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Passus III - Eine ungewollte Unterbrechung - Druckversion

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- Tryss - 23.05.2011

Der Kleine war ein lustiger Gefährte. Amüsiert beobachtete ich ihn, wie er das Grasbüschel noch einmal ansah. In seinen Augen schien so etwas wie Erkennen aufzuleuchten. Ha! Da hatte der kleine Mann schon seine erste Lektion vom großen Tryss gelernt. Ich befand, dass ich mich gut machte als Welpenaufpasser. Und als Vorbild anscheinend auch. Der kleine Welpe legte sich ebenfalls flach auf den Boden und stieß mit der Nase nun fast an meine, während er seinen Fang öffnete und drauf los erzählte.

„Kimya also, ja? Das ist ein toller Name. Gefällt er dir? Mein Name gefällt mir. Ich heiße Tryss! Vor einem Jahr war ich mal genauso klein wie du, aber irgendwann bist du auch so groß wie deine Mama oder ich es sind. Und dann weißt du auch so viel. Mit der Zeit lernst du nämlich, dass das Gras ist. Von deiner Mama oder von anderen Wölfen. Ich jedenfalls weiß das von meiner Mama. Und meinem Papa, aber die sind beide nicht hier. Aber die waren wahnsinnig schlau. Ich weiß nicht, ob ich so schlau bin wie deine Mama. Sie ist ein bisschen älter als ich und weiß wahrscheinlich viel mehr. Ich hab noch viele Fragen, wie du bestimmt auch oder? Magst du Fragen? Deine Mama mag sie nicht so gerne, aber sie ist trotzdem in Ordnung, findest du nicht? Ist dein Bruder auch so neugierig wie du?“

Ohhh! Mir ging das Herz auf bei so einem kleinen neugierigen Gefährten! So jung, so neugierig, so fragefreudig und er würde sich nicht beschweren, wenn man mit ihm herumalberte. Das war ganz nach meinem Geschmack. So hörte ich auch nur mit halbem Ohr hin, als die anderen sich unterhielten. Was ich gut mitbekam war, dass Kanis meinem Vorschlag zustimmte – und das hob meine Laune noch einmal ganz beträchtlich. Deka und ich konnten Zeit mit den kleinen verbringen und ihnen die Welt zeigen! Ich überlegte, was ich Kimya zuerst zeigen sollte. Und Avis – wie ich aus dem Gespräch mit Dekaja mitbekam. Schmetterlinge? Raupen? Gras kannte er ja nun schon. Vielleicht Bäume? Wobei, nein. Die waren vielleicht zu langweilig. Sprechen konnten die auch nicht, aber außer mit Wölfen hatte ich auch sonst mit noch niemandem gesprochen. Gab es denn überhaupt andere Tiere, mit denen man reden konnte? Ich grübelte kurz, konnte aber zu keinem Ergebnis kommen. Ich beschloss Alva oder Arkanis danach zu fragen. Später, denn die beiden schienen ziemlich beschäftigt zu sein. Und ich war es sowieso.

Der Kleine schaute immer noch in meine Richtung. Ich machte große Augen und streckte meine Pfote ein wenig vor, um seine – im Gegensatz zu meiner ziemlich kleine – Pfote anzustoßen. Sie musste ihm fast vorkommen wie ein Monster, war sie doch mindestens doppelt, wenn nicht sogar dreimal so groß.

„Hast du gehört? Deine Mama will sich ein bisschen nach etwas Fressbarem umsehen. Und derweil können wir uns ein bisschen hier umgucken. Was willst du dir als Nächstes angucken?“

Ich blickte Kimya freudig und erwartungsvoll an, während meine Rute über den Boden der Lichtung wischte. Kurz wanderten meine Augen in Richtung Deka und Avis. Hatten sie sich auch schon ein Erkundungsziel ausgesucht?

[Waldlichtung | Kimya; Deka und Avis; Alva und Kanis]



- Arkanis - 23.05.2011

Mit wachen Augen beobachtete ich meine Welpen. Endlich hüpften sie nicht mehr herum, sondern hatten sich anscheinend an Dekaja und Tryss gebunden. Sehr schön. Die beiden jüngeren Wölfe hatten auch sichtlich ihren Spaß. Ich belächelte die Situation. Es war unbeschwertes Rudelleben, was sich hier vor meinen Augen abspielte. Wie lange war das her gewesen, dass ich zuletzt so etwas erlebt hatte? Entspannung zog sich durch meinen Körper. Es tat gut einmal nicht auf der Flucht zu sein, sondern einfach nur den Tag zu genießen. Vielleicht würde mich das Muttersein noch einiges lehren. So zufrieden ließ ich sogar die Witzelei des Grauen über mich ergehen. Auf mich aufpassen, dass ich nicht lachte. Seine ironisch, sarkastische Bemerkung vermochte ich dann nicht mehr ganz einzuordnen. Vermutlich wollte er bloß seine freundliche Seite überdecken. Trotzdem konnte ich nicht umhin nachzuhaken und die Herausforderung anzunehmen.

“Dann sollte ich dir wohl öfter meine Zähne zeigen.“

Wie zum Beweis hob sich meine Nase unter einem krausen Nasenrücken und ich entblößte die Spitze meines blendend gepflegten Gebisses. Nur so zum Spaß ließ ich die Kiefer dann einmal kurz neben dem Fang des Rüden zuschnappen.

“Du solltest dich lieber freuen mit mir jagen zu dürfen.“

Noch immer war meine Stimme um so vieles weniger bissig als sonst. Die Welpen schienen meinem mürrischen Wesen trotz allem Stress gut zu tun. Dekajas ungläubige Frage quittierte ich daher auch nur mit einer milden Bemerkung. Sie hatte ja durchaus Recht damit, dass ich mich mehr als untypisch verhielt. Jedoch musste ich einfach Abstand von all dem Gewusel gewinnen, wenn ich den kleinen Wesen nicht irgendwann entnervt ein paar Büschel Fell aus dem Pelz klauben wollte.

“Ich hoffe nicht, dass ich diese Entscheidung später noch bereuen werde.“

Schließlich sog ich prüfend die Luft ein. Tief und genüsslich füllte ich meine Lungen. Die milde Luft des Abends tat ihnen nach dem stickigen, staubigen Muff in der Höhle wahrlich gut. Ich filterte all ihre Gerüche. Der Duft verschiedener Kräuter, Gräser und Blüten hing in der Luft. Der Wald roch so würzig wie es sein sollte. Auch der Kot einiger Kleintiere, vielleicht Mäuse oder ein Kaninchen, gehörte zu den Düften. Verlockend, aber für vier ausgewachsene Wölfe und die beiden halben Portionen müsste es schon etwas mehr als nur ein dürres Kaninchen sein, das sie zu erjagen hatten. Voller Tatendrang erhob sich die Fähe und streckte die Glieder. Die Vorderpfoten weit vorgestreckt und die Rute weit in der Höhe vollführte sie ihre persönliche Dehnübung. Dann sah sie Alvarez erwartungsvoll an.

“Also? Wollen wir los?“

[Platz vor dem Bau | neben Alva, Tryss, Deka & ihre Welpen im Blick | Aufbruchsstimmung]



- Kimya - 23.05.2011

Der redete aber viel. Meine Augen leuchteten erfreut auf. Ich brauchte allerdings meine Zeit um all die vielen Worte aufzufangen, in meinem kleinen Köpfchen zu ordnen und dann passende Fragen dazu zu entwickeln. Mir kamen nämlich gleich so viele, dass es schwer die richtigen auszuwählen. Freudig wedelte meine kleine Rute. Ich zwinkerte dem großen Rüden zu, dann setzte ich zu einem ersten Gegenschlag an.

“Vielen Dank. Natürlich gefällt mir mein Name! Sonst hätte ich mich doch längst beschwert. Sowas sollte man doch, oder nicht? Über Tryss kann man sich auch nicht beschweren, da hast du Recht. Wann hast du deinen Namen denn bekommen? Etwa auch als kleiner Wolf? Ist das so? Bestimmt. Man kann doch nicht ohne Namen sein. Alles braucht einen Namen.“

Ich brach ab und dachte kurz mit schief gelegtem Kopf darüber nach. Ja, das klang einleuchtend. Wenn etwas keinen Namen hatte, woher sollte es dann wissen wer oder was es war? Stumm beschloss ich, wenn ich jemals etwas ohne einen Namen in der Welt finden würde, dann würde ich ihm einen geben. Ohne Namen lebte es sich doch nicht. Man brauchte einen Namen! Ob man ohne einen solchen überhaupt existieren konnte? Oder wachsen? Konnte man leben und wachsen ohne einen Namen zu haben? Das erinnerte ihn wieder an den großen Wolf. Natürlich würde er auch einmal so groß sein wie seine Mutter. Immerhin hatte er ja einen Namen, Kimya, also konnte er auch wachsen. Freudig entrollte ich meine Zunge, als der Rüde da von seiner Mama und seinem Papa sprach.

“Wo hast du sie denn gelassen? Müssen Mamas nicht immer bei ihren Welpen sein? Man braucht doch eine Mama, genau wie einen Namen. Vielleicht bist du zu weit von deinem Bau weg? Welpen dürfen nicht so weit fortlaufen! Komm ich bringe dich auch zurück.“

Schon war ich auf die Pfoten gesprungen und wartete ungeduldig, dass sich auch Tryss erheben würde. Er konnte doch nicht ohne seine Mutter hier herumlaufen. Sie würde sich schrecklich um ihn sorgen. Es gelang mir nicht all seine Fragen auf einmal zu beantworten, auch wenn ich es gerne getan hatte. Jetzt musste ich jedoch erst einmal mit meinem neuen Freund seine Mutter wiederfinden. Als seine Pfote die meine anstupste betrachtete ich das Spiel neugierig mit meinen großen blauen Augen. Mein Pflichtbewusstsein litt etwas unter dem Spieldrang. Hapsend stürzte ich mich auf die große Pfote und kullerte darüber, um mich schließlich auf dem Rücken liegend vor der breiten Brust des Rüden wiederzufinden. Ich betrachtete ihn. Schon wieder eine Frage! Begierig sog ich sie auf und musste dieses Mal auch gar nicht lange nach einer passenden Antwort suchen. Was ich sehen wollte? Na, das war doch ganz klar!

“Ich würde so gerne deine Mama kennenlernen, Tryss!“

[Platz vorm Bau | zwischen Tryss‘ Pfoten, bei Dekaja, Avis, Arkanis und Alvarez]



- Dekaja - 23.05.2011

Verdattert wanderte mein Blick zwischen den Anwesenden auf der Lichtung hin und her. Das Treiben entstand so plötzlich, denn vor ein paar Minuten hatte noch vollkommene Ruhe geherrscht. Als sich der Kleine an mich, ja mich wand und versuchte mit mir zu spielen schlug ein Herz gleich schneller. Spielerisch schob ich meine Schnauze nach vorn und stupste den kleinen Wolfskörper an. Als seinem fang die erste Frage entwich musste ich mir ein schmunzeln verkneifen. Es kam sicher nicht allzu gut an, wenn ich ihn nicht ernst nahm, aber er hatte so viel Ähnlichkeit mit mir. Erstmal zustimmen und dann hinterfragen.
Ich legte meinen Kopf an den Boden, zwischen meine Pfoten, tat es Tryss ähnlich. So ermöglichte ich es dem Kleinen mit mir Augenkontakt aufnehmen zu können. Meine Augen glitzerten freundlich, voller Elan und Neugier…

“Nun…mutig ist man, wenn man keine Angst hat und sich etwas traut oder wagt etwas zu tun, was Andere nicht machen würden.“

Okay, Arkanis würde das wahrscheinlich eher mit Dummheit, Waghalsigkeit und nicht nachdenken übersetzen, aber so war meine Definition. Ich überlegte kurz ob ich damals den mut gehabt hatte, mich einer fremden Fähe so zu nähern, doch meine Erinnerungen ließen mich im Stich. War auch nicht weiter dramatisch, denn der Kleine stellte sich mir plötzlich vor. Avis hieß er. Leicht zu merken und zu rufen, gefiel mir gut.

“Da hat dir deine Mama aber einen tollen Namen gegeben.

Meine Stimme war freudig und freundlich, am liebsten hätte ich mir das Bündel geklaut und den Wald erforscht, doch das lag nicht in meiner Befugnis. Aus den Augenwinkeln heraus konnte ich Tryss mit Kimya beobachten. Der Kleine schien auch seinen Spaß zu haben. Als Arkanis ihren Blick über uns schweifen ließ und laut überlegte, ob sie ihre Entscheidung noch bereuen, schaute ich sie kurz an. Bisher hatte ich der Fähe nichts getan, was sie hätte annehmen lassen, dass ich nicht zuverlässig wäre, und auch jetzt würde ich dies kaum zulassen. Ich hatte Avis neugierigen und verunsicherten Blick bemerkt und schaute ihn nun wieder an. Mein kopf lag immer noch auf dem Bogen vor ihm.

“Deine Mama möchte ein bisschen allein sein und möchte, dass wir, also der große Wolf dort drüben und ich auf dich und deinen Bruder aufpassen. Wie würde dir das gefallen?“

Ich deutete während des Sprechens auf Tryss und nannte absichtlich nicht seinen Namen. Die Vorstellung wollte ich ihm überlassen. Mein Blick strahlte förmlich den gleich alten Rüden an, sicherlich ging es ihn nicht anders als mir…wir konnten zwei neue Freunde für uns gewinnen. Zwei Wölfe, die gegen Fragen sicherlich nicht imun waren.


[Waldlichtung | liegt vor Avis | schaut zu Tryss und Kimya]



- Naminara - 25.05.2011

Skadi wirkte immer noch seltsam. Ich konnte nicht recht sagen, ob sie nun traurig war oder einfach nur müde. Ich selbst fühlte mich auch müde. Meine Beine taten weh, ich war schon eine ganze Weile nicht mehr verschwunden, da das den Anderen wohl Sorgen bereitete. Vielleicht sollten wir beim nächsten Bach eine kurze Rast einlegen? Ich sah über die Schulter zu Kaya und Velvet. Die beiden unterhielten sich immer noch, wohl über die Wölfe, die vor mir und Velvet noch bei ihnen waren. Ich war ganz froh, nur auf 3 beziehungsweise 4 Wölfe gestoßen war. Ich war auch so mit dem Gemeinschaftsleben manchmal überfordert, was sich mit steigender Gruppenstärke vermutlich auch nicht bessern würde. Dennoch fühlte ich mich hier recht wohl. Kaya und Velvet hingen schon eine ganze Weile zusammen, woraufhin Skadi, Tamias und ich eine Art Dreiergruppe gebildet hatten. Mit der braunen Fähe hatte ich mich mittlerweile fast schon angefreundet, Tamias wirkte eigentlich meist nur besorgt und irgendwie fragend oder sogar misstrauisch mir gegenüber. Ich wusste nicht recht, wie ich mit ihm umgehen sollte. Doch da ich eh meist nicht viel redete, konnte ich zumindest keinen Streit anzetteln. Ich schüttelte mich einmal, um die alles durchdringende Nässe aus dem Pelz zu bekommen, doch vergebens. Die feinen Nieseltropfen schienen hartnäckiger als Flöhe. Von denen gab es zum Glück im Moment recht wenige, keine Ahnung warum. Ich hasste das Gefühl, von den kleinen Biestern gebissen zu werden, doch ließ es sich kaum vermeiden, den einen oder anderen aufzuklauben, wenn man im Wald unterwegs war. Ich hatte das Gefühl, die riechen einen schon auf 10 Kilometer Entfernung. Noch einmal blickte ich über die Schulter. Ich wusste nicht recht, was ich von der Entwicklung halten sollte. Ob Kaya und Velvet nun ein Paar waren? Ich kannte mich in solchen Dingen ja herzlich wenig aus, deswegen hielt ich auch meistens meine Klappe. Ich verlangsamte meine Schritte ein wenig, um meine Beine etwas zu schonen.

[Bei Tamias und Skadi, Kaya und Velvet dahinter]



- Alvarez - 26.05.2011

Arkanis ging auf meine Neckerei ein. Es tat gut, wieder einmal eine solch – wenn auch sinnlose – Unterhaltung zu führen. Immerhin hatte ich in den letzten Woche nur selten meine Stimmbänder in gebrauch genommen. Und das nicht, weil ich die Jungwölfe verabscheute. Im Gegenteil, irgendwie hatte ich mir diese Gruppe zu sehr ans Herz genommen und fühlte mich bereits verantwortlich für ihre Sicherheit. Deshalb war ich nun einmal die meiste Zeit unterwegs gewesen. Hatte meine Runden gedreht, um die Grenzen zu erneuern, oder zu kontrollieren, was sich in der Nähe so abgespielt hatte. Letztendlich waren diese ‚Reviermarkierungen’ vergeudete Mühe. Mit Ausnahme von Arkanis bestand unsere Gruppe aus zwei Jungwölfen und mir. Wir waren kein Rudel und konnten fremde Flüchtlinge sicher nur bedingt vertreiben. Aber mein Tun hatte mir das törichte Gefühl von Sicherheit und Stabilität gegeben, wie ich sie bei meinem damaligen Rudel verspürt hatte. Ja, mir fehlten diese Struktur und mein altes Leben. Aber genauso wusste ich auch, dass dies in der Vergangenheit lag. Mehr als einige wurden damals bei der Jagd auf uns Vargs ausgemerzt und zu wenige hatten überlebt. Meine graugrünen Augen hatten das Leid mit ansehen müssen, mein Leib hatte den Schmerz spüren müssen und diesen wünschte ich niemanden. Die Zeit mochte meinen Körper geheilt haben, aber nicht die Seele. Umso dümmer war meine Vorstellung an ein Rudelleben. Es würde nicht funktionieren, die Zweibeiner würden uns so viel schneller finden.
Arkanis Worte drangen an mein Ohr und ich kehrte wieder zurück. Meine Lefzen zeigten der Wölfin ein spöttisches Lächeln.

„Och nicht doch. Du möchtest doch nicht mein armes Herz brechen, indem du mir mit deinen Zähnchen kommst, oder?“

Ich schüttelte meinen Kopf und betrachtete noch einmal die Jungwölfe, von denen sich jeder einen Welpen gegriffen zu haben schien. Ja doch, dass müssten beide eigentlich ohne Probleme hinkriegen. Immerhin waren es nur zwei Blagen. Als die Mutter der beiden Welpen dann aufbrechen wollte nickte ich ihr zu und erhob endlich meinen Hintern von den Keulen. Die Ohren waren aufmerksam aufgerichtet. Dann setzte ich eine Pfoten vor die andere.

„Na komm schon, bevor ich meine Freude an dir verliere“

Ich drehte meinen Kopf, mit der spitz zulaufenden Schnauze zurück und sah zu der Wölfin, welche nun, nach langer Zeit wieder einmal laufen und jagen würde.



- Avis - 27.05.2011

Was für ein Spaß und Abenteuer! Kurz fiel mein Blick wieder zu Kimya hinüber, der von so einem großen Wolf mit ganz vielen Worten überhäuft wurde und war froh, nicht vor diesem zu stehen. Bei so vielen Worten hätte ich vermutlich den völligen Überlick verloren und hätte am Ende das gleiche gewusst wie vorher - oder umgekehrt! Natürlich wäre es spannend gewesen zu wissen, worüber der große tatsächlich sprach ... aber Dekaja, also die Fähe vor mir, war mindestens genauso spannend und amüsant. Also hatte ich nun "mutig" wie ich war, stupste ich die große Fähe erneut mit meiner pfote an und versuchte ein kleines knurren hervor zu bringen. Doch noch immer wollte es mir nicht gelingen. Konnte Deka dieses Geräusch von sich geben, und war sie auch so mutig wie ich? Ich glaubte ja, immerhin hatte sie mich angestupst obwohl Arkanis vorher immer etwas gemeint hatte, was wohl zum Ausdruck bringen sollte, dass sie hoffte, uns würde keiner etwas tun. Im Grunde genommen entsprach das aber auch nicht dem, was Deka da erklärt hatte - oder? Vermutlich hätte Mutter sonst schon etwas dagegen unternommen, oder sie hatte plötzlich ihre Meinung dem gegenüber geändert. Oder wie auch immer, denn durch meine eigenen Gedanken hatte ich mich verwirrt und betrachtete nun wieder die Fähe vor mir.

"Dann bist du ja auch mutig, De-ka!

Ihren Namen so auszusprechen, diesen Laut so anders zu hören, machte mir Spaß und es belustigte mich. Fast klang es so schön wie Avis, aber eben auch nur fast. Niemals würde es jemand geben, der an mich ran kommen würde. Nein, immerhin war ich der coolste hier und überhaupt ...
Nun, dass mit dem schönen namen lag eben an uns. Mutter hatte ja auch einen schönen Namen - Arkanis - und meinter Bruder Kimya ja auch. Eigentlich hatten wir alle schöne Namen, auch Deka. Doch wie waren eigentlich die Namen der anderen? Da war noch der Rüde vor den Augen meines Bruders, und natürlich der Wolf neben Mutter.
Vorsichtig stellte ich meine Ohren neugierig auf und lies meine Rute fröhlich hin und her pendeln. Also, was hatte Arkanis und der fremde Rüde vor? Das war es, was ich zuletzt von Deka hatte wissen wollen.

"Aber, sie kommt wieder. Oder? Bitte, sie muss wieder kommen!"

So hatten mich ihre Worte leicht erschrocken, was ich natürlich versuchte zu verdrängen, damit man es mir nicht ansehen konnte. Ich durfte keine Angst haben, sonst war ich ja nichtmehr mutig - und das Kimya mutiger war als ich, dass durfte ich nicht zulassen.

"Meinst du, wir können meine Mama begleiten?"

Das war es, was ich mir für diesen Moment gewünscht hatte, und lies mich langsam vor der Nase von Deka nieder. Es wäre alles so perfekt gewesen, immerhin konnte ich mir dann sicher sein, dass sie mich nicht verlassen würde.

[Platz vor dem Bau | bei Dekaja | Tryss, Kimya, Arkanis, Alvarez]



- Tryss - 29.05.2011

Bereuen? Warum sollte Arkanis ihre Entscheidung bereuen? Mein Ohr zuckte kurz in Richtung der beiden älteren Wölfe und ich war geneigt mit den Schultern zu zucken, unterließ es aber. Das hätte Kimya nur verwirrt, der sich anscheinend ganz auf mich fixiert hatte. Ob er mitbekam, was seine Mama da erzählte? Ob es ihn interessierte? Interessierte es ihn überhaupt, dass seine Mutter kurz wegging? Hatte es mich früher interessiert? Ich versuchte mich zurück zu erinnern, aber wie bei Deka funktionierte das nicht so gut. Es war einfach zu lange her, aber ich vermutete mal, dass dem schon so gewesen war. Zumindest, wenn niemand anderes in der Nähe war, der meine Fragen beantwortet hätte. Wenn es also danach ging, brauchte es Kimya eigentlich auch nicht zu interessieren, dass seine Mama ging. Ich war ja da. Und sein Bruder. Und Deka. Die beiden Welpen würden es jedenfalls nicht bereuen, dass wir mit ihnen hier bleiben durften. Und für Kanis hatte es den entscheidenden Vorteil, dass die beiden später sicher wunderbar ruhig und still sein würden. Keine Fragen mehr, nur müde – weil Deka und ich alle Fragen beantworten würden und das ein spannender Abend werden würde. Wie der genau aussehen sollte, wusste ich aber noch nicht. Ich kam auch gar nicht weiter dazu darüber nachzudenken, denn Kimya meldete sich jetzt fröhlich neugierig, wie sich das für einen Welpen gehörte zu Wort.

„Klar, alles hat auch einen Namen und alles braucht einen Namen. Sonst könnten wir uns ja gar nicht erzählen, wer wir sind, was wir machen, wohin wir gehen oder was wir fressen. Meinen Namen hab ich auch von meiner Mama, da hast du recht. Und ganz oft ist es so, dass man seinen Namen bekommt, direkt nach dem man auf die Welt gekommen ist. Ich war jedenfalls ganz klein, als meine Mama mir meinen Namen gegeben hat. Vielleicht hat ihn auch mein Papa ausgesucht, das weiß ich nicht genau.“

Die Richtung, in die der kleine Welpe sich mit seinen Fragen bewegte, behagte mir gar nicht. Unruhig rutschte ich ein wenig mit meinem Po umher. Konnten wir nicht weiter über das Gras reden statt über meine Familie? Aber es war ohnehin schon zu spät. Da waren sie wieder, die Erinnerungen an meine Mutter, meinen Vater und an meine Geschwister. Die Erinnerungen an den Augenblick, als ich zurück zum Sammelpunkt kam und allein war. Als niemand mehr da war. Und ich plötzlich ohne Familie war, ohne Freunde, ohne irgendwen. Ich schluckte kurz und versuchte die Bilder zu verdrängen. Aber es ging nicht. Ein trauriger Ausdruck trat in meine Augen und ich vermied es Kimya anzusehen, als ich ihm antwortete.

„Weißt du, Kimya, ich fürchte das wird leider nicht möglich sein. Meine Mama ist leider nicht hier und ich kann dir leider auch nicht sagen, wo sie ist. Irgendwann wird auch ein Wolf groß und dann muss man seine Mama manchmal gehen lassen und sich allein durchs Leben schlagen. Auch wenn man das vielleicht nicht möchte und nicht geplant hat und seine Mama am liebsten für immer behalten würde.“

Für einen Moment schwieg ich, gedankenverloren und dachte an die Momente, die ich mit meiner Mutter Syraya verband. Sie war immer so liebenswürdig und geduldig. Wo sie wohl war? Ob es ihr gut ging? Ob sie meinen Vater, meinen Bruder und meine Schwester bei sich hatte? Und ging es ihnen gut? Ich seufzte innerlich. Das waren die Fragen, die ich am allerliebsten beantwortet hätte. Aber niemand konnte mir eine Antwort geben. Die musste ich schon selbst herausfinden. Aber das würde ich schon.

„Hey, weißt du was? Du kannst mir irgendwann suchen helfen, wenn du größer bist? Jetzt geht das noch nicht, das ist noch zu gefährlich. Du musst vorher noch ganz viele andere Dinge lernen und entdecken. Aber danach kannst du mir helfen, was hälst du davon?“

Ich setzte ein Lächeln auf und wandte die Augen wieder dem Welpen zu. Eigentlich war das wirklich keine schlechte Idee.



- Tamias - 30.05.2011

Schön das Kaya mir in den Rücken fiel. War wohl ne Art Rache weil ich ihn mit Skadi damals hab stehen lassen.
Nur das ich dieses mal keinen Spaß verstand. Und erst recht nicht als Kaya die Situation von damals verhübschte und auch noch von Tryss schwärmte.
Bei aller Ruhe, aber wenn man sich so gegen Geheimnisse entschied, sollte man auch die ganze Wahrheit erzählen. Auch wenn ich den beiden grade den Rücken gekehrt hatte, so drehte ich mich nun um mit zuckenden Lefzen.

"Bei allem Respekt vor Tryss und Verständnis für sein Alter, aber wegen seinem Dickkopf mussten Wölfe sterben. Er sprintete damals los und verriet uns alle damit. Er ließ uns stehen nur weil er eine Wölfin in Gefahr sah. Keine Minute hat er uns zugehört, wir hatten einen Plan gehabt. Er hat es zwar geschafft die tragende Wölfin zu retten aber zu einem viel zu hohen Preis. Kaya und ich kämpften gegen ein Pack Hunde um Tryss´Kragen zu retten und sein Dank war Uneinsichtigkeit! Deswegen haben wir uns getrennt!"

Meine Miene war zwar finster, aber wenigstens hatten die Lefzen aufgehört zu zucken. Wie konnte Kaya Tryss in ein gutes Licht stellen. Ok, er war ein netter Weggefährte und ein lustiger Kammerad, aber seine Tat war in meinen Augen immernoch unverständlich. Wir Wölfe waren schon so wenige, wir waren schon am aussterben, da mussten nicht noch welche ihr Leben lassen für eine Dummheit. Tryss war doch sonst so klever, wieso nicht das eine mal?
Ich atmete einmal tief auf und sah nun ernst zu Kaya. Es war gar nicht so lange her, da lagen wir noch mit geprellten Rippen und einigen klaffenden Wunden im Wald. Wie konnte Kaya das vergessen? Wie konnte er das verdrängen wollen?

Mein Blick glitt zu Velvet rüber.

"Verstehst du jetzt was passiert ist? Wieso wir getrennte Wege gehen?"

ich hoffe sie hatte verstanden und war nicht von Kayas Worten geblendet.
Das sanfte Rot der Sonne schien mir auf einmal gar nicht mehr so sanft, sondern rauh und es fehlten nur noch schwarze Wolken, dann war die Hölle perfekt.
Doch als das Rot auf Velvets Pelz schien, fiel es mir auf, dass sie bildhübsch war. Meine Nasenflügel bebten. Und sie roch sehr angenehm.

[Bei Kaya und velvet / etwas sauer]



- Arkanis - 31.05.2011

Oh, jetzt hatte ich die beiden wohl beleidigt. Ich bekam jedenfalls keine Reaktion mehr von den jüngeren Wölfen. Das machte mir aber nichts, denn im Grunde hatte ich längst beschlossen ihnen meine Welpen anzuvertrauen. Mit einem letzten Blick prüfte ich noch einmal, dass es beiden gut ging und stellte beruhigt fest, dass sie bereits jeder einen persönlichen ersten Freund gefunden hatten. Alvarez trabte schon davon und ich wollte ihm folgen. Ein langer Abschied mit Liebkosungen und großartigen Versprechen, dass ich auch wirklich bald zurückkommen würde, lag mir fern. Ein solcher Wolf war ich einfach nicht. Doch ganz ohne ein Wort wollte ich dann doch nicht einfach so verschwinden. Also wählte ich einige kurze Worte für die Zurückbleibenden.

"Wir sind bald wieder da."

Dann trugen mich meine Läufe dem grauen Rüden nach. Ich brauchte keine Antwort. Noch etwas steif trabte ich die eingetretenen Pfade entlang und folgte der Rute des Grauen. Es würde noch einige Schritte dauern, ehe meine Muskeln warm und eingelaufen waren. Trotzdem konnte ich den Lauf genießen. Der frische, würzige Duft in meiner Nase tat mir gut, um die staubige Luft aus meinen Lungen zu pusten. Hoffentlich würden wir nicht allzu bald auf Beute stoßen, denn ich merkte wie gut mir der Auslauf tat. Der ganze Stress der letzten Wochen fiel allmählich von mir ab, ebenso wie sich mit jeder Bewegung der Dreck aus meinem Pelz löste. Etwas ungelenk schloss ich zu Alvarez auf und gesellte mich an seine rechte Flanke. An diesem Abend würde ich mich auf seine Führung verlassen müssen, während ich selbst sehr genau die Umgebung musterte. Ich prägte mir jeden Busch, jeden Baum und jeden Hügel ein. Lauernde Gefahren konnte ich nicht entdecken, doch wirklich damit gerechnet hatte ich auch nicht. Immerhin war das Wäldchen schon seit einigen Tagen von drei Wölfen durchstreift worden. Gäbe es Gefahren, so hätten Alvarez, Tryss und Dekaja mir diese längst mitgeteilt. So wie meine Muskeln sich langsam lockerten, wurde ich also auch zunehmend entspannter und selbst meine Laune hob sich mit jedem Schritt, den ich tat. Freiheit.

"Ich hätte nichts gegen ein Reh oder vielleicht haben wir Glück und finden ein paar unerfahrene Jungtiere."

[Wald | Alvarez]