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Dekaja und Tryss | Nach Passus II - Druckversion

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- Tryss - 27.08.2011

Ich zuckte ein wenig erschrocken zusammen, als Dekaja mich mit ihrer Nase anstupste und blickte sie erstaunt an, lächelte dann aber wieder, freundlich und dankbar. Es war schön mit ihr hier zu sein, all das jemandem erzählen zu können und dafür nicht ausgelacht oder gescholten zu werden. Ich war mir sicher, dass einer der anderen Rüden mir die Leviten dafür gelesen hätte, dass ich nicht hartnäckiger gewesen war und meine Familie weiter gesucht hatte. Deka war so nicht. Deka war anders. Lustiger, verständnisvoller. Sie war mir so ähnlich. Ich war nicht mehr alleine mit meinen Fragen an die Welt, ich hatte jemanden, mit dem ich viel gemeinsam hatte und allein das war ein gutes Gefühl.

„Ich weiß nicht, was sie wollten. Wahrscheinlich wollten sie uns nur vertreiben, damit wir ihnen das Wild nicht mehr abjagten. Obwohl die Nahrung ja eigentlich für alle da sein sollte. Ich werde sie fragen, denke ich. Wenn ich einem begegne, mit dem man sprechen kann und der meine Fragen beantwortet. Und dann wird er mir alles erklären und ich werde es dir erzählen und dann wissen wir beide mehr. Mehr als alle anderen und dann können wir es weitersagen und vielleicht verstehen Wölfe und Menschen einander dann besser.“

Ich blickte sie an und lächelte noch einmal. Ja, so ein Plan schwebte in meinem Kopf herum, auch wenn ich mir sicher war, dass es schwer sein würde ihn zu verwirklichen. Gab es überhaupt Menschen, die unsere Sprache sprachen? Vielleicht konnten die Hunde übersetzen? Wo würde ich solche Menschen finden? Vielleicht auch im Norden, wie es die Wölfin erzählt hatte? Als Deka begann ihre Geschichte zu erzählen, hob ich aufmerksam die Ohren in ihre Richtung und hörte ihr ebenso aufmerksam zu. Thuveni hieß ihr Bruder also. Ein schöner Name, fast so schön wie Dekaja, oder Tryss natürlich. Aber nur fast. Ab und zu blinzelte ich ein wenig erstaunt. An einigen Stellen klang ihre Geschichte fast, als ob es meine hätte sein können. Das mit dem Vater kam mir so unglaublich bekannt vor – und Deka kam mir plötzlich so traurig vor. Ich wollte nicht, dass sie traurig war. Also tat ich einfach, was sie eben getan hatte. Ich stupste mit meiner Nase gegen ihre und lächelte aufmunternd.

„Das mit deinem Vater kenne ich. Also nicht mit deinem Vater natürlich, aber mein Vater war ähnlich. Meine Mutter war sehr geduldig und hat mich immer angehört, meine Fragen beantwortet und war sehr liebevoll. Mein Vater war auch eher rau und weil er Leitwolf war, hat er natürlich erwartet, dass ich vernünftig werde. Aber auch wenn dein Vater immer abweisend zu dir war, glaube ich nicht, dass er dich nicht gemocht hat. Immerhin warst du seine Tochter. Vielleicht konnte er es einfach nicht richtig zeigen, vielleicht wollte er es auch nicht zeigen, weil es für ihn eine Schwäche gewesen wäre zu zeigen, dass er sich um dich sorgt. Aber ich bin sicher, er mochte dich. Und ich bin sicher, er vermisst dich jetzt ganz schrecklich, wo du nicht mehr bei ihm bist.“

Ich nickte unterstreichend und blickte Deka entschlossen in die Augen. Ja, genau so war das doch mit den Vätern? Ich hoffte, dass wir Dekas Familie finden würden. Dann konnte ich ihren Vater kennen lernen und würde mit ihm ein Wort darüber reden. Das nahm ich mir ebenfalls fest vor. Das gefiel mir. Genau, wie mir ihr Vorschlag gefiel. Unsere Familien zusammensuchen? Das war eine wunderbare Idee!

„Au ja, das ist eine super Idee! Wir suchen sie einfach zusammen! Und dann finden wir sie und lernen unsere Familien gegenseitig kennen. Das ist toll, das machen wir!“

Auf einmal strahlte ich bis über beide Ohren und meine Rute wischte leicht über den Boden. Doch plötzlich wurde ich wieder ernst, mein Lächeln verblasste und ich blickte der Fähe vor mir fest in die Augen.

„Das ist ein Versprechen, oder? Du versprichst und schwörst, dass wir das machen und dass wir uns nicht mehr aus den Augen lassen, bis wir dieses Ziel erreicht haben. Oder? Und bis dahin müssen wir füreinander Familie sein. Wir müssen Bruder und Schwester sein, bis wir unsere richtigen Brüder und Schwestern wieder haben.“



- Dekaja - 04.09.2011

Als Tryss kurz vor meiner unbewussten Beruhigung zurück zuckte, stutzte ich einen winzigen Moment. Oh, mir war gar nicht bewusst, dass er vielleicht keine Berührungen wollte, aber es kam mir so selbstverständlich und normal vor. Doch dieser Gedanke wehrte nur einen Augenblick, ganz kurz. Dann schenke mir Tryss ein ehrliches Lächeln, welches mich beruhigte. Ich hatte wohl doch nichts falsch gemacht. Über mein Gesicht glitt wohl nun ein scheues, aber ehrliches Lächeln. Der Rüde gab mir das Gefühl, dass nicht alles was ich zu erzählen hatte Unsinn war und nicht alles was ich tat falsch. Ich bekam das Gefühl, dass meine Meinung ihm wirklich wichtig zu sein schien und es nicht vollkommen egal war, was ich grad tat. Zuletzt hatte ich dieses Gefühl im Beisein meiner Mutter genießen dürfen, aber jetzt und hier tat es mir sehr gut, ich war so froh, dass ich Tryss gefunden hatte. Der Rüde hatte nun meine ungeteilte Aufmerksamkeit, als er mir eine Erklärung, auf meine zuvor gestellte Frage gab. Was er sagte, machte Sinn, zumindest aus meiner Sicht, ja, essen war für alle da, aber waren selbst die Wolfsrudel unter sich schlimm, wenn es um Reviergrenzen und ähnliches ging? Schon als Welpe wurde mir eingetrichtert, dass wir niemals in den Revieren anderer Rudel zu jagen hatten, es konnte die schlimmsten Konsequenzen haben.

„Vielleicht wissen die Menschen ja unsere Reviere nicht, oder sie denken, dass euer Revier eigentlich ihr Revier war?“

Die Frage war über meinen Fang gehuscht, ohne dass ich einen Gedanken weiter daran verschwendet hatte, ich sprach eh zu oft aus, was ich dachte, aber so war ich nun einmal, was Tryss dann von sich gab, nahm ich eher mit leichter Bestürzung auf, wenn nicht sogar mit ein wenig missfallen. Er wollte mit den Menschen reden? Das war doch so gefährlich! Meine Zunge fuhr kurz und hektisch über meine Nase, eine Art meine Nervosität zu verbergen, etwas Unsicherheit war nun gar aus meiner Stimme raus zu hören..

„Du willst mit den Menschen reden? Ganz allein? Das kannst du nicht machen! Denkst du, sie hören dir zu, glaubst du, sie verstehen uns, wir verstehen sie doch auch nicht! Du kannst da nicht allein hingehen, wenn du das machst, musst du mir das sagen, dann komm ich mit, irgendwann…bitte geh nicht!“

Der Plan gefiel mir kein bisschen und ich hatte sogar Angst um Tryss, wenn was passieren würde, war ich wieder allein und das wollte ich nicht wieder sein, ich wollte doch so gern die Welt mit dem fast gleichaltrigen Rüden erkunden! Ich hatte die Menschen ja schon so oft mit Neugier beobachtet, aber nachdem was Tryss mir nun über sie berichtet hatte, sah ich sie auch mit etwas anderer Sicht, vielleicht war an all den Warnungen der Anderen doch ein klein wenig Wahrheit und die Menschen neigten dazu, Handlungen zu machen, denen sie sich vielleicht nicht mal bewusst waren. Aber wenn der Rüde sich nicht davon abbringen lassen würde, dann würde ich halt mitgehen, jawohl! Zu zweit war alles viel einfacher als allein. Er schenkte mir nun sogar ein erneutes Lächeln, auch wenn mir irgendwie grad das Lächeln vergangen war, doch dann stupste er mich wenig später an, ganz ohne mein Zutun. Das ließ meine innerliche Anspannung wieder sinken und ich schaute zu ihn auf, zum Glück hatte er nun wieder anderes im Kopf als mit den Menschen zu reden, vielleicht würde er das Thema ja vergessen, naja, die Hoffnung starb ja bekanntlich zuletzt. Was er dann aber von sich gab, klang irgendwie als hätten wir die gleichen Eltern gehabt. Ich schluckte einen Augenblick, genauso wie Tryss es beschrieb, hatte ich es auch immer gesehen und hätte niemals erwartet, dass es irgendwo noch einen Wolf gab, er ähnliches durchgemacht hatte wie ich. Es war auch äußerst lieb, dass er mich dann auch noch versuchte zu trösten, aber eigentlich hatte ich das gar nicht nötig, immerhin hatte ich mit meiner Stellung im Rudel und dem Charakter meines Vaters abgefunden, zumindest an den meisten Tagen. Manchmal tat es weh, wenn man die Anerkennung vor sich sah, mit der er meinen Bruder stets gelobt hatte und die Distanz mir gegenüber, aber inzwischen vermisste ich ihn trotzdem.

„Was du sagst, hat mir meine Mutter auch stets gesagt, aber richtig daran glauben tue ich nicht. Ich denke unsere Väter kommen beide nicht mit solchen Charaktere aus, wie wir sie nun mal sind. Er hat immer versucht mich zu ändern und irgendwann begonnen mich meinen Weg gehen zu lassen, als er feststellte, dass ich nicht seien Traumtochter war.“

Im Gegensatz zu meinem perfekten Bruder, aber das sprach ich nicht laut aus. Die Richtung, in die meine Gedankengänge verliefen stimmten mich traurig, also verdrängte ich das alles schnell wieder aus meinem Kopf, versuchte im Hier und Jetzt zu bleiben und schaute wieder mit klarer Miene auf mein Gegenüber. Tryss und ich hatten wohl noch viel mehr gemeinsam, als wir schon von Anfang an vermutet hatten, umso besser. Sein ernster Blick nun, mit dem er mich ansah ließ mich etwas schmunzeln.

„Glaubst du dasselbe auch von deinem Vater Tryss? Denkst du deine Familie würde mich mögen?“

Irgendwie bereitete mir das Sorgen, noch eine ablehnende Haltung, wie bei meinem Vater wollte ich von keinem Wolf mehr bekommen, aber bis dahin würde sicherlich noch viel Zeit vergehen. Viel Zeit die Welt zu erkunden, immerhin gab es bald Welpen und eigentlich war die Welt doch viel zu schön um traurig zu sein oder? Als Tryss mich über beide Ohren plötzlich anstrahlte, konnte ich mir in etwa denken, dass er ähnlich dachte wie ich, was er dann sagte berührte mich zutiefst. Er verlangte ein Versprechen, etwas, dass ich normaler Weise keineswegs leichtfertig gab. Aufeinander aufpassen, eine Familie sein? Wie Bruder und Schwester?

„Okay, ich verspreche es, wir passen aufeinander auf, wie Bruder und Schwester, wenn du es auch versprichst!“

Mein Blick lag nun warm, etwas unsicher auf ihn ruhend, erwartete ich eine Ablehnung?



- Tryss - 15.09.2011

Es war nicht schwer zu erraten, dass Dekaja meine Idee mit den Menschen zu reden nicht wirklich gefiel. Sie wollte mitkommen und redete davon, dass die Menschen uns nicht verstanden. Natürlich taten sie das nicht! Deshalb wollte ich doch mit ihnen sprechen! Da lag doch das Problem. Wir lebten aneinander vorbei, hatten unterschiedliche Vorstellungen von Freiheit, Besitz und dem Recht auf Leben. Das musste doch einmal jemand ausdiskutieren. Ich wollte wissen, was sie zu sagen hatten, warum sie taten, was sie taten und wie wir uns mit ihnen arrangieren konnten. Damit alles besser wurde und nicht alle Wölfe in den Norden ziehen mussten. Hier sollte es auch gut werden, damit nie wieder ein junger Wolf seine Familie verlieren musste. Solche Gedanken schossen mir durch den Kopf, aber ich behielt sie für mich. Ich hatte weder Lust mich von meinem Vorhaben abbringen zu lassen noch Deka mitzunehmen. Wenn sie doch nicht so freundlich waren, wie ich hoffte, saß ich allein in der Klemme. Wenn sie dabei war, würde ich mir doch nur Vorwürfe machen, wenn etwas schief ging. Aber das konnte ich meiner neuen Freundin schlecht sagen, sie würde sich nur Sorgen machen. Also ließ ich das Thema fallen und sagte einfach nichts dazu. Stattdessen ging ich auf das Thema Familie ein. Sie sprach davon, dass ihr Vater sie nicht mochte. Aber wie sie es tat. Ich schüttelte sanft den Kopf.

„Deka, dein Vater ist verschwunden, genau wie der Rest deiner Familie. Weißt du, was er durchgemacht hat? Weißt du denn, wie er sich gerade fühlt? Vielleicht gelten gerade all seine Gedanken seiner Tochter und er hofft, dass sie lebt und gesund ist. Er hat dich vielleicht nie so anerkannt, wie du bist. Aber er wollte sicher nur das Beste für dich – und das du nicht so warst, wie er wollte, heißt bestimmt nicht, dass er dich nicht geliebt hat wie ein Vater seine Tochter lieben sollte. Ich bin sicher er sorgt sich um dich. Verurteile ihn nicht vorschnell, vielleicht siehst du ihn nie wieder und bereust es irgendwann so etwas gesagt zu haben.“

Ich warf ihr einen mitfühlenden Blick zu und stupste meine Pfote gegen ihre. Ich hatte mich eigentlich bemühen wollen nicht so ein trauriges Thema anszusprechen. Auch wollte ich Deka eigentlich nie auf die Idee bringen, dass ihre Familie nicht mehr am Leben sein könnte. Das Gegenteil war der Fall, ich war sicher, dass ihre Eltern und Geschwister genauso lebendig waren wie meine. Aber so wie sie über ihren Vater redete, war das vielleicht die einzige Chance. Ich wusste, wie sie sich fühlte. Doch ich wusste ebenso gut, wie ich mich fühlte. Ich vermisste meinen Vater, ja selbst ihn, auch wenn er nicht immer gerecht gewesen war. Er war eben mein Vater und ich liebte ihn, wie ein Sohn einen strengen Vater liebte. Nicht so wie meine Mutter, aber nicht weniger. Sondern anders.

„Obwohl ich sicher bin, dass es ihm gut geht. Wir finden sie. Wir finden unsere beiden Familien. Und bis dahin passen wir aufeinander auf. Wie Bruder und Schwester. Darauf hast du mein Ehrenwort!“

Ich strahlte sie an und hob ein wenig den hinteren Teil meines Körpers um die Rute besser herumschlenkern lassen zu können. Die Idee war super! So konnten wir uns nie aus den Augen verlieren – und ich musste keine Angst mehr haben, dass Deka mich irgendwann verlassen würde.



- Dekaja - 30.09.2011

Irgendwie behagte mir die Richtung nicht, die unser Gespräch grad nahm. Tryss hatte weder zugestimmt mich im Notfall mit zu den Menschen zu nehmen und er hatte offenbar auch nicht vor, dieses Thema weiter auszuführen, irgendwie hatte ich sogar den Eindruck er wollte nicht weiter darüber reden und das verwunderte mich irgendwie. Eigentlich hatte ich gedacht er wäre ein Wolf mit dem man über alles reden konnte, aber vielleicht hatte ich auch voreilige Schlüsse gezogen, was ja an und für sich nichts wirklich Neues für mich wäre. Innerlich kurz seufzend musterte ich den Rüden offen, grad kam er mir so vor, als wäre ich der kleine Welpe und er der große Erwachsene der mich sanft aber bestimmt tadelte. Kurz verzog sich meine Lefze, als ich seinen Ausführungen zunächst schweigend lauschte, es war eigenartig, aber aus irgendeinem Grund meinte Tryss er müsse die Haltung meines Vaters verteidigen. Sicher, er war mein Vater, ohne ihn wäre ich nicht hier und irgendwo vermisste ich ihn, aber in der Zeit in der ich nun auf der Suche war, fragte ich mich doch, ob ich nicht manchmal Träumen nachrannte, Fantasien, die sich in meinen kopf geschlichen hatten und platzen würden, sobald ich mein Rudel gefunden hatte. Kurz senkte ich den Kopf, ja sicher, Rudel. Meine Mutter würde mich ganz sicher vermissen, immerhin war ich ihr Sorgenkind, aber ich war kein baby mehr, hatte es bis hierher auch allein geschafft und sollte ich jemals die Chance bekommen sie wieder zu treffen, würde ich ihnen beweisen, dass aus mir eine Fähe geworden war, die fest mit allem Pfoten auf Erde stand und im Leben zurecht kam! Grad noch als ich meinen Gedanken nach hing berührte mich Tryss Pfote. Als ich den Blick hob, sah ich seinen mitfühlenden Blick. Kurz war ich irritiert, bis ich den Blick überhaupt deuten konnte ging ich seine Worte noch mal im Kopf durch. Irgendwie war ich grad nicht so ganz bei der Sache, was eigentlich nicht zu mir passte, aber die Ereignisse in letzter Zeit waren auch ganz schön aufregend gewesen.

Tryss hatte geäußert, dass ich ihn vielleicht niemals wieder sehen würde, aber daran glaubte ich nicht, mein Vater war viel zu stolz und viel zu stur um zu sterben, mein Bruder ebenfalls und ich wusste, dass sie meine Mutter beschützen würden, das Rudel würde zusammen halten, nur ich war mal wieder allein. Kurz schaute ich auf seine Pfote, doch er sprach schon weiter, bevor ich meine Gedanken laut äußern konnte, er war offenbar aber genauso optimistisch veranlagt wie ich und die Idee, die er dann nannte gefiel mir, nein, sie gefiel mir sogar außerordentlich. Wie Schwester und Bruder. Das klang toll, das klang so ganz anders, als es in Wirklichkeit bei meinem Bruder und mir gewesen wäre und kurz fragte ich mich, wie mein Leben bis hierher verlaufen wäre, wenn Tryss wirklich mein Bruder gewesen wäre, aber es war Blödsinn darüber nachzudenken. Mein Blick erhellte sich wieder.

„Ja, wir passen auf einander auf! Es ist schön nicht allein zu sein!“


Damit meinte ich nicht allein in dem Sinne von allein, sondern auch allein unter anderen Wölfen mit den Charakteren, die wir nun einmal waren. Die ganze Vater-Geschichte sprach ich gar nicht mehr an, ich wollte darüber auch nicht nachdenken, dass würde ich noch früh genug tun müssen. Ich drehte mich nun zu ihm um, ließ mich auf die Seite fallen und streckte alle Pfoten von mir, eine Geste die viel eigentlich viel Vertrauen forderte, immerhin war ich aus dieser Position äußerst verletzlich, aber ich war sicher, dass mit Tryss nie etwas tun würde.

„Was denkst du, wie es jetzt weiter geht? Warten wir jetzt hier bis die Welpen reisen können, will Arkanis uns überhaupt bei sich haben?“

Es war noch immer alles komisch, als ich diese Gedankenstur wieder aufnahm, denn eigentlich hatte ich überhaupt keine Ahnung wie Welpen eigentlich waren.

“Hast du schon kleine Welpen gesehen?“

Mein Blick lag auf seinem Gesicht, warm und offen. Ganz ich halt.



- Tryss - 25.10.2011

Dekaja ignorierte gekonnte, was ich über ihren Vater gesagt hatte. Es war ihr gutes Recht und vielleicht verlangte ich auch zu viel, wenn ich erwartete, dass sie ihn plötzlich mochte oder vermisste. In diesem Punkt schienen wir uns zu unterscheiden, denn obwohl mein Vater mich mehr als einmal in meinem jungen Leben getadelt hatte, liebte und vermisste ich ihn doch. Ich hätte alles dafür gegeben, wenn er jetzt bei mir gewesen wäre und mich ermahnte, weil ich einfach so in der Gegend herumlag, nicht wachsam war und mich lieber mit einer anderen Wölfin unterhielt anstatt mich bei der Jagd nützlich zu machen. Schon sein dunkler, brummiger Tonfall hätte mir gereicht. Ich seufzte leise und ließ mich wie Deka ein wenig auf die Seite fallen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen so eine Haltung bei einem anderen Wolf auszunutzen. Dekaja war kein Wild, das ich töten wollte. Ich hatte keinen Hunger, wir waren Freunde und überhaupt wieso machte ich mir darüber Gedanken? Sie lag doch einfach nur da – und ich nun auch. Ein wenig länger musste ich über ihre Fragen nachdenken. Sie stellte so viele, da blieben mir kaum welche!

„Na ja, mit den Kleinen können wir sicher nicht reisen oder? Ich meine, ich habe so kleine Welpen noch nicht gesehen, aber kannst du dich an deine ersten Lebenswochen erinnern? Also ich nicht. Und wenn man sich nicht einmal erinnern kann, kann man bestimmt auch nicht laufen, geschweige denn sich auf so einen Weg begeben wie wir.“

Ich hatte die Frage nach Arkanis ausgelassen, weil ich ein wenig länger brauchte um mir zu überlegen, was sie wollte und was nicht. Am Ende musste ich mir eingestehen, dass ich auf diese Frage keine Antwort kannte – und schüttelte den Kopf.

„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Sie ist wirklich schwer einzuschätzen und allzu lange kenne ich sie noch nicht. Aber... vielleicht, ja? Meinst du, sie ist ein Muttertyp? Auf mich hat sie nie diesen Eindruck gemacht, obwohl sie mich nicht allein gelassen hat. Eine schwierige Frage hast du da gestellt, wahrscheinlich müssen wir Arkanis selbst fragen.“

Wie um zu überprüfen, ob sie in der Nähe war, hob ich den Kopf und blickte mich um. Entdecken konnte ich jedoch niemanden.

„Hast du schon einmal Welpen gesehen? Weißt du, wie man die großzieht? So mit jagen und Welt entdecken und so? Ob wir ihnen Fressen besorgen müssen? Die wissen doch sicher noch nicht, wie man ein Kaninchen oder eine Maus fängt oder?“

Ich runzelte die Stirn und blickte sie zweifelnd an. Deka war eine Fähe oder? Sie würde so etwas schon wissen.



- Dekaja - 04.11.2011

Ich war relativ froh, dass Tryss das Thema mit den Vätern endlich ruhen ließ. Mein Vater war schwierig und so wirklich verstehen konnte das sicherlich nur ich selbst. Klar vermisste ich ihn, die Frage war nur, würde er auch mich ermissen oder wie würde er reagieren, wenn wir uns wieder fanden. Darüber wollte ich mir hier und jetzt einfach keine Gedanken machen, wozu auch, er war nicht hier und wir würden ihn wahrscheinlich in den nächsten tagen auch nicht zu Gesicht bekommen, aber meine Umlenkung auf ein anderes Thema hatte offenbar funktioniert, denn Tryss ließ sich drauf ein, oder er war so taktvoll und hatte bemerkt, dass mich das Thema mit meinem Vater belastete. Ich dachte über Tryss Fragen nach, war dankbar über diese Ablenkung.

„Nein, ich habe keine Ahnung ob wir weiter reisen können. Die sind doch bestimmt ganz klein und können nicht weit laufen oder? Können die überhaupt irgendwas?“

Ich hatte schon einige kleine Wildtiere gesehen, wenn es bei Wölfen auch so war, waren sie vollkommen hilflos und auf Arkanis angewiesen. Es war echt fraglich ob wir weiter gehen konnten.

„Nein, ich kann mich an meine Welpenzeit auch nicht erinnern, überhaupt nicht, warum eigentlich nicht?“

Egal wie oft ich in mich schaute, da war nichts, nichts von Bildern oder irgendwas dergleichen. Seltsam. Die nächste Frage verblüffte mich dann aber doch, ich stellte meine Ohren auf und neigte den Kopf fragend zur Seite. Muttertyp? Woher sollte ich das wissen?

„Muttertyp? Was bitte ist denn ein Muttertyp? Ich denk Arkanis ist verbissen und würde nicht an dieser Aufgabe scheitern wollen, allein deswegen wird sie sich anstrengen.“

Bei seinen nächsten fragen stockte ich dann. Meine Augen wurden groß und als ich seinen fragenden Blick bemerkte schüttelte es mich innerlich? Warum fragte er mich das? Ich hatte keine Ahnung und keine Welpen und so schnell würde sich das nicht ändern! Etwas empör erwiderte ich seinen Blick.

„Woher soll ich das wissen, sehe ich so aus als hätte ich schon mal Welpen gehabt? Keine Ahnung! In meinem Rudel waren mein Bruder und ich der letzte Wurf Welpen.“

Meine Stimme war etwas lauter geworden, ungläubig und fast schrill. Warum fragte er das denn, ich könnte ihn doch genau das Gleiche fragen!



- Tryss - 13.11.2011

Ich legte die Stirn nachdenklich in Falten und grübelte über Dekas Fragen. Ich versuchte mich an meine Kindheit zu erinnern, aber bis auf ein paar verschwommene Bilder schien alles aus meinen Erinnerungen verschwunden zu sein.

„Hm, ich glaube am Anfang ist man noch sehr unerfahren und muss viel lernen. Die Welpen müssen ja erstmal die Welt kennen lernen und die Umgebung. Davon haben sie ja noch nichts gesehen. Glaube ich.“

fügte ich ein wenig leiser hinzu, denn wirklich sicher war ich mir auch nicht. Warum konnte man sich eigentlich nicht erinnern? War der Kopf da noch zu klein, so dass nicht so sehr viel hereinpasste? Behielt man also eher die wichtigen Gedanken im Kopf, wie zum Beispiel was Gras war oder die Namen der anderen Rudelwölfe als Erinnerungen daran, was man gerade wusste? Vielleicht?

„Ich weiß nicht, vielleicht kann man sich einfach noch nicht so viel merken. Und andere Dinge sind wichtiger. Es gibt so viele Informationen und so viel, was man lernen muss in der neuen Umgebung. Man muss Gras kennen lernen, Wasser, Regen, Bäume, Wölfe, Hasen, Rehe und und und...“

mutmaßte ich einfach ins Blaue hinein, auch wenn ich nicht wusste, ob das stimme. Plausibel klang es jedenfalls durchaus. Ich wollte ihr gerade noch eine Frage stellen, als Deka plötzlich durch meine letzte Frage ein wenig... panisch wurde. Prompt rollte ich mich auf den Bauch und blickte sie erstaunt und mit offenem Maul an. Hatte ich etwas falsches gesagt? Ich hatte doch nur eine simple Frage gestellt oder?

„Na ja... aber du bist doch eine Fähe oder? Ich dachte ihr wüsstet sowas. Erzählen Mütter nicht solche Sachen ihren Töchtern? Ich dachte das macht man so. Weiß ich doch nicht, ich bin doch ein Rüde...“

meinte ich ein wenig kleinlaut und vorsichtig. Ich legte die Ohren ein wenig zurück und senkte den Kopf. Ich wollte nicht, dass Deka so... panisch umherkreischte. Ich hatte doch nur gefragt. Und ich hoffte nicht wieder etwas Falsches gesagt zu haben.



- Dekaja - 21.11.2011

Ich dachte eine Weile über Tryss Worte nach. Unerfahren und viel lernen. Aber war es bei uns nicht auch so? Wir wollten doch auch noch viel lernen und so und am Anfang war das bestimmt noch leichter, immerhin gab es viel, was in den leeren Köpfen reinpasste. Tryss Frage machte mich stutzig. Hatte er wirklich so wenig Ahnung? Okay, ich hatte zwar noch keine Welpen gesehen, aber ich hatte schon einmal ein Reh beobachtet, was ein Junges bekommen hatte und wagte doch argh zu bezweifeln, dass dieses Neugeborene irgendeine Ahnung von der Welt hatte, äußerlich zumindest.

„Nein, ich glaube nicht, dass die Welpen ihre Umgebung kennen, aber das spielt auch keien große Rolle, wir werden ja eh nicht länger als nötig hier bleiben und wir selbst kennen die Umgebung auch nicht viel besser. Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern wie es bei mir war, hmm. Vielleicht ist das auch besser so!“


Ich dachte über Tryss nächste Theorie nach. Meine Mimik zeigte, dass ich wahrscheinlich ähnlich dachte, aber eher genauso unwissend war wie er selbst. Manche Dinge konnte man wohl offenbar nicht wissen, vielleicht wusste es ja Alvarez?

„Vielleicht weiß man ja manches noch gar nicht, weil es da einfach noch nicht wichtig ist?“

Komische Theorie, aber wenn man auf die Welt kam, aus der Mutter heraus, waren vielleicht Mutter und Geschwister einfach wichtiger und der Rest kam dann einfach. Aber ich verstand einfach nicht, wie er darauf kam, dass Fähen automatisch Dinge wussten.

„Ja, klar bin ich eine Fähe, aber doch keine Mutter! Meine Mutter hat mir nichts darüber erzählt, wozu auch? Ich wollte ja keine Welpen. Vielleicht ist auch alles Instinkt, und man weiß es dann wenn es soweit ist.“

Ja Instinkt. Manchmal tat man Dinge richtig, ohne genau zu wissen warum und wieso, vielleicht war es bei Welpen auch so. Nachdenklich fuhr mein Blick über Tryss, aber plötzlich ganz kleinlaut geworden war. Ich wollte zumindest nicht weiter über Muttergefühle reden die ich nicht hatte oder Dinge die ich nicht wissen konnte. Ich hatte keine Welpen und auch keinen Gefährten und wer wusste schon ob sich das jemals ändern würde. Zumindest stand es nicht auf meinem Plan. Mein Blick fuhr hoch in die Baumkronen. Es war inzwischen schon einige Zeit verstrichen und sie waren schon längere Zeit entfernt von der Höhle.

„Wir sollten zurück gehen, sonst vermisst uns Alvarez nachher noch. Immerhin sind wir schon länger weg.“

Die perfekte Ablenkung von diesem Welpenthema mit dem ich mich so nicht befassen wollte, und so konnte ich vielleicht vermeiden, dass Tryss da noch weitere Fragen stellte. Ich rappelte mich aus meiner gemütlichen Haltung auf, strecke kurz die Glieder und gähnte herzhaft. Ich warf den Rüden ein kleines Lächeln zu und setzte mich in Bewegung, schnell weg, die Rudelhöhle vor Augen.