Obscuri
Passus VI - Eine wundersame Begegnung - Druckversion

+- Obscuri (https://obscuri.schattenwanderer.net)
+-- Forum: Rollenspiel (https://obscuri.schattenwanderer.net/forumdisplay.php?fid=3)
+--- Forum: Der Weg in den Norden (https://obscuri.schattenwanderer.net/forumdisplay.php?fid=9)
+--- Thema: Passus VI - Eine wundersame Begegnung (/showthread.php?tid=227)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25


- Chu - 08.01.2014

Anyana fiel zum Glück nicht hin, vielleicht weil ich ihr schon so oft zwischen die Beine gelaufen war, dass sie Übung hatte. Sobald wir gemeinsam aus dem Zelt gehuscht waren, sog ich gierig die frische Luft ein und hielt dann gespannt den Atem an – nein, nichts. Zwar stiegen mir alle möglichen Gerüche in die Nase, vor allem die der verschiedenen Zweibeiner, aber keine Spur von Wolf. Enttäuscht ließ ich meine Rute sinken. Wahrscheinlich würden sie auch heute nicht kommen. Sicher hatten sie es sich anders überlegt und machten nun doch einen Umweg, jetzt, wo sie gesehen hatten, dass das Lager nur so vor Menschen wimmelte. Zeitweise war es wie in einem Bienenstock zugegangen, so aufgeregt waren die Kinder angesichts der unerwarteten Besucher. Und wenn sie jetzt Angst hatten und nicht mehr zurückkehrten?
Erst Anyanas Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Etwas zögerlich begann meine Rute wieder zu wedeln, wie so oft, wenn sie mich ansprach. Gleichzeitig guckte ich aber auch etwas bedröppelt aus der Wäsche, weil ich natürlich nicht aufgepasst hatte und mir nun nicht mal anhand ihrer Gestik zusammenreimen konnte, worum es ging. Doch da lief das Mädchen schon los und ich hüpfte eilig hinter ihr her. Sobald ich allerdings erkannte, in welche Richtung es ging, wurde ich immer langsamer. Irgendwie wollten mich mein Pfoten heute nicht so recht zum Lagerfeuer tragen, wo der Rauch mir in der Nase biss und nicht selten auch noch meine Augen zu tränen anfingen, wenn der Wind gerade aus einer ungünstigen Richtung kam. Der Hauptgrund war allerdings, dass die Wölfe garantiert einen großen Bogen um das Lagerfeuer machen würden, und das Risiko konnte ich nicht eingehen. Ich blieb stehen.

“Warte“, jaulte ich. “Vielleicht sollten wir lieber … dort drüben auf sie warten? Damit wir sie nicht verpassen, meine ich.“

Mit der Schnauze deutete ich in Richtung Wald und machte dann demonstrativ einige Schritte in die entsprechende Richtung, ehe ich mich wieder umwandte und Anyana erwartungsvoll anblickte. Es war mir ja beinahe ein bisschen peinlich, aber plötzlich war ich wieder so aufgeregt wie gestern. Dabei war das eigentlich ziemlich dumm. Vielleicht würden sie gar nicht kommen und hatten mich schon längst vergessen. Trotzdem – ich konnte nicht verhindern, dass mein Herz wieder zu klopfen begann. Wir konnten ja auch dort drüben spielen, am Rand des Lagers. Dort konnte ich den Wald besser im Auge behalten und wenn sich irgendetwas tat, würde ich es eher mitbekommen.

[bei Anyana im Lager]


- Die Kinder - 11.01.2014

Mit flinken Füßen auf denen sie geschickt den Zeltschnüren auswich, huschte Anyana durch das Lager. Ihr Ziel, das Feuer am Rande der kleinen „Stadt“, war nicht allzu weit entfernt. Wahrscheinlich würden sie es in dem Tempo bald erreicht haben. Doch als das Mädchen sich auf halbem Wege umwandte, bemerkte sie den zögerlichen Gang der kleinen Wolfsdame. Überrascht blieb Anyana stehen und wandte sich zu ihrer Freundin um. Was hatte sie denn nur? War sie traurig, weil die Jungen am Feuer gestern mit ihrer Angst die Wölfe vertrieben hatten? Oder hatte Fara heute einfach keine Lust auf Spielen? Fragend blickte Anyana zu der Welpin hinab, die nun jaulte und in Richtung Waldrand ging. Die Miene des Mädchens hellte sich auf.

„Ach, natürlich! Du willst zum Wald!“ Erleichtert, dass sie die Botschaft verstanden hatte, atmete sie auf und lachte kurz befreit auf. „Na dann los.“

Das Mädchen machte einen Satz auf Fara zu und zwickte ihr sanft und spielerisch in die Nase. Dann lachte sie wieder: „Wer zuerst da ist!“ und begann zu rennen. Rücksicht nahm die dabei nicht. Fara war zwar klein, aber sie war bereits flink und geschickt genug Anyana im Laufen zu übertrumpfen. Die Kleine war auch – zugegebenermaßen – keine sonderlich gute Sprinterin. Eigentlich war sie eher ein Mädchen mit Köpfchen, das abgesehen davon auch noch gut zielen konnte. Doch das nutzte ihr bei ihren Wettläufen mit der Wölfin leider nichts. Fara war einfach besser trainiert und so war es kaum verwunderlich, dass das Menschenkind heftig atmete und keuchte, als sie am Wald angekommen waren. Wer gewonnen hatte, interessierte nun eigentlich kaum noch. Anyana war stehen geblieben und blickte wie gebannt zwischen die Bäume? Dann ging sie in die Hocke, um näher bei Fara sein zu können und flüsterte, ohne den Blick von den dicken braunen Stämmen zu nehmen:

„Was meinst du? Ob sie zurückkommen werden?“


- Dekaja - 12.01.2014

Ich neigte den Kopf, als Tryss antwortete und sah ihn aufmerksam an.

„Vielleicht müssen sie nur sehen, dass wir ihnen nichts böses wollen. Sicher haben sie auch nur schlimme Geschichten von den anderen gehört, wie Rokuta sie uns oder meine Eltern mir erzählt haben. Wie soll man da auch unvoreingenommen herangehen? Aber sie sind noch Welpen. Vielleicht lernen sie durch uns, dass sie keine Angst haben müssen.“

Dann nickte ich erleichtert, über Tryss Vorschlag, denn es entsprach genau dem, was ich im Sinn gehabt hatte.

„Als hätte mich das jemals gestört! Ärger…wenn ich dafür meine Neugier befriedigen kann, nehme ich den gern in Kauf, vor allem wenn es um Menschen geht. Oder diese Welpen. Ich finde das so spannend, auch wenn das einige wohl anders sehen.“

Ein tiefes Lächeln zog sich über meinen Fang. Dann folgte ich seinem Blick zu Tamias hin. Auch Avis erspähte ich, aber er schien gerade mit Kimya beschäftigt zu sein, also konnte ich auch ihn nicht fragen, was da wohl losgewesen war.

„Wieder einmal typisch! Wenn ihnen etwas spannendes passiert, verschweigen sie es -…Moment, was sagst du da? Ein weiterer Wolf? Aber was macht ein weiterer Wolf bei den Menschen? Und wie…die meisten Menschen sahen nicht so aus, als ließen sie uns näher an sich heran.“,

dachte sie laut nach.

„Ob er die Menschen besser versteht, weil er mit ihnen aufgewachsen ist? Wie er wohl so ist…auch charakterlich. Vielleicht kennt er das Rudelleben ja gar nicht…und was ist mit seinen leiblichen Rudel passiert?“

Fragen über Fragen schossen durch meinen Kopf, so dass meine Zunge nicht hinterherkam, sie zu artikulieren. Mein Herz pochte vor Aufregung, obwohl wir nur über das Thema sprachen, aber es riss mich mehr mit, als ich erwartet hatte. Dann sah ich, wie Tryss auf meine Worte reagierte und fing selbst an, stärker mit der Rute zu wedeln. Sein Tatendrang war geradezu ansteckend und sprang sofort auf mich über, als ich ebenfalls aufsprang.

„Ja, stimmt, wieso warten wir eigentlich so lange? Wollen die wieder schlafen gehen? Geschlafen haben wir doch mittlerweile wirklich genug! Und spekuliert auch…ich möchte Taten sehen.“,

entgegnete sie euphorisch und blickte spielerisch zu Tryss, auf den ich nun spielerisch zusprang, fast welpentypisch in der Intention ein Jagdspiel anzufangen. In Skadis und Tamias Richtung, um die beiden einmal ordentlich wachzubekommen. Anders bekamen die das wohl nicht mit.

„Komm, lass uns die beiden mal aufscheuchen. Vielleicht werden die alten Knochen dann mal munter!“,

schlug ich fröhlich vor.


[Tryss]


- Tamias - 13.01.2014

Stillschweigend lag ich da. Es tat ein wenig weh, als ich spürte, dass Skadi wieder gehen wollte. Nochmal würde ich nicht hinterher laufen. Das hier war schon peinlich genug. Eigentlich sollten wir aufbrechen.
Ich wartete noch ein wenig ab und lauschte Skadis Worten. Eigentlich hätte ich laut los lachen sollen, doch war mir nicht danach. Ich sah Deka und Tryss auf uns zu marschieren, sie konnten es wohl kaum erwarten los zu ziehen und auch die anderen erschienen mir bereit dazu. So sah ich nochmal zu Skadi und ließ ihre Worte so stehen, stupste ihr meine Schnauze in die Schulter und stand auf.

"Ihr wollt wohl los, nicht wahr?"

Sprach ich zu Tryss und Dekaja, lächelte gezwungen und schüttelte meinen Pelz aus. Es war so weit, wir würden los ziehen durch das Lager der Menschenwelpen und ich würde meinen Weg zu Chu finden. Angst vor ihrer Reaktion hatte ich durchaus. Wieso auch immer, verband mich irgendwas mit dieser Wölfin.
Ich streckte meine Glieder aus und atmete tief durch und sah in die Runde. Wo war Runa?
Leicht verwundert suchte ich hektisch den Platz ab. Gefunden. Sie sah so abwesend aus. Auch Alvarez war nicht bei ihr, er lag abseits.
Noch einmal sah ich zu Tryss und Deka.

"Wartet noch einen Moment, bitte."

Sprach ich ruhig und ging zu Runa. Ich ging schräg hinter ihr auf sie zu, sodass sie mich bemerken konnte.

"Runa? Alles in Ordnung?"

Fragte ich relativ leise. Sie sah so geistesabwesend aus, als wäre etwas nicht in Ordnung. Wir hatten uns noch nie wirklich mal unterhalten und das bereute ich nun. Ich kannte nichts von ihr, obwohl sie mit unserer Gemeinschaft mit reiste.

[steht auf, geht zu Runa]


- Kimya - 14.01.2014

Ich weiß nicht genau, was das für ein Gefühl war, das sich in mir regte, als ich Avis so reden hörte. War ich immer noch neidisch darauf, dass er soviel von den Menschenwelpen gesehen hatte und jetzt so frei darüber sprechen konnte, während ich immer noch einer von den wenigen war, der nicht mitsprechen konnte? Ich versuchte dieses unangenehme Gefühl runterzuschlucken. Das waren Gedanken, die in mir nichts zu suchen hatten, dachte ich so in mir. Dann hörte ich meinem Bruder weiter zu. Was sollte denn aus dieser Welpin werden? Er hatte natürlich recht, niemand wusste wie sie mal sein würde, wenn sie groß war, aber wussten wir denn, wie wir sein würden, wenn wir erwachsen waren? Das erwachsen werden schien mir wie ein Weg, von dem ich schnell abkommen konnte, wenn ich nicht aufpasste. Dabei hatte ich nur ein ungefähres Ziel vor Augen, was es noch viel schwerer für mich machte. Wie sollte ich auf einem Weg bleiben, wenn mir das Ziel nicht ganz klar war? Mir wurde nur langsam immer klarer, welchen Weg ich auf keinen Fall einschlagen wollte. Zum Beispiel, nachdem ich Rokuta kennen gelernt hatte. Da wusste ich, dass ich ihren Weg nicht nehmen wollte. Mir wurde klarer, dass ich Wölfe kennen lernen musste, um mein eigenes Ziel klarer sehen zu können. Und diese Welpenfähe gehörte dazu, das hatte ich jetzt für mich beschlossen. Ich musste jede Begegnung mitnehmen, die ich mitnehmen konnte.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Avis mich auf unsere baldige Abreise aufmerksam machte. Mit gespitzten Ohren drehte ich mich in Runa und Alvarez' Richtung.

“Ja, dann lass uns mal zu ihnen gehen.“

, stimmte ich meinem Bruder zu und stand auf, noch immer ein wenig in Gedanken und nicht ganz bei der Sache, weswegen ich nicht genau wusste, was ich noch sagen konnte. Daher lief ich einfach los und sah, wie Tamias denselben Gedanken hatte und nun bei Runa stand und sie angesprochen hatte. Ein wenig war ich verunsichert, denn mit Tamias hatte ich bisher wenig zutun gehabt und unter normalen Umständen wäre ich nicht weiter zu ihm gelaufen, wenn er sich unterhielt. Aber in dem Fall war es Runa, mit der er sprach und ich wollte sehr gerne zu ihr. Also lief ich weiter und blieb neben der Fähe stehen.

“Geht es bald los?“

, fragte ich meine Lehrerin und warf Tamias nur einen kurzen Blick zu. Nicht, dass ich ihn nicht mochte, aber ich hatte schon an mir bemerkt, dass ich es bevorzugte, meine wenigen Bezugswölfe zu haben, an deren Pfoten ich mich lieber heftete, anstatt mit allen gleichviel zutun zu haben. Ich fühlte mich bei Runa einfach etwas wohler, als bei den meisten anderen. Nur Tryss gehörte noch zu den wenigen, denen ich wirklich vertraute und bei dem ich entspannt war. Und Avis natürlich. Aber das mit Avis war sowieso was anderes.

[Erst bei Avis, dann bei Runa und Tamias]


- Avis - 16.01.2014

Mein Blick glitt über die Lichtung, langsam schien endlich Bewegung in die Sache zu kommen und nicht nur das, sogar mein Bruder kam schneller in Bewegung, als och mit der Rute pendeln konnte. Hmm. Ich betrachtete seinen Rücken, innerlich seufzend. Wir waren uns so gar nicht ähnlich und was gäbe ich doch manchmal, wenn ich einen Blick in seine Gedanken werfen könnte. Manchmal fragte ich mich, ob ich nicht mehr von ihm abhängig war, als er von mir. Ob es ihn stören würde, wenn ich nicht mehr hier wäre? Schließlich war er immer so ruhig und ich wusste nie, was er grad so dachte, denn seine Gedanken teilte er nie mit mir. Vielleicht tat er das mit den Anderen? Kurz verdüsterte sich mein Blick, verdammt! Er war doch mein Bruder, warum konnten wir uns nicht wenigstens ein bisschen ähnlicher sein?

Kimya war schon unterwegs zu Runa und Tamias und fast bei Ihnen, bevor ich mich in Bewegung setzte. Mit Runa konnte ich nicht sonderlich viel anfangen bisher, Kimya hatte zu ihr offenbar den besseren Draht. Bei Tamias war ich mir nicht so sicher. Ich hatte ziemlich gepatzt und uns verraten, aber er hatte mich beschützt. Andererseits, was wäre sonst gewesen, hätten wir uns Chu gezeigt? Eigentlich wollten wir ja nur beobachten. Naja eigentlich dämlich von mir jetzt darüber nachzudenken, es war ja eh geschehen. Ich kam grda bei der kleineren Gruppe an, als tamias Runa fragte ob alles okay wäre. Kimya stellte die Frage, die mir ebenso auf dem Herzen lag und da Tryss und Deka ebenfalls aufgestanden waren, hatte ich keinen Grund Stress zu machen, sondern blieb einfach schräg hinter Kimya stehen, schaute ernst und interessiert und vermittelte so den Älteren, dass ich die gleiche Frage hatte. Meine Ohren zuckten und auch sonst war ich etwas aufgeregt, dabei fiel mein Blick auf Runa. Bisher hatte sie nicht allzu viel gesagt, ob sie was verheimlichte oder wollte sie vielleicht gar nicht mitkommen? Sie war immerhin noch nicht sehr lange bei der Gruppe, aber sie war mir lieber als Tryss, immerhin hatte sie auch Dekaja geholfen. Ihre Meinung von dem Welpen kannte ich bisher nicht. Ich blickte zwischen Tami und Runa hin und her, konnte die Stimmung aber nicht ganz erfassen und war eh etwas unruhig und in Gedanken bereits bei den Menschenwelpen. Trotzdem blieb ich stehen und wartete einfach....

„Wann können wir endlich los...“

Ein leises ungeduldiges Nuscheln und Brummen von meiner Seite und eher an Runa gerichtet.

Was wollte Tamias jetzt eigentlich machen und warum dürfte ich ihn nicht wieder begleiten? War es, weil ich gepatzt hatte oder war es wegen der Worte, die er zu Chu gesagt hatte?

„Kann ich nicht lieber mit dir gehen Tamias?“

Ich wollte doch unbedingt die kleine Wölfin wieder sehen und ich wusste nicht ob ich mit der stillen Runa wirklich gehen wollte. Sie machte auf mich nicht den Eindruck als würde sie Abenteuer suchen, eher als würde sie um Jedes einen grooooßen Bogen machen. Erwartungsvoll schaute ich mit grauen Augen zu Tamias auf. An meinen Bruder dachte ich dabei weniger, der wäre bei Runa sicher bestens aufgehoben.


[steht bei Runa, Tamias und Kimya, will endlich los]


- Tryss - 16.01.2014

Ich schnappte spielerisch nach Dekas Ohr, bewegte mich immer wieder um sie herum und ließ die Rute verspielt pendeln. Es musste wie ein lustiger Tanz aussehen, so wie wir uns in Richtung Tamias und Skadi fortbewegten. Doch unsere kleine Showeinlage entdete abrupt, als Tamias plötzlich vor uns stand. Und lächelte! Ich kniff die Augen zusammen, nur um sicherzugehen, dass ich das nicht träumte. Hatte ich das nicht vor einigen Wochen schon einmal gesehen? Ich grübelte, kramte jeder meiner Erinnerungen durch und war am Ende doch nicht sicher, ob nicht Kaya das Lächeln auf den Lefzen gehabt hatte. Jetzt jedenfalls war es Tamias – und das war so ungewöhnlich, dass ich es nicht vergessen würde! Was ihn wohl dazu trieb so fröhlich zu sein? Ob es etwas mit dem fremden Wolf zu tun hatte? Oder mit seinem Gespräch mit Skadi? Ich wandte den Kopf in ihre Richtung und warf ihr einen bedeutungsvollen Blick zu, doch da fing Tamias an zu sprechen. Also ruckte mein Haupt zurück, die Ohren waren aufmerksam aufgerichtet. Auf seine erste Frage hin nickte ich nur eifrig und tänzelte wie zur Bestätigung von einer Pfote auf die andere. Die Freude verflog aber schnell. Wir sollten warten. Und dann war er auch schon verschwunden. Ich blinzelte verdutzt und blickte dann zu Deka. Meinte er das ernst?

„Woah, warten. Immer warten. Waaaarten. Hörst du auch? Klingt wie laaaangweilig. Sehr langweilig.“

brummelte ich enttäuscht und ließ mich auf meinen Hintern plumpsen, die Ohren jetzt unzufrieden zur Seite gelegt. Doof. Aber was sollten wir machen? Alleine konnten wir ja schlecht voranpreschen. Wobei... Glücklicherweise fielen mir Dekas ganze Fragen von vorhin wieder ein, die ich noch gar nicht beantwortet hatte.

„Was meintest du eigentlich vorhin? Als du gefragt hast, ob meine Eltern mir Geschichten von den Menschen erzählt haben? Hast du Geschichten über die Zweibeiner gehört? Dass sie böse sind, wie Rokuta es gesagt hat?“

Neugierig legte ich den Kopf zur Seite und blickte Deka interessiert an. Ihre Eltern schienen nicht gut auf die Menschen zu sprechen gewesen zu sein. Gleichzeitig versuchte ich mich daran zu erinnern, ob meine Mutter mir je Geschichten über diese seltsamen Tiere erzählt hatte. Wenn es so gewesen war, waren sie jedenfalls nicht übermäßig böse gewesen. Etwas anderes hätte ich von meiner Mutter auch nicht erwartet. Sie war eine liebevolle Wölfin. Es lag nicht in ihrer Natur andere schlecht zu reden.

„Ich hoffe wirklich, wir sehen diesen Wolf. Mich interessieren diese ganzen Dinge auch. Vor allem, wie ist er zu ihnen gekommen? Und wenn er bei ihnen gelebt hat, muss er unglaublich viel über sie wissen. Wir könnten alles erfahren, wirklich alles! Alle unsere Fragen über die Zweibeiner könnten beantwortet werden! Stell dir das vor! Keine Antworten blieben mehr schuldig. Das wäre so großartig! Nein, das wäre unglaublich!“

Meine Stimme war immer leiser, aber immer mit jedem Wort aufgeregter geworden. Ich stupste meine Lieblingswölfin mit der Nase an, recht energisch, um die Bedeutung meiner Worte zu unterstreichen. Ich blinzelte noch einmal, verzog die Lefzen zu einem Lächeln und sah ihr in die ockerbraunen Augen, bevor ich flüsterte.

„Und das Schönste ist, dass ich dieses Wissen mit dir teilen kann. Es gäbe keinen Wolf auf der Welt, der es mehr verdient hätte. Und mit dem ich das lieber tun würde.“

[Deka | Skadi in der Nähe]


- Chu - 19.01.2014

Einen Moment lang starrte ich Anyana verdattert an, als sie mich in die Nase zwickte, dann spurtete ich ihr begeistert hinterher und schnappte dabei spielerisch nach ihren Fersen. Viel zu schnell für meinen Geschmack waren wir am Waldrand angekommen und das Mädchen blieb schnaufend stehen. Ich umkreiste sie fröhlich und beruhigte mich dann langsam wieder, als sie keine Anstalten machte, weiterzulaufen, sondern im Gegenteil erwartungsvoll in den Wald spähte. Auch mich lockte der Wald, aber viel eher fragte ich mich, ob wir nun überhaupt an der richtigen Stelle waren. Würden sie überhaupt aus dieser Richtung kommen? Oder vielleicht doch eher dort drüben? Oder – und daran wagte ich gar nicht zu denken – hatte ich sie schon verpasst und sie waren doch nicht über die Brücke, sondern an dem Lager vorbeigeschlichen? Doch während ich mir noch besorgt den Kopf zerbrach, hatte Anyana schon ganz andere Pläne. Als sie sich zu mir hockte und gespannt etwas flüsterte, musste ich erst einen Moment überlegen, doch dann fiel es mir zum Glück doch noch wie Schuppen von den Augen. Natürlich, wie hatte ich das nur vergessen können!
Aufgeregt lief ich zum Waldrand, stöberte dort ein paar Herzschläge lang im Gestrüpp herum und kehrte dann zu Anyana zurück, um ihr stolz meinen Fund zu präsentieren. Im Maul trug ich ein Stöckchen, das dem von gestern recht ähnlich war, nur ein bisschen krummer und dicker vielleicht. Aber darum ging es ja nicht, sondern um die Bedeutung. Wenn es uns nämlich gestern Glück gebracht und alle Gefahren vom Leib gehalten hatte, würde es das heute wieder tun, davon war ich überzeugt. Begeistert sprang ich mit schmutzigen Vorderpfoten an ihr hoch und drückte ihr den Zauberstock ungeduldig gegen die Hand, während an meinem linken Ohr unbemerkt ein totes Blatt prangte.

“Hier", nuschelte ich dabei und blickte sie eindringlich an.

Zumindest halten sollte sie ihn, so wie gestern, wobei das eigentlich eine ziemliche Verschwendung wäre. Mit so einem Stöckchen konnte man schließlich allerhand machen. Tauziehen zum Beispiel oder es werfen und damit Fangen spielen! Dann würde uns die Zeit vielleicht nicht gar so lang werden, während wir darauf warteten, dass sich etwas im Wald tat.

[bei Anyana am Waldrand]


- Skadi - 19.01.2014

Meine Worte blieben unkommentiert. Tamias stand auf, stopfte seine Nase zwischen meine Schultern - verharrte so nicht lange - und ging. Ich sah ihm kurz nach, doch dann erblickte ich schon Tryss und Dekaja, die sich auf den Weg zu uns gemacht hatten. War er deswegen so 'stürmisch' aufgebrochen? Lange fragte ich mich das nicht, schließlich standen wir eh vor dem Aufbruch.
Nun schüttelte auch ich meinen Pelz kräftig aus, steckte mich und gähnte ausgiebig. Die Knochen munter gemacht und die Muskeln ein Mal aufgelockert ging ich leichtpfotig zu den beiden jüngeren Wölfen. Dekaja stupste ich an die Schulter und grinste sie frech an.

"Vielleicht spielt der ein oder andere Welpe ja heute mit uns, hm?"

Dann sah ich zu Tryss, der im Allgemeinen einen entspannteren Eindruck machte als am Vortag. Ein sanftes Lächeln zog sich auf meine Lefzen. Doch die richtigen Worte fielen mir nicht ein. Er war so groß geworden. So erwachsen. In so kurzer Zeit. Anfangs dachte ich er wirkte nur viel erwachsener weil wir Welpen dabei hatten - doch das war nur ein Nebeneffekt. Er war wirklich erwachsener geworden. Die Fragerei rückte in den Hintergrund. Antworten suchte er oft auf eine andere Weise. Auf eine wohl herleitende Weise. Oder er kannte sie schon. Oder er gab sie inzwischen.

"Wie geht es euch?"

Rutschte es mir dann heraus. Bei diesen Gedanken über die Fragerei wollte ich nun eine Frage stellen. Eine die ich durchaus ehrlich beantwortet haben wollte. Wie ging es einem Wolf der kurz davor stand durch das Lager heranwachsender Mörder und Verfolger zu wandern. nebenbei noch einen Ihresgleichen auf zu lesen.
Die Antwort konnte ich selbst nicht recht geben. Auf jeden Fall nicht in einem Satz. Ich konnte mir vor stellen das jeder hier anders empfand. Auch wenn ähnlich, denn ich denke jeder empfindet auf eine Weise auch das Gleiche. Nur eben in eine andere Richtung stärker. Angst, Aufregung, Spannung, Besorgnis.

[Erst Tamias | Dann Tryss und Dekaja]


- Rúna - 21.01.2014

Nachdenklich stand ich nahe dem Wald, am Rande des kleinen Platzes, den wir seit jenem denkwürdigen Treffen auf die Menschenkinder, als den unseren erkoren hatten. Irgendwo hinter diesen Bäumen lagerten sie und in ihrer Mitte das kleine Wunder einer Fähe, welche mit ihnen reiste. Nicht nur mein Blick war in die Ferne gerichtet, auch meine Ohren suchten ebenso wie meine Nase etwas von dem, was vor uns lag, zu erhaschen…

Da spürte ich das Nahen eines anderen und langsam, als wäre ich so eben aus tiefem Schlaf erwacht, wandte ich mich ihm zu. Tamias war es, den die kastanienbraunen Augen erfassten, ehe seine leise Stimme den Weg an meine Ohren fand. Früher einmal hätte es mich vielleicht erstaunt, dass gerade er nun seinen Weg zu mir fand, doch nun sorgte seine Anwesenheit für ein sanftes Lächeln,

“Es geht mir gut… Tamias…“,

erwiderte ich mit milder Stimme und ebenso friedlich blieb auch meine Haltung, offen und freundlich und doch so standhaft wie ein Baum, der nun einmal gewachsen war und den auch ein Sturm nicht so einfach würde entwurzeln können. Ruhig sah ich den Rüden neben mir an, dessen Rolle in dieser Gemeinschaft sich zu wandeln begonnen hatte, so, wie sich auch die Gemeinschaft wandelte. Meine Entscheidung war gefallen und daran würde sich nichts mehr ändern, war dies doch die Erkenntnis, welche mir der Wald in der vergangenen Nacht vor Augen geführt hatte.

“Ich werde mir dir gehen, wenn du diese kleine Fähe vor die Entscheidung stellen wirst uns zu begleiten oder dort zu bleiben, wo sie ist…“,

teilte ich Tamias auf eigene, unerschütterliche Weise mit und wartete auf eine Reaktion von der ich nun merkte, dass ich sie wohl ebenso wenig einzuschätzen vermochte, wie der Rüde wohl ebenso die meinen. Einen kleinen wehmütigen Moment glomm die Frage in meinen Gedanken auf, wie fremd ich diesen Wölfen hier noch sein mochte. Doch noch ehe ich von Tamias eine Antwort vernahm oder der seltsame schmerzliche Gedanke weiter Fuß fassen konnte drang eine weitere, wesentlich vertrautere Stimme zu mir. Der Jungwolf Kimya war mit seinem Bruder heran gekommen und seine Frage entlockte mir ein leises und ebenso kurzes wie freundliches Lachen, denn mit seinen Worten und seiner ganzen Art brachte er eine ungewohnte Leichtigkeit zu mir zurück. Wenige Schritte trugen mich zu dem jungen Wolf, dem ich in freundlich dankbarer Geste sanft ins Nackenfell schnaubte. Auch Avis, welcher beinahe dieselbe Frage stellte, ehe er sich mit einer weiteren an Tamias wandte, traf ein schmunzelnd, freundlicher Blick, ehe ich mich ebenfalls an den Rüden wandte,

“Die Neugier junger Wölfe kennt keine Grenzen…. Wer also wird ihre Neugier befriedigen und den ersten Schritt setzen?“

Die Unterbrechung unseres kurzen Gesprächs durch die beiden Geschwister hatte dafür gesorgt, dass Tamias noch keine Erwiderung hatte vorbringen können und auch wenn ich mit einer rechnete, so wartete ich nicht auf diese. Der Regen kam, auch ohne dass man auf ihn wartete, ebenso wenig ließ er sich durch Warten verhindern…

[Bei Tamias, Avis und Kimya]