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Heilkräuter im Mittelalter - Tryss - 08.06.2012

Heilkräuter im Mittelalter


Die Heilkunde im Mittelalter beschränkte sich vor allem auf Überlieferungen innerhalb von Familien und aus der Antike. Neben dem gelehrten Medicus, praktizierenden (und vor allem operierenen) Badern und allerlei Scharlatanen, die mit dem Aberglauben und der Angst der Menschen ihren Profit machen, gab es auch die Kräuterfrauen. Diese erhielten ihr Wissen vor allem durch Überlieferungen innerhalb der Familie, die nicht selten auch geheimes und sonst wenig bekanntes Wissen enthielten. Diese Form der Weitergabe brachte den Kräuterfrauen teilweise den Ruf ein, Magie zu nutzen. Nicht selten wurden sie bezichtigt mit bösen Mächten im Bund zu stehen - vor allem, da sie für die anderen Ärzte Konkurrenz darstellten - und wurden als Hexen verbrannt.

Eine der bekanntesten Kräuterfrauen im Mittelalter war Hildegard von Bingen. Eine Benediktinerin, die 1098 geboren wurde und im Alter von 81 Jahren (Ein sehr beachtliches Alter für diese Zeit) bei Bingen starb. Sie verlebte den größten Teil ihres Lebens im Kloster, gründete 1147 sogar ein eigenes. Nach 1150 verfasste sie zwei ihrer bekanntesten Werke, "Causae et Curae (Ursachen und Heilungen)" sowie "Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum (Buch über das innere Wesen der verschiedenen Kreaturen und Pflanzen)", in dem sie das Wissen über Pflanzen und Heilkräuter bündelte. Heutzutage wird sie deshalb auch als die erste deutsche Ärztin bezeichnet. In der römisch-katholischen Kirche gilt sie als Heilige.

Arnika [Arnika montana]
Während Arnika in den antiken Aufzeichnungen überhaupt nicht erwähnt wird, gilt sie im Mittelalter bei Mönchen als unentbehrliches Heilkraut. Hildegard von Bingen bezeichnet die Pflanze auch als "Wolfesgelegena" - "Wolfstod". Arnika wird vor allem als entzündungshemmendes Mittel bei Wunden eingesetzt, aber auch zur Behandlung von Rheuma, Quetschungen, Verstauchungen und Blutergüssen. Sie regt die Durchblutung an, wirkt schmerzlindernd und entzündungshemmend. Heutzutage ist die Pflanze mit den gelben Blüten so selten geworden, dass sie unter Naturschutz steht. Sie blüht zwischen Mai und August und ist vor allem auf saurem Boden an naturbelassenen Wiesen zu finden.
Weitere Namen: Bergwohlverleih · Fallkraut · Gemsblume · Johannisblume · Konnesblume · Kraftwurz · Mitterwurz · Ochsenwurz · Wolfsblume
Beifuss [Artemisia vulgaris]
Der Name geht zurück auf die griechische Götting Artemis. Die alten Griechen, die Römer als auch Heiler im Mittelalter bekämpften mit diesem Heilkraut Frauenkrankheiten. In Schuhe gelegt soll Beifuß vor Ermüdung der Beine schützen, außerdem galt er in Europa als Symbol für Fruchtbarkeit. Er wird häufig als das älteste Gewürz der Welt bezeichnet und wächst vor allem an Bächen, an Feldrändern und in der Nähe von Weide. Geschmacklich ähnelt Beifuß Wermut. Er regt den Appetit an und fördert die Verdauung, ist außerdem entzündungshemmend. Geerntet wird im Juli und August.
Weitere Namen: Gewöhnlicher Beifuß · Mutterkraut · Gänsekraut · Besenkraut · Wilder Wermut
Beinwell [Symphytum officinalis]
Ein als Allheimmittel geltendes Kraut, das in der Antike und im Mittelalter wegen seiner vielseitigen Wirkung beliebt war. Beinwell hilft bei Knochenbrüchen, Verstauchungen, Gliederschmerzen, Verbrennungen, wird bei der Reinung vereiterter Wunden eingesetzt und wirkt entzündungshemmend. Ein Tee aus Wurzeln und Blättern hilft bei Erkältungen. Früher auch zur Beseitung von Falten eingesetzt. Die Blüte erfolgt von Mai bis August. Beinwell findet man an feuchten Wiesen und achufern sowie schattigen Waldrändern.
Weitere Namen: Beinwurz · Wallwurz · Hasenlaub · Himmelsbrot · Honigblum
Brennessel [Urtica dioica]
Ein sehr hilfreiches, robustes Heilkraut, das aber vor allem wegen der brennenden Eigenschaft des Nesselgiftes gemieden wird. Brennesseln wachsen in den gemäßigten Klimazonen so gut wie überall, wo man sie lässt. Bereits in der Antike und im Mittelalter - wie bei Hildegard von Bingen - wird sie häufig erwähnt. Sie wirkt blutstillend und -reinigend, fördert den Stoffwechsel und reinigt die Nieren, indem er Harnsäure abbaut. Das ist besonders bei Rheuma- und Gichtbeschwerden hilfreich. Außerdem vertreibt die Brennessel Frühjahrsmüdigkeit. Gesammelt werden kann sie von März bis August.
Weitere Namen: Donnernessel · Hanfnessel · Saunessel
Johanniskraut [Hypericum perforatum]
Diese Pflanze wurde bereits während der Kreuzzüge verwendet, um Wunden von Verletzen zu behandeln. Daher kommt auch der Name, denn die Ritter des Johanniterordens von Jerusalem waren es, die das Johanniskraut einsetzten. Daneben hängt der Name mit dem Johanni-Tag, dem 24. Juni zusammen. In den Tagen um die Sommersonnenwende, öffnet das Kraut seine Blüten. Auch im restlichen Mittelalter war das Johanniskraut beliebt und wurde als Pflanze zu Abwehr von Krankheiten und Unheil eingesetzt. Heute ist sogar wissenschaftlich bestätigt, dass Johanniskraut bei Gemütserkrankungen wie zum Beispiel Depressionen heilende Wirkung zeigt. Das Kraut blüht von Juni bis August an Wiesen und Waldrändern mit viel Sonnenschein. Beim Zerdrücken von Blüten tritt Saft aus, der die Haut blutrot färbt.
Weitere Namen: Blutkraut · Bockskraut · Elfenblut · Jagateufel · Jesuwundenkraut · Mannskraft · Mariabettstroh · Sonnwendkraut · Teufelsfluchtkraut
Lavendel [Lavendula officinalis]
Lavendel wird vor allem in Frankreich angebaut. Das Kraut wird von vielen Menschen als duftend empfunden und erfreut sich deshalb großer Beliebtheit. Lavendel wirkt antiseptisch, entzündungshemmend und krampflindernd im Darmbereich. Es hilft außerdem bei Bluthochdruck, Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen und Gürtelrose. Lavendel blüht blau-violett. Geerntet wird im Juli und August.
Weitere Namen: Schwindelkraut · Spikanard · Speik
Vogelmiere [Stellaria media]
Ein sehr robustes Kraut, dass sich schnell vermehrt. Die Vogelmiere ist schon seit der Jungsteinzeit bekannt und gilt somit als Archäotyp, als Urpflanze. Der Name rührt daher, dass die Pflanze früher vor allem an Hühner verfüttert wurde. Sie blüht von März bis Oktober und ist vor allem an Straßen-, Wald- und Wiesenrändern zu finden. Vogelmiere hilft vor allem bei Blutvergiftungen, da sie blutreinigend und blutstillend wirkt. Sie wird außerdem bei Bronchitis, Brandwunden, Krämpfen, Rheuma ode Hautproblemen verwendet.
Weitere Namen: Alsine · Hühnerbiss · Mäusedarm · Vogelkraut
Wermut [Artemisia absinthium]
Diese Pflanze durfte im Mittelalter in keinem Kräuterbuch fehlen. Es wurde außerdem Wein und Alkohol beigemischt, da sich so gewisse Aromastoffe besser absorbieren ließen. Es entstand Absinth. Er regt eine bessere Verdauung an, zu übermäßiger Genuss hat aber sinnverwirrende und vergiftende Nebenwirkungen. Wermut wirkt außerdem blutreinigend und hilft daher bei offenen Wunden. Wermut wächst wild und ist gemeinsam mit Unkräutern an Wegen und Dämmen zu finden. Die Blütezeit liegt zwischen Juli und September.
Weitere Namen: Absinth · Magenkraut

Fotos
Arnika: Tobias Steinhoff | Flickr.com
Beifuß: joysaphine | Flickr.com
Beinwell: mubo traal | Flickr.com
Brennessel: Matthias Buehler | Flickr.com
Johanniskraut: Helmut | Flickr.com
Lavendel: dolorix | Flickr.com
Vogelmiere: naturgucker.de | Flickr.com
Wermut: Isfugl | Flickr.com