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Passus V - Offene Wunden - Druckversion

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- Avis - 29.08.2012

Zum ersten Mal in meinem jungen Leben schien ich ratlos, was – ehrlicherweise – schon irgendwie eine Niederhalge darstellte, die sich aber nie, nie wieder wiederholen würde. Zumindest war ich mir dessen in diesem Moment sicher. Außerdem lag es ja eigentlich auch gar nicht an mir zu bestimmen wo wir lang mussten, nein, es hing ganz alleine von meinem Bruder ab. Aus welcher Richtung ich gekommen war wusste ich, aber eben nicht aus welcher Kimya gekommen war. In Richtung Wald waren wir mit Sicherheit auf dem richtigen Pfad. Und als er sich dann auch noch an einem altbekannten Geruch orientieren konnte, machte mein Herz einen kleinen Sprung; Natürlich vor Freude! Bald würden wir Mama finden und sie sicher zum Rudel zurück begleiten. Na, und wer war dann der Held? Natürlich ich, und ein bisschen auch mein Bruder, aber in erster Linie eben ich.
Also lief ich weiter und hielt Ausschau nach Mama, versuchte aber außerdem mir Punkte zu merken, damit wir heil wieder nach Hause zu den anderen konnten.

"Hier sieht irgendwie alles gleich aus, findest du nicht?"

Zumindest empfand ich es so, also mit Sicherheit auch Kimya, weil ich es eben so tat. Bäume, überall Bäume – gut, dass war es wahrscheinlich was einen wald irgendwie ausmachte, doch war es auch gleichzeitig das einzige das mir wirklich ins Auge fiel. Kein Wolfsgeruch, kaum Blumen, und generell wirkte alles ein wenig düsterer.

"Was meinst du wie weit wir schon gelaufen sind?"

Nicht das ich mich beklagen wollte, weil meine Pfoten so schmerzten (und ja das taten sie!), sondern viel mehr, weil es mich wirklich interessierte,

[Wald | Kimya ]


- Velvet - 30.08.2012

Ich hatte den Kopf auf die Pfoten gelegt und schaute Kaya an. Die Welpen hatten meine Worte schon nicht mehr vernommen und waren in Richtung Wald verschwunden. Ich konnte mir vorstellen dass die beiden ihre Mutter vermissten, es musste schwer für sie sein nicht zu wissen wohin sie gegangen war oder warum? Ich grinste den grauen leicht an auf seine ersten Worte, doch bevor ich auch nur ein weiteres Wort sagen konnte, hörte ich Tryss Worte und seufzte leise. Mein Blick ruhte noch einen Augenblick auf dem deutlich jüngeren Rüden als dieser sich letztlich zu Skadi wandte, bevor ich meinen Blick wiederum erneut zu Kaya gleiten lies.

„Ich glaube, er ist sauer auf mich. Er denkt – glaube ich – dass ich mir keine Sorgen mache, um die anderen, dass ich Ihnen nicht helfen will., ich schaute nachdenklich in die Richtung von Alvarez, Skadi, Tryss und Tamias und überlegte ob das wirklich so war. Aber im gleichen Moment schüttelte ich den Kopf, nicht auf Reaktion auf eine Frage sondern lediglich als Reaktion auf meine eigenen Gedanken. Letztlich lag mein Blick wieder ruhig auf Kaya.

„Ich kann nicht mehr hingehen und sagen „Ich helfe mit dieser Pflanze bestimmt jemandem.“ Wenn ich selbst nicht sicher sein kann dass es hilft, wie soll ich da jemandem sagen dass es das tut?“, der Satz hörte sich schon für mich Chaosmäßig an, aber ich war aufgewühlt. Der junge Rüde hatte es nicht gesagt, aber letztlich warf er mir doch wahrscheinlich vor, die anderem im Stich zu lassen. Als würde mein Bein mir klar machen wollen dass ich überhaupt nicht in der Lage war jemandem zu helfen, durchfuhr mich auch schon wieder ein Stich. Meine Leftzen zuckten, aber sonst lies ich mir – so hoffte ich – nichts anmerken. Ich hatte schließlich noch immer vor Augen wie Kaya auf mich zu kam als ich den Abhang herunter gerutscht war. Diese Sorge in seinem Blick würde ich vermutlich nicht mehr so schnell vergessen.

„Wie geht es dir, Kaya?“, ich glaubte zu wissen dass er keine größeren Verletzungen hatte, anders als Dekaja und Alvarez und vielleicht auch anders als ich. Wie es Skadi und Tamias ging wusste ich nicht, da ich mit den beiden seit unserer Ankunft hier noch nicht gesprochen hatte aber ich war mir sicher dass es ihnen einigermaßen gut ging, schließlich konnten sich beide noch einigermaßen bewegen. Aber so wie ich es auch zu Tryss meinte, es gab schließlich nicht nur die Art der körperlichen Verletzungen, sondern auch die der seelischen. Wir hatten Reisegefährten verloren und wussten nicht wie es Naminara ging oder dem Hund – was Kaya vermutlich nicht sonderlich glücklich machte so wie ich den grauen einschätzte. Kheran war Tod, daran gab es absolut keinen Zweifel, doch ich Fragte mich noch immer wie es geschehen war. Ich war nicht dabei gewesen, aber letztlich würde die Wahrheit vermutlich niemals ans Licht kommen.

Mein Blick glitt von Kaya hinab zum Waldrand, wo die beiden Welpen nun verschwunden waren. Ich fragte mich erneut was die beiden jungen Rüden vor hatten, wollten sie jetzt alleine los ziehen und ihre Mutter suchen? Ich konnte nicht einschätzen in wie weit die beiden so Unternehmenslustig waren, vor allem da Kimya ja keine Ahnung hatte wohin die gemeinsame Mutter verschwunden war. Mit einem Fragenden Blick in Richtung Wald schaute ich letztlich Kaya an, hoffend dass er meine stumme Frage nach dem Verbleib der Welpen und dessen wohlergehen verstand.

[bei Kaya || spricht mit dem || schaut den Welpen hinter her]



- Kimya - 31.08.2012

Wir waren jetzt wirklich schon eine Weile unterwegs und Avis war mir gefolgt, ohne etwas zu hinterfragen. Als er dann aber anfing, mit mir zu reden, wurde ich unsicher. Es sah wirklich alles mehr oder weniger gleich aus und auch den Geruch der Blumen hatte ich nicht mehr in der Nase. Blumen waren auch nicht zu sehen und ich erkannte auch nichts wieder. Als Avis mich dann noch fragte, wie weit wir gelaufen waren, wurde mir ganz mulmig zumute. Wir waren wohl wirklich schon ein Weilchen unterwegs – ohne wirkliches Ziel. Ich blieb kurz stehen und schaute zurück. Waren wir nur geradeaus gelaufen? Oder... Es wurde mir eigentlich klar: wir hatten uns verlaufen. Ich hatte Avis mit ins Ungewisse geführt. Ich stand immer noch auf der Stelle und sicher wartete Avis auf eine Antwort.

“Ja... und ich rieche auch nichts mehr...“

, sagte ich kleinlaut und hatte Angst, dass Avis jetzt wirklich wütend werden würde. Das war das letzte, was ich jetzt noch brauchen konnte. Schuldgefühle hatte ich auch. Ich weiß nicht genau, warum ich das tat, aber ich fühlte das Bedürfnis, an Gras zu kauen, was ich prompt tat. Während ich also da saß und mit einem schmatzenden Geräusch Gras zerfetzte, schaute ich Avis wieder an. Dann musste ich endlich das Geständnis machen.

“Ich weiß nicht, wo lang wir müssen... Ich glaube, wir haben uns verlaufen...“

Beschämt und auch etwas ängstlich, schaute ich auf meine Pfoten und wartete auf eine Reaktion meines Bruders. Aber es hatte doch auch niemand erwartet, dass es leicht werden würde, unsere Mutter zu finden, oder? Sicher hatte Avis nicht gedacht, wir laufen los und finden sie sofort. Klar konnte das etwas dauern. Mama konnte überall sein. Sie war vielleicht auch schon weit gelaufen. Sie konnte auch ganz in der Nähe sein und gar nicht mehr bei den Blumen, die ich gerochen hatte. Es war keine hoffnungslose Angelegenheit. War es der Optimismus, der jetzt durchschien... Oder Naivität?

[Im Wald, mit Avis]


- Avis - 01.09.2012

Mit großen Augen blickte ich zu meinem Bruder hinüber. Waren wir verloren? Ja, irgendwie fühlte ich mich so, wollte es aber nicht ganz wahrhaben, und würde das Kimya mit Sicherheit auch nicht sagen. Vermutlich hätte er mich dann für verrückt gehalten, oder für einen kleinen naiven Welpen. Gut, das klein mochte vielleicht noch zutreffen, aber das naiv keinesfalls. Eher war er es den ich da in meinen Gedanken beschrieben hatte, aber da wir uns in einer so komischen Situation befanden, wollte ich es ihm nicht vorhalten. Meckern wollte ich auch nicht, oder besser, irgendwie konnte ich es nicht. Es schien als hätte Kimya Angst vor dem was noch kommen würde. Zwar hatte ich keine Angst, aber mir wurde langweilig, obwohl ich wusste, dass wir eigentlich Mama suchen sollten. Das war gar nicht so einfach wie ich, und mein Bruder vermutlich auch, mir das vorgestellt hatte.
Als Kimya anfing auf dem Gras herumzukauen, blickte ich ihn verwirrt an. Was war das denn jetzt? Warum tat er das? Wir mussten doch Mama finden, egal ob wir uns verlaufen hatten oder nicht, aber mein Bruder konnte doch nicht anfangen auf dem Gras herumzukauen?!

"Lass das."

,sagte ich leise, aber selbstsicher. Dass er auf dem Gras herumkaute machte mich nur noch nervöser. So betrachtete ich kurz meinen Stock, lies ihn aber liegen wo er war, und versuchte die Situation besser zu handhaben als Kimya. Dennoch, wütend sein konnte ich noch immer nicht. Wir mussten jetzt erst einmal zurückfinden.
Vorsichtig drehte ich mich um und versuchte zu erkennen, aus welcher Richtung wir gekommen waren. Doch ich wusste es nicht.

"Meinst du Kaya weiß das wir weg sind?"

Auch wenn ich zuerst gehofft hatte, dass uns keiner gesehen hatte wie wir uns vom Rudel entfernt hatten, so war es jetzt vielleicht doch besser. Immerhin könnten sie uns dann folgen.


- Kimya - 02.09.2012

Avis sah noch nicht wirklich sauer aus. Trotzdem schaute ich ihn weiterhin vorsichtig an und rechnete jeden Moment damit. Als er mich dann noch leise zurechtwies und meinte, ich sollte mit dem kauen aufhören, dachte ich, der Moment wäre jetzt gekommen – aber es war nicht so. Avis wirkte zwar etwas unzufrieden, aber immer noch nicht wütend. Ich hörte sofort mit dem Gras-zupfen auf und schaute ihn mit großen Augen an, einen Grashalm an der feuchten Nase klebend. Grade wollte ich mich entschuldigen, als Avis mich etwas fragte.

“Naja, wir sind ja weggeschlichen, ich glaub mal nicht.“

, sagte ich leise. Immer mehr hatte ich da diesen Druck auf der Brust und das Gefühl, meinem Bruder etwas sagen zu müssen, um mich wieder besser zu fühlen. Jetzt waren wir grad mal alleine und niemand da, der mir dabei zu hörte. Das war der richtige Augenblick, weil ich nicht wollte, dass mir dabei jemand anderes zuhörte, als mein Bruder. Es war nur für ihn bestimmt.

“Avis, es tut mir leid, dass ich nicht mit Mama wieder gekommen bin. Ich habe Angst, dass ich Schuld bin, dass sie weg ist und ich möchte nicht, dass du das so siehst. Ich bin auch froh, dass ich dich noch habe. Wir kriegen das schon hin, oder?“

Die Worte sprudelten aus mir heraus, fast so, als hätte ich sie auch nicht mehr lange für mich behalten können. Klar waren Avis und ich nicht immer beste Freunde gewesen, aber wir hatten ja nur noch uns und eigentlich hatte ich ihn doch wirklich lieb. Es durfte jetzt nicht kippen, er durfte nicht sauer auf mich sein oder es mir übel nehmen. Weil dann wäre ich wirklich ein wenig einsam – auch wenn Kaya, Tryss und die anderen noch da waren.

Wieder schaute ich mich um und versuchte etwas zu erkennen und hoffte, dass uns vielleicht doch jemand finden würde. Die Idee, Mama ganz alleine zu suchen, war vielleicht doch nicht so gut gewesen und jetzt fragte ich mich schon, was mich wohl auf diese dumme Idee gebracht hatte. Hätte Avis den Vorschlag mal besser gemacht – dann wäre er jetzt wenigstens immer noch begeistert davon. Mein Bruder zweifelte nicht so schnell an seinen Entscheidungen und dann konnte man auch besser damit leben. Ich war nicht für spontane Abenteuer gemacht, das wurde mir jetzt wieder klar.

[Im Wald, mit Avis, machen Halt]


- Avis - 05.09.2012

Die großen Augen meines Bruder hatte ich selbstverständlich nicht übersehen, und irgendwie schien sein Blick hilflos, mutlos – ja, etwas dergleichen aufjedenfall. Es war schade das er so blickte, machte mich irgendwie traurig. Hatte er den Mut und die Hoffnung aufgegeben? Das durfte er nicht, denn immerhin hate ich das heimlich ebenfalls schon. Und wenn er das wirklich getan hatte, so musste ich meinen verlorenen Mut nun sammeln. Es schien als müsste ich den Posten des Optimisten (mal wieder) übernehmen. So lies ich kurz von meinem Stock ab und stupste ihn vorsichtig am Ohr an. Es war ein zeichen dafür, dass alles besser werden würde. Zumindest hoffte ich das, und ich hoffte auch, dass Kimya verstanden hatte, dass ich nicht so einfach aufgeben wüde Mama zu zu suchen um sie schlussendlich zu finden. Selbst wenn wir länger brauchen würden und sie dennoch nicht fänden; Wir hatten es versucht, uns bestes gegeben.
Doch obwhl dieser Gedanke und hätte stärken sollen, schien es, als ob es bei meinem Bruder genau das Gegenteil bewirkte. Viel mehr schien er den Drang zu verspüren etwas sagen zu müssen um mich – aber vermutlich in erster Linie sich selbst – aufzuheitern. Und als dann die Worte nur so aus ihm heraussprudelten stellte ich meine kleinen Lauscher auf, und versuchte ihm so gut es ging zu folgen. Überwältigt von der Masse an Worten blickte ich kurz darüber nachdenkend auf meinen Stock, ehe ich den Kopf wieder hob und kurzerhand seufzen musste. Machte mein Bruder sich wirklich solche Vorwürfe? Natürlich, die hatte ich ihm auch gemacht irgendwie, aber so sagen, jetzt, wo er bereits 'angebrochen' war, konnte ich das auch nicht.

"Ist schon in Ordnung",

flüsterte ich, obwohl es das eigentlich ganz und gar nicht war.

"Manchmal passiert sowas eben, aber wir finden Mama schon. Sie sucht bestimmt auch schon nach uns."

Diese lästige Hoffnung die ich mir stets selbst zu machen versuchte lies mich solche ... wirklich falschen Worte aussprechen. Denn wirklich lange hielt der Glaube daran nie. Vielleicht bei meinem Bruder, was mit Sicherheit oft von Vorteil war, aber wissen konnte ich es nicht, nur erahnen.
Langsam glitt mein Blick wieder umher. Wenn Kimya schon nicht mehr wusste wo er hergekommen war, dann vielleicht in welche Richtung wir gehen mussten um zum Rudel zurück zu kehren. Aber erst später, denn jetzt schon Aufgeben kam mir nicht in den Sinn.

[Wald | Kimya | sieht sich um]


- Kimya - 05.09.2012

Es hatte gut getan, Avis alles zu beichten. Jetzt fühlte ich mich um einiges leichter und besser. Ich sah auch plötzlich die Welt gar nicht mehr so schlecht wie vorher. Als mein Bruder mich dann noch aufmunternd anstubste und versuchte, mich zu trösten, wurde mir klar, dass ich mich gar nicht so anstellen musste. Ja, eigentlich durfte ich mich gar nicht so anstellen. Normalerweise sollte ich es sein, der jetzt versuchte sich zu fangen und den anderen, in dem Fall meinem Bruder, Mut zu machen. Irgendwie fühlte es sich für mich auch nicht richtig an, Avis so zu sehen. Es passte nicht zu ihm. Und wenigstens das sollte doch auch weiterhin normal bleiben. Wenigstens das. Das was Avis über unsere Mutter erzählte, klang gut in meinen Ohren. Auch wenn ich selber nicht mehr wirklich daran glaubte, so wollte ich doch, dass es wahr war...

Jetzt war es an uns zu entscheiden, wie wir weiter vorgehen wollten. Wollten wir noch weiter nach Mama suchen, oder gleich den Weg zum Rest des Rudels einschlagen? Ich wusste noch ungefähr, aus welcher Richtung wir gekommen waren. Aber wir mussten unbedingt sicher gehen, dass wir den Weg zurück auch finden würden...

“Ich hab' eine Idee, Avis!“

, rief ich fröhlich und wedelte begeistert mit meiner Rute. Das war ein Plan! So würden wir den Weg sicher wieder zurück finden. Ich hüpfte zu dem Baum, der ganz bei uns in der Nähe war und fing an, eine der Wurzeln mit Zähnen und Krallen zu bearbeiten. Schon nach kurzer Zeit war eine Markierung zu erkennen, die man auch schon von Weitem sehen konnte. Aber da fehlte noch der Geruch... Ich hatte das bei den anderen Wölfen schon beobachtet. Die pinkelten auch manchmal an 'nen Baum, wenn sie ihn unbedingt haben wollten. Klar, ich wollte den Baum nicht haben, aber wenigstens konnte man das dann von Weitem riechen. Also ließ ich ein paar Tröpfchen auf die Wurzel fallen und lief dann zu Avis.

“Jetzt können wir weiter und müssen nur ab und an mal markieren, damit wir den Weg zurück finden. Oder was meinst du?“

, fragte ich meinen Bruder und schaute ihn erwartungsvoll an. Die Idee war doch echt gut, was konnte er schon dagegen haben? Während ich auch eine Antwort wartete, schaute ich mich schonmal weiter um. Eigentlich hatten wir ja kein bestimmtes Ziel, wir konnten auch einfach nur durch die Gegend laufen und hoffen, irgendwann Mama zu finden. Aber am besten war ein hoher Ort, von dem aus man mehr sehen konnte. Weil diese ganzen Bäume waren schon wirklich hinderlich... Und ganz unabhängig davon, fing mein Magen jetzt an zu knurren. Aber das wollte ich Avis nicht sagen, ich hatte genug gejammert.

[Im Wald, mit Avis, am markierten Baum]


- Avis - 05.09.2012

So fröhlich wie mein Bruder auf einmal aussah, musste ja etwas ganz tolles passiert sein. Fast so etwas, wie das er Mama gesehen hatte, und wir ihr nur noch hinterher laufen brauchten. Doch natürlich war dem nicht so gewesen, und er hatte 'lediglich' eine 'gute' Idee in seinem Kopf herumschwirren. Es interessierte mich schon was er zu sagen hatte, also spielte ich kurz mit meinen Ohren, ehe sie in Kimyas Richtung gedreht waren, und ich ihn mit meinem skeptischen Blick ansah. Was der jetzt wohl vorhatte? Konnte das wirklich gut gehen? Nun, wenn mein Bruder mal eine Idee hatte, war sie nicht direkt schlecht, doch meist eher weniger mit einem Abenteuer verbunden. Wenn er mit also jetzt sagen würde, dass es vielleicht besser wäre, zum Rudel zurück zu kehren, so hatte er vielleicht recht, doch würde ich nicht einfach so mitgehen. Mit der Hoffnung das er das wusste, stieß ich also ein kurzes 'Hm' aus, und wollte ihm dadurch irgendwie vermitteln, dass ich bereit war seinen Worten zu lauschen.
Als Kimya dann aber nichts sagte, als ich ihm zuhören wollte, blickte ich nicht mehr skeptisch, sondern viel eher verwirrt zu ihm hinüber. Hä? Ich dachte er hatte eine Idee, und rechnete mit Worten aus seinem Fang, und nicht mit ... nichts. Wobei das ja eigentlich gar nicht nichts war. Vorsichtig hatte ich eine Sekunde lang in die andere Richtung geschaut, so stand mein Bruder auf einmal an einem der Bäume und markierte ihn. Also wenn das die gute Idee war, war sie irgendwie wirklich gut. Meine Lefzen zogen sich zu etwas wie einem breiten Lächeln zusammen, ehe ich noch einmal in die andere Richtung sah, und dann dort hin deutete. Vielleicht war Mama ja in diese Richtung gelaufen; Man konnte es ja zumindest einmal versuchen sie dort zu finden. Und solange Kimya weiterhin die Bäume markierte war auch alles gut, zumindest auf den ersten Blick.

"Das ist wirklich eine gute Idee"

, entgegnete ich meinem Bruder, um der ganzen Sache noch ein wenig Nachdruck zu bereiten, und betohnte vorallem das 'wirklich'.

"Und weil du so gut darin bist, überlasse ich dir diese Aufgabe."

Oder eigentlich überlies ich ihm die Aufgabe nur, weil ich langsam wieder anfing müde zu werden, und Kimya irgendwo doch schon gewissenhafter war als ich. Zumindest in diesem Punkt, und auch nur wenn ich nicht ganz fit war.
Von meinem Bruder wegblickend sah ich wieder in die Richtung, in die ich zuvor schon zweimal geschaut hatte. Es schien mir, als würde die Erde sich dort anheben. Vielleicht konnte man von dort aus ja auch Mama sehen? Ohne meinen Bruder irgendwie davon überzeugen zu wollen, dass es am besten wäre diese Richtung einzuschlagen, lief ich los, nachdem ich meinen Stock wieder aufgesammelt hatte.


[Wald | Kimya | läuft weiter]


- Kimya - 06.09.2012

Ha! Avis fand die Idee mit dem Markieren echt gut! Ein Erfolg auf ganzer Linie, jetzt fühlte ich mich noch viel besser als vorher. Die Aufgabe, auch weiter die Bäume zu bekratzen, wurde mir zugeteilt, aber auch das erledigte ich auch weiterhin gerne. Stolz und fröhlich wedelte ich mit der Rute, während ich von Avis zum Baumstamm schaute und dann wieder zu Avis... Aber mein Bruder war schon weiter gelaufen (natürlich nicht ohne seinen Stock vorher aufgesammelt zu haben), also musste ich mich sputen, um ihn aufzuholen. Irgendwie hatten wir wohl denselben Gedanken gehabt, denn der Weg, den er eingeschlagen hatte, führte einen leichten Hügel empor. Ich hatte immer noch die Hoffnung, von einer Anhöhe aus etwas mehr sehen zu können. Während wir also den Weg liefen, markierte ich immer in regelmässigen Abständen fleissig die Bäume. Das dauerte zwar eine Weile, aber es lohnte sich ja schließlich.

Die ganze Welt schien plötzlich wieder heil, obwohl wir Mama noch gar nicht gefunden hatten. Die Sonne schien noch ein wenig durch die Blätter auf uns hinab, ich war hier zusammen mit meinem Bruder auf einer großen Suche, mitten in einem Abenteuer, zu dem ich tatsächlich auch mal etwas beigetragen hatte. UND ich verstand mich gerade mit Avis besser als sonst – jedenfalls hatte ich das Gefühl. Jetzt fehlte nur noch Mama für das vollkommene Glück. Vor Aufregung jagte ich kurz einem Schmetterling hinterher, der sich schnell und aufgescheucht auf einen Baum rettete.

“Erzähl du mal, Avis.. Wen von den anderen magst du am liebsten?“

, fragte ich meinen Bruder aus heiterem Himmel. Die Frage überkam mich einfach plötzlich. Ich wollte wissen, wen mein Bruder mochte, damit ich diesen Wolf vielleicht auch mögen konnte. Jetzt wo Mama gerade nicht da war (wer wusste, wie lange), brauchten wir einen anderen Wolf, an den wir uns ein wenig hängen konnten. Wär doch gut, wenn wir uns da einig sein konnten?

[Bei Avis, im Wald, läuft bergauf]


- Skadi - 06.09.2012

Ich wusste nicht, auf was ich gehofft hatte, aber es war kein Abschütteln von Leid. Ich wollte mich nicht um meine Wunde scheren und mir persönlich half es immer, wenn ich mich auf die Sorgen anderer stürzen konnte. Aber Tryss hatte nur Kratzer. Eigentlich durfte man so etwas gar nicht denken - aber es ärgerte mich kurz, dass er nur Kratzer hatte. Das Alvarez sich abgewandt hatte, dass Tamias keine Sorgen teilte und das Tryss einfach nur Kratzer hatte. Sodass meine Wunde weiter Schmerzte. Immerhin verlangte er, dass ich kurz über das Leid des grauen Rüden sprach.

“Er will sich – glaub ich – nicht helfen lassen. Ich weiß nicht warum, aber er schmettert alles was ihn betrifft ab und sorgt sich um andere. Und dann langes Schweigen.“

Bei den Erklärungen merkte sie, dass ihr eigenes „inneres Verhalten“ nicht besser war. Eigene Sorgen mit denen Anderer Übertrumpfen. Größten Falls dem Selbstmitleid einen Gefallen tun, aber anderen die Schwächen zeigen?

“Du kennst ihn besser als ich, ich weiß nicht, wie ruhig und abweisend er ist, wenn es ihm gut geht. Aber ich glaube das er starke Schmerzen hat. Und er glüht.“

Redete ich noch schnell herunter, um zu verbergen, dass ich meinen Gedanken gefolgt war und um die Frage von Tryss endgültig zu beantworten.
Nun sah ich den Rüden an, der vor mir stand. Er war angespannt. Und in den nächsten Sätzen war das nicht nur zu sehen, sondern zu auch zu hören. Das Tamias mir zum Fluss gefolgt war, war mir nicht entgangen. Sein Schatten kam kurz vor ihm an und dann genehmigte er sich frisches Wasser. Gut, dass er sich bewegte, nicht wie Alvarez versteckt ablegte und nichts tat.

Ich hatte Tamias nicht angesehen bei der Ankunft. Ich hing mit den Blicken bei Tryss. So Jung, hilfsbereit und gerade voller Wut und Sorge. Und hörte ich da auch Verzweiflung?
Ich seufzte.

“Erst ein Mal muss Alvarez gewillt sein sich helfen zu lassen. Und wir müssen wissen, was wir tun müssen. Gegen seine Wunde weiß ich nichts. Aber den Allgemeinzustand können wir verbessern. Voller Magen, sauberer Körper und für seine Hitze Abkühlung…“

Weiterhin sah ich Tryss an, hoffte auf die Unterstützung von Tamias, den Jungen zu beruhigen. Ich hoffte, dass sie sich nicht beide mit ihrer Aufbrausenden Art wieder ins Zanken bekamen.