsichtig neben Skadi herauszutreten, mit stark wedelnder Rute, aufgerichteten Ohren und einem friedlichen, aber neugierigen Gesichtsausdruck. Interessiert blieb mein Blick an den Menschenkindern hängen.

[bei Tryss, versucht, seine Sorgen zu zerstreuen, tritt dann ebenfalls neben Skadi]


- Kimya - 18.09.2013

Warum lag ich denn immer noch hier, ohne mich zu bewegen oder den anderen zu folgen? Mein Bruder war bereits vor einer ganzen Weile Tamias zu den Menschen gefolgt. Er hatte seine Aufgabe bekommen, er hatte die Möglichkeit bekommen, seinen Teil beizutragen oder wenigstens einen Blick auf die anderen zu werfen. Er hatte sich getraut zu reden, ganz im Gegensatz zu mir. Ich hatte die Älteren nicht unterbrechen wollen, hatte mich nicht getraut, mich in die Gespräche einzumischen. Gebannt hatte ich gelauscht und auf den richtigen Moment gewartet, doch mitzureden – und ihn verpasst. Jetzt lag ich also noch immer an derselben Stelle und ließ die Gefühle auf mich wirken, starrte auf die Stelle des Waldes, an der zuletzt die Rute des letzten Wolfes verschwunden war und atmete tief durch. Was brachte es jetzt, sich zu ärgern? Ich hatte diese Gelegenheit verpasst, jetzt musste ich das Beste daraus machen. Es war Zeit, sich wieder zu regen und endlich wieder die Gesellschaft von anderen zu suchen. Mit einer ruckartigen Bewegung, als wäre ich aus einem Traum erwacht, hob ich meinen Kopf, die gespitzten Ohren nach vorne gerichtet und schaute mich nach den anderen um. Ganz in meiner Nähe waren nur noch Alvarez und Runa zu sehen. Ich rappelte mich auf, streckte mich kurz und lief dann langsam auf die beiden zu.

Nur noch am Rande bekam ich die letzten Worte des Rüden mit. Vorsichtig... Wie vorsichtig war wohl Avis? Sicher hatte er sich die letzten Wochen ein wenig verändert, Vorsicht war trotzdem nicht gerade das, was ihn auszeichnete. Aber die anderen waren ja bei ihm und würden ihn von unüberlegten Dingen abhalten... Hoffte ich in dem Moment jedenfalls. Ich merkte auch, dass sich in meinem Körper ein Gefühl der Neugier und ein wenig Neid ausbreitete. Auch mich interessierten die Menschenwelpen. Auch ich wollte einen Blick erhaschen, auch wenn ich sie nicht unbedingt von ganz nah sehen musste. Wer wusste schon, ob und wann ich das nächste Mal die Gelegenheit haben würde...

“Was machen wir jetzt? Wollen wir nicht auch den anderen folgen? Sie sind jetzt schon so lange weg... Sollen wir nach ihnen sehen?“

, fragte ich und sah dabei erst Alva, dann Runa an. Bei ihr blieb mein Blick ein wenig länger haften und ohne es kontrollieren zu können, wurde er dabei ein wenig bettelnder, als geplant. Ich wollte so gerne auch zu Avis und mal gucken. Nur mal sehen, neue Eindrücke sammeln. Nur hier zu sitzen und zu warten brachte doch niemandem was, oder? Wieder warf ich einen kurzen Blick in den Wald, meine Rute bewegte sich in leichten, kreisenden Bewegungen, als würde der Wind mit ihr spielen und fast ein wenig hibbelig schleckte ich mir mit der Zunge über die glänzende Nase.


- Rúna - 20.09.2013

Etwas schien die Stimmung des Rüden zu verändern, ob es meine Worte waren, die mir selbst so unbefriedigend schienen wagte ich nicht zu vermuten. Noch viel zu gering war die Zeit, in der mein Weg sich mit dem der Gemeinschaft verflochten hatte und alles was sie davor erlebt hatten, was Alvarez mit ihnen erlebt hatte, war Vergangenes, das mir fremd war.

Als die Stimme des Rüden wieder erklang drehte sich ein Ohr in seine Richtung und eine Art Lächeln umspielte den Fang. Ganz so hatte ich es zwar nicht gemeint, aber es freute mich, dass meine Worte tatsächlich nicht ohne Wirkung geblieben waren.

Unweigerlich fühlte ich die Unruhe welche den großen Wolf langsam aber sicher erfasste, die Sorge die er trotz seiner vorherigen Worte um die restliche Gemeinschaft fühlte. Als Alvarez sich schließlich erhob und ein paar Schritte ging folgte mein Blick ihm aufmerksam, doch bevor ich ihm antworten konnte nahm etwas anderes unser beider Aufmerksamkeit wieder in Anspruch. Ich hob den Kopf und blickte Kimya entgegen, welcher scheinbar wieder von den Toten auferstanden war. Natürlich fragte der junge Rüde nach den anderen und die Neugier die auch ich selbst verspürte schien in ihm ebenso vorhanden zu sein. Ruhig erwiderte ich seinen Blick während ich mich aufsetzte, sah die Bitte darin und wandte mich dennoch deutlich zu Alvarez… dies würde seine Entscheidung sein und eine Gelegenheit dem jungen Wolf ein wenig davon zu vermitteln, was ihm selbst so wichtig war.

[Bei Alvarez und Kimya]


- Alvarez - 20.09.2013

Während meine Augen mit ihrem suchenden Blick schon fast versuchten die anderen Wölfe dort heraufzubeschwören, hatte ich eigentlich mit der Stimme von Rúna gerechnet, die mir irgendetwas entgegnete. Vielleicht meine Sorge sogar zu beschwichtigen versuchte, stattdessen war die Stimme die ich vernahm deutlich jünger und gehörte Kimya. Anscheinend hatte er sich endlich dazu bewegen können, zu ihnen zu kommen. Ich vermutete, dass er irgendwo enttäuscht war, dass es sein Bruder war, der sich aus seiner Sicht, in ein Abenteuer geschmissen hatte, wo er wieder einmal nur der Zuhörer bleiben würde. Da sein bettelnder Blick jedoch hauptsächlich der Wölfin galt, die Kimya vielleicht glaubte eher zu überzeugen, zu gehen, hüllte ich mich in schweigen. Mir war es ohnehin recht nicht wieder der Spielverderber zu sein, für den mich anscheinend alle anderen hielten. Doch wenn ich mich darüber gefreut haben sollte, schweigen zu können, hatte ich die Rechnung nicht mit der Heilerin gemacht. Sie war es nämlich die sich wortlos an mich wandte und ebenso abwartend ansah, wie es der Welpe bei ihr zuvor getan hatte. Sollte ich wirklich eine Entscheidung fällen? War es das, was nun beide von mir wollten? Mein Blick wanderte in die Richtung, wo ich jede Minute hoffte Tamias und die anderen zu erblicken. Doch ihre Erscheinung blieb wie zuvor auch, aus. Sicher, irgendwo würde ich gerne den anderen folgen, um mein Gewissen zu beruhigen, aber es waren ohnehin schon so viele zu den Menschen aufgebrochen.

Ich hatte mich entschieden, auch wenn es nicht dem Wunsch des Welpen entsprechen würde. Bevor ich ihm antwortete, musterte ich den Welpen, welchem man tagtäglich beim wachsen zusehen konnte. Ich versuchte ihn freundlich und sanfter, als es sonst meiner Art entsprach anzublicken, damit er verstand, dass ich ihn nicht ärgern wollte oder gar benachteiligen.

„Ich kann deine Neugierde verstehen Kimya. Aber wir haben zugestimmt hier auf die Anderen zu warten. Wenn wir jetzt aufbrechen und nicht da sind, wenn die anderen zurückkehren, werden sie sich womöglich Sorgen machen und zum suchen aufteilen. Denn sie würden ja nicht wissen wo wir sein werden. Das Risiko ist zu groß, vor allen Dingen, wenn sich Menschen hier aufhalten.“

Ja, ich war damals auch ganz erpicht darauf diese nackten Wölfe auf zwei Beinen zu sehen. Endlich dem Wort Mensch eine Gestalt zuordnen zu können, wäre so schön gewesen. Die Umstände unter denen ich allerdings diese Wesen kennen lernte, war nie meinem Wunsch entsprechend. Aber ich verstand Kimya.

„Sollte die Zeit nachher reichen und die anderen früh genug zurück kommen, dann verspreche ich dir, das ich mit dir noch mal losziehe, damit du sie auch sehen kannst. Aber jetzt müssen wir erst einmal auf sie warten und zeigen, dass man sich auf uns verlassen kann.“

Ich hoffte dass er irgendwo meine Entscheidung verstehen und einsehen würde und nicht so temperamentvoll rebellierte, wie man es manchmal von Avis gewohnt war. Ich seufzte und kehrte zu den beiden zurück und bettete mich auf die Hinterläufe, darauf bedacht weniger Sorgenvoll drein zu schauen, wie zuvor.

[Bei Rúna & Kimya - redet mit Kimya]


- Tryss - 22.09.2013

Ein Engel und ein Teufel zerrten an meinen Ohren – jeder an einem und in unterschiedliche Richtungen. Sie gaben mir das Gefühl, dass mein Kopf gleich in zwei Teile zerbrechen würde, so schwer fiel mir die Entscheidung. Mein Herz und der Teufel waren vollkommen der Meinung von Deka und Skadi. Was sollte schon geschehen? Und war das nicht egal, wenn wir sie beobachten konnten, mit ihnen interagieren, kommunizieren und ihnen die vielen Fragen stellen, die uns auf dem Herzen lagen? Der Engel und mein Verstand mit all seinen Erinnerungen aber mahnten noch immer zur Vorsicht und ließen mich zögern. Auch Skadis aufmunternde Worte und Dekas aufmunternde Stupser konnten mich nicht so recht überzeugen. Ich wollte mir nicht schon wieder Ärger einhandeln.

Wenn es dir lieber ist, kannst du aber auch zurück laufen und die anderen holen.

Wie war das? Skadis sicher gut gemeinter Ratschlag ließ mich aufhorchen – empört aufhorchen und mit einem Ohrenschnippen in ihre Richtung war der Engel abgeschüttelt. Ich sollte den Laufburschen spielen, während die beiden hier ihren Spaß hatten? Das war ja wohl... wie demütigend! Nie im Traum würde ich daran denken jetzt hier wegzugehen!

„Damit ihr den ganzen Spaß alleine habt und euch womöglich noch in Schwierigkeiten bringt? Das könnte dir wohl so passen.“

brummte ich ihr hinterher und erhob mich. Die beiden Fähen waren mittlerweile schon auf die Lichtung getreten und verhielten sich ruhig. Die Kinder hatten uns mittlerweile bemerkt, aber viel mehr als fassungslos auf meine beiden Weggefährtinnen starren, konnten sie offenbar nicht. Nun denn. Ich schob die letzten Gedanken an die unvermeidliche tamias'sche Standpauke beiseite und drängelte mich zwischen den beiden aus den Büschen.

„Ich muss doch auf euch aufpassen. Nicht, dass die euch fressen. Oder erschrecken.“

erklärte ich den beiden Wölfinnen beiläufig und mit betont lässiger Wortwahl. Ich wollte ja nicht, dass sie auf die Idee kamen, ich würde noch immer an unserem Vorpreschen zweifeln. Deshalb wandte ich mich auf schnell den Menschenkindern zu. Sie waren so dünn, fiel mir auf und trotzdem größer als wir. Wie sie sich wohl auf den Beinen hielten? Das musste doch unbequem zu laufen sein, oder nicht? Ich legte den Kopf ein wenig schief und drehte aufmerksam die Ohren nach vorn. Es passierte immer noch nichts. Weder wir bewegten uns, noch sie bewegten sich. Meine Augen betrachteten die Menschen von oben bis unten, jedes Detail nahm ich in mein Gedächtnis auf und in meinem Kopf formierten sich erneut diverse Fragen, die ich ihnen gerne gestellt hätte. Doch ich schob sie zur Seite und wandte mich stattdessen an Skadi, ohne jedoch meine Haltung zu verändern.

„Und was machen wir nun?“

Wir wollten hier doch hoffentlich nicht stehen bis zum Sankt-Nimmerleinstag. Es ging nur vor oder zurück. Ich fürchtete fast die Antwort auf meine Frage schon zu kennen.

[Skadi, Dekaja | Bei den Menschenkindern am Lagerfeuer]