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Passus VI - Eine wundersame Begegnung - Druckversion

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- Tamias - 28.04.2013

Eine ernste Diskussion trat sich los und ich richtete meinen Kopf erneut auf und atmete dann einfach mal tief durch. Verwirrt von Skadis plötzlicher Wut. Hatte ich was falsches gesagt?
Rokuta verglich die Menschenwelpen mit Rehkitze gab dann aber schlussendlich nach. Skadi legte sich mit Rokuta an, weshalb sie vielleicht so wütend wurde? Dann machte sie einen Vorschlag, der mir gelegen kam. Endlich ging es voran. Dekaja schloss sich Skadi an und Tryss widmete sich den Welpen.
Mein Blick richtete sich auf Rokuta. Um diese Diskussion zu beenden sprach ich fest und diesmal ein wenig lauter mit ernster Stimme.

"So sei es dann! Hast du ein Problem damit, bleibst du hier! Du bist in dieser Gemeinschaft aufgenommen worden, also hältst du dich auch an die Regeln oder gehst!"

Ein ernster Blick. Doch waren die Worte nicht böse gemeint. Mein Nackenfell sträubte sich, doch nicht einmal ein Knurren verließ meine Kehle. Unter anderen Umständen wäre ich wohl auf ihrer Seite doch jetzt war es meine Aufgabe sie davon abzuhalten diese Menschen zu töten. Was wir sehen würden, würden wir dann sehen. Dämonen oder ähnliches hatte ich nicht gesehen. Es war ein Lager mit einer Gruppe kleiner Menschen. Sie rasteten friedlich. Würden sie auf uns Jagd machen, so gab es genug Platz zum fliehen. Doch musste ich mich arg irren, wenn sie wirklich aggressiv waren.
Dann wandte ich mich wieder an Skadi und Dekaja.

"Eine Entscheidung mit der JEDER zufrieden ist, werden wir nicht finden."

sprach ich dann ruhiger und blinzelte zu Rokuta.

"Doch hier wird kein Blut vergossen, wenn es nicht sein muss! Diese Menschen haben uns nichts getan und haben auch nichts womit sie uns ernsthaft schaden könnten. Also werden sie auch für nichts bluten, wofür vielleicht ihre Eltern verantwortlich sind!"

Sorge stand in meinem Gesicht geschrieben. Das würde ein reiner Nervenkitzel für mich werden. Den Menschenkindern durfte nichts passieren. Wir mussten so an ihnen vorbei kommen. Es gab keinen Grund sie anzugreifen. Würde Rokuta die Menschenwelpen töten wollen, würde ich dafür sorgen, dass sie hier blieb oder nicht wieder hierher zurück kam. Rokuta hatte eine andere Meinung, eine andere Einstellung zu Menschen. Ich konnte es nachvollziehen und verstehen. Sie musste sich einfach zusammen reißen.

"Einzeln sollten wir nicht gehen. In kleinen Gruppen, zu dritt vielleicht. Menschen riechen schlecht, sehen schlecht und hören schlecht. Mit dem umzingeln dachte ich an eine größere Distanz um im Fall eines Angriffes uns verteidigen zu können, uns schützen zu können. Wir können auch in kleinen Gruppen gehen. Wir sollten bei Tageslicht uns anpirschen. Bei Nacht sehen sie noch schlechter und bekommen eventuell Angst. Wir müssen einfach mehr herausfinden. Vorschläge? Ideen?"

Wir brauchten einen Plan. Ich hatte mich hier schon genug aus dem Fenster gelehnt. Endgültige Entscheidungen konnte ich nicht treffen, ich war kein Alpha. Es gab keinen Alpha, es gab nur ein uns. Also trafen WIR Entscheidungen für die Gemeinschaft. Meine Worte zu Rokuta war meine Entscheidung, die ich für mich getroffen hatte. Ich würde die Menschen verteidigen gegen jeden, der ihnen ohne Grund schaden wollte.

[angepannt / ernst]


- Tryss - 30.04.2013

Ich hatte die Anspielung in Tamias' Worten wohl vernommen. Nichts tun, was nicht besprochen wurde. Für die anderen war dies sicher nur eine beiläufige Warnung des Rüden, der sich gerade selbst zum Anführer der ganzen Aktion erkoren hatte. Aber ich wusste ganz genau, was die Worte meinten und für wen sie bestimmt waren. Auch Tamias hatte nicht vergessen, was im Dorf geschehen war. Und in mir machte sich das flaue Gefühl breit, dass er mich kaum aus den Augen lassen würde, egal was für einen Plan wir ausheckten. Immerhin schlug sich Tami nicht auf Rokutas Seite. In einer Gemeinschaft zu wandern deren Mitglieder einzig und allein darauf aus waren die Menschen zu töten, um ihren Frieden zu finden, wäre alles andere als das gewesen, was die Wölfin gewollt hätte.

„Nein, wir töten sie nicht. Rokuta mag die Menschen nicht, weil sie ihr Schlimmes angetan haben. Deshalb ist sie... wütend.“

antwortete ich so leise und tief zu dem jungen Rüden herabgebeugt, dass es die anderen, die ohnehin weiter am Diskutieren waren, nicht hören konnten. Kimya schien genauso besorgt zu sein wie die meisten der anderen. Blutvergießen.. nein, das war weder für den jungen Wolf noch für unsere Gemeinschaft etwas, das erstrebenswert war. Ich versuchte dem jungen Rüden ein wenig die Angst zu nehmen, indem ich lächelte. Doch mein Blick wurde schnell wieder ernst, als ich Kimya und seinen Bruder, der sich neben ihn gesetzt hatte, ansah und leise meinte:

„Rokuta hat recht, auch wir töten. Wir töten Rehe, Hasen, Mäuse und manchmal auch ganz junge Tiere dieser Arten. Aber wir tun das, wenn wir Hunger haben. Um zu überleben. Nicht, weil wir einmal von einem anderen Hirsch auf die Hörner genommen sind. Das ist wichtig, hört ihr? Ihr dürft niemals töten, wenn es keinen Grund gibt.“

Ich erinnerte mich an diese Worte sehr genau. Mein Vater hatte sie mir eingeschärft, als ich das Jagen erlernte. Töte nicht, wenn du es nicht musst. Wie hatte er gesagt? Jeder Tod, der nicht deiner Ernährung oder dem Schutz deiner Familie oder dir selbst dient, ist ein Mord. Und mit Mord wollte ich nichts zu tun haben.

„Wenn die anderen es erlauben, nehme ich euch gerne mit. Aber wir müssen abwarten, was sie entscheiden, denn wir sind ja...“

Ich brachte die Antwort an Avis nicht zu Ende, denn offenbar war eine Entscheidung gefallen. Jedenfalls hatte Tami wieder das Wort an sich gerissen. Ich richtete mich auf und lauschte, runzelte dann kurz die Stirn.

„Bei Tageslicht? Ich halte das für keine gute Idee. Dann haben wir keine Deckung, keine Schatten, die uns schützen und alle sind hellwach. Wenn sie uns sehen und erkennen, wie viele wir sind, bekommen sie es womöglich mit der Angst zu tun. Oder fühlen sich bedroht, wie Deka sagte. Noch ist es dunkel... lasst uns im Schutz der Nacht gehen. Wenn wir in kleinen Gruppen das Lager durchqueren, denken sie vielleicht wir sind wenige und bleiben ruhig.“

Ich sprach lauter, damit meine Worte auch bei den anderen, die ein paar Schritte entfernt waren, ankamen. Ich hatte mich eigentlich nicht mehr einmischen wollen. Doch die Aussicht tagsüber völlig ohne Schutz und Rückzugsmöglichkeit durch die Menschenschar zu marschieren, bereitete mir keine Freude. Nicht einmal, wenn wir sie dadurch genauer beobachten konnten.

[Avis und Kimya | die anderen ein paar Schritte entfernt]


- Rokuta - 01.05.2013

Ich verstand nicht, warum die anderen mich nicht verstanden. War es denn so weit hergeholt, dass wir diese Menschenwelpen töteten und fraßen? Wann hatten wir das letzte Mal Beute gemacht? Also, ich für meinen Teil hatte Hunger und keineswegs vor, die Menschenwelpen nur zu töten und dann liegen zu lassen. Nein, ich würde sie fressen. Doch die anderen hatten offensichtlich eine andere Meinung. Sie argumentierten damit, dass die Menschen Raubtiere wie wir wären und Raubtiere sich nicht gegenseitig töteten. Ich schnaubte nur verächtlich und schüttelte den Kopf. Diese Diskussion würde zu keinem sinnvollen Ergebnis führen. Tamias' Wortes schließlich ließen mich zusammenzucken, obwohl ich stets darauf bedacht war, stark und selbstsicher zu wirken. Ich solle mich an die Regeln halten oder gehen. Erneut hatte ich das Gefühl, hier spricht ein ungekrönter Alpha. Ich war mir durchaus im Klaren darüber, dass mein Temperament oft mit mir durchging und ich meinen Zorn nur selten im Griff hatte. Die Erkenntnis, dass ich beim Anblick der Menschen für nichts garantieren konnte, hatte sich bereits wie ein Eisklumpen in meinem Inneren manifestiert. Sah man mir diese Erkenntnis an? Sah der Rüde mir gegenüber sie mir an? Ich wusste es nicht. Ein wenig verunsichert wandte ich den Blick ab.

"Es stimmt.", flüsterte ich mit brüchiger Stimme. "Ich kann nicht garantieren, dass ich meinen Zorn im Zaum halten kann, wenn ich diesen kleinen Dämonen gegenüberstehe. Ich ersuche daher darum, den Kundschaftern fernbleiben zu dürfen und hier zu warten."

Man konnte mehr alles Mögliche nachsagen, aber unehrlich war ich nicht. Sie sollten wissen, woran sie mit mir waren. Mit dieser Offenbarung würden sie mich ganz sicher hier zurücklassen oder gar vollständig vom Rudel ausschließen. Ich musste wohl oder übel zugeben, dass ich wie immer die Konsequenzen meines Handelns nicht bedacht hatte, bevor ich zu sprechen begonnen hatte. Doch nun war es zu spät. Die Worte konnten nicht ungesagt gemacht werden; die Zeit ließ sich nicht zurückdrehen. Resignierend beschloss ich, mich aus der weiteren Diskussion herauszuhalten.

"Tamias hat Recht. Es wird kaum zu einer Entscheidung kommen, mit der alle zufrieden sind. Doch ihr könnt entscheiden, was immer ihr wollt. Ich werde mich der Entscheidung fügen."

Mit diesen Worten neigte ich den Kopf und trottete ein wenig zur Seite. Der Rüde, den ich für den würdigsten Alpha unter ihnen hielt, hatte mich im Auge. Das erkannte ich an dem ernsten, angespannten Blick, den er mir zuwarf. Ich überbrückte die kurze Distanz hin zu Tryss, der mit den beiden jungen Wölfen etwas abseits stand. Sah ich dort etwa Furcht oder Schrecken in den Augen der jungen Wölfe, ausgelöst durch meine Hasstirade von eben? So recht konnte ich es nicht erkennen. Doch ich schnappte noch die letzten beruhigenden Worte von Tryss auf und reimte mir zusammen, was sie bedeuten mochten. Ich nickte ihm zur Begrüßung zu und ließ mich irgendwo auf halbem Weg zwischen Tryss und dem Rest des Rudels auf die Hinterläufe sinken.

[Bei Tryss, Avis, Kimya | bittet darum, hier warten zu dürfen]


- Chu - 02.05.2013

Wer hätte das gedacht! Anyana hatte auf Anhieb verstanden, was ich von ihr wollte, und war meiner Aufforderung sogleich nachgekommen. Beeindruckt von ihren Fortschritten musterte ich ihr Gesicht, das im fahlen Mondlicht etwas blass wirkte. Sie wurde immer besser darin. Vielleicht lag es daran, dass ich mich geschickter auszudrücken wusste, aber in diesem Moment war ich davon überzeugt, dass es genau umgekehrt war. Die Zweibeiner verstanden mich, weil ich sie geduldig trainiert hatte und sie sich Mühe gaben. Manchmal erwartete ich allerdings zu viel von ihnen und vergaß, dass sie selbst noch Welpen waren. Auch wenn ich ihre Worte nicht deuten konnte, so war mir der leicht genervte Tonfall des Mädchens nicht entgangen.

“Ich wünschte, ich könnte dich verstehen“, seufzte ich leise.

Bestimmt hätte sie mir unheimlich viel zu sagen. Die Menschen plapperten unentwegt und die Geräusche und Töne, die sie machten, waren dabei erstaunlich differenziert. Natürlich konnte ich Emotionen wie Wut, Trauer, Angst oder Freude erkennen, aber ein richtiges Gespräch würde ich niemals mit Anyana führen können. Durch Mimik und Gestik klappte unser Zusammenleben trotzdem irgendwie und ich war nicht unglücklich bei ihnen, aber manchmal überkam mich einfach dieses Gefühl, dass etwas fehlte. So wie jetzt. Plötzlich hatte ich das starke Bedürfnis nach Körperkontakt.
Ich sprang an ihr hoch, meine Vorderpfoten gegen ihr Bein gestemmt, und fuhr mit meiner Zunge sanft über ihre Hand. Ich mochte Anyanas Hände. Ihre Haut schmeckte leicht salzig, aber irgendwie gut, und wenn sie mich berührte, dann fühlte es sich fast immer angenehm an. Mit glänzenden Augen blickte ich zu ihr empor und verharrte noch einen Moment in dieser Position, meine Schnauze in ihrer kleinen Hand, ehe ich mich wieder auf den Boden zurücksinken ließ. Leider waren meine Hinterbeine nicht stark genug, um lange in dieser Stellung verharren zu können. Jetzt würde sie mir entgegenkommen und sich niederknien müssen, wenn sie mich streicheln wollte.

[bei Anyana | Lagerplatz]


- Skadi - 02.05.2013

Es war ein hin und her. Jeder hatte etwas zu sagen – nur Runa hielt sich weiter abseits und hatte sich noch nicht zu Wort gemeldet. Tryss hatte sich mit den Welpen etwas abgeschottet und sie unterhielten sich leise. Sicherlich konnte ich sie hören, doch die Diskussion die sich in der anderen Gruppe aufbaute brauchte meine Konzentration. Die Meinungen gingen auseinander. Doch hatten sie alle eine bestimmte Richtung – abgesehen von der Rokutas.
Als sie jedoch von sich aus sagte zurück zu bleiben, war es für mich eine große Überraschung. Mit leicht schief gelegtem Kopf sah ich die Fähe an. Sie war sich ihrer Schwäche bewusst, dass sie sich den Menschen gegenüber im Falle nicht zurück halten könne. Sie beugte sich der Entscheidung, die die Gruppe getroffen hatte. Sollte sie nun alleine bleiben oder entschied sich auch noch ein anderer lieber im sicheren Abstand zu bleiben?

“Wir sollten so schnell es geht los ziehen. Im Schutz der Dunkelheit beobachten wir sie und wenn wir uns entscheiden uns zu zeigen, warten wir bis es heller wird. Sollte es den Schein bringen, dass diese Welpen wirklich friedlich uns gegenüber sind.“

Ich machte eine Pause und sah Rokuta wieder an.

“Vielleicht würde der Anblick – wenn es wirklich so kommen sollte – dir helfen deinen Zorn zu besänftigen.“

Es lag ein leichter Zweifel in meiner Stimme. Dieser Zweifel galt nicht Rokuta sondern den Worten selbst. Menschen die den Wölfen gegenüber keine Feindseeligen Absichten haben konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Doch meine Neugierde war geweckt. Neugierde und Hoffnung, dass es sie doch gab. Wenn es so war, gab es am Ende unserer Reise vielleicht wirklich einen friedlichen Ort.


- Avis - 07.05.2013

Ich hatte mich zu meinem Bruder gesetzt und doch ließ die Diskussion der Anderen immer wieder meinen Blick in deren Richtung zucken. Tryss hatte meinem Bruder grad noch etwas zugeflüstert, allerdings hatte ich nur einige Fetzen davon mitbekommen, aber offenbar ging es auch um die Menschenwelpen. Ich hatte Tryss eine ernste Frage gestellt und doch wurde meine Konzentration erneut von Rokuta abgelenkt, da diese keineswegs leise war. Mein Kopf zuckte weg vom Rüden in ihre Richtung. Sie klang wütend und zornig und war keinesfalls einverstanden zu Menschen am leben zu lassen. Ich stand zwar da ohne mich zu rühren, aber innerlich traf mich ihr Verhalten doch mit Unsicherheit. Was war da nur passiert, dass sie so reagierte wie ich es noch nie wirklich erlebt hatte. Aber egal wie neugierig ich auch war, ich würde sie bestimmt nicht fragen wenn sie mich dann so ansehen würde. Ich war doch froh etwas abseits zu sitzen, sodass Skadi den ganzen Zorn erntete. Aber die wusste sich natürlich zu wehren und ließ sogar ein knurren erklingen, meine Pfoten zuckten kurz als Tryss Stimme mich aus meiner Starre riss. Ich wäre fast zusammen gezuckt und vielleicht war ich das auch! Verdammt, ich musste mich zusammen reißen, niemand dürfte auch nur merken wie sonderbar die Situation für mich war und wie unsicher ich mich dadurch fühlte.

Tryss Stimme war leise, aber bei dem was er sagte sah ich meine eigene Meinung verstärkt. Offenbar hasste Rokuta die Menschen, egal wie groß sie waren und Tryss schien auch zu wissen warum. Ich hätte am liebsten meine Rute verwettet um mehr zu erfahren, aber dies schien ein schlechter Zeitpunkt, vielleicht später? Was er jedoch erzählte klang wichtig, so wichtig um es abzuspeichern und um wieder was zu lernen. Ja, wir dürften nur jagen um zu überleben. Da ergab sich mir aber eine andere Frage.

„Warum sagen die Anderen die Menschen töten uns ohne Grund? Warum hassen Die uns?“


Ich dachte kurz an Mama, verwarf und verdrängte den Gedanken jedoch schnell wieder. Nein. Mama ging es gut! Die hatte andere Gründe gehabt uns zu verlassen! Die würde sich niemals von einem Menschen töten lassen! Kurz war ein wilder Aufruhr in meinen Augen sichtbar, doch ich ließ mich schnell besänftigen, als Tryss meine Bitte die Menschen zu beobachten nicht gleich sofort ablehnte, auch wenn seine Worte mir nicht grad die Befriedigung brachten, die ich erhofft hatte. Aber immerhin besser als nichts. Mein Blick fiel auf Kimya, er war denkbar still geworden, offenbar nahm ihn die Situatuion genauso mit wie mich.
Doch bevor ich ihn noch länger betrachten konnte, sprach Tamias und erzählte seinen Plan, gefolgt von Tryss Einwänden. Ich mochte den Rüden war nicht annährend so gern wie Dekaja, die auch mitdiskutiert hatte, aber irgendwie klang das was er sagte ganz vernünftig, ich hielt es besser zu schweigen um den Gespräch der Erwachsenen besser folgen zu können.

[sitzt bei Tryss und Kimya, hört zu]


- Rúna - 07.05.2013

Aufmerksam folgte ich der lebhaften Diskussion, fühlte die angespannte Atmosphäre und lauschte den wilden Worten, welche zwischen den einzelnen Wölfen fielen. Und doch waren sie eine Gruppe, eine Gemeinschaft, ein einzelner großer Fluss zu welchem sich die verschiedenen Strömungen vereinten. Sie alle besaßen dasselbe Ziel und während der eine reißend über ein Hindernis hinweg rauschen wollte, wollte der andere sanft darunter hindurch fließen. So war es nun einmal, aber schlussendlich würde der Strom als Ganzes sein Ziel erreichen.

Während ich ihnen zuhörte und die einzelnen Worte auf mich wirken ließ, merkte ich wie sehr ich die einzelnen Wölfe bereits in mein Herz geschlossen hatte. Langsam kam ich näher, ließ meine Pfoten neben den Welpen und Tryss zur Ruhe kommen und setzte mich. Braune Augen glitten von einem zum anderen und schließlich hob ich mit ruhiger Stimme an,

“Ich möchte gehen… ich möchte sie sehen, die Kinder der Menschen. “

Von Dekaja glitt mein Blick auf die beiden Jungwölfe und weiter zu Tryss,

“Neugierde ist ein starker Trieb, aber keiner vermag zu sagen, wie sich die jungen Menschen verhalten werden. Ich stimme Skadi zu, wir sollten gehen, in kleinen Gruppen, sodass sich ein jeder sein eigenes Bild von dem machen kann… auch Avis und Kimya.“

Nun waren es Rokuta, Skadi selbst und schließlich Tamias auf den sich meine Augen richteten,

“Wenn wir in der Dunkelheit zu Dritt gehen, vermögen sie uns vielleicht nicht zu unterscheiden und halten uns für nicht mehr als diese drei, welche sie vielleicht bemerken, und haben weniger Angst oder Sorge. Avis und Kimya könnten getrennt mit zwei der Älteren gehen…“

… ungesagt beließ ich den offensichtlichen Grund für meinen letzten Vorschlag, ob des Stolzes der jungen Wölfe wegen oder aus andrem Grunde mochte man für sich entscheiden, aber vielleicht verstand Tamias was ich ihm auf diese Weise ebenso mitteilen wollte.

Abwartend saß ich bei Tryss, Avis und Kimya, harrte der endgültigen Entscheidung des Rudels, denn meine Worte waren gesagt.


[Bringt sich schließlich doch noch in die letzten Entscheidungen mit ein]


- Dekaja - 11.05.2013

Ich zuckte zusammen, als Tamias lauter wurde. Zwar sprach er zu Rokuta, trotz alledem hatte ich nicht damit gerechnet, dass diese Worte seinen Mund verließen. Aber ich nickte zustimmend und sah ihn dankbar an. Schließlich war ich froh, dass er so darüber dachte. Und ohnehin standen die Chancen damit ganz gut, dass ich meine Neugier befriedigen konnte. Menschenwelpen. Wie sie wohl so waren? Erneut durchzuckte dieser Gedanke meinen Verstand, dann sprach Tamias mich und Skadi an. Eine Entscheidung, mit der jeder zufrieden ist, würde es nicht geben? Ich sah das natürlich anders. Und ich verstand ohnehin nicht ganz, wieso man sie entweder mit der schieren Masse unseres Rudels verschrecken musste oder sie gleich angreifen sollte. Für alle anderen Ideen war ich ja offen. Aber der letzte Vorschlag des Rüden klang schon mehr nach etwas, womit ich mich anfreunden könnte. Ich sah ihn zustimmend an, aber wartete zunächst ab, was die anderen zu sagen hatten. Dass sich die Mehrheit für die Nacht aussprach, hätte ich im ersten Moment nicht erwartet. Ich konnte meine Zunge schließlich nicht mehr im Zaum halten und preschte vor:

„Gruppen zu dritt klingen gut. Aber ich weiß nicht so recht, ob es wirklich gut ist, bei Nacht zu gehen. Natürlich habt ihr Recht, was die Deckung anbelangt. Aber bei Nacht halte ich es für wahrscheinlicher, dass sie uns als Angreifer ansehen. Welcher Freund taucht auch bei Nacht auf? Ich würde jemanden auf jeden Fall anders einstufen, wenn er sich bei Tag zeigt. Vielleicht können wir ja auch einen Kompromiss eingehen und bei beginnender Dämmerung auftauchen? Oder verlieren wir da auch schon zu viel Deckung?“

Ich sah alle der Reihe nach interessiert und fragend an, dann hörte ich Skadis Vorschlag. In der Dunkelheit beobachten und dann warten bis es heller wird. Das klang ganz nach dem, was auch ich gedacht habe. Ein Kompromiss zwischen Tag und Nacht. Und so verloren wir auch nicht sonderlich viel Zeit bei der Durchquerung, zumindest nicht durch das Warten auf Tagesanbruch. Ich nickte zufrieden.

„In welchen Gruppen wollen wir dann gehen? Vielleicht sollten wir uns auch von der Größe her mischen. Zwei oder drei riesige Wölfe könnten vielleicht auch etwas einschüchternd wirken oder was meint ihr? Die Idee, Avis und Kimya könnten jeweils zusammen mit zwei Älteren gehen, würde ich unterstützen.“

[beteiligt sich an der Diskussion]


- Die Kinder - 13.05.2013

Anyana hatte erwartet, dass Fara sofort ihre kleinen Pfoten in Bewegung setzen und irgendwohin laufen würde. Zwischen den Zelten des Lagers hindurch wie durch ein Labyrinth um dann am Wald oder sonstwo zu landen. Aber Fara blieb einfach stehen, schaute zu ihr hoch. Also wagte das Mädchen selbst einen Blick auf die Umgebung und versuchte sich zu entscheiden, wohin sie gehen wollte. Nicht in Richtung der Schlucht, das war klar. Anyana mochte die Höhe nicht. Sie hatte Angst hineinzufallen und noch mehr Angst hatte sie, dass die kleine Wölfin leichtsinnig werden würde und sich dem Rand zu sehr nähern würde. Als die kleine Fähe an ihr hochsprang und ihre Hand leckte, wandte Anyana den Kopf wieder ihrer tierischen Freundin zu und lächelte glücklich. Sie war nicht oft glücklich in ihrem Leben gewesen. Das Leben war immer hart gewesen. Aber seit sie die Wölfin bei sich hatte, fühlte sie sich besser. Fröhlicher und leichter.

Als Fara ihre Pfoten wieder auf den Boden setzte, kniete Anyana sich tatsächlich nieder, streichelte über den Kopf der kleinen Wölfin und umarmte sie dann kurz und innig. Gerne hätte sie sie auf den Arm genommen. Doch Fara war schon um einiges größer geworden und Anyana zweifelte daran, dass sie sie noch hätte hochheben können. Auch hätte sie ihr gerne erzählt, wie sehr sie sie mochte, doch das Mädchen wusste, dass die Wölfin sie nicht verstehen würde. Also schwieg sie, ausnahmsweise, und stand wieder auf. Sie blickte sich noch einmal um und entschied sich dann in Richtung der Außenzelte zu gehen. Sie blickte zu Fara und lächelte.

„Komm, hier lang!“

Das Mädchen lief los, nahm den direkten Weg zwischen den Zelten hindurch. Was sie am Rand des Lagers wollte, wusste sie selbst nicht genau. Aber sie hatte das unbestimmte Gefühl, dass sie dorthin musste. Ob etwas geschehen war? Anyanas Herz fing schneller an zu schlagen, während sie lief. Sie blickte nach unten zu Fara und hoffte, dass die kleine Wölfin hinterherkam. Und bemerkte so gar nicht, dass ihr von vorn jemand entgegenkam. Im Dunkeln hatte sie ihn kaum gesehen, erst als er einige Meter von ihr entfernt war. Einer der Jungen, die als Wachen für die Nacht eingeteilt worden waren, kam ihr entgegen. Seine Miene erschien ihr ein wenig finster, doch das konnte auch an den Schatten der Nacht liegen. Am Ende des Zeltwaldes sah sie einen leichten Feuerschein. Dort sollte er eigentlich mit anderen Jungen Wache halten.

„Hast du Stephan gesehen?“

Das Mädchen war so erstaunt, dass er sie ansprach, dass sie zunächst nur stumm wie ein Fisch den Kopf schüttelte. Er runzelte die Stirn und war schon an ihr vorbei, da fand sie die Sprache wieder.

„Ich glaube er ist noch in seinem Zelt. Was ist denn passiert?“

Ihre Stimme verriet Neugier und Aufregung. Ob er ihr verraten würde, was geschehen war? Vielleicht erfuhr sie es gar vor Stephan! Er war der Anführer ihrer kleinen Gruppe, hatte alle Kinder hier in den Städten aufgegabelt und gemeinsam waren sie immer weiter südwärts gezogen.

„Hm... nun, du erfährst es sowieso. Und Angst vor denen scheinst du ja eh nicht zu haben.“

Der Blick des Jungen fiel auf Fara, die er kurz nachdenklich und nicht unbedingt freundlich musterte. Einige der älteren Kinder verhielten sich ihr gegenüber immer ein wenig komisch und zurückhaltend. Aber getan hatte ihr noch nie jemand etwas, was Anyana sehr froh machte.

„Wir glauben ein paar Wölfe gesehen zu haben. Wahrscheinlich haben sie Angst vor uns und kommen nicht wieder, aber... er sollte Bescheid wissen. Behalt es für dich und pass auf deine Wölfin auf.“

Dann hatte er auch schon kehrt gemacht und war im Labyrinth der Zelte verschwunden. Das Mädchen brauchte einen Moment, bis sie seine Antwort verarbeitet hatte. Dann drehte sie den Kopf ruckartig zu ihrer wölfischen Freundin und machte große Augen. Hatte Fara das auch gehört?


- Tryss - 16.05.2013

Es war ein wenig schwierig wirklich allen Meinungen zu folgen. Roku wollte angreifen – oder aber hier sitzen bleiben und abwarten, bis die Gruppen das Lager ausgekundschaftet hatten. Die einen wollten bei Tag gehen, die anderen bei Nacht und... ach, so viele Standpunkte und so viel Zeit, die verstrich. Ich wurde ungeduldig, begann mit dem Hinter auf dem Boden hin und her zu rutschen und immer öfter drehten sich meine Ohren. Es dauerte mir eindeutig zu lange. Warum legte nicht einfach jemand fest, was zu tun war und los ging es? Tamias hatte sich noch nicht zu den weiteren Vorschlägen der anderen geäußert, aber irgendwie war klar, dass er es war, der das letzte Wort haben würde – für mich zumindest. Runa hatte sich zu Avis, Kimya und mir gesellt. Ich konnte mir nicht helfen, sie strahlte eine gewisse Ruhe aus und das war in dieser Situation sehr angenehm. Zumal sie genau verstand, welchen Schutz die Dunkelheit bieten konnte. Sie machte gerade Vorschläge für die Gruppen, als Avis mich aus meiner Konzentration riss. Offenbar hatten die Antworten, die ich gerade gegeben hatte, noch mehr Stoff geliefert um neue Fragen zu stellen. Für einen kurzen Moment bekam ich einen Geschmack davon wie es war, wenn man mir gegenüber stand. Aber im Gegensatz zu den meisten Wölfen fand ich es nicht unangenehm, im Gegenteil. Ich fand es gut, dass der junge Wolf so viele Fragen stellte, so viel wissen wollte. Und doch lag einige Schwierigkeit darin, die richtigen Worte zu finden. Ich kannte nicht alle Menschen. Genau genommen hatte ich nur einige gesehen, und dann nur ganz kurz. Unterhalten hatte ich mich mit ihnen nie – sie würden uns eh nicht verstehen. Und trotzdem sammelte ich mir meine Antwort aus Erinnerungen zusammen, die ich behalten hatte. Mein Vater hatte von den Zweibeinern erzählt, davon, wie sie sich ausgebreitet hatten, wie sie die Wälder abgeholzt hatten um mehr Land zu gewinnen, auf dem sie leben konnten. Wie sie das Wild jagten – gar wie wir. Und wie meine Mutter mir sagte, dass das Wild den ersten Streit zwischen Wölfen und Menschen verursacht hatte.

„Das ist eine sehr komplizierte Geschichte, Avis. Du musst es von zwei Seiten sehen. Da sind die Menschen. Und von den Menschen gibt es sehr viele. Sie müssen sich ernähren, all ihre Kinder brauchen Nahrung, wie wir. Aber weil wir das gleiche Fressen – auch sie mögen Rehe und Kaninchen – gibt es Streit, denn auch wir brauchen das Futter.“

Ich machte eine kurze Pause, damit der junge Wolf alles in Ruhe in sich aufnehmen und überdenken konnte. In der Zwischenzeit überlegte ich, was die Wölfin gesagt hatte, als sie uns ihre Botschaft überbrachte. Hatte sie erwähnt, welche Art Wölfe im Norden lebte? Ob sie auch Wild aßen und ob es auch so viele waren?

„In anderen Gebieten haben die Zweibeiner zu viel Wild geschossen. Die Wölfe waren hungrig und suchten sich andere Beute. Und weil die Zweibeiner Tiere nahe ihren Höhlen halten, die angebunden und leicht zu erbeuten sind, haben die Wölfe diese gejagt. Das führte ebenso zum Streit und mit den Jahren haben wir vergessen, wie es war, als jeder noch sein eigenes Futter und sein eigenes Gebiet hatte.“

Wieder machte ich eine kurze Pause, doch diesmal wurde meine Miene ernst.

„Ich glaube nicht, dass die Menschen uns hassen. Aber es gibt sehr viele von ihnen und einige davon sind rücksichtslos. Sie töten aus verschiedenen Gründen. Für Ehre und Ansehen, auch weil sie Hunger haben, aber auch, weil sie uns vertreiben wollen, weil wir und sie um die Beute kämpfen. Das ist jedenfalls hier so.“

So hatte ich es von meinen Eltern gehört und von den anderen Wölfen des Rudels. Auch meine Familie war im Weg. Auch meine Familie lebte in einem Wald, den die Menschen sich nach und nach nahmen. Und dann wurden wir vertrieben. Ich zwang mich zu einem Lächeln, denn ich wollte in diesem Moment nicht an meine verschwundene Familie denken. Im Moment gab es größere Probleme und vor den beiden jungen Wölfen wollte ich mir keine Blöße geben.

„Aber weißt du, es gibt auch Menschen, die anders sind. Es gibt einen Ort auf dieser Welt, an dem die Zweibeiner und wir friedlich zusammenleben können. An dem wir miteinander leben können, ohne zu streiten oder die anderen bekämpfen zu müssen. Wo die Menschen uns als starken und wichtigen Teil der Natur verehren. Und zu diesem Ort wollen wir. Das ist der Grund, warum wir nach Norden ziehen. Und warum wir durch dieses Lager müssen.“

Ich nickte unterstreichend und warf Rúna einen Seitenblick zu. Hatte sie mitgehört? Hatte ich alles richtig erklärt? Ich schaute in Avis Gesicht und forschte in seinen Zügen, ob er verstanden hatte, was ich ihm gesagt hatte. Währenddessen ging es schon um die Verteilung der Gruppen. Ich wäre gerne mit Deka gegangen. Wir hatten in letzter Zeit wenig miteinander gesprochen und es kam mir vor, als müsste ich dieses Mal unbedingt bei ihr sein. Ich kannte sie, ich konnte sie einschätzen und ich konnte sie vor Dummheiten bewahren. Meine Erfahrungen im Dorf würden mich selbst zurückhalten. Aber die Entscheidung lag nicht bei mir.

„Mit wem möchtest du in eine Gruppe, Avis?“

fragte ich stattdessen lieber den jungen Wolf. Er hatte mehr Narren- und Wahlfreiheit als wir älteren. Und ich war sicher, dass seine Wünsche zumindest teilweise berücksichtigt würden.

[Bei Avis, Kimya und Rúna | nahe der anderen]