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Passus VI - Eine wundersame Begegnung - Druckversion

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- Chu - 25.07.2013

Zufrieden, dass Anyana mich so schnell verstanden hatte, wedelte ich mit der Rute. Ich platzte fast vor Stolz, als meine Zweibeiner-Freundin das Stöckchen aufhob und somit meine Idee guthieß. Der Einfall war allerdings auch genial gewesen, das konnte wohl niemand bestreiten. Und dann ging es plötzlich los, unser Abenteuer. Rasch hatte das Mädchen sich erhoben und entfernte sich nun vom Lagerfeuer. Zuerst langsam und vorsichtig, dann fing sie plötzlich zu laufen an. Sofort heftete ich mich an ihre Fersen. Wir mussten jetzt zusammenbleiben.

“Warte doch!“, rief ich empört.

Der Wald übte auf mich seit jeher eine ungemeine Anziehungskraft aus. Wenn man von draußen hineinschaute, dann sah es da drinnen so dunkel und mysteriös aus, als wären unter dem dichten Blätterdach unendlich viele Geheimnisse verborgen. Gleichzeitig war mir der Gedanke, ganz allein zwischen den alten Stämmen herumzuirren, allerdings auch ziemlich unheimlich. Daher war es gut, dass ich Anyana bei mir hatte, denn allein hätte ich bestimmt schon längst den Schwanz eingezogen. Nicht auszudenken, wenn wir einander nun aus den Augen verlieren würden.
Als wir uns dem Waldrand näherten, klopfte mir das Herz bis zum Hals. Was wir da machten fühlte sich falsch an, zugleich aber auch so richtig. Die vielen fremden und aufregenden Gerüche führten mich in Versuchung, doch zugleich fürchtete ich mich auch vor ihnen. Es war ziemlich seltsam und schwer zu beschreiben. Es war beinahe so, als riefe der Wald nach mir und wollte mich zu sich locken, nur um mich dann mit Haut und Haar zu verschlingen. Unsicher suchte mein Blick nach dem des Mädchens.

“Anyana?“, fiepte ich und zuckte dann prompt zusammen, als tiefer im Wald das Knacken von Ästen und aufgeregte Flügelschläge zu vernehmen waren.

Was war das? Ob sie das auch gehört hatte? Ängstlich spähte ich in die Finsternis vor uns und spürt, wie mein Atem sich allmählich beschleunigte. Chu hätte mich ausgelacht, aber ich war nun Fara und die war scheinbar ein echter Angsthase und machte sich fast ins Fell. Irgendetwas war dort, ich wusste es ganz genau.

“Ich glaube, das Abenteuer kommt direkt auf uns zu“, piepste ich ängstlich.

Oder das Monster. Hilfesuchend blickte ich zu dem Mädchen empor. Ob sie das auch spürte? Mittlerweile war es mehr als nur eine Ahnung, denn inzwischen konnte ich das Abenteuer auch riechen. Glaubte ich zumindest, denn noch war es schwach und eher ein Hauch als eine echte Witterung. Es roch ein bisschen so wie ich, aber wilder und gefährlicher. Geheimnisvoll und verlockend, aber auch fremd und furchteinflößend. Wir hatten hier nichts verloren. Oder doch?

[bei Anyana | Waldrand | in der Nähe von Avis & Tamias]


- Skadi - 26.07.2013

Mit schnellen Schritten hatte ich mich von unserem Rastplatz entfernt. Es dauerte eine kurze Weile bis ich die Schritte eines anderen Wolfes hinter mir hörte und kurz darauf hatte Tryss aufgeschlossen. Auch bis er seinen Fang öffnete um eine Frage zu stellen – wie sollte es auch anders sein – dauerte es dann nicht lange. Ein Moment in dem ich noch erleichterter war, dass Avis nicht dabei war. Mir war noch immer nicht nach Aufklärung und Frage-Antwort-Spielen. Doch Tryss stellte eine sehr berechtigte Frage. Kurz überlegte ich, ob der Plan wirklich so war, dass die Gruppen ganz getrennt von einander los ziehen sollten, doch dann schüttelte ich fast unmerklich den Kopf. Selbst wenn es so von Tamias geplant war, es wäre unsinnig gewesen.

“Wenn, dann habe ich es nicht so herausgehört. Es würde nur um so länger dauern und bald hat sich die Sonne den Weg zum Himmel erkämpft und es wird zu hell. Die Dunkelheit sollte uns noch eine Weile schützen.“

Erklärte ich dann meine Sicht der Dinge.
Das Tempo hatte ich beibehalten. Zügig, jedoch bedacht darauf das ich keine lauten Geräusche von mir gab. Schon bald kam der fremde Geruch in meine Nase. Es roch nach auf gewühlten Staub, eine abgewandelte Form von Mensch – nicht so kräftig wie die Lager die wir sonst besuchten. Der derbe Geruch der menschlichen Rüden fehlte. Auch Feuer konnte ich riechen. Wir kamen immer näher, also verlangsamte ich. Nun waren alle Gedanken die zuvor in mir herum tobten wie verpufft und ich konzentrierte mich auf das was vor mir lag. Meine Körperhaltung war automatisch zu einer angespannten und auflauerten Haltung übergegangen. Die Rute spitz nach hinten gestellt, die Ohren lauschend nach vorne gedreht. Doch dann – nicht sehr weit entfernt zur westlichen Seite – flog ein Vogelschwarm laut schimpfend empor. Sofort sah ich auf.

“Tamias.“

Hauchte ich leise in den Wald. Dort mussten sie sich aufhalten. Wurden sie entdeckt. Hat Avis sich falsch verhalten. Angespannt wartete ich auf eine Reaktion. Doch so sehr ich lauschte, ich konnte keine Warnung und auch keine Kampfgeräusche aufnehmen.
Ich musste schwer mit mir selbst kämpfen nicht dort hin zu laufen. Ungewissheit mochte ich nicht, Sorge um Tamias – und ja, ich muss zugeben, auch um Avis – breiteten sich in mir aus. Doch würde ich die Situation, wenn es eine gab, nur verschärfen, wenn ich dort hinlaufen würde. Tamias würde eine Warnung aussenden, wenn Gefahr drohte. Da war ich mir sicher. Ich musste es mir nur gedanklich immer wieder sagen, damit ich keine Gefahr hervor rufen würde indem ich dazu stoßen würde.

Mein Körper verfiel wieder in die Aufmerksame Haltung und richtete sich auf das Lager das nahe vor uns sein musste. Mit eleganten, schnellen Schritten lief ich über das Unterholz weiter durch den Wald, dem Geruch der Menschenwelpen und dem Feuer folgend. Dann sah ich die tanzenden Schatten der Bäume um uns herum. Nur das Feuer der Menschen ließ die Schatten der Bäume zu solchen Bewegungen verführen. Kurz verharrte ich in der Position und sah aufmerksam zu Tryss.

“Wir sind da. Mal schauen wie diese Welpen aussehen!“

Flüsterte ich leise zu Tryss und kauerte mich an den Boden. Langsam, so als wäre ich auf der Jagt, schlich ich näher an das Lager heran. Die letzten Baumreihen wurden so überwunden, doch blieb ich im Schutze der Gebüsche und schaute zu dem nun sichtbaren Menschenlager. Es war ein riesiges Lager mit Hütten aus Stoff. Nur weniger dieser Welpen waren außerhalb der kleinen Hütten. Die die außerhalb waren saßen an dem Feuer und starrten in den Wald. Sie starrten fast in unsere Richtung. Instinktiv schlich ich wieder einige Schritte rückwärts in den Wald hinein, dann beobachtete ich die Menschen genauer.
Sie sahen aus wie ausgewachsene. Sie waren nur kleiner. Was mir auch auffiel war, dass die männlichen Welpen noch kein Fell im Gesicht hatten. Vielleicht ein kleiner, nicht wärmeversprechender Flaum über den Lefzen. Die weiblichen waren nicht zu sehen. Schliefen sie alle? Versteckten sie sich? Gab es sie überhaupt? Oder konnte man die weiblichen von den männlichen nicht unterscheiden und sie saßen mit am Feuer.
Dann erinnerte ich mich an Tamias Worte. Keine Waffen, keine Gewalt. Wieder sah ich mich genauer um und ich konnte keine Waffen sehen. Die Welpen sahen sehr angespannt aus und mir war danach, als würde ich Angst riechen. Diese Mischung aus Flüssigkeit die aus den Menschen floss, wenn man sie überraschte. Sie hatten Tamias gesehen, vielleicht fürchteten sie sich vor uns mehr als wir vor ihnen. Aufgeregt – fast wie ein Welpe – sah ich nach diesen Überlegungen zu Tryss herüber.

“Riechst du das auch? Sie haben Angst! Ich glaube sie haben mehr Angst vor uns als wir vor Ihnen!“ verkündete ich leise.

Zu gerne würde ich es austesten.

“Vielleicht sollten wir uns zeigen? Nur am Waldrand stehen und uns zeigen. Ich sehe keine Waffen und schnell können diese kleinen Beinchen bestimmt nicht laufen!“

Wieder starrte ich in das Lager herein. Kaum eine Regung der Welpen war zu sehen. Sie sahen nur immer wieder die Waldlichtung ab. Als würden sie warten. Auf uns?

[Geht mit Tryss zum Lager | bleibt kurz stehen als sie die aufgeschreckten Vögel sieht | kommt beim Menschenlager an und beobachtet – überlegt sich zu zeigen, ‚bespricht‘ mit Tryss]



- Dekaja - 30.07.2013

Kaum wollte Tamias endgültig los, bemerkte ich, dass sich auch Alvarez zu uns gesellte, der die ganze Zeit eher still gewesen war. Kurzzeitig betrachtete ich ihn sorgenvoll, da ich noch immer seine Verletzung in Erinnerung hatte, die so schlimm gewesen war, dass es ihm womöglich auch das Leben hätte kosten können. Der Gedanke jagte mir einen Schauer über den Rücken. Aber mittlerweile schien es ihm ja wieder gut zu gehen. Allerdings sagte er dennoch nichts zu dem Thema und ich wusste jetzt nicht, ob er die Menschenkinder ebenfalls anschauen wollte. Oder doch lieber mit Rokuta, die auch nichts mehr bezüglich Mitkommen gesagt hatte, zurückblieb. Ich wusste ja, dass er gegenüber Menschen genauso misstrauisch war wie Tamias wenn nicht noch mehr, auch wenn ich das keineswegs nachvollziehen konnte. Wieso gaben sie ihnen nicht einmal eine Chance? Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn Alvarez sich einer der Gruppen anschließen würde, um sich doch ein eigenes Bild zu machen.

Unbesorgt schüttelte ich die Gedanken schließlich ab und wedelte euphorisch mit der Rute, als ich mich zu Tryss gesellte. Wir hatten in letzter Zeit irgendwie wenig miteinander zu tun gehabt und ich hatte vor, solange er noch nicht aufbrach, das zu ändern. Es tat gut, wenn man in Anbetracht zog, dass außer ihm nur irgendwelche Schnösel mit Stock im Hintern in der Gruppe waren, die allem und jedem mit Misstrauen begegneten. Natürlich hatten wir bereits hauptsächlich negative Erfahrungen mit den Zweibeinern gemacht, aber letztendlich waren sie auch Kinder. Wenn jeder Wolf so denken würde wie Alvarez und Rokuta, war es letztendlich auch kein Wunder, wenn die Menschen über uns so negativ dachten – oder nicht? Ich schüttelte den Gedanken ab und setzte mich fröhlich neben den Rüden, während ich mich darauf freute, endlich auch los zu dürfen und die Menschenkinder zu sehen. Wie sie wohl reagieren würden? Meine Rute wedelte unruhig, als Tryss laut dachte.

„Das habe ich mich auch gefragt, Tryss. Was mit ihren Menschenmamas wohl ist, aber vielleicht hat Tamias sie nur nicht gesehen, wer weiß? Aber ich glaube nicht, dass sie uns gegenüber genauso sind wie die erwachsenen Menschen. Sie haben doch gar keinen Grund, etwas Böses in uns zu sehen?“

Dann ging Skadi auch schon los und ich ließ kurz die Ohren hängen, denn damit würde auch Tryss wieder gehen und ich musste warten, bis meine Gruppe ihnen folgte.

„Ihr geht schon? Oh. Wie schade. Und ich muss hier die Zeit hier noch aussitzen. Wenn das mal keine Absicht von Tamias war, mich in die letzte Gruppe zu schieben!“,

jammerte ich los, etwas verärgert darüber, dass ich die letzten Minuten auch noch aussitzen musste. Zumal ich mit Alvarez, sollte er mit uns kommen, ohnehin kaum einen Blick auf die Menschenkinder werfen dürfte – so misstrauisch wie er gegenüber allem ist. Ich fand mich bereits mit meinem schrecklichen Schicksal ab, als sich Tryss‘ Miene kurzzeitig wieder aufzuhellen schien und er mir seine Idee zuflüsterte. Überrascht weiteten sich meine Augen und kurzzeitig wusste ich gar nicht, was ich sagen sollte. Aber dann war ich hin und weg. Es erwartete ja wohl ohnehin niemand, dass ich mich an den Plan hielt, oder? Ach was. Man r e c h n e t e doch sicher eh damit, dass die Dinge am Ende ganz anders liefen als besprochen. Also ja, warum nicht? Und was sollte schon passieren? Ob jetzt die zweite oder letzte Gruppe? Ich warf Rúna und Alvarez noch einmal einen misstrauischen Blick zu.
Der mürrische Rüde hatte sich zu Rúna gesellt, wenige Meter von mir entfernt und Rúna schien in Gedanken zu sein. Wenn ich es also geschickt anstellte, würden die beiden davon nichts mitbekommen. Ein Blick zu Tryss und Skadi offenbarte mir, dass ersterer sie bereits in ein Gespräch verwickelt hatte…von daher würde das sicher auch nicht auffallen, wenn ich der Gruppe hinterherschlich. Hm. Ja, die Idee könnte funktionieren.

Ich warf noch einen forschenden Blick auf die beiden verbliebenen und wartete auf einen Moment, in dem ich nicht beachtet wurde, dann schlich ich mich so unauffällig wie möglich vom Platz weg. Und Tryss und Skadi hinterher. Wenn sie mich erst am Lager der Kinder bemerkte, war das völlig ausreichend, denn dann könnte sie mich wohl kaum noch zurück schicken. Meine Ohren zuckten nervös und ich bemerkte, dass mein Wolfsherz vor Aufregung schneller schlug. Von dem Adrenalin, das bei dieser Aktion durch meine Adern schoss ganz zu schweigen. Das Gefühl war mehr als angenehm.

Irgendwann blieben die drei am Waldrand stehen. Ich stellte meine Lauscher auf und konnte hören, dass Skadi etwas über die Menschenkinder sagte. Und ich konnte sie riechen. Es juckte in meinen Pfoten, so dass ich gar nicht auf meine Füße achtete, die mich plötzlich nach vorne trugen, so dass ich auch einen Blick erhaschen konnte - fast selbstverständlich war ich ebenfalls herangeschlichen und warf einen Blick aufs Lager.

"Sind sie das? Die Menschenkinder? Wie jung sie noch aussehen! Sie wirken auch gar nicht aggressiv auf mich...eher angespannt?! Haben sie euch schon gesehen?"

[bei Tryss | sieht ihm kurz nach | schleicht Skadi und Tryss mit etwas Abstand dann hinterher]


- Alvarez - 30.07.2013

Obwohl ich kein Wort sprach, zog ich ab und an einen nachdenklichen Blick der Fähe neben mir auf mich. Zu erst reagierte ich nicht, sondern verfolgte die Bewegung die durch die Runde ging. Die Gruppen schienen klar verteilt und begaben sich auf den mir weniger sinnigen Weg zu den Menschenjungen. Erst dann widmete ich mich der Wölfin neben mir. Wie sie zu dem Unterfangen stand, mochte ich nicht einzuschätzen, vermutlich aufgeschlossener als ich selber. Ein Moment der Unachtsamkeit und Dekaja hatte sich davon gemacht. Ich bemerkte es erst, als die junge Fähe fort war und meine Miene verfinsterte sich.

„Diese Gemeinschaft ist zum scheitern verurteilt.“

Kam es mir schließlich düster über die Lefzen und die Worte die ich sprach meinte ich vollkommen ernst. Mir missfiel die Lage in der ich mich befand, so zusammen alle gehalten hatten um die kranken –einschließlich mir- zu retten. Der Auslöser dafür, dass ich es auch aussprach war der Abgang Dekajas.

„Jeder versucht seinen Dickschädel durchzusetzen. Hält sich nicht an das Abgesprochene. Eine Gemeinschaft ohne klare Führung wird sich früher oder später selbst vernichten. Und die jungen Wölfe…in einem Rudel hätten sich die Heranwachsenden nicht einem älteren Tier dermaßen widersetzt. Es gibt keine klaren Regeln, keine Struktur. Wie sollen die Welpen jemals ein solches Rudelverhalten lernen, wenn es in der wichtigsten Phase ihres Großwerdens überhaupt nicht existiert.“

Ich schüttelte meinen Kopf und sah schließlich zu Rúna. Ich wusste dass die meisten mich für einen Griesgram hielten und meine Vorsicht und das Misstrauen vollkommen überflüssig hielten. Aber im Leben machte man Erfahrungen die formten, die einem etwas lehrten. Und die erste Lehre war es immer schon gewesen, sich von den Menschen fern zu halten und nicht geradewegs auf sie zuzugehen. Egal ob Erwachsen oder Welpe. Langsam glitt mein Blick wieder in die Ferne, wurde glasiger, als ich in Erinnerung an damals schwelgte. Wie gut es mir damals ging. Wie viel mir manche bedeutet hatten, ohne dass es mir je bewusst gewesen war.

„Ich vermisse mein Rudel.“

Gestand ich der Heilerin mit echter Trauer in der Stimme. Warum ich gerade jetzt und ihr mein Herz ausschüttete war mir nicht klar, aber es tat gut endlich einmal jemanden zu sagen, was in mir vorging, auch wenn die Worte einen bitteren Beigeschmack hinterließen. Und zudem sah ich der Wahrheit ins Auge. Ich war ein Wolf der Struktur brauchte, der ein Rudel brauchte, so einzelgängerisch ich mich auch manchmal gab.

[Bei Rúna - enttäuscht und verbittert über Dekajas verschwinden – öffnet ich Rúna etwas gegenüber]


- Rúna - 31.07.2013

In meinen eigenen Gedanken versunken bemerkte auch ich das Fehlen der anderen Fähe nicht. Erst als mich die düstere Stimme an meiner Seite in die Wirklichkeit zurück rief und mein Blick über das kleine Lager wanderte, nur noch vier der ehemals fünf Zurückgeblieben entdeckend, ahnte ich wohin es die aufgeweckte Fähe gezogen hatte.

Den Unmut des Rüden konnte ich verstehen, wenngleich sich in mir selbst eher die Sorge denn andres rührte.

`Die Gemeinschaft ist zum Scheitern verurteilt...`

hallte es in meinem Kopf wieder und führ einen kurzen Moment wurde aus der Sorge beinahe so etwas wie Angst. Fünf waren losgezogen, wollten beobachten und erkunden was vor ihnen lag und Unbekanntes kennen lernen. In dieser Hinsicht waren auch erwachsene Wölfe neugierigen Welpen nicht unähnlich...

Ich verdrängte das aufkommende Gefühl, auch da Alvarez erneut zu sprechen begann. Ungewohnt viele Worte brachen aus dem stillen Wasser, das er sonst zu sein pflegte, hervor und erstaunt erkannte ich, dass er meinen eigenen Gedanken eine Stimme verlieh. Er hatte erfasst, was ich selbst nicht benennen konnte. Doch in mir gab es noch eine weitere Stimme, eine die ein andres Lied sang...

Und schließlich waren es wenige Worte die erneut fielen und dennoch waren es eben diese, welche mich am tiefsten berührten. Sie weckten eigenen Erinnerungen an längst vergangene Zeiten… an Feuer und Rauch und schreckliche Angst. Ich konnte das Zittern nicht verhindern, welches wie eine Welle über meine Flanken lief, aber es verschwand ebenso schnell wie ein frischer Morgenwind...

"Ein Rudel... mit jene die es führen und der einfachen Klarheit seiner Regeln... aber auch ohne diese wandert ihr gemeinsam. Ihr achtet auf euch und einander. Ein Wolf braucht andere Wölfe und selbst jene, die allein wandern verbringen ihre Zeit in der Nähe eines Rudels, treffen sie auf eines..."

versuchte ich der anderen Stimme in mir ebenfalls gerecht zu werden, denn auch wenn die Gemeinschaft keine Führung, keine Struktur besaß, so gab es dennoch ein gemeinsames Ziel und den Zusammenhalt.

"Ich weiß nicht wie lange du mit Tryss, Skadi und den anderen gewandert bist, aber willst du sie und die Jungen nicht beschützen?"

Ich sah den Rüden neben mir nicht an, richtete die Worte in die Leere der Richtung in welche die übrigen verschwunden waren.

"Ich war lange Zeit allein, folgte den Flüssen und dem Wind, wohin sie mich auch führten. Auch ich wuchs... viel zu früh... ohne Rudel auf, dennoch lernte ich, was es heißt in einem Rudel zu leben..."

Zwar hatte ich mein Versprechen gehalten und der Gemeinschaft meinen Namen genannt als es Alvarez wieder besser ging, doch viel hatte ich nie von mir erzählt und nie war ein Wort über meine Herkunft gefallen...

[Bei Alvarez | hört zu und versucht ihre eigenen Worte zu allem zu finden | reagiert auf die vertraulichen Worte und öffnet sich ebenfalls ein wenig]


- Tamias - 01.08.2013

Schnellen Schrittes war ich voran gegangen und Avis folgte. Sehr gut. Doch irgendetwas störte mich. Irgendetwas würde schief gehen da war ich mir sicher. Ich lief etwas langsamer damit "kleiner Wolf" - wie ich ihn so gern nannte- auch folgen konnte.
Ruhig verhalten und keinen Mucks von sich geben, das war doch eigentlich selbstverständlich. Wir näherten uns den Menschenwelpen als Avis auf einmal losplapperte. Automatisch zog ich die Lefzen hoch und leise grolle es aus meiner Kehle, ehe sich meine Miene wieder entspannte und ich stehen blieb. Vögel flogen auf. Kein gutes Zeichen. Ich riss den Kopf in die Luft und beobachtete, wohin die Gefiederten flogen. Skadis und Tryss´Geruch kam mir in die Nase. Sie waren in der Nähe. Wieso? Wieso hielten sie sich nicht an die Abmachung? Wieso warteten sie nicht wie besprochen bis wir wieder da waren? Energisch versuchte ich die Wut zu unterdrücken und mir die Nervosität nicht anmerken zu lassen. So entspannt und leise wie möglich sprach ich zu Avis.

"Genau. Welpen bleiben immer bei den Erwachsenen. Wieso diese Menschenwelpen es nicht tun, weiß ich nicht. Deswegen sind wir hier. Du musst leise sein Avis, so schwer es auch fällt. Wir kennen die Menschenwelpen nicht, wir wissen nicht wie sie drauf sind ob sie Angst haben und kämpfen wollen oder ob sie weglaufen oder was auch immer. Deswegen beobachten wir sie. Um mehr herauszufinden."

Das dazu. Ich atmete einmal tief durch.

"Weißt du wie gut Menschen hören, riechen und sehen?"

Fragte ich ruhig.

"Ich weiß es auch nicht. Deswegen müssen wir so leise wie möglich sein und so unsichtbar wie möglich, damit sie uns nicht bemerken. Egal was du sehen, hören oder riechen wirst Avis, bleib bei mir!"

.. wir dürfen uns keine Fehler erlauben...

Dann schwieg ich und konzentrierte mich auf meine Sinne.
Ein Wolf? Ein unbekannter? Ein Welpe? Noch einer? Wieso konnte mich meine Nase nicht einmal täuschen?
Sofort kamen mir die Erinnerungen hoch vom letzten mal im Dorf. Die Erinnerung an die Befreiung eines Wolfes und die damit verbundene Gefahr ließen mir einen Schauer über den Rücken laufen. Nicht schon wieder.
Selbst wenn dieser Wolf nicht in Gefahr wäre, würde einer hier den Wolf retten wollen. Das war so klar und wenn es dieses mal nicht Tryss wäre, wäre es einer der Welpen oder Dekaja.
Ich ging ein paar Schritte voran ins Gebüsch und duckte mich. Von hier aus konnte ich sie sehen.

"Komm leise Avis und leg dich hier hin, dann siehst du sie. Denk dran, kein Wort mehr."

flüsterte ich. Es musste Funkstille herrschen. Die Vögel hatten uns schon offensichtlich gemacht. Würde der Welpe das verstehen, konnte er uns verraten.

[Etwas aufgebracht und gestresst/ versucht für Avis ruhig zu bleiben]


- Tryss - 05.08.2013

Ich hatte Mühe mit Skadi mitzuhalten. Die alte Dame legte einen forschen Schritt an den Tag und ich konnte mich des Verdachts nicht erwehren, dass sie selbst neugierig auf die Menschenkinder war. Steckte in ihr vielleicht doch eine kleine aufgeregte Dekaja in diesem Augenblick? Nur eine klitzekleine? Es musste so sein, denn Skadi schien sogar meine Bedenken in Hinsicht auf Tamis Befehle in den Wind zu schlagen. Ich jubilierte innerlich, weil ich glaubte einen kleinen Funken Fragestimmung auch in der sonst so nüchternen Fähe entdeckt zu haben. Dabei war ich so unachtsam, dass ich fast über meine eigenen Pfoten stolperte und den Geruch der Menschen überhaupt nicht wahr nahm. Doch ich fing mich und als Skadi mich auf die auffliegenden Vögel hinwies, war meine Konzentration vollständig zurückgekehrt. Mit ihr kam die Neugier. Warum war der Vogelschwarm aufgeflogen? Was hatten Tamias und Avis womöglich entdeckt? Steckten sie in Schwierigkeiten? Oder hatten sie die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich gezogen, ohne wirklich entdeckt worden zu sein. Nur allzugerne wäre ich hinüber gehuscht und hätte mich zu ihnen gesellt, doch mir war klar, dass das bei niemandem außer mir Begeisterungsstürme hervorrufen würde. Also trabte ich folgsam hinter Skadi her, bis diese plötzlich anhielt. Wir waren da. Mein Atem ging nun nicht mehr nur durch den kurzen Marsch schneller. Die Neugier hatte mein Herz fest gepackt und zerrte daran wie an zähem Harz, das aus den Bäumen floss. Als Skadi sich auf den Boden kauerte und begann nach vorn zu robben, platzte ich beinahe vor Ungeduld. Wieso konnten wir denn nicht einfach zwei Schritte nach vorn machen und einfach nachsehen? Wieso musste sie so vorsichtig sein, wenn es nur kleine Menschen waren? Ich hätte gerne protestiert und wäre aus Trotz mit einem großen Satz aus dem Gebüsch gehüpft. Dann hätte dieses Versteckspiel ein Ende gehabt, aber bevor ich überhaupt näher darüber nachdenken konnte, schlich sich die Erinnerung an das Dorf in meine Gedanken. Ich verzog mürrisch das Gesicht und ließ mich dann widerwillig ebenfalls auf den Boden plumpsen. Es gefiel mir nicht, aber Vorsicht war besser als Nachsicht. Und ich war sicher, dass keine zweite Skadi hier irgendwo herumlungern würde, die uns retten konnte, wenn etwas schief ging.

Ich folgte Skadi, so leise wie ich konnte, und kam wenige Augenblicke später neben ihr zum Liegen. Ein wenig schräg hinter ihr versetzt, beobachtete ich, was sie beobachtete. Doch ich achtete nicht auf Waffen oder auf die Stoffhöhlen, die überall hinter dem Feuer zu sehen waren. Meine Augen waren nur auf die jungen Menschen gerichtet, die am Feuer waren. Es waren die ersten Menschen, die ich wirklich zu Gesicht bekam. Damals im Dorf, hatte ich nur die Hundemeute gesehen, und die Rufe der Zweibeiner gehört. Doch nun... Wie groß sie waren! Nun, es waren noch junge. Wie groß sie wohl erst werden würden, wenn sie ausgewachsen waren! Meine Mutter hatte mir oft erzählt, dass Menschen viel langsamer heranwuchsen als wir und dass sie lange Jahre brauchten, bis sie ihre richtige Größe erreicht hatten. Meine Augen weiteten sich, als ich mir vorstellte, wie groß diese Kinder werden würden, wenn sie erst richtig erwachsen waren. Kein Wunder, dass Rokuta und Tamias so unglaublich viel Angst vor ihnen hatten, bei der Größe! Trotzdem konnte ich nichts Bedrohliches an ihnen wahrnehmen. Eher im Gegenteil. Sie sahen so nackt aus, vor allem im Gesicht. Warum hatten sie kein Fell über der Nase und auf den Wangen? Und warum war ihr Fang so kurz? Und ihre Ohren, sie saßen so seltsam an der Seite ihres Kopfes. Ich blickte kurz zu Skadi, dann wieder zu den Menschen. Sie sahen so unglaublich anders aus! Kein Wunder, dass wir uns nicht verstanden, wenn wir schon so unterschiedlich aussahen. Was sie wohl mit diesem Zeug wollten, das sie am Körper trugen. War das ihr Fell? Konnte man das ausziehen? Ob es im Fellwechsel dann abfiel? Und im Winter wuchs eine neue Schicht unter der äußeren? Wo war eigentlich ihre Rute? Ich neigte den Kopf ein wenig nach rechts, um einen Blick hinter einen von ihnen zu werfen, aber ich konnte keine erkennen. Wie verständigten sie sich nur? Wie drückten sie ihre Stimmung aus, ihre Freude, ihre Erregung, ihre Angst? Ohne Rute? Ich war verwirrt, wohingegen es mich seltsamerweise kaum berührte, dass sie aufrecht gingen. Das hatte ich schon in den Erzählungen meiner Mutter gehört und überraschte mich nicht. Aber diese fehlende Rute... Ich schüttelte den Kopf. Seltsam.

Als Skadi mich ansprach, hörte ich sie erst nur von weit entfernt. Riechen? Was? Oh, ohhh! Ich erinnerte mich wieder, wo ich war und warum ich hier war. Der Anblick der Zweibeiner hatte mich vollkommen in den Bann gezogen. Mir war es eigentlich gar nicht recht, dass ich mich schon nach so kurzer Zeit wieder daraus lösen musste. Zumal all die ungeklärten Fragen noch in meinem Kopf herumspukten. Ich nahm mir vor, die anderen Wölfe später nach Antworten zu durchlöchern. Ich musste nur alle Fragen behalten. Und allein das erschien mir ziemlich kompliziert.

„Angst, ja. Die scheinen sie zu haben.“

stimmte ich Skadi zu, obwohl ich nicht wusste, was sie damit meinte, dass wir auch Angst haben sollten. Hieß das etwa, Skadi hatte Angst vor den Zweibeinern? Hieß das, dass auch Tami, Rokuta und Alvarez Angst vor ihnen hatten? Warum nur? Ich öffnete den Fang, um Skadi danach zu fragen, als sie einen vollkommen verrückten Vorschlag machte. Einen Vorschlag für eine Tryss-Deka-Aktion. Etwas für Neugierige. Für Jungspunde, die die Regeln kannten, aber gut ignorieren konnten. Aber doch nicht für eine Skadi! Ich sah sie mit einer Mischung aus Erstaunen und Entsetzen an.

„Bist du verrückt? Wenn Tamias das mitkriegt, sind wir Kleinholz. Du weißt doch, was damals im Dorf geschehen ist, oder nicht?“

Auch ich sah wieder zum Lager und auf einmal hatte ich das Gefühl weg zu müssen, damit Skadi nicht auf dumme Gedanken kam (und schon allein dieser Umstand, war bemerkenswert. Denn eigentlich war ich es doch, der die dummen Gedanken hortete). Ich wollte zurückschleichen, langsam setzte ich die Hinterläufe zurück, da stieß ich plötzlich auf etwas Pelziges. Nur mit Mühe konnte ich einen erschreckten Laut unterdrücken.

„Schleich dich doch nicht so an!“

, zischte ich ein wenig verärgert. Die kurze Panik hatte sich schnell verflüchtigt, als ich mit einem kurzem Blick nach hinten erkannte, dass es nur Deka war, die uns gefolgt war. Aber die Verärgerung verflog genau so schnell, wie der kurze Schreck und meine Miene hellte sich augenblicklich auf. Deka war hier! Und nun konnten wir diesen Moment teilen. Diesen Augenblick. Diesen Anblick, diesen unglaublich spannenden Anblick.

„Komm her, leg dich hin und sieh sie dir an. Sie sind so... anders als wir.“

Meine Augen leuchteten aufgeregt und glücklich, als ich Deka ansah. Das musste sie auch erblicken. Ich war mir sicher, dass ihr mindestens ebenso viele Fragen durch den Kopf schießen würden, wie mir. Dass Skadi womöglich nicht erfreut sein würde, die junge Fähe zu sehen, kam mir erst gar nicht in den Sinn.

[nahe der Feuerstelle | Skadi, Deka]


- Skadi - 08.08.2013

Ich beobachtete das Lager der Menschen ganz genau. Ihre Bewegungen, ihre Ausdrucksformen und ihr eigenartiges Fell. Doch ich wollte näher heran. Die Spannung und die Neugierde zerriss mich formlich. Sie hatten Angst, keine Waffen, zeigten sich so friedlich. Keine Wachhunde, keine Waffen, keine Gewalt. Doch Tryss Reaktion ließ irritierte mich zu tiefst. Er wollte nicht? Tryss wollte nicht seiner Neugierde nachgeben und mehr erfahren? Verächtlich und wütend schnaubte ich durch meine Nase als er erwähnte wie Tamias reagieren würde.

“Wir bringen niemanden in Gefahr! Sie können mit ihren Pfoten und Zähnen keinen Schaden anrichten und sie haben keine Waffen oder Tiere die für sie kämpfen. Was soll passieren? Da kann nichts passieren und Tamias kann das so blöd finden wie er möchte, es ist keine unüberlegte oder gefährliche Tat!“

Entgegnete ich ihm, währen dich ihn nur immer wieder kurz ansah – denn meine Augen konnte ich nicht von diesem neuen Bild der Menschen ändern.

“Denk doch mal nach, diese Menschen haben keine Waffen, sie sehen friedlich aus. Sie wollen nicht kämpfen. Vielleicht werden ihnen über uns Wölfe erzählt, dass wir gefährlich sind und getötet werden müssen – aber wenn wir uns jetzt zeigen und ihnen nichts tun, vielleicht wollen sie uns dann auch nichts tun! Vielleicht können diese Welpen dann in Frieden mit uns Wölfen leben. Vielleicht sind so im Norden auch die Menschen friedlich geworden. Und wenn sie uns doch angreifen sind wir schneller als sie, sie haben keine hörnerlosen Rehe auf denen sie sitzen um schnell zu sein!“

Nur im Augenwinkel bemerkte ich, wie der jüngere Wolf langsam nach hinten weg schlich. Doch als dieser dann zusammen zuckte erschrak ich so sehr, dass ich ebenfalls ein kleines Zucken durch meinen ganzen Körper erlebte. Ich sah zurück und sah Dekaja. Sie war gefolgt und stand nun direkt bei uns. Erst war ich erbost darüber, dass sie sich nicht an die Gruppenaufteilung hielt, doch diese Wut hielt nur für wenige Sekunden an. Ich habe mich genau so wenig daran gehalten, dass die Gruppen strikt getrennt voneinander los zogen. Zudem plante ich gerade mich den Menschen zu zeigen um heraus zu finden, wie diese reagieren. Tamias gesehen hatten sie eh schon, also würden wir uns nun nicht als erste zeigen und die Unruhe stiften. Das hatte Tamias getan!

“Um so besser wenn Dekaja auch noch da ist. Dann kann uns noch weniger passieren. Dekaja, komm. Sieh sie dir an. Rich in der Luft. Sie haben Angst. Sie fürchten sich. Ich will näher heran. Ich will sehen wie sie reagieren, wenn sie uns erblicken!“

Sagte ich dann erneut. Meine Stimme flüsternd zu halten während ich immer aufgeregter wurde fiel mir alles andere als leicht. Doch versuchte ich so leise wie es ging zu sprechen. Meine Bewegungen waren noch immer lautlos.

[Mit Tryss und dann Dekaja am Rand des Waldes vor dem Menschenlager | Will Tryss (dann auch Deka) überzeigen sich zu zeigen]


- Dekaja - 08.08.2013

Als ich voranschlich, sah ich zunächst nicht kommen, dass Tryss sich zurückschleichen wollte. Wie auch? Er war doch zu Beginn genauso wild gewesen wie ich selbst. Also lief ich direkt in ihn hinein und zuckte ebenfalls zusammen, als sich der Rüde erschreckte und mir etwas zu zischte. Meine Lauscher zuckten aufgeregt.

„Hab ich doch gar nicht! Zumindest nicht absichtlich! Außerdem habe ich mich doch bemerkbar gemacht! Wieso hast du das nicht gehört? Wirst du langsam alt?“,

plätscherte ich los. Ich war völlig perplex, dass man mich wirklich nicht bemerkt hatte. War ich im Herumschleichen etwa schon so geübt? Alvarez und Rúna hatten mich ja anscheinend auch nicht mitbekommen – besser war es. Wenn Tamias das erfahren würde, würde es Ärger geben. Aber der war grade nicht da – gut für mich. Meine Rute wedelte dennoch stürmisch als ich den Rüden sah und wie sich sein Gesicht, nachdem er sich von dem Schrecken erholt hatte, aufhellte. So konnten wir sie uns doch noch zusammen ansehen! Endlich! Es war eben doch so…selbst war die Fähe! Und ich freute mich riesig darüber, dass es geklappt hatte und wir beide zusammen einen Blick auf die Kinder werfen konnten. Und sie vielleicht sogar beschnuppern konnten. Ich strahlte den neugierigen Rüden an, dann krabbelte ich vor und sah mir die Menschenkinder voller Vorfreude an, während bereits tausende Fragen laut herausfluteten.

„Wieso haben sie so wenig Haare im Gesicht? Und sie haben gar keine Waffen und gefährlich sehen sie auch nicht aus. Ich weiß gar nicht, was Roku hat. Wieso gehen wir nicht näher ran? Nur ganz wenig, damit sie sehen können, dass wir da sind und ihnen nichts tun. Sie sind noch so klein. Aber ich sehe noch immer keine Eltern! Wo sie stecken mögen? Ob sie gerade Futter suchen? Aber das dauert ganz schön lange, wenn man bedenkt, wann Tamias sie zuerst beobachtet hat. Außerdem wusste ich gar nicht, dass Menscheneltern so viele Kinder haben. Oder es sind ganz schön viele. Seltsam aber, dass sie dann so offensichtlich hier lagern. Wäre es nicht sinnvoller, ihre Kinder zu verbergen? Oder sie sind wirklich allein. Dann ist es kein Wunder, dass sie Angst haben, oder?“,

sprudelte es aus mir heraus. Kurz danach registrierte ich, dass Skadi denselben Vorschlag ebenfalls gemacht hatte. Moment. Skadi? Die sonst so Vernünftige? Aber dann waren sich ja alle einig. Die perfekte Gruppenkonstellation! Nichts standen ihnen mehr im Wege! Mein Herz machte noch einmal einen Sprung. Mit den anderen beiden wäre so etwas wohl undenkbar gewesen. Meine Rute wedelte euphorisch hin und her, während meine Augen zu leuchten begannen.

„Wir gehen auf jeden Fall näher ran! Von hier aus können wir doch gar nicht wirklich beurteilen, wie sie drauf sind, finde ich. Also worauf warten wir? Wir können uns ja langsam herantasten, damit sie sehen, dass wir nicht gefährlich sind! Das ist doch völlig logisch! Also los, los, los!“

Ich bemerkte schon wieder, wie es mir in den Pfoten juckte, näher an das Lager heranzukommen. Natürlich war es nicht ganz ungefährlich, aber sie sahen wirklich nicht so aus, als würden sie uns im ersten Moment, in dem sie uns sehen, abstechen. Im Gegenteil. Ich stand wieder auf und hibbelte aufgeregt von einer Pfote auf die andere. Ich wollte noch abwarten, was Tryss sagte, aber selbstverständlich würde er genauso Feuer und Flamme sein wie ich. Daran bestand gar kein Zweifel!

[bei Tryss und Skadi/ steigt völlig euphorisch auf Skadis Idee ein]


- Die Kinder - 11.08.2013

Anyana war kein ängstliches Mädchen. Doch kaum waren sie aus dem Feuerschein des Lagers entschwunden, kam ihr der Wald größer, dunkler und viel bedrohlicher vor. Schon als kleines Mädchen war sie allein im Dunkeln durch Gassen gestreift, hatte Höhlen erkundet oder sich im Wald versteckt. Doch dieses Mal war etwas anders. Sie fühlte sich beobachtet und ein kalter Schauer fuhr ihr den Rücken hinab. Als die Vögel aufflogen, wandte sich Anyana erschrocken um. Sie suchte erst den Himmel ab, versuchte dann in den Schatten des Waldes zu erspähen, was die Tiere aufgeschreckt hatte. Das Mädchen kniff die Augen zusammen, doch sie sah nichts. Gerne wäre sie zurückgelaufen, doch das Abenteuer hatte bereits begonnen. Und sie wollte es nicht so schnell wieder beenden. Sie wollte mutig sein und etwas erleben, von dem sie erzählen konnte. Und immerhin hatte sie ja nichts gesehen, oder?
Als Fara aufgeregt fiepte und sich zu ihr umwandte, ballte das junge Mädchen die Fäuste und schritt auf die kleine Wölfin zu.

„Komm, das wäre doch gelacht. Dieses dumme Vogelvieh macht uns keine Angst. Lass uns weiter gehen!“

Sie bückte sich und gab der jungen Fähe einen aufmunternden Klaps mit der Hand, bevor sie voranschritt. Die ersten Schritte waren mutig und voller Entschlossenheit, doch der Anblick der dunklen Bäume ließ ihren Mut schnell wieder sinken. Hatte dieser da nicht eine grässliche Fratze? Und dort, im Dunkel, waren das leuchtende Augen? Es war Einbildung, doch Anyana konnte nicht ahnen, dass sie und Fara tatsächlich beobachtet wurden. Sie blieb stehen, sah sich wieder um, voller Angst und schalt sich dafür, dass sie vom sicheren Feuer weggelaufen waren. Als der Wind durch die Büsche fuhr und die Blätter raschelten, packte Anyana die kalte Furcht. Sie eilte zu Fara, nahm die kleine Wölfin auf ihre dünnen Arme und drückte sie fest an ihren kalten, leicht zitternden Körper. Sie spürte die Wärme der kleinen Wölfin und glaubte ihr Herz schlagen zu hören. Das gab ihr ein wenig Mut zurück.

„Wer ist da?“

fragte sie leise und versuchte in der Dunkelheit einen Schemen zu erkennen.