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Passus VI - Eine wundersame Begegnung - Druckversion

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- Kimya - 02.10.2014

Langsam beruhigte ich mich wieder ein bisschen. Meine Rute schwang zwar noch immer wie Wild durch die Luft, aber innerlich fing ich an meine Gedanken wieder zu ordnen. Ihren Namen würde ich nun definitiv nicht mehr vergessen, durch die kleine Peinlichkeit gerade war er wie eingebrannt.
Aufmerksam folgte ich nun dem was die anderen sagten und kombinierte alles. Im Grunde genommen sagten alle das gleiche und Chu vertrieb die Unsicherheit. Da eh keine andere Möglichkeit bestand blieb nichts anderes übrig als geradewegs in das Lager der Menschen zu ziehen. Laut Chu würden diese nichts tun, aber Skadi stellte genau die fragen die auch in meinem Kopf herum schwirrten. Nicht alle, aber sehr wohl eine beträchtliche Mengen und dann auch noch alle auf einmal. Wenn Chus Aussage zu glauben war, handelte es sich bei den komischen Geräuschen also um Freude, aber wie entstanden diese seltsamen klänge die doch irgendwo ein Muster zu haben schienen.
Mein Bruder schien durch Chus Worte genug Mut gefunden zu haben um voran zu gehen. Ich zögerte kurz, schaute einmal zu Chu und dann zu Skadi. Als müsste ich den Mut erst auffressen um ihn zu bekommen, öffnete ich einmal kurz das Maul, als wollte ich etwas sagen, dann aber schloss ich es wieder und folgte Avis. Eigentlich hatte ich etwas sagen wollen, aber für heute hatte ich schon genug in Gedanken verbracht und außerdem wollte ich mich auf keinen Fall nochmal vor Chu blamieren.
Ich schaute nach ein paar schritten noch einmal zurück zu Skadi und Tamias und wanderte mit meinem blick schließlich zu Chu.

Kommt ihr?

In gewisser Weise war es ja schon irgendwie dumm ins ungewisse zu laufen, aber was sollten wir anderes tun wenn wir den Rest der Truppe wiederfinden wollten, warum ging hier überhaupt alles so schief, dass wir überall verstreut waren?

[folgt Avis und fordert die anderen auf ebenfalls zu folgen]


- Chu - 03.10.2014

Skadi also. Auch sie begrüßte ich mit einem Rutenpendeln, auch wenn es bei ihr noch deutlich zaghafter ausfiel als bei den beiden Welpen. Bei erwachsenen Wölfen war ich vorerst noch eher vorsichtig. Nicht, dass sie mir unheimlich wären, aber naja … okay, vielleicht doch ein bisschen. Für meinen Geschmack waren sie einfach ziemlich groß und einschüchternd, zumindest solange ich sie noch nicht so gut kannte. Ihre Frage sorgte allerdings zwangsläufig dafür, dass ich auch Skadi gegenüber ein bisschen mehr auftaute. Konzentriert legte ich die Stirn in Falten.

„Also, ich glaube, es ist eine Art Spiel. Einer von ihnen pustet in einen Stock und dann hüpfen die Anderen wild umeinander herum und wirbeln durch die Gegend. Manche wippen auch nur ein bisschen und stampfen mit den Füßen, aber alle sehen so aus, als ob sie dabei Spaß hätten“, schloss ich meinen Bericht.

Zunächst hatte ich noch ein wenig stockend erzählt, gegen Ende wurde meine Schilderung allerdings immer lebhafter. Ja, ich kam mir regelrecht wie eine Expertin in Zweibeinerdingen vor und das war ein gänzlich ungewohntes Gefühl. Ich wusste etwas! Ich war wichtig! Wie merkwürdig diese Schilderung für Uneingeweihte klingen mochte, war mir dabei gar nicht bewusst.

„Na klar!“, wandte ich mich wedelnd an Avis, innerlich glühend vor Stolz. Ich war nützlich!


[bei Tamias, Skadi, Avis & Kimya]


- Skadi - 11.10.2014

Die jungen Welpen waren in ihrem Redefluss kaum zu Stoppen. Ein kleines Durcheinander entstand. Kimya war es dann, der sich zu Erst Richtung Menschenlager bewegte. Ich folgte ihm mit langsamen Schritten, behielt dabei jedoch mehr Chu in den Augen als den Weg. Während es ganz langsam voran ging, erklärte Chu was es mit den Geräuschen auf sich hatte. Ein Spiel also. Auf jeden Fall versprachen die Worte der jungen Fähe, dass keine – oder kaum – Gefahr drohte. Abschätzen die die Kinder auf ein kleines Rudel Wölfe reagieren würde konnte keiner. Die Aussichten auf eine gute Stimmungslage bei den zweibeinigen Geschöpfen war allerdings eine bessere Grundlage als aggressive oder schlechte Stimmung.

“Danke Chu. Kommst du an meine Seite und beantwortest mir noch ein paar Fragen?“

Ich sah sanft lächelnd zu ihr herunter, es war noch immer ein Blick nach hinten, da ich zu Kimya aufgeschlossen hatte und die anderen etwas versetzt hinter uns gingen. Doch konnte nun ich meinen Rede – besser gesagt meinen Fragefluss (Ich verhielt mich wie Tryss – was mir in diesem Moment nicht ansatzweise bewusst war) – nicht stoppen. Meine Rute pendelte sachte von einer zur anderen Seite. Meine Ohren drehten sich im Wechsel zu den Tönen aus dem Lager und der piepsigen Stimme von Chu.

“Was machen die Welpen hier? Wieso sind sie alleine ohne ihre Eltern? Warten sie auf irgendetwas? Wie bist du zu ihnen gekommen? Wie sind sie zu dir gewesen?“

Ich versuchte langsam zu sprechen und die kleine Wölfin nicht zu überrumpeln – so wie wir es von unseren Welpen verlangten. Doch musste ich die Antworten wissen. Ich wollte so gut vorbereitet wie es irgendwie ging zu den Menschenwelpen vordringen.

'Werden sie dich zwischen Kimya und Avis erkennen? Werden sie uns verjagen oder schlimmeres tun, wenn sie dich bei uns erkennen?'
Waren Fragen, die mir auf der Zunge lagen, die ich mir jedoch verkneifen konnte. Chu konnte nur wie wir Mutmaßen. Sie schien bei den Menschen glücklich gewesen zu sein und es schien ihr schwer zu fallen nun mit Artgenossen mit zu ziehen. Das gewohnte zu verlassen um Neues zu erleben. In diesem jungen Alter. Wenn sie sich selbst diese Fragen noch nicht gestellt hatte, dann wollte ich ihr diese in den Kopf setzen. Vielleicht erwartete sie auch einen kleinen Kampf um sie. Schließlich verließ sie eine Art Rudel – eine Familie für sie? - für uns. Wer erhoffte sich da nicht, dass das alte Rudel bettelte, kämpfte und hoffte, dass man blieb?
Ich konnte nur hoffen, dass dies nicht so kommen würde. Das die Menschen in dieser Sache mit uns eines Glaubens waren. Menschen gehörten zu Menschen und Wölfe gehörten zu Wölfen.
Doch konnte schon ich mit eigenen Augen sehen, wie Menschen ihre Vierbeiner behandelten. Es gab Hunde die angeleint und zahm um ihre Beine huschten und alles taten um zu gefallen. Es gab Beutetiere, die eingesperrt auf Rasenflächen hausten. Nichts durfte weglaufen. Nichts war frei.

“Haben sie dich eingesperrt oder angeleint Chu? Warst du gefangen bei ihnen?“

Brach es dann aus mir heraus. Wäre die Antwort ja, würde ich sofort Tryss und Dekaja warnen. Die Menschen hassten nichts mehr, als wenn wir ihre Schafe rissen. Wenn wir ihre eingesperrten Tiere übernahmen.


- Tryss - 15.10.2014

Spielleitung für Alvarez

Skeptisch, wenngleich stumm hatte Alvarez die Szene beobachtet. Der ganze Körper des Rüden war in Alarmbereitschaft gewesen, als die Heilerin sich auf den Menschen zubewegt hatte. Erst hatte er gedacht, sie wolle ihn nur von Nahem ansehen, testen, wie weit sie gehen könne. Doch als sie ihm mit der Zunge über das Gesicht fuhr, war ein Schauer durch seinen Körper gelaufen und fast hätte er doch noch getan, was er nicht hatte tun wollen: sich einmischen. Die Miene erstarrt blickte er nun auf Rúna, die näher kam und in seinem Kopf arbeitete es. Der Junge hatte noch keine Reaktion gezeigt, sich nicht bewegt und auch sonst nichts getan, was darauf schließen ließ, dass von ihm eine Reaktion ausging. Alvarez schnaubte innerlich. Irrte er sich? Ging von diesen Kindern keine Gefahr aus? Doch sie waren Menschen – man musste sich nur ansehen, was mit ihm passiert war, wenn man sich daran erinnern wollte wie grausam und zerstörerisch sie gegen die Natur sein konnten.

Als Rúna ihn berührte, schreckte er auf. Er suchte mit seinen Augen ihre und versuchte zu ergründen, woher ihre Neugierde auf die Menschen kam, warum sie nicht dagegen ankämpfen musste zu fliegen, wie es seine Instinkte ihm dauerhaft befahlen. Doch auch in Rúnas braunem Blick konnte er die Antwort darauf nicht finden. Als sie sich zum Gehen wandte, löste er sich aus seiner starren Haltung. Er warf dem Jungen einen misstrauischen Blick zu. Ihm war nicht wohl dabei einem Menschen den Rücken zu kehren, doch wenn er der Heilerin folgen wollte, musste es sein. Mit ein paar Schritten hatte er sie eingeholt und nun zum Glück die Zelthütten zwischen sich und dem Blick des Menschenkindes. Erst dann, als er sich nicht mehr direkt beobachtet fühlte, begann er zu sprechen.

„Ich werde nicht mit euch über diese Brücke gehen. Ich muss... einen eigenen Weg finden. Einiges über mich in Erfahrung bringen. Und vielleicht auch über sie.“

Er vollführte eine leichte, aber verständliche Kopfbewegung in Richtung des Menschenlagers. Seine Stimme war leise, aber gewohnt fest und die Art, wie er Rúna ansah, unterstrich die Ernsthaftigkeit seiner Worte – und dass er keine Proteste erdulden würde.

„Gib auf die anderen Acht, vor allem auf die Welpen. Es ist... wichtig, dass ihnen nichts passiert.“

Kurz schweiften seine Gedanken zu Arkanis und ein leichtes Bedauern machte sich in seinem Inneren breit. Oder waren es Schuldgefühle? Er schuldete Arkanis nichts, hatte sie doch ihre Welpen allein gelassen. Aber dennoch: Sie hatte ihn verstanden, und er hatte sich für die beiden verantwortlich gefühlt. Doch Avis und Kimya lebten in dieser Gruppe – und deren Weg war ein anderer als der, den er selbst gehen wollte. In diesem Moment jedenfalls.

„Leb' wohl.“

Für einen Moment zögerte er, als ob er ihr noch etwas sagen wollte. Etwas, das einem 'Es war schön dich kennengelernt zu haben' gleichkam. Alvarez aber war kein Wolf großer Worte. So beließ er es bei einem intensiven Blick, der versuchte tief in ihr Inneres einzudringen und alles beinhaltete, was es zu sagen und zu wissen gab. Dann gab der Rüde dem eigenen Instinkt nach und lief. Fort vom Menschenlager. Fort von der Gemeinschaft der Wölfe.



- Rúna - 17.10.2014

Als der Blick des Rüden den meinen suchte, spürte ich bereits eine leise Ahnung von dem, was unweigerlich folgen musste. Für mich kam es dennoch überraschend und … viel zu plötzlich. Einige ruhige Schritte gingen wir, bis seine Stimme wieder erklang und Wort um Wort offenbarte, was er beschlossen hatte. Gleichzeitig gab er dem nagenden Gefühl, welches sich bereits in mir ausbreitete, einen Namen. Immer langsamer wurde ich, bis wir beide nebeneinander standen und noch immer ließ ich ihn stumm sagen, was er zu sagen hatte. Schließlich wandte ich mich ihm zu, erwiderte den Blick den er mir zum Abschied schenkte und ließ den großen grauen Rüden ziehen.

Es dauerte einen Moment, einen Augenblick, ehe ich aus der Starre erwachte, in die ich verfallen war und abermals drangen die seltsamen Laute der Menschenkinder an meine Ohren. Zunächst zögernd dann immer schneller lief ich zwischen den Zelten hindurch genau auf diesen faszinierenden Klang zu. Wäre ich bei Sinnen gewesen, so hätte ich mich sicherlich vorsichtiger genähert, aber so wurden meine Schritte erst langsam, als ich die Kinder auf der Lichtung erblickte.

Pfote um Pfote setzte ich voreinander, gezogen von der Musik und tief versunken im rhythmischen Klang auf die Lichtung hinaus. Blind für meine Umgebung achtete ich weder auf die Kinder noch bemerkte ich Dekaja und Tryss. Als ich wohl etwa zwei Wolfslängen hinter mich gebracht hatte hob ich meinen Fang und warf einen letzten Blick in das endlose und immerwährende Blau des Himmels. Dann schloss ich sie, versank in dem Dunkeln und ließ meine eigene Stimme laut und voll ertönen.

Ich sang. Sang für Alvarez und auch für mich selbst. Ich erzählte von unserem ersten Aufeinander treffen, von dem Überwinden seiner Krankheit, von seiner Verbindung zu Kimya und Avis und auch zur Gemeinschaft selbst. Es waren keine Worte, es waren Erinnerungen und Gefühle, die schließlich zu den Wünschen wurden, welche ich ihm mit auf seinen Weg geben wollte und schließlich mit dem Ruf nach seiner Rückkehr endeten.

Es war ein ausdauerndes, langes Heulen und ich konnte nicht verhindern, dass ein Ton von Traurigkeit darin lag…

[Nimmt von Alvarez Abschied, verliert dabei und deswegen jedoch den Bezug zu ihrer Umgebung und der „restlichen“ Situation]


- Avis - 20.10.2014

Ich musste zum Glück nicht allzu lange warten, als sich Kimya anschloss und mir folgte, er hatte mit Chu zumindest nichts weiter besprochen, dazu war ja auch später noch Zeit. Die ganze Zeit über klangen die verschiedenen Geräusche wie ein immer wieder kehrender Rhythmus durch meine Ohren, ich konnte sie sogar unter meinen Pfoten fühlen. Es war komisch, fast wie der schlag meines Herzens, nur der war momentan definitiv schneller. Kimya war fast neben mir, als auch Chu, Skadi und Tamias folgten, doch etwas passte nicht so recht ins Bild. Meine Ohren zuckten und ich trottete neben Chu, denn die wurde von Skadi fast mit Fragen durchlöchert. Was sonst immer eher zu fast allen anderen Wölfen unserer Gruppemehr gepasst hätte übernahm jetzt ausgerechnet Skadi. Doch ihre Fragen waren genau richtig. Ja, auf die hätte ich auch gern eine Antwort. Also spitzte ich meine Ohren und hörte genau zu, was Chu darauf zu sagen hatte, von ihren Antworten hing wohl auch einiges ab..

Wir waren jetzt mitten im Gewimmel, die Anderen konnten nicht mehr weit sein, doch plötzlich, ganz nah unterbrach plötzlich ein Wolfsgeheul die Geräusche, hallte in meinen Ohren und ließ mich plötzlich ganz still, fast wie versteinert stehen. Ich schluckte und fuhr nervöus mit der Zunge über meine Nase.

„Das ist Runa….“

Mir waren die Worte automatisch rausgerutscht, ohne nachzudenken, zuerst dachte ich es wäre etwas schlimmes passiert, wollte schon kopflos los rennen, doch dann hörte ich genauer hin. Runa rief nicht um Hilfe. Nein. Sie sang. Sie sang eine Geschichte und was sie sang gefiel mir mit jedem Ton, der die nächtliche Dunkelheit durchschnitt weniger. Es klang schön, traurig, so laut in meinen Ohren. Ein Abschied. Mein Blick glitt hilflos zu Kimya. Was hatte das so plötzlich zu bedeuten? Aber fiel wichtiger war die Frage, warum heulte Runa ausgerechnet hier, in mitten der Menschen ? mein Blick glitt zu Skadi und den Anderen, auf deren Reaktion wartend.

[bei Skadi, Chu, Kimya und Tamias, hört Runas Gesang]


- Tryss - 08.11.2014

Spielleitung

Sie sangen, tanzten, spielten, lachten. Nicht nur ihr Anblick brachte Freude, sie waren die pure Freude, das pure Leben, die pure Leidenschaft und mit all ihrer Leidenschaft schafften sie es, die beiden jungen Wölfe am Rande der Lichtung zu verzaubern. Gebannt starrten Dekaja und Tryss auf das bunte Treiben, lauschten den betörenden Klängen und in ihren Augen begann das Feuer der musikalischen Leidenschaft zu lodern. Angezogen von den Flötentönen der Kinder wagte sich Deka als erste aus ihrem Versteck. Zaghaft, ja fast schüchtern stand die Wölfin dort. Sichtbar für alle und doch zunächst unbemerkt – selbst für Rúna. Erst als diese zu singen begann, blinzelte Deka überrascht. Sie blickte auf die Fähe, die ein wenig entfernt stand und ihre Stimme ertönen ließ. Dann huschte ein Lächeln über die Lefzen der jungen Fähe und sie stimmte in das Lied der Wölfin ein, auch wenn sie dessen Bedeutung noch nicht verstehen konnte. Nur einige Sekunden später stimmte eine dritte Stimme in das Duett ein. Tryss' Gesang war nicht so hell und klar wie der der beiden Fähen, sondern tiefer, rauher. Dennoch bildeten die drei Wölfe eine Harmonie, die der der Kinder wenige Minuten zuvor gleichkam.

Einen Moment lang erklangen die Instrumente der Kinder, das Lachen, das Tanzen der nackten Menschenfüße und das Wolfsheulen gemeinsam. Dann realisierten die jungen Zweibeiner, was dort auf ihrer Lichtung geschah. Die Musik stoppte, der Gesang der Kinder verstummte und ebenso ihr Lachen. Nur das Wolfsheulen war noch zu hören, bevor es vom verängstigten Schrei eines Kindes unterbrochen wurde.

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Tamias war es nur recht gewesen, dass sich der Rest der ohnehin schon kleinen Gemeinschaft in Bewegung setzte. Je früher sie Dekaja und Tryss einholen konnten und dieses Menschendorf hinter sich lassen konnten, umso besser. Da Skadi Chu befragte und Avis sich an Kimya hielt, blieb der Rüde zunächst allein und bildete die Nachhut. Doch auf einmal hörte er, was der junge Welpe vor ihm aufgeregt herausposaunte. Rúna heulte. Nein, nicht nur die Fähe. Auch Dekajas Stimme erklang. Und dann die von Tryss. Tamias fluchte, diese dummen Welpen! Er hatte gewusst, dass man sie besser nicht alleine hätte vorangehen lassen sollen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, als der Schrei erklang. Laut und deutlich hallte er in den Ohren aller anwesenden Wölfe wieder. „Kommt. Beeilt euch!“ rief er den anderen noch zu, ehe er die Pfoten in Bewegung setzte und in Richtung der Lichtung eilte.

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Als er seinen Namen hörte, schien der junge Mann aus seinem Tagtraum zu erwachen. War die Wölfin wirklich dagewesen? Hatte sie ihn wirklich berührt, hatte er ihre Zunge gespürt? Es blieb keine Zeit darüber nachzudenken, denn Anyana stürmte auf ihn zu. Er lächelte, ganz aufrichtig, denn er freute sich das Mädchen zu sehen. Er öffnete die Arme und einen Moment später hatte sie ihn umarmt, vergrub ihr Gesicht in seiner Schulter und wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Am Ende schluchzte sie ein wenig, als sie von ihm abließ.

„Fara ist fort. Gegangen, mit den anderen Wölfen.“ erklärte sie ihm kurz und wischte sich die Augen mit dem Rücken ihrer schmutzigen Hand trocken. Stephan strich ihr das lange Haar aus dem Gesicht hinter die Ohren. Er nickte und sein Lächeln war ein wenig sanfter, mitleidiger als zuvor. Dennoch blieb es auf seinen Lippen.

„Sie ist jetzt bei ihresgleichen, bei einer neuen Familie. Es wird ihr gut gehen.“ versicherte er dem Mädchen flüsternd und erhob sich dann. Er hatte Anyana gesucht, er hatte sie gefunden und nun war es Zeit zu den anderen zurückzukehren. Kaum hatte er die Hand ausgestreckt, um sie der Kleinen zum Ergreifen anzubieten, hörten auch die beiden jungen Menschen den Schrei vom Versammlungsplatz. Ein einziger Blick genügte beiden um zu wissen, dass der jeweils andere genau das Gleiche dachte. Sie zögerten nicht lange und begannen zu rennen.



- Chu - 10.11.2014

Auf Skadis Aufforderung hin nickte ich nur und tappte ein wenig zögerlich an ihre Seite. Lieber wäre ich in Avis‘ und Kimyas Mitte marschiert, aber angesichts der freundlichen Begrüßung konnte ich mich nun wirklich nicht beklagen. Zumindest bisher schienen sich meine Ängste nicht bestätigt zu haben – sie behandelten mich wie einen Wolf. Ein bisschen überfordert von all den Fragen, die nun auf mich einprasselten, spielte ich nervös mit den Ohren. Gleichzeitig war ich aber auch froh und erleichtert, dass sie sich für mich und meine Vergangenheit zu interessieren schienen und ich überhaupt etwas erzählen konnte.

„Ich weiß nicht“, gab ich zu. „Ich glaube, sie haben keine Eltern. Meistens waren wir unterwegs, die Zelte schlagen sie nur auf, wenn sie sich ausruhen müssen. Sie sind jedenfalls auch auf einer Reise. Vielleicht wollen sie in den Norden, so wie wir?“

Fragend legte ich den Kopf schief. Ich hatte keine Ahnung, wohin es die Zweibeiner zog, aber dass sie ein Ziel vor Augen hatten, war für mich immer klar gewesen. Vielleicht wollten sie ja auch in dieses ominöse Land, in dem Wölfe und Menschen friedlich zusammenleben konnten?

„Sie haben mich gefunden und mitgenommen, als ich allein auf meine Mama gewartet hab‘. Die meisten von ihnen sind nett, vor allem Anyana.“

Bei dem Gedanken an meine Freundin breitete sich ein wohlig warmes Gefühl in meiner Magengrube aus und meine Rute begann unwillkürlich sacht zu pendeln. Nein, im Grunde konnte ich mich nicht beklagen, bis auf die Tatsache eben, dass ich mich nicht wirklich mit ihnen verständigen konnte und meine Mama gerade am Anfang sehr vermisst hatte. Damals hatte ich mir oft ausgemalt, wie sie überall nach mir suchte und mich nicht finden konnte.
Die Eindringlichkeit ihrer nächsten Frage erschreckte mich dagegen. Heftig schüttelte ich den Kopf, wurde dann aber unsicher.

„Angelehnt?“, hakte ich ängstlich nach.

Ich war mir nicht einmal sicher, ob ich das Wort überhaupt richtig verstanden hatte. Ihre ernste Miene und die Tonlage machten mir Angst – war irgendetwas Schlimmes bei den Zweibeinern vor sich gegangen, ohne dass ich es wusste? Hatten sie mir unwissentlich Unrecht getan? Ich hatte mich jedenfalls nie wie eine Gefangene gefühlt.
Als plötzlich das Heulen ertönte, zuckte ich erschrocken zusammen und mein Blick fuhr ängstlich von Skadi zu Tamias. Avis war es jedoch, der zuerst antwortete. Runa. Ein Rudelmitglied? Als kurz darauf noch zwei weitere Stimmen in den traurigen Gesang einfielen, gefolgt von einem schrillen Schrei, der eindeutig aus der Kehle eines Zweibeiner-Welpen stammte, drohte mein Herz schier zu zerspringen.


[bei Tamias, Skadi, Avis & Kimya]


- Dekaja - 13.11.2014

Ich hatte noch nicht bemerkt, was hinter uns passiert war. Tamias, Chu und das alles. Hätte ich es gesehen, wäre ich vermutlich auch sofort umgekehrt. Aber viel zu fixiert war ich einen Moment auf die tanzenden Menschenwelpen, so dass ich fast den Drang verspürte mich auch irgendwie mitzubewegen. Was für schöne Stimmen sie hatten! Wie wir! Meine Ohren zuckten vergnügt. Dann schnappte ich spielerisch nach Tryss.

„Wen nennst du hier Reh? Ich erinnere mich, dass das Reh den kleinen Bären hierher schleifen musste!“,

stichelte ich belustigt. Als wir aber schließlich an der Grenze, fast in Sichtkontakt für die tanzenden Menschen waren, verstummte auch ich. Faszination und Verlangen stand in meinen Augen, während mein Herz schneller klopfte. Es war einfach wundervoll. Und ich wollte ein Teil davon sein. Aber jemand kam mir zuvor. Als Runa den Gesang anstimmte, blinzelte ich zunächst irritiert und konfus, weil ich die Fähe gar nicht gesehen hatte. Aber ich ließ mir das nicht zweimal sagen, als ich die Stimme hob. Anders als bei der Fähe lag kein Abschied in meinem Geheul (ich wunderte mich nur kurz über den traurigen Grundton – ich verstand es nicht, aber ich wollte ebenfalls einstimmen), sondern etwas freundliches, euphorisches fast, Neugier und die Sehnsucht, einfach gemeinsam ein Lied anzustimmen. Ein gemeinsames Lied mit den Menschen, so dass ich alle Vorsicht vergaß. Als auch Tryss einstimmte, fuhr ich fort, wurde gedankenloser in meinem Geheul und ließ mich vollkommen von meinen Gefühlen leiten, so dass ich zunächst gar nicht bemerkte, dass die Musik gestoppt hatte. Erst, als ein Schrei an mein Ohr drang, stoppte ich abrupt und zuckte zusammen. Fragend versuchte ich die Quelle des Schreis zu orten, während ich mich gleichzeitig auf den Boden legte, in einer defensiven Pose. Ich interpretierte es, dass man sie erkannt hatte und vielleicht Angst bekommen hatte, auch wenn ich gar nicht wusste, was passiert war. War es wirklich wegen ihres ungefragten Einstimmens?

„Wieso tanzen sie nicht weiter? Wieso hat es aufgehört..? Ich habe einen Schrei gehört…aber davor..lief doch alles perfekt…?“, fragte ich Tryss.

[bei Tryss und den Kindern | stimmt ins Geheul ein, hält beim Schrei aber inne]


- Skadi - 14.11.2014

Ich konzentrierte mich voll und ganz auf das kleine Geschöpf, das sich so eben unserer Gruppe angeschlossen hatte. Das nun gerade ich es war, die eine Flut an Fragen ausspuckte und Chu damit eventuell in die Enge trieb war mir in diesem Moment nicht bewusst. Auch das ich Fragen stellte, die noch völlig unangebracht waren. Ich konnte mich nicht in die Lage versetzen wie es war - und was es für Chu hieß - bei Menschen groß zu werden. Sie war ein Wolf wie wir und ich ging von vorne rein davon aus, dass Chu selbst wusste und immer gewusst hatte, dass sie bei den Menschen falsch gewesen war. Das sie darauf gewartet hatte endlich wieder mit Ihresgleichen zu reisen, ein richtiges Aufwachsen halt (Ja, in diesem Moment war es mir auch nicht so bewusst, dass unser 'Rudel' ebenfalls kein richtiges Rudel war und es kein 'richtiges' aufwachsen für all unsere Welpen gab).
Sie lebten also wie wir anders. Sie reisten. Also würde das für Chu schon mal kein Problem sein. Wobei ich glaubte, dass wir auf unseren vier Pfoten und ohne aufbaubare Höhlen schneller unterwegs waren. Ob Chu an ihre Grenzen gelangen würde, oder würde sie sich richtig austoben und endlich richtig leben? Wobei ich nicht wirklich einschätzen konnte wie ihr Leben bisher war - dennoch ertappte ich mich selbst dabei das ich davon ausging, dass sie erst jetzt richtig Leben anfangen würde und bei den Menschenwelpen nie richtig glücklich war.
Dann antwortete Chu auf meine letzten Fragen. Die Stimmung kippte und endlich bekam auch ich es mit. Ich hatte viel zu früh Fragen gestellt, die sie selbst nicht richtig beantworten konnte. Ich verspürte in ihrer Stimme und ihrem Blick Zuneigung zu den Menschen - vor allem zu dem einen (oder 'der'? Menschennamen klangen eigenartig).
Ich hielt kurz Inne. Auch mein Gang stockte. Ganz vorsichtig schob ich meine Nase zwischen die Ohren von Chu. Ehe ich ihren Duft tief einsog, hauchte ich ihr kurz in ihr Fell. Ich hatte keine Worte - was für mich sehr selten war - und ich hatte keine Ahnung wie ich mich richtig verhalten sollte. Ich versuchte ihr Trost zu spenden. Geborgenheit. Die 'Scheu' vor Welpen war wie verloren.
Endlich fielen mir die richtigen Worte ein, und ich sprach sie mit vollen Ernst.

"Es tut mir leid"

... dass ich so unangebrachte Fragen stelle. ... dass du sie zurück lassen musst. ... dass wir dich aus deinem zu Hause reißen. ... dass du bisher keine richtige Familie unter Deinesgleichen hattest.
Der Moment schien für mich ewig zu dauern, doch dann wurde er zerrissen durch Runas Ruf. Sofort streckte ich meinen Kopf in die Höhe, ich spitzte meine Ohren und ortete sie. Direkt aus dem Menschenlager. Ein Klageruf. Doch beklagte sie nur den Abschied und es klang nicht neben der Traurigkeit auch eine all umfassende Wärme. Sie sang eine Geschichte mit Wärme und Verbundenheit in den Höhen und einem Abschied als Tiefe. Wer war gegangen und wann? Dann stimmten Dekaja und kurz darauf Tryss mit ein, ganz in der Nähe von Runa, doch waren sie nicht beisammen. Sie sangen ein anderes Lied, doch sangen sie mit Runa. Gut, diese beiden jungen Wölfe waren noch bei uns. War es Rakuta? Oder hatte Alvarez sich zum Gehen entschieden. Oder war es ein Wolf der in Runas Leben war lange bevor sie zu uns kam? Ich versuchte zu sortieren, doch dann Schnitt ein lauter Menschenschrei die melancholische Stimmung in Zwei. Alles erstummte. Auch die Musik hatte geendet. Tamias rannte los.

"Chu? Bring uns bitte zu der Brücke, auf die andere Seite, auf den sichersten Weg. Avis, Kimya, bleibt bei mir!"

sagte ich mit lauter und ruhiger, doch bestimmender Stimme. Meine Pfoten zitterten vor Anspannung. Ich wollte in das Menschenlager, alle Wölfe umblicken und sie raus treiben. Doch hatte ich hier drei junge Geschöpfe um mich, die ich keineswegs wegen meinem 'ich will alles unter Kontrolle haben' - Ding in Gefahr bringen wollte.
Tamias war fast zwischen den Zelten verschwunden - gut dass er im Notfall einschreiten konnte. Er musste sie nun schnellst möglichst alle zusammen treiben. Ehe ich nochmals zu Chu sah, hob ich meine Nase in den Himmel. Ich sang nicht, doch ließ ich - kalt wie der Schrei des Kindes - meine Stimme laut erklingen.

"Wir treffen uns auf der anderen Seite, hinter der Brücke!"

war die Anweisung die ich gab, damit wir alle in die gleiche Richtung flüchteten wenn wir flüchteten. #Und sollten es nicht alle schaffen heute Abend über die Brücke zu gelangen, dann wussten wir durch Chu, dass die Kinder irgendwann weiter reisen würden.

"Bitte auf direkten Weg Chu, wir dürfen uns nicht verlieren"

[Lässt Tamias laufen | Bittet Chu sie, Kimya und Avis zur Brücke zu führen]