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Dekaja und Tryss | Nach Passus II - Druckversion

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Dekaja und Tryss | Nach Passus II - Tryss - 17.05.2011

Alvarez war mal wieder nicht aufzufinden, auch wenn ich mir sicher war, dass er bei uns bleiben würde und Arkanis hatte sich nach den für sie schweren letzten Tagen zurückgezogen. Sie schien einen Bau gefunden zu haben für ihre Geburt, was aber dazu führte, dass ich nun mit Dekaja alleine war. Nunja, das war in meinen Augen nicht weiter schlimm. Immerhin war es Tag, die Sonne schien und es war relativ warm. Die Lichtung auf der wir uns befanden, war eingehüllt vom Sonnenlicht und ein Fell begann sich wohlig warm aufzuheizen. Kurz überlegte ich, ob wir jagen gehen sollten. Aber bei der Hitze war mir das zu anstrengend. Also streckte ich mich einmal ausgiebig und ließ mich dann unter einem Baum auf die Seite fallen. Zufrieden entließ ich ein Seufzen auf meinem Fang und schloss ein Auge. Mit dem anderen betrachtete ich Deka. Mir kam in den Sinn, dass sie und Alva ja keine Ahnung davon gehabt hatten, was in Kani vor sich ging.

„Ich hatte fast vergessen, in welchem Zustand sie ist. Ich hoffe ihre Welpen werden alle gesund und munter... und überleben. Was glaubst du?“

Ich öffnete nun auch wieder das andere Auge und blickte Dekaja an. Ich fragte mich, ob ihr meine Frage komisch vorkommen würde. Sie hatte nichts davon gewusst, dass Arkanis trächtig war. Und genauso wenig wusste die junge Fähe davon, was die ältere und ich bereits miteinander erlebt hatten – und was Kani hatte erleben müssen. Sie war in keinem guten Zustand gewesen, als wir sie aus dem Dorf befreit hatten und mit einem schmerzenden Stich in der Brust dachte ich daran, dass es kein Wunder wäre, würde ihr Wurf tot geboren werden. Ich seufzte noch einmal und legte dann den Kopf passend zu meiner seitlichen Liegeposition auf dem Boden ab. Das Dorf, die Ereignisse, die Menschen, die Hunde, die zwei Dickköpfe, Skadi. Und Ares. Ach Ares. Ich nahm mir vor diesen Ausflug alsbald als meinem Gedächtnis zu drängen. Zwar hatte er mich Einiges gelehrt. Aber mir auch Erinnerungen mitgegeben, die ich lieber nicht bei mir tragen wollte.



- Dekaja - 21.05.2011

Es war hellster Sonnenschein, eigentlich ein Tag zum Erforschen, Erkunden, Fragen stellen? Ideal für Wölfe wie mich, doch irgendwie kam die rechte Stimmung nicht auf. Ich hatte mich im Schatten nieder gelassen und war die ganze Zeit äußerst still gewesen. Eigenartig, aber mir schwirrte inzwischen schon der Kopf, so verwirrt war ich. Alvarez hatte sich von uns entfernt, was für mich eher eine Erleichterung war, so war ich eher allein und hatte nicht das Gefühl auf jeden meiner tapsigen Patzer und Schritte achten zu müssen. Gut, Tryss war da geblieben, aber bei ihm überkam mich dieses Gefühl nie. Er war wie ich und das machte mich….glücklich. Genau wie in diesem Moment, als er sich zur Seite drehte und mich fixierte. Es war die ganze Zeit über still gewesen und seine Frage riss mich aus meinen Träumereien. Was hatte er gefragt? Ich hatte nur ein paar Wortfetzen mitbekomme. Vergessen...Welpen…..gesund munter? Nun hatte er meine vollste Aufmerksamkeit, ich drehte mich, kullerte einmal um meine eigene Achse und war ihm nun kaum mehr einen Meter entfernt. Meine klaren, neugierigen Augen schaute ich ihn offen an..so viele Fragen waren in meinem Kopf.

„Du wusstest dass sie Welpen kriegt? Warum hast du es mir nicht gesagt! Ich habe es nie bemerkt? Bist du der Vater? Sind es ihre ersten Welpen? Was machen wir jetzt? Warum sollen sie denn tot auf die Welt kommen, was ist denn mit ihr passiert?

Ein plötzlicher Schwall an Fragen schoss aus meinem Maul, ohne dass ich dies beabsichtigt hätte, doch bisher war ich im dunklen getappt, keiner hatte mich darauf vorbereitet, dass ich vor einer Höhle in einem Wald liegen würde, in der eine Fähe ihre Welpen bekam und ich diese Fähe nicht mal kannte. Irgendwie war ich grad sichtlich überfordert mit der ganzen Situation in der ich da hinein geraten war. Wie sollte es denn jetzt weiter gehen und überhaupt, ich hatte nicht die geringste Ahnung von Welpen.

„Wenn ich ehrlich bin, ich habe noch nie Welpen gesehen, außer meinem Wurfbruder.“

Normal gehörten doch Welpen in ein Rudel. Ich hatte Tryss zusammen mit Arkanis kennen gelernt, nirgendwo ein Rudel, also mussten die beiden ja die Eltern seien, oder etwa nicht? Irgendwie gefiel mir die Tatsache nicht, dass sich mein Gegenüber, dass ich inzwischen schon als Freund bezeichnete mit der wortkargen älteren Fähe eingelassen hatte und das war meinem Blick wohl auch irgendwie anzusehen?

“ Was soll ich…..wir jetzt machen?“

Ja, ich war hier geblieben und hatte mich Tryss angeschlossen, irgendwie gefiel es mir nicht, dass ich ohne hin weiter ziehen könnte, doch ich wusste so nun auch nicht wie es weiter gehen sollte.

[liegt neben Tryss im Wald vor der Höhle, macht sich Sorgen]



- Tryss - 30.05.2011

Als Deka zu sprechen anfing, hob ich den Kopf wieder ein wenig und blickte sie an. Ich hatte damit gerechnet, dass sie mir Fragen stellen würde. Aber, war das ein vorwurfsvoller Ton, den ich da vernahm? War sie mir böse, dass ich ihr nichts erzählt hatte?

„Na ja, du hast doch gesehen, wie ungehalten sie sein kann. Sie findet es ja schon nicht toll, wenn man jemand anderem ihren Namen ohne Erlaubnis sagt, was hätte sie da erst mit mir gemacht, wenn ich dir oder Alvarez das verraten hätte? Das war ihre Entscheidung, sie hätte es erzählen müssen, nicht ich.“

Wobei das auch nicht ganz der Wahrheit entsprach. Hätte Deka mich gezielt gefragt, hätte ich meinen Fang sicher nicht halten können. Aber sie hatte ja nicht, also konnte ich mich gut rechtfertigen. Auf ihre nächste Frage hin, konnte ich sie aber erst nur dümmlich und überrascht blinzelnd ansehen. Dann musste ich laut lachen. Ich der Vater? Das war eine wirklich verrückte und lächerliche Vorstellung. Was sollte ich denn mit Arkanis anfangen? Oder mit Nachwuchs? Nein nein, dafür war ich doch noch viel zu jung!

„Wie kommst du denn darauf, dass ich der Vater sein könnte? Nein, sie war schon trächtig, als wir uns kennen gelernt haben. Genau genommen kenne ich sie noch gar nicht so lange. Ich habe sie mit ein paar anderen Wölfen aus einem Menschendorf befreit. Es ging ihr gar nicht gut, sie war in einem Käfig gefangen und konnte kaum laufen.“

Unter normalen Umständen hätte ich vielleicht noch mit der Gefährlichkeit des ganzen Unterfangens geprahlt, aber in Gedenken an meinen Freund Ares unterließ ich solche Angebereien lieber. Auch wenn ich gegenüber Deka sicher gehörig Eindruck geschunden hätte.

„Na ja, was sollen wir schon machen? Wir warten eben, bis die Welpen alt genug sind und ziehen dann weiter. Oder hast du was anderes vor? Willst du weg?“

Ich sah sie musternd an. Sie würde doch nicht weggehen oder? Ich hoffte nicht. Wenn Kanis Welpen nicht überleben würden, wäre ich mit den beiden Brummköpfen alleine. Bloß nicht!



- Dekaja - 04.06.2011

Tryss hatte sich mir zugewandt und versuchte mir eine Erklärung für Arkanis Verhalten zu geben, warum sie nicht offen über die Welpen gesprochen hatte. Klar, eigentlich konnte ich Tryss keinen Vorwurf machen, hätte ich meine Augen offen gehalten, wäre mir diese Tatsache vielleicht auch nicht entgangen, aber ich hatte die Fähe ja grade mal kennen gelernt und hatte noch niemals zuvor eine trächtige Fähe gesehen. Wie hätte ich es denn merken sollen? Als mich mein Gegenüber dann aber erst dumm anschaute und plötzlich anfing zu lachen, war es mit meiner guten Freundlichkeit schlagartig vorbei. Ich fixierte den Rüden mit gespitzten Ohren und ernsten Blick. Machte der sich etwa über mich lustig? Ich fand diese ganze Situation überhaupt nicht lustig und er lachte mich aus? Zumindest bis er anfing zu sprechen. Meine Züge glätteten sich wieder ein wenig. Es war gut zu hören, dass er nicht der Vater war, auch wenn ich selbst nicht ganz verstand wieso mich das überhaupt interessierte. Immerhin war es sein Leben, aber ich konnte mir diese Wölfin schlecht mit dem Rüden, der mir schon so Freund geworden war vorstellen.

Seine nächsten Worte ließen mich jedoch aufstehen und ihn ernst anschauen. Bisher hatte ich die Menschen, trotz aller Warnungen meines Rudels immer faszinierend gefunden. Doch das sie einen Wolf einsperrten? Arme Arkanis. Ich wollte gar nicht wissen, was sie alles empfunden haben musste.

„Was soll ich denn sonst denken? Ich konnte doch nicht wissen, dass du sie noch nicht lange kennst!“

Eine erst gemeinte Rechtfertigung für seine Belustigung, denn ich fand das alles grad weniger amüsant.

„Sie war gefangen und ihr habt sie befreit? Von Menschen? Wer sind die anderen Wölfe und warum war sie gefangen?“

Verwirrung breitete sich auf meinen Zügen aus und ich ließ mich wieder missmutig auf dem Waldboden nieder und schaute Tryss an, sah bei seiner nächsten Frage seinen musternden Blick. Wollte ich weg? Jetzt, später? Wenn ich ehrlich war, wusste ich es im Moment selbst nicht genau. Mein Ziel war mir immer klar gewesen, doch es tat so gut Gesellschaft zu haben.

“Wenn ich ehrlich bin….ich weiß es nicht. Ich wollte immer nur meine Familie finden. Wie soll ich das jemals schaffen, wenn ich hier bleibe?“

Mein Blick glitt über ihn, als ob ich überlegen würde, was die richtige Entscheidung war. Doch gab es die Überhaupt? Er konnte mir schon sagen ob ich meine Familie in den nächsten Tagen oder Wochen sehen würde? Vielleicht waren sie auch weiter gereist. Hier hatte ich drei andere Wölfe kennen gelernt, war nicht mehr allein…

“Naja, ein wenig kann ich ja noch bleiben….“

Ein kleines, freundliches Lächeln breitete sich über mein Gesicht aus und ließ ein wenig die unbeschwerte Deka in mir zurück kehren.



- Tryss - 09.06.2011

Ich hob den Kopf ein wenig an als Deka aufstand und anfing sich fast ein bisschen beleidigt zu rechtfertigen. Ich schüttelte sanft den Kopf und meinte in beschwichtigendem Tonfall:

„Na na, reg dich nicht so auf, die Vorstellung davon, dass... Das ist einfach zu komisch und zu verrückt, unvorstellbar! Natürlich konntest du das nicht wissen. Obwohl du sicher bemerkt haben solltest, wie wunderbar erfreut Arkanis auf neugierige Jungwölfe wie dich und mich reagiert.“

Die Ironie im letzten Teil war nicht zu überhören und gerne hätte ich noch ein oder zwei Worte hinzugesetzt, aber ich erinnerte mich daran, dass Arkanis sich vor einigen Wochen eben auf meine Seite geschlagen hatte. Nun, wohl eher aus Unwissenheit und Zufall, aber immerhin hatte sie sich nicht Kaya und Tamias angeschlossen. Das war ja immerhin etwas. Also ging ich lieber dazu über Dekaja zu erklären, was eigentlich genau geschehen war. Soweit ich es eben wusste.

„Warum sie gefangen war weiß ich nicht. Wahrscheinlich war sie unvorsichtig, viele Menschen sind nicht gut auf uns Wölfe zu sprechen, weißt du. Hast du schonmal Menschen getroffen eigentlich? Hast du Angst vor ihnen? Oder findest du sie eigentlich gar nicht schlimm? Ich meine es gibt ja solche und solche, bestimmt. Wie es eben solche und solche Wölfe gibt. Weißt du was ich meine? Oder glaubst du das ist anders?“

Ich blickte sie neugierig an, erinnerte mich aber kurze Zeit später daran, dass ich ihr ja eigentlich hatte antworten wollen und nicht hunderte Fragen entgegen schleudern.

„Ah, aber die Geschichte ja. Also... ich war mit vier anderen Wölfen unterwegs nach Norden. Ares, Kaya, Seritas und Tamias. Und auf unserem Weg begegnete uns plötzlich eine Fähe, Zcara, die uns von einer trächtigen Wölfin, gefangen in einem Menschendorf erzählte. Da haben wir beschlossen Arkanis zu befreien. Und das haben wir ja auch.“

Hier brach ich ab, scheinbar, weil damit ihre Frage beantwortet war. Aber eigentlich hatte ich keine Lust weiter zu erzählen. Der Mittelteil behagte mir nämlich nicht so ganz. Dass Ares gestorben war, war meine Schuld. Das war mir klar. Aber sicher wäre Arkanis gestorben, wenn ich nicht gehandelt, sondern auf Kayas und Tamias' Entscheidungen gewartet hätte. Sei's drum.

„Aber wir bleiben doch nicht ewig hier!“

protestierte ich auf ihre Überlegung hin uns wieder zu verlassen. Ich wollte nicht, dass sie ging. Dekas Gesellschaft war ein Segen für mich und obwohl wir uns erst so kurz kannten, war sie mir ans Herz gewachsen. Ich wollte sie nicht missen müssen. Ein seltsames Gefühl.

„Wenn es Arkanis besser geht und die Welpen alt genug sind, dann ziehen wir doch auch weiter! Ich jedenfalls. Ich suche auch meine Familie und ich will immer noch nach Norden. Wir könnten dann ja zusammen gesehen und unsere Familien suchen. Oder du kommst einfach mit nach Norden. Da gibt es keine Menschen, die uns jagen wie hier. Da kann man friedlich leben ohne Angst haben zu müssen eingesperrt zu sein. Vielleicht ist deine Familie ja auch da?!“

Es musste ein wenig verwunderlich klingen, woher ich als junger Spund wusste, wie es im Norden zuging. Ich wusste ja nichtmal, wo wir uns gerade befanden. Für mich klang es mittlerweile sehr plausibel. Aber ich war ja auch der Wölfin begegnet. Deka nicht.



- Dekaja - 16.06.2011

Tryss schichtende Worte holten mich mit einem Ruck wieder in die Realität zurück. Ich hatte doch gar kein Recht ihn überhaupt anzufahren und er war mir auch gar keine Rechenschaft schuldig über sein bisheriges Leben, dass ich dennoch eine bekam erfreute mich. Meine Züge glätteten sich und ich entspannte mich wieder. Seine Erklärung klang nun doch ziemlich einleuchten. Arkanis würde sich wahrscheinlich lieber auf die Rute beißen, als sich mit einem Jungwolf einzulassen aber…

„…manchmal führt das Leben einem auf die seltsamsten Wege zusammen…“

Leise war meine Stimme geworden, eine simple Feststellung, immerhin hatte das Leben auch uns irgendwie zusammen geführt. Seine nächste Aussage nahm ich mit Beschürzung zu Kenntnis, er sprach von den Menschen, wie meine Mutter es stets getan hatte, dass sie nicht gut waren, doch stimmte das? Immerhin hatten sie die Wölfin gefangen genommen, nur aus welchem Grund?

„Ich habe die Menschen oft im geheimen beobachtet und habe eigentlich noch nie einen Grund gesehen Angst haben zu müssen. Sie sind faszinierend! Sie können so viele Dinge, leben in großen selbstgebauten Höhlen und beherrschen das Feuer!“

Meine Stimme war einige Oktaven höher geschnellt und überschlug sich fast. Nein, ich fand die Menschen nicht schlimm, eher machten sie mich schrecklich neugierig.

„Kennst du sie, also die Menschen? Hast du vor Arkanis schon mit ihnen zu tun gehabt?“

Endlich jemand der meine Meinung zu teilen schien, und wieder waren Tryss und ich uns so ähnlich, was mich doch erfreute, als er eine meiner letzten Fragen weiter beantwortete…
Sein Gesichtsausdruck und auch seien Stimme hatten sich deutlich verändert, wirkten gedrückter und ließen mich ihn aufmerksamer beobachten. Er erzählte von einer Gruppe, nennte mir unbekannte Namen und brach dann je ab. Es war klar, dass da noch mehr sein musste, aber er wollte anscheinend nicht darüber reden. Okay ich war ja auch zum größten Teil noch eine Fremde für ihn, vielleicht erzählte er mir irgendwann mal mehr. Aber etwas interessierte mich dann doch….

„Warum bist du mit Arkanis jetzt allein? Wollten die anderen Wölfe euch nicht begleiten oder seit ihr getrennt worden?“

Ich richtete mich auf und sah ihn an, vielleicht sogar ein wenig tröstend, weil er plötzlich so gedrückt wirkte…doch dann brach ein neuer Redeschwall über mir herein, innerlich musste ich schmunzeln, so war ich also auch zu den Anderen, interessant!
Seine Ausführungen klangen ziemlich eindringlich..aber

„Woher weißt du, dass im Norden alles ruhig ist? Warst du schon einmal da? Warum suchst du deine Familie? Ist sie plötzlich auch weg gewesen?“

Es klang schön…also sein Plan, aber ganz tief in mir wusste ich, das meine Familie dort bestimmt nicht sein würde, sie hätten niemals ihr Revier verlassen, wenn es keinen dringenden Grund gegeben hätte, aber dennoch…

„Ja, ich werd mitkommen denk ich, vielleicht hast du Recht und sie sind auch da und vielleicht passiert bis dahin noch ganz viel Ausregendes!“

Wie die Geburt von Welpen zum Beispiel. Ein kleiner Hoffnungsschimmer leuchtete in ihren Augen, während ihr Blick an Tryss vorbei Richtung Wald glitt.



- Tryss - 19.06.2011

Ich betrachtete Deka während sie sprach. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sie das tat, was alle Wölfe normalerweise taten – oder jedenfalls die, denen ich begegnet war. Hasstiranden, Rachepläne, bla, bla, bla. Ich meine, was sollte das? Dumm und unsinnig war das, vor allem für die, die nicht einmal einen Grund hatten so zu denken, sondern einfach das übernahmen was andere ihnen sagten. Dekaja tat das nicht und das machte sie mir gleich noch viel sympathischer, als sie es ohnehin schon war.

„Kennen? Alle? Bist du verrückt, wie soll ich das denn machen? Das sind verdammt viele!“

Ich grinste frech und schüttelte dann den Kopf.

„Ich glaube nicht, dass ich sie kenne. Sie sind so viele und so unterschiedlich und so... geheimnisvoll. Wie du schon sagst, sie können sehr viel, auch wenn ich sie noch nicht so oft beobachten konnte. Unangenehm ist natürlich, dass sie uns Wölfe jagen. Sie haben meine Familie auch vertrieben von dort, wo ich geboren und aufgewachsen bin. An diesem Tag habe ich meine Eltern und meine Geschwister das letzte Mal gesehen.“

Meine Ohren klappten kurz nach traurig zur Seite und ich legte den Kopf auf die Pfoten, ganz so als sei er mir gerade zu schwer geworden bei den Erinnerungen an diesen schrecklichen Tag. Aber nur einen Augenblick später hob ich den Kopf wieder und lächelte.

"Aber ich bin ihnen nicht böse, ich will keine Rache oder hasse sie oder sowas Dummes. Das finde ich quatsch. Weißt du, nur weil es ein paar Menschen machen, heißt das doch noch lange nicht, dass alle Menschen so sind. Und es muss ja auch einen Grund dafür geben, dass sie uns nicht mögen. Vielleicht haben sie ja Angst vor uns? Oder sie denken, wir würden sie fressen? Oder sie überfallen? Ich glaube wir müssten sie mal richtig kennen lernen, das wäre was! Ich würde ihnen ganz viele Fragen stellen! Ob die unsere Sprache verstehen?!“

Meine Augen glänzten aufgeregt bei diesem Gedanken und ich malte mir aus, wie Deka und ich mit ein paar Menschen im Wald spielen würden und dann bei ihnen liegen würden, damit wir uns austauschen konnten. Das wäre toll! Vielleicht konnte man das im Norden ja!?

„Woher ich das weiß? Oh, das ist eine lange Geschichte. Ich weiß nicht, ob du die wirklich hören willst. Weil sie auch ein bisschen traurig ist. Aber wenn du sie hören möchtest, erzähle ich sie dir natürlich gerne. Aber nur, wenn du wirklich mit uns weiterziehst. Ich fänds nämlich wirklich schade, wenn du wieder gehen würdest.“

Wieder klappten meine Ohren leicht zur Seite und ich sah sie mit einer Mischung an flehendem und mitleidserregendem Blick an. Ob das Wirkung zeigen würde?



- Dekaja - 21.06.2011



Erstaunt betrachtete ich den jungen Rüden vor mir. Er war der erste, der nicht schlecht über die Menschen sprach, sie nicht verabscheute, sich vor ihnen ängstigte oder sie gar töten wollte. Langsam begann ich mich zu ärgern, warum ich ihn noch nicht früher getroffen hatte. Warum hatte er nicht mein Bruder sein können, dann hätten wir so vieles gemeinsam entdecken können. Gemeinsam die Menschen beobachten. Ach, das Leben machte es manchmal aber auch wirklich nicht leicht, aber manchmal schienen auch Wege zusammen zu führen, sonst wäre ich jetzt wohl nicht hier. Dann jedoch, hörte ich etwas, dass mich gar traurig stimmte und auch an Tryss Reaktion konnte ich erkennen, wie er unter den Verlust seiner Familie litt, auch wenn er es herunter spielte. Ich wollte eigentlich nicht in einer Wunde bohren, auch wenn die Bindung zu meiner Familie nicht so innig war, doch die Neugier gewann wie immer die Überhand.

„Sie jagen uns? Sie haben euch aus eurem Revier vertrieben, wie denn das und warum? Was ist denn mit dir passiert? Hast du auch Geschwister?“

Das klang alles wenig erfreulich und meine Ohren klappten nach hinten, während mein Gesicht ernste Züge angenommen hatte. So etwas hatte ich noch nie gehört. Ja, ich hatte mich stets gewundert, warum alle so schlecht über die Menschen sprachen. Hatte es stets als Irrsinn abgeschrieben, doch wenn ich diese Sache nun näher beleuchtete…hmmm.
Irgendwoher mussten ja diese engstirnige Ansichtsweise und die Furcht vor den Menschen herkommen. Ich hatte da stets versucht meine eigene Meinung zu bilden, doch jetzt hörte ich Tryss und glaubte ihn, was er da berichtete. Vielleicht war ich doch vollkommen naiv, wie mein Vater es doch immer sagte. Ich senkte meinen Kopf, starrte auf den Erdboden vor meinen Pfoten. Vielleicht hatte ich ihm lange Zeit unrecht getan? Nein! Bestimmt nicht!

Tryss nächste Aussage, passte zu ihm. Mein erster Eindruck fühlte sich durchaus bestätigt. Er war den Menschen nicht böse und hatte fast die gleichen Ansichten wie ich auch. Man konnte nicht ein ganzes Rudel verurteilen, nur weil es einen Wolf gab, der nicht in der Reihe tanzte.

“Ich weiß nicht was die denken. Die denken offensichtlich ganz anders als wir und leben ganz anders. Hast du jemals gesehen, wie die das Feuer benutzen? Wie können die das? Ich glaub nicht, dass die unsere Sprache sprechen, sonst würden die doch bestimmt mit uns reden, oder meinst du nicht? Ich hab schon heimlich welche beobachtet in diesen Höhlen, vielleicht halten die sich für höhere wesen und zu erhaben um mit uns zu reden und haben Angst wir könnten ihnen den rang streitig machen!“

Ich verdrehte spielerisch meine Augen. Für höhere wesen hielten sich selbst die älteren Wölfe ihr gegenüber und Tryss anscheinend auch, wenn sie die Aktionen und Gespräche der letzten Wochen aus ihrem Kopf kramte. Dann spitze ich meine Ohren. Klang seine nächste Aussage gar nach Erpressung. Mein Fang hob sich. Ja, er wusste genau wie neugierig ich war und nutzte dies auf. Hmm, na warte…..

„Wenn du mir die Geschichte erzählen möchtest kannst du das gern, aber ich werde dich nicht begleiten….“

Ich legte eine Bedeutungsvolle Pause ein und blickte ihn ernst an…

“Ich würde dich auch begleiten, wenn du sie mir nicht erzählen würdest!“





- Tryss - 23.08.2011

Ich nickte Deka mit ernstem Blick zu. Wusste sie das etwa nicht? Da konnte man ja wirklich neidisch werden. Hatte sie etwa nicht in der Nähe eines Menschendorfes gelebt und die Zweibeiner nie getroffen? Oh, ich beneidete sie tatsächlich, vor allem darum, dass sie keine schlechten Erfahrungen mit den Menschen gemacht zu haben schien. Wie gerne hätte ich mit ihr getauscht, aber gleichzeitig fragte ich mich plötzlich, was dann eigentlich mit ihrer Familie geschehen war.

„Ja ja, einige jagen Wölfe, weil einige Wölfe das Vieh reißen. Die Menschen roden die Wälder und nehmen uns damit das Wild und den Lebensraum. Also müssen wir woanders Nahrung bekommen und fressen Schafe oder Rinder der Menschen. Das mögen sie aber nicht, deshalb jagen sie uns. Mit ihren Armbrüsten und den Jagdhunden. So hat es mir mein Vater einmal erklärt. Ein großes Missverständnis, wenn es wirklich so ist. Aber ich denke, so ist es. Mein Vater ist ein kluger Wolf, der viel gesehen hatte und viele Antworten wusste.“

Ein wehmütiger Ausdruck trat wieder in mein Gesicht. Ach Vater! So oft waren wir aneinander geraten, weil ich zu viel fragte und zu neugierig war und er immer um meine Sicherheit besorgt. Aber seit er nicht mehr da war, vermisste ich ihn und seine harsche Art, so wie ich meine Mutter und meine Geschwister vermisste.

„Ich weiß nicht, warum sie uns angegriffen haben. Wir haben uns nie an ihrem Vieh vergriffen, wahrscheinlich waren wir einfach da. Wir hatten sie gar nicht erwartet. Weißt du, wir waren nur ein normales, kleines Rudel. Mein Vater und meine Mutter waren die Leittiere. Dazu habe ich noch einen Bruder und eine kleine Schwester. Einer unserer Wölfe hatte sie zufällig entdeckt und das Rudel gewarnt. Aber da kamen sie schon. Alle rannten auf einmal panisch davon – ich auch. Ich verlor meine Familie aus den Augen, aber ich musste mir ein Versteck suchen. Das fand ich auch in einem alten Baumstamm, hohl und morsch. Dort blieb ich, bis ich sicher war, dass die Menschen weg waren und dann kehrte ich zurück um meine Familie zu suchen.“

Ich machte eine kurze Pause. Das hatte ich auf unserer Reise noch niemandem erzählt. Wahrscheinlich hätte ich es Ares erzählt, wäre noch bei uns gewesen. Aber Ares war nicht da, also war Deka die Erste. Als ich daran dachte, wie ich zurückkehrte und niemanden mehr vorfand, zog sich mein Gesicht ein wenig zusammen. Der Schmerz über den Verlust meiner Familie war doch noch größer als ich es erwartet hatte, obwohl alles nun schon einige Monate zurücklag.

„Ich konnte niemanden mehr finden, alle waren fort., die Spuren führten ins Nirgendwo Und so habe ich mich auf den Weg gemacht, um meine Familie zu finden, denn ich bin sicher, sie leben noch. Ich weiß es einfach – oder anders: ich wüsste, wenn es nicht so wäre.“

Ich hob den Kopf und schenkte Deka ein aufrichtig hoffnungsvolles Lächeln. Ja, ich würde sie finden, da war ich mir sicher. Vielleicht würde mir die graubraune Fähe ja helfen? Da fiel mir plötzlich meine Frage ein, die noch vor einigen Sekunden durch meinen Kopf gespukt war.

„Aber sag, was ist denn eigentlich mit deiner Familie? Wenn du die Menschen nicht kennst und nicht weißt, dass sie uns jagen, dann muss etwas anderes geschehen sein? Bist du von zu Hause weggelaufen und hast dich verirrt?“

Ich legte den Kopf schief und blickte sie an. Ob sie mir das erzählen würde? Eigentlich mochte ich Dekaja sehr – und ich vertraute ihr, mehr als ich einem anderen Wolf auf dieser Reise bisher vertraut hatte. Sie war mir so ähnlich, als ob sie meine Zwillingsschwester wäre. Und als sie erwähnte, dass sie mich nicht begleiten wollte, stockte mir kurz der Atem. Was? Doch kurz darauf fuhr sie fort und ich blinzelte sie missmutig an.

„Mach darüber keine Witze. Du musst mitkommen, sonst... sonst... sonst wäre ich doch mit Alvarez und Arkanis alleine. Das kannst du mir doch nicht antun! Ich erzähle dir die Geschichte auch gleich, nur erzähl mir erst von deiner Familie. Und von dir. Woher kommst du denn? War das in der Nähe? Ich meine dort, wo wir uns getroffen haben?“



- Dekaja - 25.08.2011

Ich blinzelte verwirrt, als der sonst so übliche freche und lustige Blick von Tryss plötzlich an Ernsthaftigkeit zunahm und er mich genau ansah. Ich rutsche schier unruhig auf dem Boden hin und her, irgendwie hatte dieses simple Gespräch eine komische Wendung genommen. Er erzählte mir Dinge von den Menschen, die ich nicht verstand, nicht kannte und auch nicht wirklich verstehen wollte. So lange Zeit hatte ich sie heimlich beobachtet, obwohl sie doch weiter weg vom Rudel waren. So oft musste ich mir die Warnungen meiner Mutter anhören und zu Beginn auch die meines Vaters, bis er begonnen hatte mich zu ignorieren, sich meinem Bruder zu widmen. Hatten sie beide die Wahrheit gewusst, wenn ja warum hatten sie es mir nie erzählt, warum immer nur dieses schlichte „Die Menschen sind gefährlich, halt dich fern von ihnen“? Ich hatte mich schon immer gefragt, woher diese Meinung gekommen war, aber Tryss Sätze ließen auf meinem Gesicht wahrscheinlich einen schockierten Ausdruck erscheinen und dann erzählte er mir plötzlich von seiner Familie und wie er sie verloren hatte, zwar ganz anders als sie selbst, aber…warum…..Verwirrung..

„Aber wieso sind die in euer Versteck gekommen, was wollten sie denn mit euch machen?“

Meine Stimme war um einiges aufgeregter als wahrscheinlich beabsichtigt und der verletzte Ausdruck, der plötzlich auf Tryss Gesicht erschien entging mir auch nicht. Er vermisste seine Familie, wahrscheinlich genauso wie ich die meine und trotzdem waren wir beide unterwegs um sie zu suchen, schlugen uns allein durch, okay, jetzt nicht mehr, ich wünschte mir so sehr für den Rüden, dass er seine Familie fand, immerhin hatte er das verdient und hoffte für seine Familie innerlich genauso wie für meine Eigene. Als ich nun den Blick hob und einen genauen Blick in seine Augen werfen konnte, bemerkte ich diesen Blick, er sprach Bände und passte so genau zu dem, was ich selbst grade gedacht hatte. Einem Impuls folgend streckte ich den Kopf vor und berührte mit der Nase kurz seinen Fang. Eine einfache Geste, nicht aufzugeben und nicht den Kopf hängen zu lassen. Dann jedoch wechselte Tryss die Richtung des Gespräches, fragte mich nach meiner Familie. Verstaunt legte ich den Kopf schief, bisher hatte sich noch keiner dafür interessiert, bisher hatte sich noch niemand über mich etwas gefragt, aber okay, wie viele Wölfe waren mir seit Beginn meiner Reise schon begegnet?
Zunächst überlegte ich, wo ich anfangen sollte, vielleicht am Anfang? Ich schaute Tryss an und schwand in meinen Erinnerungen, stellte sie mir bildlich vor.

„Mein Bruder und ich waren für mein Rudel eine Art Segen, im Jahr zuvor war der Wurf nicht durchgekommen und so waren wir die einzigen Welpen. Ich war wohl von Beginn an der Liebling meiner Mutter und Thuveni der meines Vaters. Ich denk mein Vater kam mir meiner abenteuerlustigen Art nicht klar, er war immer so ernst und diszipliniert, halt ganz anders als ich, ich denke er hatte meinen Bruder viel lieber als mich, aber das stört mich nicht….nicht mehr….“

Hatte ich zu Beginn noch freudig erzählt, war meine Stimme zum Ende hin eher nachdenklich leise geworden. Klar hatte ich mich immer um die Zuneigung meines Vaters bemüht, aber da er, egal was ich auch anstellte nie stolz auf mich war, hatte ich irgendwann eingesehen, dass ich ihn nicht erfreuten konnte, außer ich würde nicht ich selbst, so war mir nur noch meine Mutter geblieben. Was Tryss dann aber fragte, brachte mir dann aber doch ein Schmunzeln über den Fang. Verlaufen, wegrennen?

„Nein, ich kennen Menschen, ich habe so oft heimlich beobachtet auf einen meiner Ausflüge, aber niemand hat mir je erzählt, dass die so was machen, die haben immer alle nur gesagt ich solle mich fernhalten und es sei gefährlich, aber nichts genaueres. Aber ich habe dann irgendwann nicht mehr darauf gehört und hab sie in ihren komischen Höhlen beobachtet. Irgendwann kam ich zurück zur Höhle, alles hat komisch gerochen und keiner war mehr da, sie mussten bestimmt weg und seitdem suche ich sie. “

Mein Blick war kurz in die Leere gerichtet, aber als ich Tryss Reaktion auf mein kleines Ärgernis bemerkte, blitzten meine Augen, er wollte also nicht, dass ich ging, irgendwie gefiel mir das sehr. Komisch, war mir der Rüde in so kurzer Zeit so wichtig geworden? Irgendwie schon. Die nächste Frage war irgendwie etwas peinlich….

„Ich komme irgendwo aus dem Süden um genau zu sein weiß ich nicht wo ich bin, oder jemals gewesen bin, ich bin einfach meiner Nase gefolgt und drauf losgelaufen um sie zu finden, aber aus der Nähe unseres Treffpunktes kam ich nicht, ich war viele Wochen unterwegs gewesen bis ich auf euch traf und ihr wart die ersten Wölfe überhaupt gewesen auf die ich traf. Vielleicht können wir unsere Familien ja zusammen finden, das wäre toll!“

Ein Hoffnungsschlimmer und ein freudiges Strahlen erschien auf meinem Gesicht als ich den Rüden nun wieder direkt anschaute und meine Rute etwas über den Waldboden strich. Zu zweit, oder mehr war alles leichter zu ertragen als allein und in Tryss hatte ich einen Wolf gefunden, mit dem man alles schaffen konnte!