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Passus VI - Eine wundersame Begegnung - Druckversion

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- Chu - 21.05.2013

Mehrere Herzschläge lang genoss ich Anyanas Zuwendungen. Wolf und Mensch in zärtlicher Umarmung vereint – was für ein seltsames Bild wir wohl abgeben mussten! Für mich war das allerdings Alltag und daher hatte ich mir auch noch nie Gedanken darüber gemacht, ob es gut und richtig war. Es fühlte sich jedenfalls richtig an und das war alles was zählte. Dann löste sich das Mädchen wieder von mir und machte sich auf den Weg. Freudig sprang ich hinter ihr her, die kleine Rute wedelte dabei eifrig. Ein Spiel bahnte sich an! Mühelos holte ich sie ein und schnappte dabei spielerisch nach ihrem Umhang. Den Jungen, der uns entgegenkam, ignorierte ich dabei – er sah nicht so aus, als ob er mitspielen wollte und war daher für mich eher uninteressant. Leider sagte er allerdings etwas zu Anyana, die daraufhin prompt stehenblieb, um sich mit ihm zu unterhalten. Schade, sollte unsere kleine Verfolgungsjagd etwa schon wieder vorbei sein? Nicht wenn es nach mir ging. Ungestüm sprang ich um das Mädchen herum, entschlossen, das gerade erst begonnene Spiel nicht so schnell aufzugeben.
Erst ihr aufgeregter Tonfall ließ mich in meinem Treiben innehalten. Stutzig geworden hockte ich mich hin und beobachtete die beiden mit gespitzten Ohren. Natürlich verstand ich sie nicht, aber ein Wort oder vielmehr einen vertrauten Laut schnappte ich dennoch auf. Wölfin. Sie redeten über mich! Da, jetzt schaute er mich sogar direkt an, allerdings nicht gerade freundlich. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Worüber unterhielten die sich nur? Plötzlich interessierte mich der Inhalt dieses Gesprächs brennend, doch natürlich war es genau dann auch schon wieder vorbei. Ein wenig ratlos schaute ich dem unsympathischen Jungen hinterher, besann mich dann jedoch rasch eines Besseren und forschte in Anyanas Gesicht nach irgendwelchen Hinweisen. Sie wirkte schrecklich aufgeregt und sofort übertrug sich ihre Unruhe auch auf mich. Irgendetwas musste passiert sein! Oder würde es erst noch passieren? Ein Abenteuer! In der Eintönigkeit des Zeltlagers hatte ich mir solche Dinge oft ausgemalt, doch in meinen Träumen wusste ich immer genau, was geschehen würde und wie ich mich zu verhalten hatte. Dort war ich die Heldin und stets Herrin der Lage. Hier und jetzt fühlte ich mich dagegen eher klein und hilflos. Ich verstand ja nicht einmal, was hier überhaupt vorging oder warum mir das alles unheimlich war. Verunsichert drängte ich mich zwischen Anyanas Beine.

[bei Anyana | am Rand des Lagers]


- Avis - 22.05.2013

Noch bevor Tryss meine Frage hatte beantworten können, gesellte sich die fremde Wölfin zu uns. Zumindest war sie für mich eine Fremde, denn außer ihren Namen wusste ich nicht wirklich etwas über sie. Gut okay, irgendwie wusste sie ein paar ziemlich coole Dinge über Pflanzen, aber damit konnte ich nicht viel anfangen und ich würde es auf jeden Fall nie zugeben das diese „Gabe“ hilfreich war, zumindest für die verletzten Wölfe unserer Gruppe. Mein Blick glitt kurz über ihre Züge, sie schien ernst und wachsam, wahrscheinlich wie wir alle und kurz begegneten sich unsere Blicke. Erstaunlich, aber wahr setzte sie dann zu einer Antwort an, die mich doch überraschte. Sie hielt es für gut, dass auch wir Jungen uns ein Bild machen sollten. Damit war sie wohl die Erste hier im Moment, die von Kimya und mir überhaupt Notiz genommen hatte ohne das wir uns bemerkbar gemacht hätten. Für Jemanden den ich nicht kannte, kletterte sie in meiner Achtung gleich ein Stückchen höher, zumindest bis zu dem Moment als sie mich von Kimya trennen wollte. Meinen ersten Implus unterdrückend sofort aufzuspringen und sie anzuknurren, rutschte ich unruhig auf meinen Hinterläufen hin und her und schaute kurz zu meinem Bruder. Er war sehr ruhig. Noch vor ein paar Wochen hätte ich es genial gefunden ohne ihn etwas zu erleben, aber das war bevor Mama verschwunden war. Jetzt war er doch alles was ich von meiner Familie noch hatte. Noch bevor ich mir überlegen konnte wie ich losziehen und Kimya mitnehmen konnte, setzte Deka in die Diskussion ein. Ihr war offenbar mehr an der Zeit gelegen, warum sagte sie zwar, aber ich konnte und wollte grad nicht so wirklich einschätzen wie wichtig das sein würde. Mein Blick blieb ernst, aber als auch sie meinte, sie würde eine Trennung unterstützen musste ich innerlich schlucken.

Um mich machte ich mir keine wirklichen Sorgen, eher wollte ich meinen Bruder nicht allein ziehen lassen, aber konnte ich das überhaupt verhindern? Meine Ohren zuckten ungeduldig, als Tryss sich dann einbrachte. Offenbar hatte auch er erstmal überlegen müssen was er sagte. Sein Blick jedoch verlangte meine volle Aufmerksamkeit und daher verlor ich den Gedanken an Kimya für den Moment.
Was er erzählte klang einleuchtend und ich verstand es sogar.

„Es ist dann doch eigentlich so wie bei zwei Rudeln oder? Die können oder wollen sich ja auch nicht ein Revier und Nahrung teilen...“

Zumindest klang der Vergleich für mich am logischsten. Das schwächere Rudel suchte entweder ein anderes Revier und zog weiter, oder musste sterben, das stärkere Rudel breitete sich aus. Mama hatte mir schon ein bisschen etwas über Rudel erzählt, es klang immer ganz toll, besser als dieser Haufen hier. Ich wollte auch gern mal so ein echtes Rudel sehen, es war bestimmt toll in Einem zu leben. Als Tryss vom Norden erzählte, brachte mich das auf eine Idee...

„Gibt es dort im Norden richtige Wolfsrudel? Ich meine nicht so wie wir.....“

Ich hoffte er verstand was ich damit sagen wollte. Ich hatte keine Ahnung ob Tryss jemals in einem Rudel gelebt hatte, aber es war letztlich auch egal, denn viel zu schnell kehrten wir zum eigentlichen Problem zurück und ich traute meinen Ohren nicht. Hatte er mich grad wirklich gefragt mit wem ich gern gehen würde?? Mein Blick zog eine Runde über sämtliche Wölfe. Rokuta würde wahrscheinlich nicht gehen. Skadi und Tamias, hmmm die würden mich sicherlich am liebsten lieber hier lassen. Runa wusste ich nicht so wirklich einzuschätzen, aber sicherlich war sie eine Alternative. Mein Blick blieb an Kimya hängen.

„Ich glaube am liebsten mit Alvarez oder Dekaja...“

Meine Stimme war ernst aber leise, offen blieb Kimya, aber Tryss konnte es wahrscheinlich an meinem Blick eh erkennen...obwohl..

„..oder vielleicht mit dir..“

Ich konnte Tryss zwar nicht so gut leiden, aber immerhin war er nicht so voreingenommen wie die Anderen un d das konnte für mich von Nutzen sein.



[Kimya, Runa Tryss, redet grad mit Tryss]


- Tamias - 23.05.2013

Vorschläge kamen und ich verfolgte die Diskussion der Wölfe aufmerksam. Bei Tag bei Nacht, da kam mir Dekas Vorschlag bei Dämmerung gelegen. Rokutas Reaktion jedoch empfand ich als unglaublich mutig und aufrecht. Damit verdiente sie sich eine Portion Respekt meinerseits.
Sie jedoch vollständig zurück zu lassen war nicht meine Absicht. In kleinen Gruppen sollten wir gehen.

"Dämmerung ist gut. Ich werde wohl vorgehen. Tryss, Avis und Skadi könnten folgen, beobachten und zur Gruppe zurück kehren. Danach Kimya, Runa und Dekaja. So wäre einer immer bei den Menschen und ich könnte sofort bei Gefahr euch warnen. Ist nur ein Vorschlag. Wir sollten wenig Zeit verlieren."

Ein durchdachter Vorschlag meinerseits. Skadi und Kimya hatten sich vor einiger Zeit in den Köppen, daher würde ich sie gern bei Avis sehen. Tryss kann mit beiden Welpen recht gut und Kimya mag Runa sehr gern. Aber vielleicht hatten die anderen auch ganz andere Vorschläge.
Mit diesen Worten wandte ich mich von den anderen mit einem Ohr ab und ging einen Schritt auf Rokuta zu, senkte meinen Kopf zu ihr ans Ohr und sprach leise.

"Es ist nicht meine Absicht dich hier alleine zurück zu lassen, das kommt nicht in Frage. Hier zieht jeder mit, der kann und will. Wir sind hier für einander da, nicht jeder für sich. Wir werden schon einen Weg finden."

Danach erhob ich meinen Kopf wieder und setzte ein leichtes, sanftes Lächeln auf. So langsam beruhigte ich mich wieder und die Aufregung weichte der Entspannung. Wir waren alle aufgeregt, einer musste schließlich mit Ruhe anfangen.

[macht einen Vorschlag, geht zu Rokuta]


- Rokuta - 26.05.2013

Ich achtete kaum mehr auf den Fortgang der Diskussion, ging ich doch fest davon aus, ich würde nach meinem Ausbruch aus dem Rudel ausgestoßen oder zumindest hier zurückgelassen. Skadis Worte überraschten mich als Erstes, als sie meinte, eine Begegnung mit den Zweibeinern könnte mir helfen, meinen Zorn zu überwinden. Sie warf mir jedoch einen skeptischen Blick zu, den ich ebenso skeptisch erwiderte. Die verschiedenen Pläne wurden auf Vor- und Nachteile abgeklopft und es setzte sich schließlich die Meinung durch, sich den Menschen in Dreiergruppen zu nähern. Mit halbem Ohr lauschte ich auf Tryss' Worte, der den halbwüchsigen Welpen erklärte, wie es zu dem blutigen Konflikt zwischen Wölfen und Menschen gekommen war. Ich drehte den Kopf zu der kleinen Schar um Tryss und meine Ohren schnippten hin und her.

"Einen wichtigen Grund hast Du vergessen, Tryss. Sie töten uns, einfach weil sie es können. Ihre Zähne sind stumpf und die Krallen kaum der Rede wert. Doch sie haben Waffen, die viel gefährlicher sind als unsere Zähne und Krallen. Es ist ein unfairer Kampf und das weißt Du. Ihre Pfeile können uns durchbohren, ohne dass sie uns überhaupt berühren müssen. Und sie sind Herren über das Feuer."

Mein Blick wanderte von Tryss zu Avis, ehe ich fortfuhr:

"Ja, wir streiten um die gleiche Nahrung, aber das tun auch Wolfsrudel, deren Reviergrenzen sich berühren oder gar überschneiden. Trotzdem würde kein Wolfsrudel auf die Idee kommen, seine Konkurrenz vollständig zu vernichten. Sie sind böse, das ist die einzige Erklärung für so ein Verhalten. Sie sind nicht wie wir."

Ich hatte ruhig gesprochen und meinen brodelnden Zorn im Zaum gehalten. Dennoch hatte ich klare Worte gewählt, denn ich würde nicht meine Meinung ändern, nur weil dieses Rudel in spe sich als Menschenfreund entpuppte. Schließlich zog eine sich nähernde Silhouette meine Aufmerksamkeit auf sich und als ich den Kopf in die entsprechende Richtung wandte, erkannte ich Tamias, der nun direkt neben mir stand. Würde er nun verkünden, dass ich das Rudel verlassen müsse? Oder würde er mich gar für meine Worte bestrafen? Eine andere Erklärung für seine plötzliche Nähe konnte ich mir nicht vorstellen und so klappten meine Ohren unterwürfig nach hinten. Doch er roch nicht zornig, nicht mal aufgeregt und die Worte, die er mir leise ins Ohr flüsterte, ließen mich überrascht die Augen aufreißen. Keine Verbannung, keine Strafe; nein, er machte mir Mut und sagte, dass er mich nicht zurücklassen werde. Das war so unerwartet, dass mir für einen Moment die Gesichtszüge entglitten. Ich schluckte hart und meine Kehle fühlte sich plötzlich seltsam trocken an. Schließlich suchte ich den Blick des Rüden und nur ein einziges Wort verließ meinen Fang, brüchig und kaum zu hören:

"Danke."

[bei Tamias | Ist etwas geplättet ;)]


- Skadi - 26.05.2013

Nachdem viele Ideen und Anregungen gesammelt wurde, sprach Tamias – und ich musste zugeben dass es mich ein wenig störte dass er die Entscheidungen so an sich riss und bestimmte – ein letztes Machtwort. Doch das was er sprach, störte mich noch viel mehr als die Tatsache, dass er so anführend sprach. Unwillkürlich stellten sich meine Nackenhaare ein kleines bisschen auf. Ich spürte, wie sich meine Muskeln anspannten und ich Ober- und Unterliefer fest zusammen biss.
‘Tamias kann doch nicht alleine gehen. Er kann doch nicht allen Ernstes alleine gehen wollen! Das sind Menschen zu denen wir gehen – auch wenn es Menschenwelpen sind. Rokuta hat doch so recht, dass sie Mörder sind! Und in dieser Situation soll ich mit einem Welpen in der Gruppe sein?‘
Dachte ich verzweifelt und ein Winseln mit darauffolgenden Knurren entfuhr mir, angeregt durch die innere Unruhe die ich nicht nach außen hin fern halten konnte.

“Nein, Tamias, nicht alleine!“

Es war nur ein leises, hauchendes Bitten, dass mir aus meinem Fang entwich, ehe ich mich wieder fangen konnte. Dann wurde aus der Unruhe Wut. Dann kam mir die Idee. Oh ich fühlte mich wahrhaftig wie ein Welpe, der es geschafft hatte einen Schmetterling zu fangen, so erleichtert war ich, dass mir dieser Plan eingefallen war, der beide Probleme lösen konnte. Mein Blick wanderte zu Avis. Er sah gar nicht mehr aus wie ein Welpe. Wie schnell er doch gewachsen war. Und doch war er für mich noch immer zu jung, als dass ich mich in seiner Gegenwart entspannten konnte. Dennoch sprach ich ihn an. Ernst und auffordernd. Ich wusste, dass er ein mutiger, junger Wolf war. Er wollte jede Herausforderung annehmen.

“Avis! Du musst mit Tamias mit gehen. Du musst auf ihn aufpassen und wenn er in Gefahr ist, dann hol die anderen. Aber leise, du musst rennen, nicht rufen! Das kannst du doch sicher, oder? Das traust du dir doch zu!“

Dann sah ich zu Tamias rüber. Sicher würde ihm dies nicht gefallen. Schließlich hatte ich seinen Plan einfach über den Haufen geworfen. Er fühlte sich als Alpha. Zumindest in dieser Situation. Nachdem Kaya gegangen war, vom Alter und der Dauer des bei seins der Reise stand ihm dieser Posten sicherlich zu. Jedoch gefiel es mir nicht plötzlich einen ‚Alpha‘ vor mir zu haben. Vor dieser Gruppe war ich alleine und tat das, wonach mir war. Seit ich dieser Gruppe beigetreten war, gab es keinen Alpha und den Missmut Kayas bestimmender Art konnte ich gut steuern. Mir lag nicht viel an Kaya und noch weniger an seinen Gefühlen, die er mir gegenüber hegte. Doch wie sehr mir die Gefühle von Tamias bedeuteten, merkte ich als ich sah, wie nahe er bei Rokuta stand. Er hauchte ihr etwas in ihr Ohr, was ich mit meinem guten Gehör nicht ansatzweise hören konnte – und dann der überraschende Blick und dem Danke, mit dem sie reagierte.
Zwei Dinge geschahen gleichzeitig: Ich wurde wütend und ich hoffte, dass meine Planänderung ihn störte. Es verletzte mich und ich wollte ihn verletzten. Als ich merkte, dass ich meine Lefzen angezogen hatte, schleckte ich mir beschämt über die Lefzen.

‘Eifersucht? Ich bin eifersüchtig?‘

Dachte ich erschrocken. Ich hatte noch nie ein Grund eifersüchtig zu sein. Vermillion hatte – und ich konnte es damals nicht fassen, ich hatte es mir nicht ein Mal recht erlaubt davon zu träumen – mich ausgesucht. Er hatte mich vergöttert und nie einer anderen Fähe auch nur ansatzweise den Hof gemacht. Er und ich, etwas anderes gab es nicht. Ich wusste nicht, wie sich das anfühlte, eifersüchtig zu sein, und ich wusste nicht, dass das zu meinem Charakter gehörte. Mir war nicht ein Mal wirklich bewusst gewesen, wie sehr ich Tamias anscheinend mochte. Ich wusste, dass er mir unheimlich wichtig war, doch so? Ungläubig schüttelte ich den Kopf, dann wandte ich mich ab.

“Wir sollten los. Tryss, bist du bereit?“


[Gegällt Tamias Vorschlag nicht - macht einen neuen | entdeckt ihre Eifersucht und ist erschüttert darüber]


- Tryss - 01.06.2013

Alles lief gut mit meiner Erklärung. Avis hörte erstaunlich aufmerksam zu und schien sogar zu verstehen, was ich sagte. Bis Rokuta sich einmischte. Mein Kopf drehte sich, als sie uns ansprach und mit jedem ihrer Worte wurde mein Blick finsterer. Hatte diese Ziege denn gar kein Taktgefühl? Was wollte sie? Den jungen Avis gegen die Menschen aufhetzen, damit der ewig währende Streit niemals endete?

„Natürlich sind sie nicht wie wir.“,

fauchte ich sie unfreundlich an und kleine Falten, die sich wie feine Flüsse über meine Stirn zogen, zeigten, dass ich wenig erfreut über ihre Einmischung war.

„Sie sind wir Vögel oder Rehe eine komplett andere Art. Das ist auch der Grund, warum sie nicht wie andere Wolfsrudel Halt machen, bevor es zum Tod kommt. Wölfe gehören zu einer Gruppe. Man tötet nicht die, die sind wie man selbst. Menschen töten sich genauso wenig wie wir es tun.“

Dass das nicht ganz der Wahrheit entsprach – weder was die Menschen, noch was die Wölfe anging – konnte ich nicht wissen. Aber darum ging es nicht. Es ging darum Avis die Welt zu erklären und zwar so unvoreingenommen, wie es nur möglich war.

„Weißt du, Avis. Letztlich kann die gute Rokuta dir viel von den bösen Menschen und den guten Wölfen erzählen. Und ich dir auch. Aber am Ende musst du selbst entscheiden, wie du ihnen begegnest. Du wirst immer allein den Weg wählen müssen, den du gehst. Egal, was andere dir sagen.“

Rokuta hatte sich – war ja klar – wieder abgewandt, nachdem sie ihre kleine Hasspredigt losgeworden war. Und ich durfte zusehen, wie ich Avis wieder auf die richtige Bahn brachte. Da kam mir seine Antwort auf meine Frage mit wem er gehen wollte ganz recht - und Skadis Vorschlag auf Tamias Gruppeneinteilung gar nicht. Mir blieb kaum Zeit darüber erstaunt zu sein, dass Avis mit mir gehen wollte. Hätte mir jemand vor einigen Wochen gesagt, dass der junge Rüde einmal diesen Vorschlag machen würde, ich hätte ihn ausgelacht und für verrückt erklärt. Unser Start war immerhin kein guter gewesen und ich hatte mich nicht selten wahnsinnig hilflos in seiner Gegenwart gefühlt. Und nun? Sollte sich plötzlich alles verändert haben? Ich fühlte mich ein wenig geschmeichelt und wollte zu einer Antwort ansetzen, als Tamias das Wort erhob – und Skadi kurz darauf ihre Zweifel anmeldete. Sie wollte Avis mit Tamias mitschicken? Ich warf Skadi einen ungläubigen Blick zu, der schließlich zu Avis wanderte.

„Der beißt schon nicht. Nur Mut.“

ich zwang mit zu lächeln und gab dem jungen Rüden einen freundschaftlichen Stupser. Mir gefiel der Gedanke nicht, dass Avis mit dem Rüden gehen sollte. Andererseits gefiel mit der Gedanke noch weniger Tamias, der wie wir alle wussten kaum wirklich gut auf die Menschen zu sprechen war, allein zu den Kindern gehen zu lassen. Wenn Avis dabei war, würde er wohl kaum einen Alleingang planen. Ich gab es also einfach auf mich in die Gruppeneinteilung einzumischen und ermunterte Avis ein wenig, bevor Skadi sich zu mir gesellte, bereit aufzubrechen. Dass sie ein wenig angespannt war, merkte ich. Dass es mit Tamias und Rokuta zu tun hatte, entging mit allerdings völlig.

„Immer, immer. Was wird aus Alvarez?“

Den Rüden hatten wir völlig vergessen. Er lag ein wenig abseits und rührte sich nicht. Machte auch nicht den Anschein, als hätte er Lust mitzukommen. Also würde er wohl bei Roku und den anderen bleiben, bis wir zurück waren. Als ich den Blick schweifen ließ, blieben meine Augen kurz an Deka hängen. Ein bedauernder, entschuldigender Ausdruck trat in mein Gesicht. Jetzt würden wir doch nicht zusammen gehen. Ich hätte gerne wieder ein wenig Zeit mit ihr verbracht. Aber in Gegenwart von Menschen und Tamias' Wissen um die Vergangenheit, würde das wohl wenig Aussicht auf Erfolg haben. Ich nickte ihr also nur zu und lächelte ein wenig. Dann stand ich auf und trat zwei Schritte in die Richtung, die wir einschlagen wollten. Ich war zum Aufbruch bereit.

[Erst bei Avis, dann Skadi | nahe den anderen]


- Die Kinder - 02.06.2013

Fara schien ein wenig verängstigt zu sein. Als sie sich zwischen Anyanas Beine drängt, lachte das Mädchen leise auf. Ihr Fell war weich, aber es kitzelte an den Beinen, Durch die Löcher in Anyanas alten Hosen. Dann beugte sich das Mädchen herab, zog die Wölfin sanft hervor und ging dann vor ihr in die Knie.

„Hast du das gehört? Wölfe. Sie haben einen Wolf gesehen. So etwas wie dich. Vielleicht Verwandte von dir oder deine Mama. Wäre das nicht toll?“

Sie strahlte und umarmte Fara stürmisch. Dann sprang sie auf. Das mussten sie sich ansehen. Anyana lief los, warf noch einen kurzen Blick nach hinten, um zu sehen, ob ihre Wölfin ihr folgte und nahm dann die Posten der Wachen ins Visier. Zwar hatte der Junge von eben gesagt, sie sollten auf sich und vor allem auf Fara aufpassen, doch Anyana fand nicht, dass das ein Verbot war zu den anderen Jungen zu gehen, die die Nachtwache hatten. Vielleicht konnten sie ihr mehr über die Wölfe erzählen, die sie glaubten gesehen zu haben. Und so geriet sie wenigstens nicht in Versuchung die Neuigkeit im ganzen Lager herum zu erzählen. Denn das hatte der Junge ihr ganz definitiv verboten. Es dauerte nicht lange, bis sie die inneren Zelte hinter sich gelassen hatte und das Ende des Lagers in Sicht kam. Der Feuerschein, den sie vorhin schon gesehen hatte, kam näher, wurde größer und heller.

Drei weitere Jungen waren zur Wache eingeteilt. Normalerweise saßen sie faul herum, stocherten in der Glut herum, machten Späße oder dösten, obwohl ihnen das verboten war. Heute aber war es anders. Einer stand und blickte in die Nacht. Anyana konnte sein Gesicht nicht sehen, aber sie stellte sich vor, dass er grimmig und nachdenklich dreinschaute. Sie hatte ihre Schritte verlangsamt. Ihr Herz pochte schnell und kräftig. Sie war vom Laufen außer Atem, aber auch, weil sie unglaublich aufgeregt war. Wie Fara wohl reagieren würde, wenn sie die anderen Wölfe sah? Die anderen beiden Jungen saßen, kerzengerade auf halbdicken Baumstämmen, die um das Feuer im Viereck gelegt worden waren. Anyana schlich sich zum Feuer und setzte sich mit dem Rücken zu den Flammen auf einen von den Stämmen, neben einen der Jungen. Sie war fest entschlossen sich nicht wegschicken zu lassen und mit Fara zu warten, bis die Wölfe wiederkamen. Denn sie würden wiederkommen, das spürte sie. Ganz sicher.


- Chu - 14.06.2013

Unwillig schmiegte ich die Ohren an den Kopf, als Anyana mich wieder zwischen ihren Beinen hervorzog. Ich hatte diesen Platz eigentlich ganz gut gefunden und in Deckung bleiben wollen. Böse sein konnte ich ihr jedoch nicht, dafür war sie einfach viel zu liebenswert. Als sie mich stürmisch umarmen wollte, sprang auch ich auf, um ihr entgegenzukommen. Prompt prallte ich mit der Stirn gegen ihr Kinn – autsch. Das hielt mich allerdings nicht davon ab, ihr mit der Zunge einmal quer übers Gesicht zu fahren, ehe sie den Kopf wegziehen konnte.
Momentan schien sie so froh und ausgelassen, dass auch ich mich von ihr anstecken ließ. Was auch immer passieren würde, es war wohl doch nichts Schlimmes, sondern schön. Und bald würde es geschehen, dessen war ich mir sicher. Wäre sie sonst so aufgeregt und voller Vorfreude? Nein, sie wartete auf irgendetwas, auf das ich mir noch keinen Reim machen konnte. Wolf, Wölfin, Wölfe – diese Laute hatte ich zwar verstanden, aber der Zusammenhang war mir noch nicht so ganz klar. Nur, dass es um mich ging oder mich zumindest in irgendeiner Form betraf. Auf keinen Fall wollte ich mich nun zu weit von Anyana entfernen und so folgte ich ihr auf dem Fuße, als sie sich zum Rand des Lagers aufmachte.
Eigentlich mochte ich es hier draußen. Es war etwas stiller, man konnte in den Wald schnuppern und der Trubel, der mitten im Lager herrschte, ebbte etwas ab. Das einzige, das ich nicht besonders mochte, war das Feuer, aber daran hatte ich mich inzwischen längst gewöhnt. Meiner Meinung nach blendete es in den Augen, blies einem Rauch ins Gesicht und machte die Nase unbrauchbar. Die Zweibeiner schienen es aber sehr zu mögen und ich musste zugeben, dass es in kalten Nächten ganz angenehm war, sich in der Nähe der Flammen aufzuhalten. Als Anyana sich also auf einen der Baumstämme hockte, ließ auch ich mich zu ihren Füßen nieder. Dabei rutschte ich so nahe an sie heran, dass meine Flanke ihren Unterschenkel berührte. Solange ich sie an meiner Seite spüren konnte, fühlte ich mich trotz der wachsenden Anspannung recht sicher. Und dass irgendetwas im Busch war, daran hatte ich überhaupt keine Zweifel. Hätte Anyana es mir nicht so deutlich gezeigt, so hätte ich es spätestens an der Anspannung der anderen Jungen erkannt. Nur, dass sie sich nicht so darauf zu freuen schienen wie meine Begleiterin. Seltsam. Von meiner sicheren Position aus reckte ich den Hals und schnupperte in Richtung des Waldes. Dort sahen sie nämlich alle hin, also würde das Abenteuer wohl im Wald beginnen und von dort aus zu uns kommen. Besonders viel wittern konnte ich allerdings nicht, dafür war ich viel zu nah am Feuer, noch dazu vielleicht gegen den Wind. Vielleicht hatte so ein Abenteuer ja auch gar keinen Geruch? Fragend drehte ich den Kopf und blickte zu Anyana empor. Ich hatte so viele Fragen, die ich ihr gerne stellen würde, doch stattdessen konnte ich nur mit einem leisen Fiepen meine Verwirrung ausdrücken. Wie lange würden wir hier warten müssen?

[bei Anyana | am Rand des Lagers]


- Avis - 17.06.2013

Mein Blick lag weiterhin ernst auf Tryss, immerhin war er mir noch eine Antwort schuldig. Zumindest verlangte ich eine, immerhin hatte er ja mit mir gesprochen und ich war wirklich neugierig über diese ganze Thematik. Außerdem war da ja die Gruppenplanung, ich war echt gespannt was er dazu sagen würde, denn selbst ihm musste bisher aufgefallen sein das wir zwei nicht die dicksten Freunde waren, aber überhaupt was hieß dieses Wort schon. Freunde. Ich hatte Kimya, das war sicherlich was ähnliches, sonst wusste ich nicht so genau was Freunde eigentlich waren und wozu man sie als solche bezeichnete, aber danach zu fragen kam mir unreif vor, also hielt ich lieber den Fang und starrte auf Tryss. Bevor der jedoch irgendwas erwidern konnte mischte sich plötzlich Rokuta ein. Ich zuckte innerlich zusammen, auch wenn die Fähe ruhig gesprochen hatte, wenn man es denn so bezeichnen konnte. Ich war es nur nicht gewohnt, dass sie überhaupt mit mir sprach. Ihre Reaktion den menschen gegenüber konnte ich nicht verstehen, soviel Hass und wilden Zorn auf einen Haufen hatte ich nicht erlebt bisher, aber sie würde wahrscheinlich ihre Gründe haben. Ob man sie danach fragen konnte? Kurz war ich echt am überlegen, aber nein, jetzt war ein seeehr schlechter Zeitpunkt, lieber wann anders.

Noch bevor ich meine Gedanken weiterführen konnte, versuchte ich Rokutas Worte zu verstehen. Menschen waren anders als Wölfe und gefährlich, gut soviel war kloar, aber außer Wölfe untereinander waren ja alles irgendwie „anders“. Aber etwas verstand ich nicht, was bitte waren Waffen? Ich zuckte kurz mit den Ohren, doch bevor ich auf ihre Einmischung auch nur irgendwas erwidern konnte hatte sie sich plötzlich umgedreht und sich Tamias zugewandt. Der hatte kurz zuvor auch die Gruppenverteilung kund getan. Ich sollte mit Tryss und Skadi gehen. Mein Blick huschte hin und her, ich war nervöus und unaufmerksam, zu viel prasselte plötzlich auf mich ein. Ich sollte ohne Kimya gehen. Mitten in mein gedankliches Wirrwarr vernahm ich Tryss Stimme. Der sonst so freundliche Rüde klang plötzlich alles andere als freundlich, vermutlich wegen Rokuta, zumindest nahm ich dies an. Er bat mich, mir selbst einen Eindruck über die Menschen zu machen, ja klar, das hatte ich eh vor. Wer konnte sich schon auf die Meinung der Anderen verlassen, lieber selbst ein Bild machen. Ich nickte Tryss ernst zu, um zu verdeutlichen das ich es verstand, auch wenn ich sehr verwirrt über Rokutas Hass war. Diese Menschendinger machten mich immer neugieriger und die Sache mit dem Feuer auch.

Doch plötzlich hörte ich meinen Namen. Skadi sprach mich an. Mich? Was war denn mit der plötzlich los? Ich sollte mit Tamias gehen? Ganz allein? Auf ihn aufpassen? Wollte die mich veralbern? Ich öffnete meinen Fang um sie genau das zu fragen, doch bevor etwas raus kam musterte ich ihren ernsten Blick, warf auch einen auf Tryss und sah dann in Richtung Tamias. Na klar, einleuchtend. Ich war klein und schier unsichtbar. War ja klar das man mir eine sooo wichtige Aufgabe zu Teil werden ließ. Meine Augen blitzen auf und für einen kurzen Moment war kimya wie vergessen. Ja, ich war genau der richtige Wolf für diesen Job, aber etwas Furcht hatte ich schon vor Tamias. Mein Blick fiel auf Tryss, der hatte offenbar an meiner Mimik meine Zweifel erkannt. Ich blickte ihn ziemlich unfreundlich an, weilo er mich durchschaut hatte und weil er dachte ich wäre nicht mutig. Pah! Ich war viel mutiger als er, das würde ich ihm schon geweisen. Erhobenen Hauptes würdigte ich Tryss keines Blickes mehr, hob meine Rute und wackelte davon. Kurz vor Tamias, der jetzt bei Rokuta war blieb ich stehen, mein Blick voller Abenteuergier und Hoffnung, sehr erwartungsvoll.

[sauer auf Tryss, steht vor Tamias]


- Rúna - 25.06.2013

Meine Worte waren verklungen und wieder lauschte ich den vielen Stimmen die laut wurden und ebenso gehört werden wollten. Stumm folgte mein ruhiger Blick den verschiedenen Wölfen und ihrem Zusammenspiel. Nur allzu bewusst wurde mir in diesem Moment wie anders, wie seltsam die Gruppe einem erscheinen mochte und obwohl ich mich nicht des Gefühls erwehren konnte dass Tamias auf seine Weise die Rolle des endgültigen Endscheidens übernahm, so waren es doch keine klaren Befehle die er gab und die das Fehlen eines führenden Alphas doch noch stärker untermalten als ich es für möglich gehalten hätten. Was wohl in den Köpfen der andren darüber vorgehen mochte....

Nachdenklich legte ich mich nieder, die Ohren entspannten zuckten sie dennoch jeder Stimme zu die sich erneut zu Wort meldete. Auch die Augen des noch immer erhobenen Kopfes waren wachsam, schenkten der sich nähernden Rokuta einen Blick und auch dem Rüden bei den Welpen, als ich den seinen auf mir spürte. Ein leichtes, kurzes Wischen der Rute folgte, eine Zustimmung zu seinen Worten, die er für die Welpen so sorgsam gewählt hatte. Dass er ihnen beide Seiten zu zeigen versuchte und sie letzten Endes ihre eigenen Erfahrungen machen musste rechnete ich ihm durchaus an.

Schließlich erklang erneut die Stimme des Rüden und aufmerksam folgte ich seinem Vorschlag über die einzelnen Gruppen. Unweigerlich fragte ich mich ob er all die Eigenheiten der Wölfe dabei berücksichtigte und die Vor- und Nachteile der kleinen Zusammenstellungen bedacht hatte. Der ruhige Tryss der sicherlich ein gutes Auge auf Avis haben würde und auch Skadi, tapfer und flink, waren beides starke Wölfe, die sicherlich eine gute Begleitung für Avis bilden mochten. Kimya, ruhiger und folgsamer als sein Bruder, Dekaja, wohl ebenso neugierig wie auch ich selbst. Blieben Alvarez und Rokuta, ob beide wohl hier warten würden?

Eine völlig neue Gewichtung verliehen den eben noch geführten Überlegungen jedoch die Reaktionen die Tamias bei Rokuta und Skadi hervor rief. Ebenso erstaunten mich auch die Worte des Rüden neben mir. Tamias mit Avis? Und er stimmte der kleinen Gruppe zu? Ein unwilliges Schnauben entrang sich meinen Lefzen bei alle dem und schließlich legte ich meinen Fang auf die Vorderläufe.

Tamias würde demnach mit Avis gehen und so mit Rokuta, die sich ihm offensichtlich anschließen sollte, nicht allein sein. Ihm würden Tryss und Skadi folgen und wenn diese zurückkehrten Kimya, Dekaja und meine Wenigkeit. Die Situation war angespannt, in mehrerlei Hinsicht und die Gefahren die sie barg gefielen mir nicht unbedingt, doch irgendwann würde ein Sturm die bedrückende Schwüle mit Regen und Gewitter fort spülen… so, wie es immer war.


[beobachtet wieder |wartet auf ihrem Platz und hängt den eigenen Gedanken nach]